MDPI

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MDPI (Multidisciplinary Digital Publishing Institute) ist ein Herausgeber von wissenschaftlichen Open-Access-Fachzeitschriften mit Sitz in Basel in der Schweiz. Mit Stand Juni 2021 gibt der Verlag 341 Zeitschriften heraus.[1]

MDPI wird von Shu-Kun Lin geleitet und geht auf den Molecular Diversity Preservation International e. V. zurück, der das Ziel hatte, eine Sammlung von seltenen Naturstoffen aufzubauen. Dafür wurde 1996 zusammen mit dem Springer-Verlag die Zeitschrift Molecules gegründet. Im darauffolgenden Jahr übernahm MDPI die alleinige Herausgeberschaft des Journals.[2] Nach eigenen Angaben betreibt MDPI Büros in Peking, Wuhan, Barcelona und Belgrad.[3]

Alle Artikel in MDPI-Zeitschriften stehen unter einer freien Creative-Commons-Lizenz.[4]

MDPI ist aufgrund seiner Veröffentlichungspraktiken wiederholt dem Vorwurf des Predatory Publishing ausgesetzt.[5][6]

Molecular Diversity Preservation International

Sammlung und Aufbewahrung von Naturstoffen

Der eingetragene Verein Molecular Diversity Preservation International[7] wurde 1996 von Shu-Kun Lin und Benoit R. Turin in Basel gegründet. Das Ziel dieses Vereins war es, eine Sammlung von seltenen Naturstoffen aufzubauen und zu präservieren. Diese Sammlung wurde 2012 an die MDPI Sustainability Foundation[8] übergeben, wobei der Molecular Diversity Preservation International e. V. aufgelöst wurde. Die Sammlung und Aufbewahrung der seltenen Naturstoffe wird derzeit im Auftrag von der MDPI Sustainability Foundation von MolMall Sarl[9] beaufsichtigt.[10]

Fachzeitschrift Molecules

Die Fachzeitschrift Molecules wurde 1996 in Zusammenarbeit mit dem Springer-Verlag gegründet, um die Dokumentation der gesammelten Naturstoffe festzuhalten. Es war die erste wissenschaftliche Fachzeitschrift des Open Access Verlags. Die Zeitschrift war auf synthetisch-organische Chemie und Naturstoffe fokussiert, umfasst aber nach eigenen Angaben 2019 die gesamte Bandbreite der Chemie[11].

MDPI AG (Multidisciplinary Digital Publishing Institute)

Entstehung

MDPI AG, ein kommerzieller Verlag für Open-Access-Fachzeitschriften, wurde aus der Molecular Diversity Preservation International Organization heraus gegründet. Er wurde offiziell im Mai 2010 in Basel, Schweiz, von Shu-Kun Lin und Dietrich Rordorf registriert und betreibt mittlerweile neben der Zentrale in Basel zwei Büros in China sowie zwei weitere Büros in Spanien und Serbien.[3]

MDPI stützt sich hauptsächlich auf Artikelbearbeitungsgebühren, um die Steuerung der Begutachtung und die Publikation der wissenschaftlichen Artikel zu gewährleisten.[12] MDPI wird von mehr als 67.200 aktiven Wissenschaftlern und akademischen Editoren unterstützt. Über 263.500 Autoren haben mit MDPI publiziert (Stand: November 2020). MDPI ist Mitglied von Committee on Publication Ethics (COPE),[3] der International Association of Scientific, Technical, and Medical Publishers (STM), und der Open Access Scholarly Publishers Association (OASPA)[13].

Wissenschaftliche Fachzeitschriften

Mit Stand November 2020 publiziert MDPI 287 akademische Zeitschriften aus verschiedenen Fachgebieten;[1] davon sind 150 in der wissenschaftlichen Datenbank Web of Science indexiert.[14] In den Journal Citation Reports, die wie Web of Science von Thomson Reuters geführt werden, wird laut MDPI im Jahr 2020 für 80 MDPI-Zeitschriften ein Impact Factor ausgewiesen.[15] Daneben sind laut MDPI 72 Zeitschriften aus dem Bereich der Biomedizin und der Life Sciences in PubMed Central archiviert,[16] dem größten frei zugänglichen Archiv für biomedizinische Fachliteratur. Artikel aus 160 Zeitschriften werden zusätzlich in Scopus indexiert[17] und 14 in der auf Ingenieurwissenschaften spezialisierten Datenbank Ei Compendex[18].

Im Einklang mit den OASPA-Richtlinien werden seit 2008 alle Artikel in MDPI-Zeitschriften unter der Lizenz CC-BY veröffentlicht und in den digitalen Archiven der Schweizerischen Nationalbibliothek und von CLOCKSS[19] aufgehoben.

Kontroversen

Der Verlag wurde im Februar 2014 von Jeffrey Beall, einem Kritiker des Wildwuchses im Bereich open access publishing, als unseriös eingeschätzt.[20] Diese Einschätzung wurde im November 2015 revidiert, nachdem von verschiedenen Seiten Einsprüche gekommen waren. So nannte der Chemiker Peter Murray-Rust die Kritik von Beall verantwortungslos und nicht mit Fakten fundiert.[21] Eine als Reaktion auf Bealls Kritik durchgeführte Untersuchung der Open Access Scholarly Publishers Association sieht die Standards ihrer Organisation durch MDPI eingehalten.[22] Nachdem Beall seine Liste vom Netz nahm, schrieb er, dass Predatory Publishers Druck auf ihn ausgeübt hatten, und erwähnte speziell MDPI als einen Verlag, der auf das Führungspersonal der Universität, bei der Beall tätig war, einwirkte und damit „versuchte, für die Universität so lästig wie möglich zu sein, so dass die Verwaltung die E-Mails so satt bekämen, dass sie [ihn] zum Schweigen bringen würden, um das Problem loszuwerden“.[23]

Die Zeitschriften des MDPI-Verlages werden über article processing charges (APC) finanziert. Das bedeutet, dass die Autoren der Veröffentlichung die finanzielle Belastung tragen. Dadurch kann die Publikation später kostenlos und ohne Registrierung gelesen werden, allerdings sind dadurch die Zugangshürden für Forscher aus Ländern mit geringeren finanziellen Mitteln höher und einige Autoren argumentieren, dass so die Ungerechtigkeit weiter vorangetrieben wird.[24]

Zeitschriften (Auswahl)

Einzelnachweise

  1. a b MDPI | Journals A–Z. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 9. Juni 2021 (englisch).
  2. MDPI | History. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 19. August 2019 (englisch).
  3. a b c MDPI | About. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 19. August 2019 (englisch).
  4. MDPI | Open Access Information. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 19. August 2019 (englisch).
  5. https://realkm.com/2020/11/07/why-you-need-to-think-twice-about-responding-to-this-call-for-knowledge-sharing-papers/
  6. M Ángeles Oviedo-García: Journal citation reports and the definition of a predatory journal: The case of the Multidisciplinary Digital Publishing Institute (MDPI). In: Research Evaluation. rvab020, 11. August 2021, ISSN 0958-2029, doi:10.1093/reseval/rvab020 (oup.com [abgerufen am 12. September 2021]).
  7. Molecular Diversity Preservation International
  8. MDPI Sustainability Foundation
  9. MolMall. In: MolMall. Molmall Sarl, Lonay, Schweiz, abgerufen am 19. August 2019 (englisch).
  10. MolMall - About us. Abgerufen am 19. August 2019.
  11. Molecules. Journal Menu – Aims & Scope – About Molecules. In: MDPI Molecules. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 19. August 2019 (englisch).
  12. MDPI | Article Processing Charges (APC) Information and FAQ. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 19. August 2019 (englisch).
  13. Member Record: MDPI AG. In: Open Access Scholarly Publishers Association OASPA. OASPA, abgerufen am 19. August 2019 (britisches Englisch).
  14. Web of Science Master Journal List Beta. In: Web of Science Group, a Clarivate Analytics company. Clarivate Analytics, abgerufen am 26. November 2020 (englisch).
  15. MDPI | Open Access Journals A–Z. 80 SCI-covered journals. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 26. November 2020 (englisch).
  16. MDPI | Journals A–Z. 72 PubMed (NLM)-covered journals. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 26. November 2020 (englisch).
  17. MDPI | Journals A–Z. 160 Scopus (Elsevier)-covered journals. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 26. November 2020 (englisch).
  18. MDPI | Journals A–Z. 14 Ei Compendex-covered journals. In: MDPI. MDPI (Basel, Switzerland), abgerufen am 26. November 2020 (englisch).
  19. clockss.org (Memento vom 10. August 2015 im Internet Archive)
  20. Jeffrey Beall: Chinese Publisher MDPI Added to List of Questionable Publishers. (Nicht mehr online verfügbar.) In: scholarlyoa.com. 13. November 2015, archiviert vom Original am 6. März 2014; abgerufen am 3. Januar 2016.
  21. Peter Murray-Rust: Beall’s criticism of MDPI lacks evidence and is irresponsible. In: blogs.ch.cam.ac.uk. petermr’s, abgerufen am 21. März 2016.
  22. Conclusions from OASPA Membership Committee Investigation into MDPI
  23. Jeffrey Beall: What I learned from predatory publishers. In: Biochemia Medica, 2017, 27, 2, S. 273–279, PMC 5493177 (freier Volltext)
  24. Márton Demeter, Ronina Istratii: Scrutinising what Open Access Journals Mean for Global Inequalities. In: Publishing Research Quarterly. Band 36, Nr. 4, Dezember 2020, ISSN 1053-8801, S. 505–522, doi:10.1007/s12109-020-09771-9.

Weblinks