Ludmila Javorová

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Ludmila Javorová

Ludmila Javorová (* 1932 in Brünn) gilt als vermeintlich „erste Priesterin in der römisch-katholischen Kirche“, nachdem sie 1970 durch den römisch-katholischen Bischof Felix Davídek zur Priesterin geweiht wurde.

Leben

Die Tschechin Ludmila Javorová wuchs in einer katholischen Familie in Brünn auf. Ihr Wunsch, Nonne zu werden, war in der Zeit des Kommunismus nicht realisierbar. Sie begann ein weltliches Berufsleben und engagierte sich in ihrer Freizeit für kirchliche Aktivitäten. Später arbeitete sie in der tschechischen Untergrundkirche und war Generalvikarin des römisch-katholischen Bischofs Felix Davídek.

Nachdem ihre geheime Priesterweihe 1995 bekannt wurde, untersagte ihr der örtliche Bischof unter Androhung der Exkommunikation jegliche Tätigkeit als Priesterin. Sie lebte weiterhin in Brünn, wo sie bis zu ihrem Ruhestand als Religionslehrerin arbeitete und in ihrer katholischen Pfarrgemeinde aktiv war, unter anderem als Sprecherin des liturgischen Ausschusses.

Wie auch andere Mitglieder der tschechischen Untergrundkirche hat Javorová zeitlebens an der vatikanischen Missachtung ihres entbehrungsreichen und gefährlichen Einsatzes für den Glauben gelitten. Insbesondere äußerte sie ihre Enttäuschung darüber, dass sie als Frau für ihren priesterlichen Einsatz von der Kirche dauerhaft ignoriert wurde und sich – wie in den Zeiten der kommunistischen Verfolgung – weiterhin „verstecken“ muss.[1][2][3]

Ordination zur Priesterin

1964 wurde der Untergrundbischof Felix Davídek nach 14 Jahren aus dem Gefängnis entlassen, in das er wegen seines Glaubens gesperrt worden war. Er begann, eine Untergrundkirche aufzubauen und beschäftige Javorová, deren Familie er kannte, als Sekretärin und Assistentin. In dieser Rolle übernahm sie zunehmend wichtige Aufgaben für die Organisation der Untergrundkirche in der Tschechoslowakei, nach ihrer Weihe zur Priesterin bis 1988 als seine Generalvikarin. Angesichts der politisch-religiösen Verfolgung durch die herrschenden Kommunisten, die auch Folter und sexuellem Missbrauch im Gefängnis ausübten, war dies eine gefährliche Tätigkeit.[4][5]

Wie erst 1995 bekannt wurde, wurde Javorová am 29. Dezember 1970 von Felix Davídek im Geheimen zur Priesterin geweiht. Sie war die einzige von etwa 5 zur Priesterinnen geweihten Frauen der tschechischen Untergrundkirche, deren Name bekannt wurde. Diese Priesterinnenweihen wurden ebenso wie die jeweils vorausgegangenen Weihen zur Diakonin nicht nur aus Sicherheitsgründen geheim gehalten, sondern auch weil sie – wie die Weihen verheirateter Männer – innerhalb der Untergrundkirche sehr umstritten waren und diese gespalten hatten. Die Geheimhaltung umfasste auch den privaten, familiären Bereich, was von Javorová als Qual empfunden wurde.[6][4]

Nach Ende der kommunistischen Herrschaft in der Tschechoslowakei 1989 versuchte Javorová ihren Status als Priesterin weiterhin zu verbergen, weil „die Zeit noch nicht reif sei, darüber zu sprechen“. Etwa 1995 änderte sie ihre Meinung und sprach öffentlich über ihr Priestertum sowie über ihre Rolle als Vorbild für die Frauenordination in der römisch-katholischen Kirche.[7] Dazu wirkte sie auch an einer Biografie mit, die Miriam Therese Winter über sie veröffentlichte.[8] In einem Video anlässlich des Papstbesuchs 2021 in der Slowakei beschreibt die Autorin die Situation von Javorová.[9]

Rezeption der Ordination

Das Öffentlichwerden von Javorovás Priesterinnenweihe hat 1995 zu großem Medieninteresse geführt.[10][11] Darüber hinaus haben viele Frauen, die sich zum Priesteramt berufen fühlten, ihr Tun als Vorbild und Bestärkung empfunden, insbesondere auch die 2002 geweihten sogenannten Donau Sieben.

Am 2. April 2011 – 21 Jahre nach dem Fall des Eisernern Vorhangs – wurde der von Bischof Davídek gegründeten Gruppe „Koinótés“ der tschechischen Untergrundkirche in der Wiener UNO-City der Herbert-Haag-Preis verliehen. Damit wurden die – auch vom Vatikan – wenig gewürdigten Mitglieder der tschechischen Untergrundkirche, die sich durch „mutiges Handeln in der Christenheit exponiert haben“, erstmals öffentlich anerkannt. Zugleich wurde vom Vatikan die „Rehabilitation der verborgenen Kirche“ gefordert.[12]

Bei dieser Feier war auch Javorová anwesend und konstatierte: „Die Arbeit hat erst begonnen. Andere müssen sie weiter führen. Auch wenn der Vatikan die Frage der Frauenweihe für abgeschlossen hält, so ist es mein fester Glaube, dass irgendwann in der Zukunft die Frage wieder aktuell sein wird“.[4] Und sie beklagte sich darüber, dass „ein Mann mich, meine Berufung, vocatio, beurteilen sollte. Warum ein Mann?“.[13]

Rechtliche Bewertung der Ordination

Die kirchenrechtliche Rechtmäßigkeit und Gültigkeit der Ordination von Javorová wird bis heute kontrovers beurteilt, jedoch gilt sie nach kanonischem Recht und Lehre der katholischen Kirche als unerlaubt und jedenfalls ungültig. Teilweise wird sogar bestritten, dass die Weihezeremonie ordnungsgemäß oder überhaupt stattgefunden hat.

Erzbischof John Bukovsky und Davídek betrachteten die Ordinationen als gültig, aber unerlaubt (valide, sed illicite); der Vatikan sei darüber vollständig informiert gewesen.[4] Sie rechtfertigten dies mit der besonderen Situation der religiösen Verfolgung, die dazu führte, dass Frauen im Gefängnis ohne priesterlichen Beistand ge blieben wären, da sie nur von Personen gleichen Geschlechts hätten besucht werden können. Auch die Vertreterinnen der Organisation Roman Catholic Women Priests, einer 2002 initiierten Bewegung, die für die Frauenweihe in der römisch-katholischen Kirche eintritt, sehen die Weihe als gültig an.

Entgegen den Hoffnungen der Untergrundkirche hielt der Vatikan die geheimen Weihen der Frauen und der – teilweise verheirateten – Männern für ungültig. Während die unverheirateten Männer angehalten wurden, ihre Ordination zu erneuern, wurden die geweihten Frauen schlichtweg ignoriert.[4] Damit entsprach der Vatikan seiner Lehre und dem Kirchenrecht, wonach nur ein getaufter Mann „gültig“ ordiniert werden kann (canon 1024 CIC).

Einzelnachweise

  1. RP ONLINE: Düsseldorf: Zur Priesterin geweiht, vom Vatikan abgelehnt. 17. Oktober 2012, abgerufen am 21. Januar 2022.
  2. RomanCatholicWomenPriests (Internationale Bewegung röm. kath. Priesterinnen) – Priesterin Ludmilla Javorová. Abgerufen am 22. Januar 2022.
  3. RP ONLINE: Düsseldorf: Zur Priesterin geweiht, vom Vatikan abgelehnt. 17. Oktober 2012, abgerufen am 22. Januar 2022.
  4. a b c d e Therese Koturbash: Czechoslovakia’s Secret Church Receives Herbert Haag Foundation Award: The Tablet, 9 April 2011. Abgerufen am 19. Januar 2022 (amerikanisches Englisch).
  5. Die FURCHE: Felix Davídek: Geheimbischof und Priesterin in der ČSSR. Abgerufen am 21. Januar 2022.
  6. Ludmila’s Story. Abgerufen am 19. Januar 2022 (englisch).
  7. RomanCatholicWomenPriests (Internationale Bewegung röm. kath. Priesterinnen) – Priesterin Ludmilla Javorová. Abgerufen am 21. Januar 2022.
  8. Miriam Therese Winter: Out of the Depths: The Story of Ludmila Javorova Ordained Roman Catholic Priest. Crossroad Publishing Co ,U.S., 2001, ISBN 978-0-8245-1889-9.
  9. Pope Francis, Meet Your Priest: Ludmila Javorová with Miriam Therese (M.T. Winter). Abgerufen am 21. Januar 2022 (englisch).
  10. FOCUS Online: Angst vor dem Vergessen. Abgerufen am 22. Januar 2022.
  11. Priesterin outet sich. In: Der Spiegel. 5. November 1995, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 22. Januar 2022]).
  12. „Wir sind Kirche“ fordert die vollständige Rehabilitation der „Verborgenen Kirche“ | Plattform „Wir sind Kirche“. Abgerufen am 22. Januar 2022.
  13. Weckruf für Freiheit in der Kirche. Abgerufen am 22. Januar 2022.