Marie Diers

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Marie Diers (* 10. Juni 1867 in Lübz als Marie Binde; † 4. November 1949[1] in Sachsenhausen) war eine deutsche Schriftstellerin.

Leben

Die Tochter des mecklenburgischen Pastors Carl Binde (1833–1923) absolvierte die Höhere Töchterschule in Neustrelitz und legte 1885 in Berlin das Lehrerinnenexamen ab.[2] Sie arbeitete in den 1880er Jahren als Hauslehrerin auf der Grube Ilse bei Großräschen. 1892 heiratete sie den Buchhalter Hermann Diers.[2] Dann zog sie mit ihrem Mann nach Berlin, wo sie ab Ende des 19. Jahrhunderts als Schriftstellerin tätig war. In dieser Zeit wohnte sie in Berlin-Friedrichshagen. Laut einem Schriftstellerlexikon von 1898 begann Diers 1895 als Schriftstellerin tätig zu sein. Zuerst begann sie mit der Veröffentlichung von Geschichten in Zeitschriften. In Kürschners Literatur-Kalender tauchte Diers erstmals 1902, damals auch schon als Autorin von Romanen, auf.[2] Nachdem ihr Mann 1905 gestorben war, widmete sich die Alleinerziehende mit zwei Kindern beruflich nur noch der Schriftstellerei. Viele ihrer annähernd 40 Romane handeln meist in ihrer Geburtsheimat Mecklenburg. Daneben schrieb sie u. a. auch für die Wartburgstimmen.

1918 trat sie der Deutschvölkischen Partei bei, 1922 der Deutschnationalen Volkspartei. 1930 wurde sie Mitglied der NSDAP.[3]

1924 ermöglichte ihr der schriftstellerische Erfolg den Kauf eines Hauses in Sachsenhausen bei Oranienburg, wo sie auch ein Haus für die Familie ihrer Tochter kaufte.[2] In Kürschners Literaturkalender taucht sie 1932 bereits mit über 40 veröffentlichten Büchern auf.[2] Nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten unterschrieb sie zusammen mit acht weiteren Frauen und 79 männlichen Schriftstellern das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler.[3] 1936 entstand unweit ihres Hauses das KZ Sachsenhausen. Diers selbst äußerte sich nie zum benachbarten KZ oder den Vorgängen dort. Am Ort des KZs entstand nach Ende des Zweiten Weltkrieges das Speziallager Sachsenhausen, wo ihre Tochter am 8. Mai 1946 starb.[4] Ihr Schwiegersohn kam bereits um den 1. Mai bei der Flucht aus Berlin um.[5] Marie Diers' Sohn war bereits im Ersten Weltkrieg gefallen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Marie Diers enteignet;[3] in der Sowjetischen Besatzungszone wurden Diers’ Werke Franzosen im Land (1923), Freiheit und Brot (1933), Hinter uns, im Grau'n der Nächte… (1933) und Lat di nich ümsmieten (1925) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt, 1953 folgte in der Deutschen Demokratischen Republik Liebe den Sturm (1940).[6][7][8]

Kürschners Literaturkalender verzeichnet 1952 ihren Tod ohne genaue Datumsangabe. Viele ältere Quellen übernahmen die Angabe 1952 oder 1952 (?) als Todesjahr. Eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Weimarer Republik war innerhalb weniger Jahre komplett in Vergessenheit geraten. Tatsächlich starb sie im November 1949 und wurde auf Gemeindekosten in einem Armengrab unweit ihres Hauses beigesetzt.[2]

Werk

Ernst Klee zählte sie zu den meistgelesenen Autorinnen ihrer Zeit.[3] Diers schrieb Romane, in denen aufrechte, fleißige, ehrliche, christliche Menschen mit Schicksalsschlägen konfrontiert wurden. Ihnen gelang es mit Hilfe ihrer Tugenden, Härte gegen sich selbst und andere sowie Aufopferungsbereitschaft mit dem Schicksal umzugehen. Schicksalsschläge spielen dabei eine besondere Rolle in Diers' Werk, die als solche nicht hinterfragt werden, sondern mit Arbeit angenommen und bewältigt werden. Die Romane durchzieht ein Motiv des Antifeudalismus sowie ein gefühlsmäßiger Antikapitalismus. Diers' Helden entsprechen damit dem deutschnationalen und konservativen Selbstbild nach dem Verlust des Ersten Weltkriegs. Der oberflächliche Antikapitalismus und Antifeudalismus bot Anknüpfungspunkte für die nationalsozialistische Ideologie.[2]

Ihre Romane waren oft autobiographisch unterlegt. Dazu zählen ihre wichtigsten und einflussreichsten Bücher, wie Die sieben Sorgen des Doktor Joost oder Die Brücke zum Olymp, in denen die Protagonisten nach plötzlichen Schicksalsschlägen Beruf und Kindererziehung alleine zu vereinbaren haben. Ein anderes Motiv ist das der Künstlerin, die wie in Die Brücke zum Olymp von den Alltagspflichten und den Kindern immer wieder an der Kunst gehindert wird – sobald aber die Kinder außer Haus sind und sie Zeit für die Kunst hätte, wird diese flach und bedeutungslos. Auch in ihren essayistischen Schriften äußert sich Diers immer wieder gegen die reine Kunst und meint beispielsweise, dass Frauen, die studieren wollen, sich für das Leben dann als ungeeignet erwiesen.[2]

Werke (Auswahl)

  • Wer bist du? Stuttgart, Engelhorn, 1905
  • Fritzchen. Die Geschichte einer Einsamen. Dresden, Max Seyfert, 1907
  • Der Spießbürger. Dresden, Max Seyfert, 1910
  • Die Geschichte einer wandernden Liebe. Stuttgart, Engelhorn, 1911
  • Feind und Erbe. Berlin, Lehmann, 1913
  • Du fremde Seele. Dresden, Max Seyfert, 1913
  • Der Gauner. Dresden, Max Seyfert, 1914
  • Das allzu gute Herz. Stuttgart, Engelhorn Nachf., 1915
  • Die Gotthelfkinder. Dresden, Max Seyfert, 1916
  • Der Witwenhof. Stuttgart, Engelhorn, 1916
  • Die überflüssigen Töchter. Stuttgart, Engelhorn, 1918
  • Die berühmte Frau. Stuttgart, Engelhorn, 1920
  • Die Doktorin vom Bullenberg. Dresden, Max Seyfert, 1921
  • Der Herrgottschulze. Hamburg, Deutsche Hausbücherei
  • Die Männer von Oevel. Langensalza, Julius Beltz, 1921

Ehrungen

In Berlin-Zehlendorf trug von 1937[2] bis 1945 eine Schule ihren Namen.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Standesamt Sachsenhausen: Sterbeurkunde Nr. 28/1949. Verschiedene Quellen nennen fälschlicherweise den 5. November 1949 als ihr Sterbedatum.
  2. a b c d e f g h i Jürgen Israel: Marie Diers - eine Erfolgsschriftstellerin in Sachsenhausen. In: Peter Walther (Hrsg.): Die Dritte Front. Literatur in Brandenburg 1930-1950. Lukas Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-936872-25-2, S. 45–55.
  3. a b c d Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 114.
  4. Todesbuch Sachsenhausen
  5. Familienarchiv Diers
  6. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-d.html
  7. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-d.html
  8. http://www.polunbi.de/bibliothek/1953-nslit-d.html