Mamadou Diawara

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Mamadou Diawara (* 1954 in Nioro du Sahel, Mali) ist ein Ethnologe malischer Herkunft. Er ist Professor für Ethnologie am Institut für Ethnologie[1] der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main sowie stellvertretender Direktor des Frobenius-Instituts[2] und Direktor von Point Sud,[3] Forschungszentrum für lokales Wissen in Bamako, Mali.

Biographie

Mamadou Diawara studierte an der École Normale Supérieure, Bamako, Mali und an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS), Paris, wo er 1985 mit einer Arbeit im Fach Anthropologie und Geschichte mit dem Thema „La dimension sociale et politique des traditions orales du royaume de Jaara (Mali) du XVe au milieu du XIXe siècle“ promoviert wurde. Es folgte die Habilitation an der Universität Bayreuth (1998) zum Thema „L ’empire du verbe. L’éloquence du silence. Vers une anthropologie du discours dans les groupes dits dominés dans le Sahel“.[4]

Bevor er 2005 nach Frankfurt berufen wurde, lehrte und forschte Diawara an der Université Fribourg, Miséricorde (Schweiz), der Universität Bayreuth, der University of Georgia (USA) sowie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Er war Gastprofessor an der University of São Paulo and Salvador da Bahia (Brasilien), der École des Hautes Études en Sciences Sociales (Paris), Henry Hart Rice Visiting Professor in Anthropology and History an der Yale University (USA)[5] und gewann den John G. Diefenbaker Award der Université Laval (Kanada)[6]. Zudem war er Fellow des Institut d’Études Avancées von Nantes (IEA),[7] Frankreich und des Wissenschaftskollegs zu Berlin.[8] Im Wintersemester 2020/2021 war er Fellow am „Stellenbosch Institute for Advanced Studies“ (STIAS) der Universität Stellenbosch in Südafrika.[9] 1998 gründete er mit Finanzierung der Volkswagen Stiftung gemeinsam mit Kollegen und Freunden aus Deutschland, Österreich und Mali,[10] ein Forschungszentrum für lokales Wissen in Bamako, Mali, dessen Direktor er ist.[11]

2022 wurde Diawara zum korrespondierenden Mitglied der British Academy gewählt.

Forschungsschwerpunkte und Projekte

Zu seinen Forschungsgebieten gehören Medien, Urheberrecht, Migration, Geschichte, mündliche Überlieferung und lokales Wissen in Subsahara-Afrika. Er hat mehrere, auf Nachwuchswissenschaftler aus Afrika gerichtete Forschungsförderungsprojekte mitinitiiert und engagiert sich in Programmen zur Kooperationsförderung zwischen Wissenschaftlern aus Afrika und dem Rest der Welt.[4]

Unter der Leitung von Mamadou Diawara fördert das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Programm Point Sud seit 2008 auf Afrika bezogene geistes- und sozialwissenschaftliche Veranstaltungen.[12] Diese werden von einem wissenschaftlichen Lenkungsgremium durch eine jährliche Ausschreibung ausgewählt. Ziel des Programms ist der Austausch und die Vernetzung von Wissenschaftlern aus Deutschland, Afrika und anderen Teilen der Welt sowie die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Zusammen mit Elísio Macamo von der Universität Basel hat Mamadou Diawara die „Pilot African Postgraduate Academy“ (PAPA) ins Leben gerufen.[13][14] Das von der Gerda Henkel Stiftung geförderte Projekt richtet sich an Nachwuchswissenschaftler, die ihre Doktorarbeit kürzlich abgeschlossen haben und an Universitäten in Afrika arbeiten. Ziel ist es, unter ihnen ein Verständnis für den Wert der Wissenschaft um ihrer selbst willen zu vertiefen und ihr Interesse an konzeptioneller Grundlagenforschung zu fördern.

In Zusammenarbeit mit vier Partnerinstitutionen leitet Mamadou Diawara zudem das internationale Forschungskolleg Maria Sibylla Merian Institute for Advanced Studies in Africa (MIASA) an der Universität Ghana in Legon, Accra. Das aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanzierte Institut setzt sich für den Abbau globaler Asymmetrien in der Wissensproduktion und eine stärkere Zusammenarbeit von Forschenden aus dem anglophonen und dem frankophonen Afrika ein.

Von 2007 bis 2019 war Diawara Principal Investigator des Exzellenzcluster 243 „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität.[15] Von 2013 bis 2019 war er zudem Mitglied von AFRASO, einem interdisziplinären und transregionalen Verbundprojekt der Goethe-Universität Frankfurt, das die neuen Beziehungen zwischen den beiden Kontinenten Afrika und Asien in vergleichender und transregionaler Perspektive untersucht.[16]

Seine ethnographischen Feldforschungen führte er in Mali, Frankreich, Mauretanien, Indonesien und Thailand durch. Mamadou Diawara ist Herausgeber und Autor zahlreicher Publikationen zu Urheberrecht, Migration, mündliche Überlieferung und lokales Wissen in Subsahara-Afrika. Sein derzeitiges Forschungsinteresse gilt insbesondere den Themen Lokale Medien und Westliche Medien im Kontext der Oralität.

Publikationen (Auswahl)

  • „Seeing like scholars. Whose exile? Making a life, at home and abroad.“ In Ross Anthony and Uta Ruppert (eds.) Reconfiguring Transregionalisation in the Global South. African-Asian Encounters, Palgrave Macmillan, 2020: 197–222.
  • Normes étatiques et pratiques locales en Afrique subsaharienne : entre affrontement et accommodement. Paris: Éditions Manucius 2019, hg. mit Ute Röschenthaler. Translation revisited: contesting the sense of African social realities, Cambridge: Cambridge Scholars Publishing 2018, hg. mit Jean-Bernard Ouédraogo und Elísio S Macamo.
  • Copyright Africa: How Intellectual Property, Media and Markets Transform Immaterial Cultural Goods. Canon Pyon: Sean Kingston Publishing 2016, hg. mit Ute Röschenthaler. „La bibliothèque coloniale, la propriété intellectuelle et la romance du développement en Afrique.“ Canadian Journal of African Studies 48 (3) (2014): 445 461.
  • „Die Jagd nach den Piraten. Zur Herausbildung von Urheberrechten im Kontext der Oralität im subsaharischen Afrika.“ Sociologus 61 (1) (2011): 69 89. „Development and administrative norms: The Office du Niger and decentralization in French Sudan.“ Africa 81 (3) (2011): 434 454.
  • Heinrich Barth et l’Afrique. Köln: Rüdiger Köppe, 2006 hg. mit Paulo Fernando de Moraes Farias und Gerd Spittler.
  • „Colonial Appropriation of Local Knowledge.“ In: Peter Probst und Gerd Spittler (Hg.), Between Resistance and Expansion. Explorations of local Vitality in Africa. Münster: LIT, Rochester: Transactions Publishers 2004, 273 293.
  • L’empire du verbe et l’éloquence du silence. Vers une anthropologie du discours dans les groupes dits dominés au Sahel. Köln: Rüdiger Köppe, 2003
  • „Dieu d’eau, eau du barrage. Les populations du plateau dogon face aux contraintes: pluviométrie, terre et démographie“. Africa 67 (4) (1997): 602 624.
  • La graine de la parole. Stuttgart: Steiner Verlag, 1990.

Einzelnachweise

  1. Goethe-Universität — Mamadou Diawara. Abgerufen am 6. August 2021.
  2. Mamadou Diawara, auf frobenius-institut.de
  3. Organisation, auf pointsud.org
  4. a b Mamadou Diawara – Frobenius-Institut Frankfurt am Main. Abgerufen am 6. August 2021.
  5. Archive File, auf agrarianstudies.macmillan.yale.edu
  6. German Anthropologist Awarded the John G. Diefenbaker Award to Pursue Research at Université Laval in Quebec City, auf canada.ca
  7. Mamadou DIAWARA – Résidents – Fondation Institut d’Études Avancées de Nantes. Abgerufen am 17. Februar 2021.
  8. Wissenschaftskolleg zu Berlin: Mamadou Diawara, Dr. phil. Abgerufen am 17. Februar 2021.
  9. Mamadou Diawara. In: Stellenbosch Institute for Advanced Study. Abgerufen am 17. Februar 2021.
  10. Point Sud, auf pointsud.org, abgerufen am 16. August 2021
  11. Organisation. 30. April 2014, abgerufen am 17. Februar 2021.
  12. DFG – GEPRIS – Programm Point Sud 2021. Abgerufen am 17. Februar 2021.
  13. Pilot African Postgraduate Academy (PAPA): the programme, auf pointsud.org, abgerufen am 16. August 2021
  14. Gerda Henkel Stiftung: Impulse for the Humanities and Social Sciences in francophone Africa. Abgerufen am 17. Februar 2021.
  15. Diawara, Mamadou. Abgerufen am 17. Februar 2021.
  16. Mamadou Diawara. afraso.org, abgerufen am 17. Februar 2021.