Lobopoden

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Lobopoden

Typusexemplar von Xenusion auerswaldae im Berliner Museum für Naturkunde

Zeitliches Auftreten
Kambrium bis Asselium (Unterperm)[1]
Systematik
Vielzellige Tiere (Metazoa)
Gewebetiere (Eumetazoa)
Bilateria
Urmünder (Protostomia)
Häutungstiere (Ecdysozoa)
Lobopoden
Wissenschaftlicher Name
Lobopodia
Snodgrass, 1938

Als Lobopoden (Lobopodia aus altgriechisch λοβός lobós, deutsch ‚Lappen‘ und altgriechisch πούς pous, Gen. ποδός podos, deutsch ‚Fuß‘, wörtlich ‚Lappenfüßer‘) bezeichnet man eine heute ausgestorbene Gruppe meereslebender Tiere aus den erdgeschichtlichen Epochen vom Kambrium bis zum Unterperm. Da sie in vielen ihrer Eigenschaften den modernen Stummelfüßern (Onychophora) ähneln, werden sie häufig als deren Vorfahren angesehen und diesem Tierstamm zugeordnet; dies ist allerdings umstritten. Der Begriff wird manchmal auch gebraucht, um die umfassendere Gruppe der kambrischen und ordovizischen Formen einerseits und der späteren Stummelfüßer andererseits zu bezeichnen.

Merkmale

Die frühesten bekannten Ganzkörper-Fossilien stammen aus dem unteren Kambrium. Sie ähneln den modernen Formen besonders aufgrund des langgestreckten, wurmförmigen Körpers, an dem sich seitlich stummelförmige Körperanhänge, die Stummelbeine, befinden. Sie liefen allerdings anders als bei den heute lebenden Stummelfüßern noch in eine variable Zahl von verhärteten Klauen aus. Die Zahl der eindeutig identifizierbaren Kopfanhänge ist nicht bei allen Gattungen gleich, auch ist unklar, in welcher Beziehung sie etwa zu den Antennen (Fühlern) der modernen Formen stehen.

Viele Lobopoden verfügten über rückseitig gelegene Panzerplatten, sogenannte Scleriten, die anscheinend den gesamten Körper inklusive Kopf bedeckten und sich in langen, spitz zulaufenden Rückenstacheln fortsetzten. Zahlreiche sehr ähnliche Strukturen lassen sich abgelöst von ihren Trägern als Bestandteil der so genannten small shelly fauna (SSF) vor dem Anbruch des Kambriums nachweisen, was auf eine Herausbildung der Lobopoden oder ihrer unmittelbaren Vorläufer im späten Proterozoikum hindeutet; sie waren somit die ersten auf Beinen laufenden Tiere.

Lebensweise

Alle Lobopoden lebten anscheinend im flachen Lagunenwasser und sind ausschließlich aus den tropischen und gemäßigten Gürteln vom Kambrium bis zum Unterperm bekannt, in denen damals die Kontinente Baltica, „China“ und „Nordamerika“ lagen, die sich heute aufgrund der Kontinentaldrift weiter nördlich befinden. Einige Arten scheinen sich von Schwämmen (Porifera) oder den mysteriösen Eldonia-Arten, die manchmal zu den Seewalzen (Holothuroidea) gestellt werden, ernährt zu haben und waren somit carnivor (fleischfressend). Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass sich Lobopoden bereits wie alle modernen Stummelfüßer häuteten.

Artenvielfalt

Im Einzelnen sind die folgenden 18 Gattungen bekannt, deren Zugehörigkeit zu den Lobopoden allerdings nicht immer unumstritten ist.

  • Antennacanthopodia mit der einzigen Art Antennacanthopodia gracilis aus der Chengjiang-Fauna besitzt weder sklerotisierte Stacheln noch Platten und entspricht im Körperbau weitgehend den rezenten Stummelfüßern, in deren direkte Stammgruppe er gehören könnte. Die Art besitzt zwei Paar Kopfanhänge, deren erstes Paar homolog zu den Antennen und das zweite homolog zu den Schleimdrüsen der Stummelfüßer sein könnte.[2]
  • Aysheaia ist ein paläontologisch berühmter Vertreter der kambrischen Fauna des Burgess-Schiefer. Die Art sah den heutigen Formen besonders ähnlich und verfügte über ein Paar Kopfanhänge, die man als Homologien der Stummelfüßer-Antennen deutet. Die erkennbar terminale, also endständige Mundstellung gilt als ursprünglich. Zwei Arten sind bekannt, Aysheaia pedunculata und Aysheaia prolata, die beide im mittleren Kambrium lebten.
  • Carbotubulus aus der Mazon Creek-Formation in Illinois ist 296 Millionen Jahre alt und erweitert damit die Existenzdauer der Lobopoden bis zum frühen Unterperm[1].
  • Cardiodictyon besaß insgesamt 23 paarig angelegte schwere Panzerplatten (Scleriten) und zwei bis drei Kopfanhänge. Die einzige bekannte Art, Cardiodictyon catenulum, wird zu der Untergruppe der Scleronychophora gerechnet, die sich durch besonders ausgeprägte Rückenpanzer auszeichnet.
  • Collinsium ist eine Gattung aus dem frühen Kambrium von Südchina, die ähnlich wie Hallucigenia durch Rückenstacheln gut geschützt war und in die Stammgruppe der Stummelfüßer gehört.[3]
  • Diania ist mit der einzigen Art Diania cactiformis (wegen der kaktusartigen Erscheinung des Fossils) aus dem unterkambrischen Maotianshan-Schiefer in China bekannt.
  • Hadranax ist mit der einzigen Art Hadranax augustus von der unterkambrischen Buen-Formation Nordgrönlands her bekannt.
  • Hallucigenia ist wohl die berühmteste fossile Lobopoden-Gattung. Die Fossilien weisen ein Paar Kopfanhänge und insgesamt sieben Skleritenpaare auf, die sich in langen Rückenstacheln fortsetzen; die Gattung wird daher ebenfalls zu den Scleronychophora gerechnet. Ihren Namen erhielt sie von dem Paläontologen Simon Conway Morris, der die Tiere als „bizarr, traumartig und enigmatisch“ beschrieb. Dies lag allerdings zumindest teilweise an seiner mittlerweile berüchtigten (aber fachlich seriösen) Rekonstruktion, die Ober- und Unterseite vertauschte – die Rückenstacheln wurden so zu mysteriösen beinartigen Stelzen, die von keiner anderen Tierart her bekannt waren, während seltsame fleischige "Rückenauswüchse" zunächst nicht als Beine erkennbar waren; lange Zeit bestand zudem keine Einigkeit darüber, wo sich das Vorder- beziehungsweise Hinterende der Tiere befindet. Zwei Arten, Hallucigenia fortis und Hallucigenia sparsa sind aus dem Burgess-Schiefer und von der chinesischen Chengjiang-Faunengemeinschaft bekannt; sie lebten möglicherweise räuberisch.
  • Jianshanopodia mit der Art Jianshanopodia gracilis erreicht die für einen Lobopoden ungewöhnliche Größe von 22 Zentimetern. Die Art weist ein Paar lange Mundanhänge auf[4]
  • Kerygmachela kennt man aus dem unteren Kambrium Nordgrönlands, ebenfalls von der Buen-Formation. Die Gattung ist monotypisch, das heißt, es gibt nur eine einzige Art, Kerygmachela kierkegaardi. Sie wird manchmal auch zu den frühen Vorläufern der Gliederfüßer (Arthropoda) gestellt.
  • Luolishania mit der einzigen Art Luolishania longicruris ist aus der Chengjiang-Fauna bekannt.
  • Microdictyon ist, als isolierte Sklerite, in unterkambrischen Sedimenten fast weltweit verbreitet. Von einer Art, Microdictyon sinicum, wurden in Chengjiang, China auch Fossilien ganzer Tiere gefunden.
  • Miraluolishania mit der Art Miraluolishania haikouensis aus der Chengjiang-Faunengemeinschaft Chinas, mit etwa 14 Millimeter Körperlänge, 14 geringelten, ungegliederten Beinpaaren und Rückenstacheln. Die Art ist bemerkenswert durch am Kopf gut erkennbare Augen.[5] Möglicherweise synonym mit Luolishania longicruris.
  • Onychodictyon besitzt paarige Scleriten, die sich in Stacheln fortsetzen und wird ebenfalls zu der bereits erwähnten Gruppe der Scleronychophora gerechnet. Die einzige bekannte Art, Onychodictyon ferox, verfügte über je ein Antennen- und Klauenpaar und wird manchmal als nächster Verwandter der später lebenden Euonychophora angesehen.
  • Orstenotubulus mit der Art Orstenotubulus evamuellerae wurde in Schweden gefunden. Anders als die anderen fossilen Arten ist dieses Tier körperlich erhalten. Seine Körperwand und sogar Teile der inneren Organe wurden durch Phosphat ersetzt und anschließend in Kalkstein eingeschlossen, aus denen es nach Auflösen mit Salzsäure befreit werden kann (sog. "Orsten"-Fossilien). Das gesamte Tier (nur Fragmente sind erhalten) war vermutlich nur fünf Millimeter lang, es war am Rücken durch Stachelpaare geschützt (ähnlich Hallucigenia). Die ungegliederten, geringelten Beine saßen seitlich am Körper an.[6]
  • Paucipodia, vertreten durch die Art Paucipodia inermis aus der Chengjiang-Fauna, besitzt im Unterschied zu vielen anderen Lobopoden keine Rückenplatten. Der Name weist auf die geringe Zahl von lediglich neun Beinpaaren hin. Auch hier ist die Position von Vorder- und Hinterende umstritten.
  • Tamisiocaris ist lediglich durch ein einzelnes, unvollständig erhaltenes Exemplar aus Grönland bekannt.
  • Xenusion ist lediglich in zwei Exemplaren der Art Xenusion auerswaldae aus Schweden und Osteuropa in frühkambrischem Sandstein erhalten. Die Tiere trugen ein Paar Kopfanhänge und sich nach außen in Dornen fortsetzende Scleriten auf dem Rücken. Es wird spekuliert, dass die Art dazu in der Lage war, sich mit den Dornen nach außen zusammenzurollen, um dadurch mögliche Fressfeinde abzuschrecken.

Stammesgeschichte

Die Zahl der aus dem Kambrium überlieferten Fossilien ist groß genug, um mit ihrer Hilfe die Verdriftung der damaligen Kontinente rekonstruieren zu können. Sie verringert sich jedoch schon im Ordovizium sehr stark und spätestens seit dem Silur gelten die Lobopoden im engeren Sinne als ausgestorben. Ob man deswegen von einer postkambrischen Verringerung der Artenvielfalt sprechen kann, wie der US-amerikanische Paläontologe Stephen Jay Gould vermutete, hängt von der genauen systematischen Beziehung der Lobopoden zu den modernen Stummelfüßern ab.

Lobopoden als Stummelfüßer

Traditionell werden Lobopoden aufgrund ihrer ähnlichen Morphologie mit den modernen Stummelfüßern in Verbindung gebracht. Eine mögliche Hypothese zu den genauen Verwandtschaftsverhältnissen gibt das folgende Diagramm wieder (ohne Paucipodia, Hadranax und Kerygmachela; die in Klammern angegebenen Namen werden manchmal alternativ verwendet):

 Onychophora (Lobopodia, Oncodophora)  
  N.N.  
  † Protonychophora  

 † Aysheaia


   

 ? † Xenusion



  † Scleronychophora  

 † Cardiodictyon


   

 † Hallucigenia


   

 † Microdictyon


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  † Paronychophora  
  Udeonychophora  

 † Helenodora inopinata


   

 † Succinipatopsis balticus


   

 † Tertiapatus dominicanus


   

 Euonychophora (moderne Formen) inklusive Cretoperipatus burmiticus


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 † Onychodictyon



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 † Luolishania



Als Schwestergruppe aller anderen Formen gilt demnach die Gattung Luolishania. Unter den restlichen Gattungen lassen sich drei Großgruppen unterscheiden: ein nicht sehr gut charakterisiertes Taxon Protonychophora mit den Gattungen Aysheaia und Xenusion, ein Taxon Scleronychophora, zu dem die schwer gepanzerten Arten mit langen robusten Rückenstacheln gezählt werden sowie ein Taxon Paronychophora, dass neben Onychodictyon auch alle terrestrischen Arten inklusive der modernen Stummelfüßer umfasst. Gelegentlich wird Onychodictyon auch zu den Scleronychophora gestellt.

Alternativ wird manchmal der wissenschaftliche Name Lobopodia oder Oncodophora gebraucht, um landlebende Stummelfüßer und Lobopoden zu beschreiben, während die Bezeichnung Onychophora auf die oben als Paronychophora bezeichneten Formen eingeschränkt wird.

Lobopoden als Stammlinienvertreter der Tactopoda

Auch wenn die morphologische Ähnlichkeit der Lobopoden zu den heutigen Stummelfüßern auffällig ist, gilt ihre Zugehörigkeit zu diesem Taxon nicht als unumstritten. Eine alternative Theorie sieht die meisten Lobopoden stattdessen als Stammlinienvertreter entweder einer als Panarthropoda bezeichneten Gruppe aus Stummelfüßern, Bärtierchen (Tardigrada) und Gliederfüßern (Arthropoda) oder der Tactopoda, des gemeinsamen Taxons der letzteren beiden Gruppen.

Ein mögliches Kladogramm sieht in diesem Fall wie folgt aus (ohne Hadranax; Opabinia und Anomalocaris gelten grundsätzlich nicht als Lobopoden):

 Panarthropoda  
  N.N.  

 Stummelfüßer (Onychophora)


  N.N.  

 † Luolishania


  N.N.  

 † Xenusion


  N.N.  

 † Onychodictyon


  N.N.  

 † Microdictyon


   

 † Paucipodia


  N.N.  

 † Hallucigenia


   

 † Cardiodictyon



Vorlage:Klade/Wartung/3



  N.N.  

 † Kerygmachela


  Tactopoda  

 Bärtierchen (Tardigrada)


   

 † Opabinia


  N.N.  

 † Anomalocaris


   

 Gliederfüßer (Arthropoda)



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 † Aysheaia



Die noch weitgehend undifferenzierte Form Aysheaia, die den modernen Stummelfüßern besonders ähnlich sieht, bildet demnach die Schwestergruppe aller Panarthropoda; viele ihrer Merkmale wie etwa die bis auf die Beinpaare unauffällige Segmentierung, eine Reihung unspezialisierter langer Beine, eine feine Körper- und Beinringung sowie der mit zwei Antennen versehene Kopf wären demnach auch „primitive“, also ursprüngliche Merkmale der Panarthropoda.

Diese teilen sich sodann auf in die eigentlichen Stummelfüßer (unter Einschluss der terrestrischen Fossilien; im Alternativ-Diagramm als Udeonychophora beschrieben) und eine Gruppe, die sich aus den verbleibenden Lobopoden, Bärtierchen und Gliederfüßern sowie einigen eng verwandten fossilen Arten zusammensetzt. Dieses Taxon teilt sich nun seinerseits in einen ausgestorbenen Lobopoden-Ast, der alle Formen mit Ausnahme von Kerygmachela umfasst und eine weitere Gruppe, die sich in Kerygmachela und die Tactopoda-Arten aufspaltet.

Ein Vorteil der oben angegebenen Verwandtschaftshypothese liegt darin, dass sich von Aysheaia zu den Gliederfüßern ein Trend zu immer ausgeprägterer Segmentierung feststellen lässt, bei dem die ursprünglich sehr feine Körper- und Beinringung, die etwa bei Aysheaia noch nicht mit den Segmentgrenzen korreliert, zunehmend auf die Segmentierung abgestimmt wird.

Ein mögliches Problem besteht darin, dass das vorgestellte Konzept sich nur schwer mit einer sehr verbreiteten Theorie zur Großsystematik der Tiere, der Articulata-Hypothese, in Einklang bringen lässt. Demnach bilden die Stummelfüßer im Allgemeinen und die Lobopoden im Besonderen das evolutionäre Bindeglied zwischen Ringelwürmern (Annelida) und Gliederfüßern (Arthropoda), zwei Tiergruppen, die sich beide durch eine deutliche äußerliche Segmentierung auszeichnen. Da diese Segmentierung bei den modernen Stummelfüßern unauffällig bleibt und nur anhand der in regelmäßigen Abständen entspringenden Beine identifizierbar ist, ist sie gemäß der Articulata-Hypothese bei den Stummelfüßern im Verlauf der Evolutionsgeschichte sekundär verloren gegangen.

Da die schwache äußere Segmentierung nach dem oben vorgestellten Konzept allerdings kein sekundäres, sondern ein ursprüngliches, „primitives“ Merkmal aller Panarthropoda darstellt, müsste sie bei der Entwicklung von den Ringelwürmern über die Stummelfüßer hin zu den Gliederfüßern erst entstanden, dann verschwunden und schließlich ein zweites Mal entstanden sein, was die Glaubwürdigkeit der Articulata-Hypothese schwer beeinträchtigen würde.

Gut passt das Konzept hingegen zu einer alternativen systematischen Theorie, der Ecdysozoa-Hypothese. Demnach stehen Ringelwürmer einerseits und Glieder- und Stummelfüßer andererseits in keinem besonders engen Verwandtschaftsverhältnis zueinander. Stattdessen liegen die nächsten Verwandten der letzteren Gruppe und damit auch der Lobopoden in einem Cycloneuralia genannten Taxon wurmartiger Organismen, zu denen man etwa Faden- (Nematoda) und Saitenwürmer (Nematomorpha) sowie eine Reihe obskurer Formen wie die Korsetttierchen (Loricifera) zählt. Ihnen gemeinsam ist etwa die endständige (terminale) Mundstellung und ein um den Schlund herumgelegener, namensgebender Nervenring, der sich in modifizierter Form auch bei den modernen Stummelfüßern wiederfinden lässt. Deren Mund liegt allerdings nicht terminal, sondern subterminal, etwas hinter der vordersten Spitze des Körpers auf der Bauchseite. Aus der Embryonalentwicklung der Kopfnerven wird allerdings geschlossen, dass sich der Mund sekundär dorthin verlagert hat. Sollte das oben angegebene Diagramm die Verwandtschaftsverhältnisse korrekt beschreiben, so wird durch die sehr ursprüngliche Gattung Aysheaia, bei der sich eine terminale Mundstellung nachweisen ließ, bestätigt, dass die bauchseitige Lage des Mundes bei den modernen Stummelfüßern sekundär entstanden ist.

Ob eines und wenn ja, welches der beiden vorgestellten Szenarien korrekt ist, lässt sich noch nicht abschließend bewerten; die Antwort dürfte sich aber weit über die engere Frage nach der genauen Systematik der Lobopoden hinaus auf die gesamte Großsystematik der Tiere auswirken. Sie wird gleichzeitig festlegen, ob die oben erwähnte Vermutung des US-amerikanischen Paläontologen Stephen Jay Gould, die Artenvielfalt habe sich nach dem Kambrium drastisch verringert, korrekt ist: Sind Lobopoden direkte Vorläufer der Stummelfüßer, so ist der Formenreichtum der Gruppe in der Tat spätestens mit dem Ende des Ordovizium zusammengebrochen; handelt es sich dagegen um die Stammlinienvertreter der Tactopoda, also von Bärtierchen und Gliederfüßern, so sind die Lobopoden beziehungsweise ihre Stammarten die Urahnen einer der erfolgreichsten Tiergruppen der Erde.

Literatur

  • G. E. Budd: The morphology of Opabinia regalis and the reconstruction of the arthropod stem group. In: Lethaia. Band 29, 1996, S. 1.
  • X. Hou, J. Bergström: Cambrian lobopodians – ancestors of extant onychophorans. In: Zoological Journal of the Linnean Society. Band 114, 1995, S. 3.
  • J. Monge-Najera: Phylogeny, biogeography and reproductive trends in the onychophora. In: Zoological Journal of the Linnean Society. Band 114, 1995, S. 21.

Einzelnachweise

  1. a b Joachim T. Haug, Georg Mayer, Carolin Haug, Derek E.G. Briggs: A Carboniferous Non-Onychophoran Lobopodian Reveals Long-Term Survival of a Cambrian Morphotype. Current Biology, August 2012, doi:10.1016/j.cub.2012.06.066
  2. Qiang Ou, Jianni Liu, Degan Shu, Jian Han, Zhifei Zhang, Xiaoqiao Wan, Qianping Lei: A Rare Onychophoran-Like Lobopodian from the Lower Cambrian Chengjiang Lagerstätte, Southwestern China, and its Phylogenetic Implications. In: Journal of Paleontology. 85(3) 2011, S. 587–594. doi:10.1666/09-147R2.1
  3. Jie Yang et al.: A superarmored lobopodian from the Cambrian of China and early disparity in the evolution of Onychophora. PNAS, 2015, doi:10.1073/pnas.1505596112
  4. Jianni Liu, Degan Shu, Jian Han, Zhifei Zhang, Xingliang Zhang: A large xenusiid lobopod with complex appendages from the Lower Cambrian Chengjiang Lagerstätte. In: Acta Palaeontologica Polonica. 51 (2), 2006, S. 215–222. (online)
  5. Jianni Liu, Degan Shu, Jian Han, Zhifei Zhang (2004): A rare lobopod with well-preserved eyes from Chengjiang Lagerstätte and its implications for origin of arthropods. Chinese Science Bulletin 49 (10): 1063–1071.
  6. Andreas Maas, Georg Mayer, Reinhardt M. Kristensen, Dieter Waloszek: A Cambrian micro-lobopodian and the evolution of arthropod locomotion and reproduction. In: Chinese Science Bulletin. 52(24) 2007, S. 3385–3392. doi:10.1007/s11434-007-0515-3

Weblinks

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