Ludwig Hoelscher

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Ludwig Hoelscher (* 23. August 1907 in Solingen; † 8. Mai 1996 in Tutzing) war ein deutscher Cellist.

Leben

Hoelscher war das jüngste von drei Kindern eines Juweliers und Hobbygeigers, der sich vorgenommen hatte, ein „familiäres Streichquartett“ zu gründen.[1] Der junge Ludwig begann bereits im Alter von sechs Jahren mit dem Cellospiel. Ab dem Alter von zehn Jahren sammelte er Erfahrungen in der häuslichen Kammermusik, ohne jedoch als Wunderkind hervorzutreten.[1]

Hoelscher studierte das Cellospiel in Köln, München, Leipzig und Berlin, unter anderem bei Hugo Becker, Julius Klengel und Wilhelm Lamping (1880–1951). 1930 erhielt er (zusammen mit Ibolyka Zilzer, 1906–1971) den Mendelssohn-Preis für ausübende Tonkünstler. Seine musikalische Karriere begann mit der Bekanntschaft der Pianistin Elly Ney, die 1932 zusammen mit ihm und dem Geiger Wilhelm Stross das Elly-Ney-Klaviertrio gründete.[1] Von 1934 bis 1938 war er Mitglied des Strub-Quartetts in Berlin.

1931 debütierte Hoelscher mit den Berliner Philharmonikern unter Max Fiedler.[2]

Karriere im „Dritten Reich“

Hoelscher galt als einer der wichtigsten Künstler im NS-Staat, was sich auch in seiner Aufnahme in die vom Reichspropagandaministerium im August 1944 herausgegebene „Gottbegnadeten-Liste“ („Führerliste“) widerspiegelte und ihn vom Kriegsdienst befreite.[3]

Am 1. Mai 1937 wurde Hoelscher Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 5.156.776).[4][5] Seit 1. April 1937 war der 29-Jährige als Professor an der Musikhochschule Berlin tätig. Am 29. Mai 1938 war er Solist im Abschlusskonzert der ersten Reichsmusiktage in Düsseldorf, wo auch die NS-Propagandaausstellung Entartete Musik gezeigt wurde. Im selben Jahr trat Hoelscher bei den Beethoventagen der Hitlerjugend in Wildbad und beim kulturpolitischen Arbeitslager der Reichsjugendführung in Weimar auf und spielte zum „Lichtfest“ vor der Belegschaft von vier Industriebetrieben. Ab 1938 wirkte Hoelscher auch als Professor am Mozarteum in Salzburg. Zwecks „Kulturpropaganda“ trat er 1942 unter anderem im besetzten Belgien bei Wanderkonzerten für die Wehrmacht in Antwerpen, Gent, Mechelen, Löwen, Lier und St. Niklaas auf. Diese Konzerte wurden 1943 wiederholt, zusätzliche Auftritte hatte er in Bukarest, Lemberg, Lublin und Warschau.[4][6] Noch wenige Monate vor Kriegsende, am 2. Dezember 1944 trat er zusammen mit der Philharmonie des Generalgouvernements in Krakau auf. Diese „Philharmonie des Generalgouvernements“ war ein von „GeneralgouverneurHans Frank zu Propagandazwecken gegründetes Orchester, das mit polnischen Spitzenmusikern besetzt war. Im Diensttagebuch von Frank fand sich dazu der Eintrag: „Krakau Konzert mit Prof. Hoelscher“.[4] In diesem Konzert unter der Leitung von Hans Swarowsky gab es auch die Uraufführung von Pfitzners Komposition Krakauer Begrüßung, die Hans Frank gewidmet war.[7]

Karriere im Nachkriegsdeutschland

Trotz Mitgliedschaft in verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen, wie der NSDAP, dem Reichskolonialbund und dem Altherrenbund der Deutschen Studenten,[8] konnte Ludwig Hoelscher seine Karriere nach dem Zweiten Weltkrieg fortsetzen. Er war von 1954 bis 1972 Professor an der Musikhochschule Stuttgart. Zahlreiche Konzertreisen führten ihn um die ganze Welt, darunter 1953 erstmals nach Japan, wo er Ehrenmitglied der Ueno-Universität Tokio wurde. Neben vielen anderen Auszeichnungen erhielt er auch die Ehrenmitgliedschaft des Vereins Beethoven-Haus Bonn.

Ludwig Hoelscher trat zeitlebens solistisch und als Kammermusiker auf (u. a. mit Elly Ney, Walter Gieseking, Hans Richter-Haaser,[9] Wilhelm Kempff, Wilhelm Keilmann, Carl Seemann, Adrian Aeschbacher, Kurt Rapf). Er hat über 50 Werke uraufgeführt (u. a. von Wolfgang Fortner, Martin Karl Hasse, Joseph Rheinberger, Ermanno Wolf-Ferrari, Hans Pfitzner, Walter Gieseking, Karl Höller, Harald Genzmer, Hans Werner Henze, Ernst Krenek, Heinrich Sutermeister, Peter Jona Korn, Günter Bialas, Wilhelm Keilmann, Casimir von Pászthory). Er brachte auch Werke von Paul Hindemith zur deutschen Erstaufführung. Die Cellosonate op.30 (1935) von Theodor Hausmann ist Ludwig Hoelscher gewidmet.[10]

Diskografie

Hoelscher machte zahlreiche Schallplatteneinspielungen, von denen einige inzwischen auch als CDs erschienen sind (Bayer Records; Haenssler; forgotten-records, Frankreich).

Literatur

  • Erich Valentin: Cello, das Instrument und sein Meister Ludwig Hoelscher. Neske, Pfullingen 1955.
  • Max Kaindl-Hönig: Ludwig Hoelscher (Die großen Interpreten). Kister, Genf 1964.
  • Wolf-Eberhard von Lewinski: Ludwig Hoelscher. Schneider, Tutzing 1967.
  • Hans Schneider (Hrsg.): Ludwig Hoelscher zum 75. Geburtstag. Schneider, Tutzing 1982.
  • Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon. Kiel 2004.
  • Ernst Klee: Heitere Stunden in Auschwitz. Wie deutsche Künstler ihre mordenden Landsleute im besetzten Polen bei Laune hielten. In: Die Zeit, Nr. 5/2007, zeit.de (Memento vom 11. März 2016 im Internet Archive)
  • Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Fringes, Deutschlandfunk-Kalenderblatt.
  2. Klaus Linsenmeyer: The Complete Telefunken Recordings, Begleitheft, S. 14. Hrsg.: Warner Music Group Company.
  3. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 5.
  4. a b c Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 255.
  5. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945, S. 3137.
  6. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945, S. 3138.
  7. Klee: Heitere Stunden in Auschwitz, S. 5.
  8. Mitgliedschaften laut Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 255.
  9. Kunst und Kultur. Solistenkonzerte. Ludwig Hoelscher (…). In: Arbeiter-Zeitung. Wien 17. Oktober 1952, S. 5, oben rechts (Die Internetseite der Arbeiterzeitung wird zurzeit umgestaltet. Die verlinkten Seiten sind daher nicht erreichbar. – Digitalisat).
  10. https://www.tobias-broeker.de/rare-manuscripts/g-l/hausmann-theodor/