Manoir de Marbeuf
Das Manoir de Marbeuf ist ein Herrenhaus in der nordfranzösischen Gemeinde Sahurs etwa 15 Kilometer südwestlich von Rouen in der Normandie. Es wurde von Louis de Brézé im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts im Stil des Flamboyants errichtet. Etwas später ließ er der Anlage noch eine gotische Kapelle hinzufügen.
Das
befindet sich heute in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden, ist von der Straße aus aber gut einsehbar. Teile von ihm stehen seit dem 7. Mai 1945 als klassifiziertes Monument historique (französisch Monument historique classé) unter Denkmalschutz.[1]
Geschichte
Der Seneschall der Normandie, Louis de Brézé, und seine Frau Diana von Poitiers veranstalteten im 16. Jahrhundert oft Jagden im Wald von Roumare, einem großen Waldgebiet nördlich von Sahurs. Um 1515[2] errichtete Louis de Brézé in Sahurs dann ein Jagdhaus, in dem er mit den Jagdgesellschaften einkehren konnte. Einige Jahre später fügte er der Anlage noch eine kleine Kapelle hinzu.[3]
Der Dichter Pierre de Marbeuf war einer der nachfolgenden Eigentümer des
. Er ließ die Anlage überarbeiten[4] und erhielt 1637[2] von Papst Urban VIII. die Genehmigung, die Kapelle Unserer Lieben Frau des Friedens (französisch Notre-Dame de la Paix) zu weihen. Außerdem gewährte der Papst diverse Ablässe, und die Kapelle wurde ein Ziel von Pilgerfahrten. Es wird erzählt, auch die französische Königin Anna von Österreich habe als Pilgerin die Kapelle besucht und dort in einem Gebet um Frieden für Frankreich und einen Thronfolger gebeten. Als ihre Bitten erhört worden waren, stiftete sie dem kleinen Gotteshaus 1638 nach der Geburt ihrs Sohnes Ludwig eine Madonnenstatue aus massivem Silber, die das Gewicht des Neugeborenen hatte: 24 Mark, das heißt fast 5,9 Kilogramm[5]. Sie wurde in einer feierlichen Prozession nach Sahurs gebracht.[6] Zu jener Zeit lautete ein Sprichwort „Es war Sahurs, das Frankreich einen König schenkte.“ (französisch C’est Sahurs qui donne un Roi à la France.)[7] Die Statue gehörte bis zur Französischen Revolution zur Kapellenausstattung, aber am 15. Frimaire des Jahres II (5. Dezember 1793) übergab der damalige Eigentümer des Herrenhauses die Madonna einem Volksbeauftragten der Münze in Rouen, um sie einschmelzen zu lassen.[2][5]
Beschreibung
Das
de Marbeuf steht am rechten Ufer der Seine am Rande des Regionalen Naturparks Boucles de la Seine Normande. Es besteht aus mehreren Gebäuden, von denen aber nur noch der massive Torbau und die Kapelle von der ersten Anlage aus dem 16. Jahrhundert stammen. Ein großer Stein, der vor der straßenseitigen Fassade der Kapelle liegt, trägt das Wappen Frankreichs. Pierre der Marbeuf erhielt ihn auf Geheiß König Ludwigs XIII., und er zeigte an, dass der Besitz von der Einquartierung königlicher Truppen ausgenommen war.[2] Eine architektonische Besonderheit ist eine der Anlage zugehörige Scheune. Der hölzerne Bau ist eines der wenigen Exemplare im
genannten Gebiet, das auf Stelzen hochgelegt ist.[2]
Der dreigeschossige Torbau besitzt ein Erdgeschoss aus Caumont-Stein, während seine Obergeschosse aus Holzfachwerk bestehen, dessen tragende Hölzer an den Außenseiten mit Schieferplatten verkleidet sind. Das Gebäude wird von einem schindelgedeckten Walmdach abgeschlossen. Die rundbogige Tordurchfahrt ist von einem mehrfach geschweiften, skulptierten Kielbogen bekrönt. Rechts daneben liegt eine wesentlich kleinere Schlupfpforte. Der Schlussstein des flachen Kreuzrippengewölbes der Durchfahrt zeigt das Wappen der Familie Brézé, während die hofseitig Ostfassade des Torbaus Medaillons mit den Köpfen Pierre de Marbeufs und seiner Frau aufweist. In nördlicher Richtung schließen sich zwei hintereinander liegende, eingeschossige Fachwerkgebäude aus dem 18. Jahrhundert an, deren Sockel aus Caumont-Stein gemauert wurden.
An der Südseite des Torbaus schließt sich ihm die gotische Kapelle Notre-Dame de la Paix mit Fünfachtelschluss und außenseitigen Stützpfeilern an. Der Kirchenbau ist von einem schiefergedeckten Dach abgeschlossen. Es trägt einen schmalen Dachreiter mit hohem, schiefergedecktem Helm und einer 1829[5] gegossenen Glocke. An der östlichen Außenseite besaß die Kapelle im 17. Jahrhundert eine Lukarne im Stil Louis-treize,[5] diese ist heute jedoch nicht mehr erhalten. Das Innere wird von Spitzbogenfenstern mit Maßwerk im Stil des Flamboyants erhellt. Die Mauerpartien unter den Fenstern sind mit einer renaissancezeitlichen Täfelung verkleidet. Sie stammt damit aus derselben Epoche wie die Sitzbänke.[5] Der dreijochige Chor besitzt ein Kreuzrippengewölbe, dessen Schlusssteine Wappendarstellungen tragen. Über dem Eingang befindet sich eine Empore, die früher den Herren des Landsitzes vorbehalten war. Zur mobilen Ausstattung der Kapelle gehören mehrere Gemälde aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie eine Madonna und eine Statue des heiligen Johannes aus dem 17. Jahrhundert.[5]
Literatur
- Noël Broëlec: La Normandie. Châteaux et Demeures. Minerva, Genf 1995, ISBN 2-83-070306-6, S. 9.
- Sophie-Dorothée Delesalle, Christian Olles, Muriel Vandeventer (Hrsg.): Le Patrimoine des Communes de la Seine-Maritime. Band 2. Flohic, Paris 1997, ISBN 2-84234-017-5, S. 754.
- Hervé Eveno: Histoire dʼun Manoir "Renaissance" à Sahurs… 2 Bände. Selbstverlag, Sahurs 2015.
- Philippe Seydoux: Châteaux du Pays de Caux et du Pays de Bray. 2. Auflage. Éditions de la Morande, Paris 1987, ISBN 2-902091-17-6, S. 111.
Weblinks
- Eintrag der Anlage in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
- Informationen zur Kapelle Notre-Dame de la Paix auf rouen.catholique.fr (französisch)
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Eintrag der Anlage in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch), Zugriff am 24. Oktober 2019.
- ↑ a b c d e Sophie-Dorothée Delesalle, Christian Olles, Muriel Vandeventer (Hrsg.): Le Patrimoine des Communes de la Seine-Maritime. Band 2, 1997, S. 754.
- ↑ Die Literatur macht unterschiedliche Angaben zum Baujahr, sie schwanken zwischen (um) 1520 und 1525.
- ↑ Das Manoir de Marbeuf auf chateau-fort-manoir-chateau.eu, Zugriff am 24. Oktober 2019.
- ↑ a b c d e f Informationen zur Kapelle Notre-Dame de la Paix auf rouen.catholique.fr, Zugriff am 24. Oktober 2019.
- ↑ Philippe Seydoux: Châteaux du Pays de Caux et du Pays de Bray. 1987, S. 111.
- ↑ Präsentation der Kapelle auf patrimoine-religieux.fr, Zugriff am 26. Oktober 2019.
Koordinaten: 49° 21′ 24,1″ N, 0° 56′ 40,5″ O