Manille (Währung)

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Kupferarmreif-Manille mit Verzierungen aus Nigeria, 710 Gramm, 19. Jahrhundert
Messingplatte aus der Fassade des Königspalastes von Benin: Ein Hofbeamter hält zwei Manillen in einer Hand (Victoria and Albert Museum, London)
Manillen-Konvolut aus Kupfer und Kupferlegierungen, verschiedene Epochen, Westafrika

Datei:Die ersten Zahlungsmittel (CC BY 4.0).webm Eine Manille (maˈnɪljə), auch Manilla, ist ein Armreif aus Bronze oder Kupfer, in seltenen Fällen auch aus Gold, der einen nicht ganz geschlossenen Kreis bildet. Manillen wurden als vormünzliches Zahlungsmittel (prämonetär) oder Tauschgegenstand und gelegentlich auch als Schmuck unter verschiedenen Völkern Westafrikas, insbesondere der Goldküste, des Königreichs Calabar und weiterer Teile Nigerias, genutzt.[1] Sie wurden auch als „Sklavenhandelswährung“ bekannt, nachdem die Europäer begonnen hatten, sie für den Erwerb von Sklaven für den transatlantischen Sklavenhandel mit Amerika zu verwenden.[2] Manillen waren die erste allgemein austauschbare Währung, die in Westafrika bekannt war. Im Unterschied etwa zum Kaurigeld wurde sie für den Handel auf den Märkten ebenso genutzt wie als Brautpreis, zur Bezahlung von Wahrsagern oder als Grabbeigabe für die nächste Welt.

Herkunft der Bezeichnung

Der Name „Manille“ oder „Manilla“ soll sich vom spanischen Wort manella für Armreif[1], vom portugiesischen Wort für Fingerring[3] oder vom lateinischen manus (Hand) bzw. von monilia (Plural von monile) für Halskette ableiten.[4] Manillen sind üblicherweise hufeisenförmig mit zueinander zeigenden, etwa rautenförmigen Enden.

Typen von Manillen

Die Afrikaner hatten regional unterschiedliche Namen für Manillen, erkannten ihnen unterschiedlichen Wert zu und waren wählerisch, welche Variante von Manillen sie akzeptierten. Manillen wurden auch nach dem Klang unterschieden, der beim Aneinanderschlagen entstand.

Ein Bericht des britischen Konsuls von Fernando Póo aus dem Jahr 1856 gibt einen Eindruck von dieser Differenziertheit. Er listet fünf verschiedene Formen von Manillen auf, die in Nigeria verbreitet waren. Die Antony Manillas wurden auf allen Märkten des Landesinneren akzeptiert, die Congo Simgolos oder „Flaschenhälse“ dagegen nur auf dem Markt von Opungo, der Onadoo war besonders begehrt im Königreich Calabar, bei den Igbo zwischen Bonny und New Kalabari. Der Finniman Fawfinna war in Juju Town und auf dem Markt von Qua verbreitet, allerdings nur halb so viel wert wie der Antony.[5]

Die Verbreitung weiterer afrikanischer Bezeichnungen ist eher auf regionale Sitten als auf tatsächliche Unterschiede in der Herstellung oder im Material zurückzuführen. Der Mkporo ist wahrscheinlich eine niederländische oder britische, der Popo eine französische Manille gewesen, aber die übrigen stammen aus der Produktion in Birmingham.

Geschichte

Herkunft

Einige Quellen führen die Verbreitung der Manillen auf die Phönizier zurück,[5] die angeblich in der Antike bereits an der Küste Westafrikas Handel getrieben haben sollen, oder auf Händler bzw. Entdecker aus dem antiken Karthago.[3] Auch die Ägypter wurden als Quelle angenommen, da sie ebenfalls rautenförmiges Geld verwendeten. Nach einer Theorie haben Fischer aus dem heutigen Nigeria diese Kupfergegenstände aus europäischen Schiffswracks in der Bucht von Benin erhalten. Andere Theorien gehen von einem afrikanischen Ursprung aus und nehmen an, dass die Manillen eine Metallkopie traditioneller Armreife aus Raphia sind oder dass die Mondua der Yoruba das Vorbild der Manillen waren.[4]

Die Manillen erinnern auch an die Torques, die beispielsweise die Kelten in Zentraleuropa trugen.

In jedem Fall gab es an dieser Küste vor Ankunft der ersten Europäer bereits eine Tradition kupferner Armreife, die von Frauen als Zeichen des Wohlstandes getragen wurden. Duarte Pacheco Pereira, der in den 1490er-Jahren hier Handel trieb, erwähnt bereits, dass er 12 bis 15 Manillen aus Messing für einen Sklaven zahlte.[3] 1522 kostete eine Sklavin im Benin 50 Manillen, und der portugiesische König begrenzte den Preis auf 40 Manillen pro Sklave, um die Inflation zu stoppen.

Mit dem Niedergang des Sklavenhandels im 19. Jahrhundert ging auch die Produktion der Manillen zurück. In den 1890er-Jahren hatten sie noch einige Bedeutung im Handel mit Palmöl.[4] Viele Manillen wurden von afrikanischen Handwerkern eingeschmolzen, um Kunstgegenstände herzustellen.[3] Manillen wurden auch oft auf ein Grab gelegt, um den Wohlstand des Verstorbenen zu demonstrieren, und in einigen Gegenden von Benin tragen Frauen auf Beerdigungen heute noch große Manillen um den Nacken, die später in den Familienschrein zurückkehren. Goldmanillen sollen für sehr wichtige Leute wie den König Jaja von Opobo 1891 hergestellt worden sein.[3]

Zwischen 1504 und 1507 führten die Portugiesen allein 287.813 Manillen aus Portugal über ihre Handelsstation San Jorge da Mina in Elmina im heutigen Ghana ein.[5] Später nutzten sie auch Niederländer und Briten als Zahlungsmittel hier, insbesondere im Sklavenhandel. Ursprünglich wurde als Material Kupfer bevorzugt, später am Ende des 15. Jahrhunderts Messing und schließlich ab 1630 Bronze. Im frühen 18. Jahrhundert waren in Bristol[3] und dann in Birmingham die wichtigsten Manufakturen für ihre Herstellung.

Manillen wurden auch in Afrika selbst hergestellt, aber darüber ist wenig bekannt.

Abschaffung der Manillen als Währung

Durch die Native Currency Proclamation verboten die britischen Kolonialherren 1902 den Import von Manillen nach Nigeria, sofern dieser nicht durch den High Commissioner genehmigt war. Die Absicht war, den Gebrauch von geprägten britischen Münzen zu unterstützen. Bis in die 1940er-Jahre waren sie jedoch weiter in Gebrauch, was als verwaltungsmäßiges Problem angesehen wurde.[5]

Durch die operation manilla versuchten die Briten, die Manillen endgültig gegen britische Münzwährung auszutauschen. Die Kampagne war recht erfolgreich, und 32 Millionen Stück wurden aufgekauft und als Schrott verwertet. Am 1. April 1949 endete die Geschichte der Manillen als gesetzliches Zahlungsmittel in Britisch-Westafrika[4] nach einem sechsmonatigen Umtauschzeitraum.[3] Maximal 200 Stück pro Person waren noch für zeremonielle Zwecke bei Begräbnissen und Hochzeiten erlaubt. Nur die Sorten Okpoho, Okombo und Abi waren noch offiziell anerkannt und wurden zu einem festen Kurs aufgekauft. 32,5 Millionen Okpoho, 250.000 Okombo und 50.000 Abi wurden so übergeben. Ein Metallhändler in Europa erhielt 2460 Tonnen Manillen, dennoch kostete das Unternehmen die Steuerzahler der Region 284.000 £.

Heutzutage werden Manillen noch für Touristen hergestellt.[3]

Literatur

  • Manilla. In: Walter Hirschberg (Hrsg.): Neues Wörterbuch der Völkerkunde. Reimer, Berlin 1988, ISBN 3-496-00875-X, S. 295.
  • Stefanie Lux: Kissipenny und Manilla. Geld und Handel im alten Afrika. Duisburg 1995, ISBN  3-8927-515-6 (defekt).
  • Otto Werner: Westafrikanische Manillas aus deutschen Metallhütten. Verwertung von Kupferschrott im 15. und 16. Jahrhundert. In: Erzmetall. Band 29, Nr. 10, 1976, ISSN 0044-2658, S. 447–453.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Christopher Churchill Chamberlain: The Teach Yourself Guide To Numismatics. London 1963, S. 92.
  2. "Slave Trade" Bracelets. Calgary Coin Gallery, abgerufen am 1. November 2018.
  3. a b c d e f g h Alun Rees: Manillas. In: Coin News. April 2000, ISSN 0958-1391, S. 46–47.
  4. a b c d Scott Semans: Manilla: Money Of The Slave Trade. Scott Semans World Coins, abgerufen am 1. November 2018.
  5. a b c d Paul Einzig: Primitive Money in its ethnological, historical and economic aspects. Eyre & Spottiswoode, London 1949, S. 150–155.