Lebendig Begraben

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Illustration (1919) von Harry Clarke zu Edgar Allan Poes Vorzeitiges Begräbnis (1844)
Chinesische Zivilisten werden von japanischen Soldaten beim Nanking-Massaker lebendig begraben.

Eine Person lebendig zu begraben ist als Opferungsart oder Hinrichtungsart seit dem Altertum bekannt. Aufgrund von unzureichenden medizinischen Kenntnissen kam es bis in die Neuzeit auch zu versehentlichen Bestattungen von Scheintoten. Die Angst davor wird als Taphephobie bezeichnet.

Historische Beispiele

Im Römischen Reich wurden vestalische Jungfrauen in Fällen von Unkeuschheit (crimen incesti) lebendig begraben. Während ihrer Amtszeit als Priesterinnen hüteten die Vestalinnen das Feuer der Stadt Rom. Ihre Keuschheit war religiöse Pflicht und versinnbildlichte die Reinheit der Stadt von göttlichem Unheil. Ein inszenierter Leichenzug begleitete die Vestalin nach ihrer Verurteilung zur Porta Collina, wo die Hinrichtung vollstreckt wurde. Der Vestalin wurden in ihrem Grab Nahrungsmittel beigegeben, vermutlich um die Gemeinschaft von dem Vorwurf der direkten Tötung freizusprechen. Anschließend wurde der Liebhaber auf dem Comitium mit einem Flagrum durch den pontifex maximus zu Tode gegeißelt. Plinius der Jüngere beschreibt detailliert die Hinrichtung der Vestalin Cornelia als „Sühneopfer“ des mit politischen Schwierigkeiten kämpfenden Kaisers Domitian.[1]

Außerdem wurden in Rom in den Jahren 228, 216 und 114/3 v. Chr. je ein Paar Griechen und Gallier zur Abwendung gegenwärtiger militärischer Notlagen auf dem Forum Boarium lebendig begraben. Belege für diese wohl spätesten altrömischen Menschenopfer finden sich besonders in der christlich-apologetischen Geschichtsschreibung.[2] Die Auswahl dieser Personengruppen beruhte möglicherweise auf der überlieferten Zerstörung Trojas, der Sage nach Ursprungsstadt der Römer, durch die Griechen sowie der Zerstörung Roms im Jahre 387 v. Chr. durch die Gallier. Es ist allerdings wahrscheinlicher, dass die Opferwahl auf Einflüsse der Etrusker zurückgeht, also aus einer Zeit stammt, in der die großen äußeren Feinde Roms eben Griechen und Kelten (Gallier) waren.

Die Bücherverbrennung und das Begraben von Gelehrten bei lebendigem Leibe waren großangelegte Maßnahmen des ersten Kaisers von China, Qin Shihuangdi (259 v. Chr.–210 v. Chr.).

Mit der Bambergischen Peinlichen Halsgerichtsordnung von 1516 galt das Begraben bei lebendigem Leib als Strafe für Frauen, die ihr Neugeborenes töteten.

Künstlerische Gestaltung

In der Oper Aida wird der Feldherr Radames als Verräter lebendig eingemauert. Seine vermeintlich gerettete Geliebte Aida jedoch hat sich in der Grabkammer versteckt und stirbt freiwillig mit ihm.

Die Angst, lebendig begraben zu werden, genoss als Motiv in der Literatur des 19. Jahrhunderts einige Beliebtheit (→ Taphephobie in Literatur, Film und Kunst). Ein Beispiel für die literarische Verarbeitung des Grundgefühls ist Edgar Allan Poes schwarzhumorige Kurzgeschichte Das vorzeitige Begräbnis.

Einigen Filmen liegt ein Täter-Opfer-Verhältnis zugrunde wie in Lebendig begraben (1962), Spurlos verschwunden (1988) und Kill Bill – Volume 2 (2004), Buried – Lebend begraben (2010), Dolan’s Cadillac (2009). In der deutschsprachigen Fernsehserie Der Bergdoktor trägt eine Episode den Titel Lebendig begraben (2016), was allerdings nur metaphorisch gemeint ist.

Die Künstlergruppe „monochrom“ betreibt seit 2005 ein Projekt namens „Buried Alive“, bei dem sie Personen ermöglicht, sich für 15 Minuten lebendig begraben zu lassen.

Auch in der Musik wird das Thema gelegentlich thematisiert, beispielsweise von Welle: Erdball Lebendig begraben[3], Venom Buried Alive[4], Front Line Assembly Buried Alive, Eisregen In der Grube[5] und Dame Lebendig Begraben.

Literatur

  • Briggs L. Twyman: Metus Gallicus. The Celts and Roman Human Sacrifice. In: Ancient History Bulletin 11, 1997, ISSN 0835-3638, S. 1–11.
  • Arthur M. Eckstein: Human sacrifice and fear of military disaster in republican Rome. In: American Journal of Ancient History 7, 1982, ISSN 0362-8914, S. 69–95.
  • A. Fraschetti: La sepoltura delle Vestali e la città. In: Du châtiment dans la cité. Supplices corporels et peine de mort dans le monde antique. Table ronde organisée par l'Ecole Française de Rome 9–11 novembre 1982. Boccard u. a., Paris 1984, ISBN 2-7283-0084-4 (Collection de l'Ecole Française de Rome 79), S. 97–129.
  • Jan Bondeson Ph.D.: Buried Alive: The Terrifying History of Our Most Primal Fear. Verlag W. W. Norton & Company, 2002, ISBN 978-0-393-32222-4.

Weblinks

Commons: Lebendig begraben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Plinius, Epistulae 4,11; dazu Kommentar von Sherwin-White
  2. Orosius 4,13,1-3; 5,15,2-22.
  3. https://www.letssingit.com/welle-erdball-lyrics-lebendig-begraben-trg847v
  4. Das hörspielartige Intro soll den akustischen Eindruck eines Eingesargten von seinem eigenen Begräbnis wiedergeben.
  5. Songtext bei allthelyrics.com; beschreibt die Gedankengänge eines im Mittelalter im Zuge der Pest begrabenen Menschen in einem Massengrab.