Magistrat (Deutschland)

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Der Magistrat (lat. magistratus „Behörde“) ist in Deutschland ein Kollegialorgan an der Spitze der Verwaltung einer Stadt mit Magistratsverfassung; in einer Gemeinde ohne Stadtrechte nennt sich dieses Organ Gemeindevorstand.

Geschichte

Magistrat Wörth an der Donau, Bayern, Stadtwappen am 1892 erbauten Rathaus

Im Mittelalter wurden Kollegien städtischer Amtsträger in Anknüpfung an die antiken Magistraturen als magistratus bezeichnet. Im Frühmittelalter wurde der Begriff selten gebraucht. Ab dem 12. Jahrhundert war magistratus als Bezeichnung für stadtherrliche Amtsträger gebräuchlich. Im Spätmittelalter wurden alle gewählten Amtsträger im Dienst der Stadtkommune, insbesondere Bürgermeister, Rat und Schöffen, mit dem Begriff magistratus civitatis (Magistrat der Stadt) erfasst. In den Städten der Frühen Neuzeit war magistratus die Bezeichnung für den Stadtrat.

Für die Städte des Königreichs Preußen wurde im Jahr 1808 mit der neuen Städteordnung eine Magistratsverfassung geschaffen, die bis zur Ablösung durch die nationalsozialistische Deutsche Gemeindeordnung im Jahr 1935 in weiten Teilen Deutschlands galt.

Bundesrepublik Deutschland

Eine Magistratsverfassung sehen heute nur noch die Gemeindeordnung des Landes Hessen und die Verfassung für die Stadt Bremerhaven[1] vor. In den übrigen Flächenstaaten gelten Bürgermeister- oder Ratsverfassungen.

Der Magistrat besteht aus dem (Ober-)Bürgermeister sowie haupt- und ehrenamtlichen Stadträten. Er bildet die Spitze der Verwaltung einer Stadt. Den Stadträten werden oft einzelne oder mehrere Dezernate zugeordnet, beispielsweise Bau, Bildung, Finanzen, Freizeit, Gesundheit, Kultur, Sicherheit, Sport, Umwelt oder Verkehr. Die Zuordnung trägt dabei der Frage Rechnung, ob die Magistratsmitglieder hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig sind. Entsprechendes regelt die Hauptsatzung der Gemeinde.

Die Kompetenzen, die in anderen Ländern Deutschlands auf den Bürgermeister konzentriert sind, werden zwischen dem Kollegium aufgeteilt. Der jeweilige Bürgermeister ist primus inter pares, hat sich also im Kollegium des Magistrats abzustimmen und kann die Stadträte nicht zu bestimmtem Handeln anweisen.

Ursprünglich wurde der Bürgermeister in der Magistratsverfassung von der jeweiligen Gemeindevertretung (in Bremerhaven von der Stadtverordnetenversammlung und in den hessischen Gemeinden von der Gemeindevertretung) gewählt.

Hessen

In der Hessischen Gemeindeordnung wird in § 9 Abs. 2 HGO ausdrücklich geregelt, dass der Gemeindevorstand in Städten als Magistrat bezeichnet wird.[2] Er setzt sich zusammen aus dem Bürgermeister als dem Vorsitzenden sowie den hauptamtlichen und den ehrenamtlichen Stadträten.[3] Der Erste Stadtrat ist der allgemeine Vertreter des Bürgermeisters.[4] Seit 1993 findet in Hessen die Direktwahl der Bürgermeister statt (§ 39 Abs. 1a HGO),[5] während die Stadträte von der Stadtverordnetenversammlung gewählt werden. In Gemeinden ohne Stadtrecht heißt das dem Magistrat entsprechende Organ Gemeindevorstand, die Stadträte heißen dort Beigeordnete. Die ehrenamtlichen Stadträte werden von den Stadtverordneten für die Dauer der eigenen Wahlzeit, also für fünf Jahre gewählt und bleiben bis zur Wahl eines neuen Magistrats im Amt. Die hauptamtlichen Magistratsmitglieder sind auf sechs Jahre gewählt, ihre Wahl findet mithin unabhängig vom Termin der Kommunalwahlen statt.[6]

Bremerhaven

Der Magistrat von Bremerhaven ist, neben der Stadtverordnetenversammlung, eines der beiden Organe der Stadt. Er besorgt nach den Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung die laufende Verwaltungsarbeit. Die Stadtverordnetenversammlung wählt den Oberbürgermeister, den Bürgermeister und die hauptamtlichen Stadträte für eine Wahlperiode von sechs Jahren. Die ehrenamtlichen Stadträte werden für die Dauer der Wahlperiode der Stadtverordnetenversammlung in den Magistrat gewählt.[7]

Berlin

Am 14. Mai 1945 wurde durch die sowjetische Militärregierung wieder ein Magistrat von Groß-Berlin geschaffen. Nach dem Auseinanderbrechen der städtischen Verwaltung im Jahr 1948 verwaltete der Magistrat von Groß-Berlin nur noch den sowjetisch besetzten Ostsektor der Stadt. Gleichwohl behielt die Ost-Berliner Stadtregierung ihren Namen bis 1977 bei, während in West-Berlin ab 1950 der Senat von Berlin an dessen Stelle trat. Von 1977 bis zur Bildung des ersten gesamtberliner Senats am 11. Januar 1991 gab es in der DDR noch den Magistrat von Berlin, Hauptstadt der DDR.

In anderen Städten der DDR wurde die Stadtverwaltung als staatliches Organ mit Rat der Stadt bezeichnet.

Siehe auch

Literatur

  • Gerold Neusser: Magistratsverfassung. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2., überarbeitete Auflage, Band 3, Erich Schmidt, Berlin 2016, ISBN 978-3-503-17011-1, Sp. 1140–1142
  • Edith Ennen, Heiner Lück: Magistratus. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2., überarbeitete Auflage, Band 3, Erich Schmidt, Berlin 2016, ISBN 978-3-503-17011-1, Sp. 1143 f.

Einzelnachweise