Marianna von Martines

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Marianna Martines um 1780 (Gemälde von Anton von Maron)[1]

Marianna von Martines, auch genannt Nannette Martinez[2] (* 4. Mai 1744 in Wien; † 13. Dezember 1812 ebenda) war eine österreichische Komponistin, Cembalistin und Sängerin (Sopran).

Leben

Marianna Martines wurde als Tochter von Theresia und Nicolò Martines, einem Neapolitaner und Zeremonienmeister des päpstlichen Nuntius in Wien geboren.[3] Sie hatte elf Geschwister, von denen sechs im Kindesalter starben.[4] Es blieben eine Schwester und vier Brüder. Diese wurden am 23. Januar 1774 von der Kaiserin Maria Theresia in den erbländischen Ritterstand erhoben.

Erziehung und Förderung in der Musik, aber auch in Sprachen und Literatur erhielt Marianna Martines durch den italienischen Dichter und Librettisten Pietro Metastasio (1698–1782), der Hofdichter unter Kaiser Karl VI. war. Martines’ Vater kam als Freund Metastasios in das Michaelerhaus am Kohlmarkt Nr. 1182 (ab 1795 Nr. 1220) und wohnte dort mit seiner Familie als Untermieter des Dichters.[5]

In ihrer kurzen Autobiographie nennt Martines nur zwei Lehrer: Joseph Haydn und Giuseppe Bonno. Nicola Porpora und Johann Adolph Hasse werden von ihr nicht erwähnt. Klavierunterricht bekam sie seit ihrem zehnten Lebensjahr durch den jungen Joseph Haydn. Dieser wohnte im selben Haus und erteilte ihr täglich gegen freie Kost Unterricht. Schon zu Beginn dieser Ausbildung soll Marianna Martines hervorragend gespielt haben.

Durch ihren Vater und Metastasio knüpfte Martines bereits früh Kontakte zu wichtigen Persönlichkeiten in Politik, Kultur und Gesellschaft. Sie sang und spielte des Öfteren auf Einladung der Kaiserin Maria Theresia am Hof. Mindestens einmal wöchentlich gab sie musikalische Soireen in ihrem Haus. Für einen gemeinsamen Auftritt mit Mozart gibt es keinen Beweis. Auch das ihr von der Universität Padua angeblich verliehene Ehrendoktorat ist nicht belegbar. Metastasio starb 1782 und hinterließ sein Vermögen den Geschwistern Martines.

Marianna von Martines starb im Alter von 68 Jahren an Tuberkulose.[4] Zwei Tage zuvor war ihre drei Jahre jüngere Schwester Antonia, mit der Marianna über Jahrzehnte zusammengelebt hatte, an Altersschwäche verstorben. Martines wurde auf dem Sankt Marxer Friedhof in Wien begraben.

Wirken als Komponistin

Als 17-Jährige trat Martines erstmals 1761 als Komponistin auf. Eine ihrer Messen wurde in der Wiener Hofkirche St. Michael aufgeführt. Dies fand allgemeine Anerkennung. In den Jahren 1760/1771 schickte sie dem renommierten Komponisten und Musiktheoretiker Padre Giovanni Battista Martini (1706–1784) einige ihrer Kompositionen zu, der ihre Werke durchaus positiv beurteilte. Ihre Klaviersonaten in E-Dur und A-Dur wurden 1760 in einer Anthologie des Musikverlegers Johann Ulrich Hafner (1711–1767) veröffentlicht. Dies galt als bedeutender Qualitätsbeweis. Es blieben ihre einzigen Veröffentlichungen zu Lebzeiten.

1773 wurde sie in die Accademia Filarmonica di Bologna aufgenommen. Der Organisator dieser 1666 gegründeten Accademia war Padre Martini. Dort aufgenommen zu werden war eine hohe Auszeichnung, die nur den wenigsten und sehr guten Komponisten gegönnt war. Eine Aufgabe der Aufnahmeprüfung war das Arrangieren einer Antiphon für vier Stimmen. In der Beurteilung Martines’ wurde besonders „die Zierlichkeit, das Genie“ und „die erstaunliche Präzision […] ihrer Komposition“ hervorgehoben.

1781 komponierte Martines das Oratorium Sant’Elena al Calvario auf ein Libretto ihres Mentors Pietro Metastasio. Im folgenden Jahr 1782 schrieb sie ihr vielleicht berühmtestes Werk Isacco figura del redentore (Isaak – Vorbild des Erlösers), ebenfalls auf ein Libretto Metastasios. Dieses wurde mit großem Erfolg durch die Wiener Tonkünstler-Sozietät aufgeführt.

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Martines, Marianna. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 17. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1867, S. 22–25 (Digitalisat).
  • Carl Ferdinand Pohl: Martines, Marianne. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 498 f.
  • A. Peter Brown: Marianna Martines’ Autobiography as a New Source for Haydn’s Biography During the 1750’s. In: Haydn-Studien, Band 6, Heft 1, Dezember 1986, S. 68–70.
  • Karen Lynn Fremar: Life and Selected Works of Marianna Martines (1744–1812). University of Missouri, Kansas City, 1983.
  • Irving Godt, John A. Rice (Hrsg.): Marianna Martines: A Woman Composer in the Vienna of Mozart and Haydn (Eastman Studies in Music). University of Rochester, 2010, ISBN 978-1-58046-351-5.
  • Irving Godt: Marianna in Italy: The International Reputation of Marianna Martines (1744–1812). In: The Journal of Musicology, Vol. XIII/4, Herbst 1995, S. 538–561.
  • Irving Godt: Marianna in Vienna: A Martines Chronology. In: The Journal of Musicology, Vol. XVI/1 (Winter 1998), S. 136–158.
  • Martinez, Marianne (Nanette). In: Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. 3. Auflage. Berlin 2000, ISBN 3-89853-133-3, S. 15655f.
  • Anna Beer: Sounds and Sweet Airs: The Forgotten Women of Classical Music. Oneworld, 2016, ISBN 978-1-78074-856-6.
  • Eva Weissweiler: Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Dtv, München 1999, ISBN 3-423-30726-9, S. 163–189.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Lorenz: Martines, Maron and a Latin Inscription. Blog-Eintrag am 1. Oktober 2012 (englisch); abgerufen am 3. Dezember 2015.
  2. Marianna von Martines bei Operissimo auf der Basis des Großen Sängerlexikons
  3. Ingeborg Harer: Martines (Martinez), Marianna (eig. Anna Catharina) von. In: Oesterreichisches Musiklexikon online; abgerufen am 29. März 2021.
  4. a b Anja Herold, Jannis Wichmann: Martines Marianna. Sophie Drinker Institut – Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts
  5. Dominik Schlicker: Duettpartnerin und Kollegin: Marianna Martines. In: Wien in Mozart – Soziale Räume von Musik in Mozarts Wien online; abgerufen am 29. März 2021 ()