Maybach GO 5

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Der bekannteste Triebwagen mit GO 5-Motor war der Fliegende Hamburger
Die Schnelltriebwagen der SVT Hamburg besaßen ebenfalls GO 5-Motoren

Der Maybach-Motor GO 5 war ein schnelllaufender Dieselmotor der Maybach-Motorenbau GmbH zum Einbau in schnellen Triebwagen der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft. Er war der am meisten verbreitete Dieselmotor bei den Fahrzeugen der DR und prägte die Entwicklung der 302-kW-Leistungsklasse von Dieseltriebwagen der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft. Entstanden sind die Motoren durch Weiterentwicklung der bei den Verbrennungsmotortriebwagen mit Dieselmotor der schweren Bauart verwendeten Motoren. Der größte Unterschied zu den Vorgängerfahrzeugen war die Ausführung als Saugmotor. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg gab es mit der bei den SVT Leipzig und SVT Köln verwendeten Bauart GO 6 sowie mit der bei der Bauart Ruhr verwendeten GO 56 zahlreiche Weiterentwicklungen. Zeitgleich mit seinem Entstehen erschien die Bauart GO 5h der 210 PS-Triebwagen. Dieser Motor war als halbe Version des GO 5 als Sechszylindermotor ausgebildet. Verwendet wurden die Motoren überwiegend in Triebwagen mit elektrischer Kraftübertragung. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu zahlreichen Weiterentwicklungen mit gleichen äußeren Abmessungen. So erschien als Tauschmotor für die bei der DB verbliebenen Triebwagen der Typ GTO 56[1], von ČKD Prag wurde der Motor 12 V 170 DR in großer Stückzahl speziell für die Verwendung der Triebwagen M 262.0 und als Austauschmotoren für die bei der Deutschen Reichsbahn (1945–1993) verbliebenen Fahrzeuge beschafft. Das charakteristische Konzept der mit diesem Motor ausgerüsteten Triebwagen mit der Achsfolge 2’Bo’, wobei der Dieselmotor in dem Laufdrehgestell gelagert war, die elektrischen Fahrmotoren im Antriebsdrehgestell, blieb ungefähr 30 Jahre bestehen.

Aufbau und Bauteile

Grundaufbau

Ansicht des GO 5-Motors in dem Maschinengestell des Fliegenden Hamburgers

Das Gehäuse für den Motor besteht aus Silumin und ist zweigeteilt. Das Oberteil ist das Kurbelgehäuse und führt die in V-Form gelagerten Zylinderlaufbuchsen und Kolben. Das Unterteil dient als Ölwanne. Die Trennfuge zwischen Ober- und Unterteil befindet sich in der Mitte der Kurbelwelle. Das Ober- sowie das Unterteil sind durch 28 Ankerschrauben verbunden. Vier Muttern von diesen Ankerschrauben sind als Aufhängeösen ausgeführt und dienen zum Anheben des Motors. Der Motor besitzt 12 Zylinder, die in V-Form unter einem Winkel von 60° angeordnet sind.

Die zwölf einzelnen Zylinderlaufbuchsen bestehen aus Grauguss und sind mit seitlichen Flanschen mit dem Motoroberteil verschraubt. Jeder Zylinder wird durch je ein im Zylinderkopf gelagertes Einlass- und Auslassventil gesteuert. Ferner sind noch im Zylinderkopf die Kraftstoff-Einspritzdüse und ein kombiniertes Sicherheits/Dekompressionsventil vorhanden. Die Zylinderköpfe der von dem Schwungrad gesehenen linken Zylinderseite besitzen je ein Starthilfeventil, das pneumatisch gesteuert werden kann. Die Zylinderköpfe sind mit einer durchgehenden Haube, bestehend aus Aluminium, abgedeckt.

Die Kurbelwelle ist im Motorgehäuse siebenfach mit Kugellagern gelagert. Ebenfalls mit Kugellagerung ist die Lagerung der Hauptpleuel mit der Kurbelwelle ausgeführt. Die auf der von dem Schwungrad gesehenen rechten Zylinderseite verwendeten Kolbenpleuel sind gabelförmig an den Hauptpleuel angelenkt. Durch einen hohlen Kolbenbolzen sind die Pleuelstangen mit den Kolben verbunden. Diese sind in der Pleuelstange fest, im Kolben gleitend gelagert. Die Kolben bestehen aus einer Aluminium-Silizium-Legierung, und besitzen insgesamt sechs Kolbenringe, von denen der unterste ein Ölabstreifring ist. In der ersten Bauform war die Kurbelwelle ohne Gegengewichte ausgeführt, später wurden Kurbelwellen mit Gegengewichten für einen besseren Lauf verwendet.

Die Ventile sind hängend ausgeführt. Gesteuert werden sie je durch eine auf jeder Zylinderseite gleitgelagerten Nockenwelle, die Verbindung zwischen der Nockenwelle und den Ventilen wird über Kipphebel hergestellt. Auf der Ventilseite sind die Kipphebel mit halbkugeligen Druckpfannen versehen, dies garantiert eine zentrische und verschleißarme Betätigung. Die beiden Nockenwellen werden über ein Rädergetriebe von der Kurbelwelle aus angetrieben.

Am hinteren Ende des Motors ist an der Kurbelwelle ein Reibungsschwingungsdämpfer zur Verbindung des Motors mit dem Generator und dem Strömungsgetriebe angebaut. An dem vorderen Ende der Kurbelwelle ist eine Schwungscheibe befestigt. Hinter dem Mitnehmer des Schwungrades befindet sich das Zahnrad für den Antrieb des Zahnradtriebes für die Nockenwellen und die Schmierölpumpe, diese ist im Gehäuseunterteil in einem herausnehmbaren Deckel gelagert.

Kraftstoffsystem und Motorsteuerung

Der Motor arbeitet mit Direkteinspritzung des Kraftstoffes. Auf jeder Zylinderseite befindet sich eine Dieseleinspritzpumpe für die Dieseleinspritzanlage der jeweiligen Zylinderseite. Die Einspritzpumpe wurde von der Firma Deckel hergestellt und besaß für jeden Zylinder der Seite einen Förderkolben. Die Pumpe fördert den Kraftstoff über Leitungen zu den Einspritzdüsen im Zylinderkopf. Angetrieben wurde sie über das Rädergetriebe und drehzahlabhängig mit Drehzahlregler fein justiert.

Gesteuert wird der Dieselmotor mit Drehzahlregelung in vier Drehzahlstufen und einer kurzfristig möglichen Überlaststufe. Der Drehzahlregler verstellt das Füllungsgestänge der Einspritzpumpe und arbeitet auf Öldruckbasis. Er sorgt für die Leerlauf- und Höchstdrehzahlbegrenzung und kann bei einem Öldruck von weniger als 4,8 bar im Schmierölkreislauf die Einspritzpumpe auf Nullförderung verstellen und damit den Dieselmotor abstellen.

Gestartet wird der Motor mit Hilfe eines batteriegespeisten Anlassers bei hydraulischer Kraftübertragung oder des Generators bei elektrischer Kraftübertragung. Dabei wird durch den Regler die Dieseleinspritzpumpe auf volle Förderung eingestellt, die sofort nach dem Zünden auf Leerlauf zurückgeregelt wird. Hilfsweise kann der Motor noch pneumatisch gestartet werden. Dabei werden die schon erwähnten Anlassventile über einen Anlassverteiler mit Druckluft beaufschlagt.

Kraftstoffvorrat besitzt der Motor mit drei Behältern zu je 300 l Inhalt. Diese Behälter sind an der Decke des Maschinenraumes befestigt und über eine Sammelleitung untereinander verbunden. Die Füllung der Behälter erfolgt durch zwei Füllleitungen an jeder Fahrzeugseite. Behelfsmäßig kann das Fahrzeug mit einer Handpumpe betankt werden.

Kühl- und Schmiersystem

Gekühlt werden die Motoren mit Wasser. Dabei kann von dem Schnittfoto ausgegangen werden, dass es sich um ein Kühlsystem mit nassen Zylinderlaufbuchsen handelt. Die Wasserräume der einzelnen Zylinder sind durch angegossene Stutzen miteinander verbunden und werden durch eine Kühlwassersammelleiste von dem Zylinderkopf aus befüllt. An der tiefsten Stelle der Wassermäntel ist ein Entwässerungsventil vorhanden.

Die von der Kurbelwelle angetriebenen Stirnräder treiben eine einstufige Zahnradpumpe für das Schmiersystem der Lager, Pleuel und Zylinder an. Gekühlt wird der Ölsumpf durch die angesaugte Frischluft für den Verbrennungsvorgang.

Abgassystem

Die Verbrennungsabgase des Motors werden durch zwei Auspuff-Sammelrohre dem Auspufftopf zugeführt. Der ist an der Vorderseite des Maschinendrehgestells quer aufgehängt.[2] Vom Auspufftopf führt ein Auspuffkrümmer in das Auspuffsteigrohr, dieses ist in Dachhöhe ebenfalls gelenkig aufgehängt und mit einer Ejektordüse auf dem Wagendach verbunden. Die Steigleitung ist von zwei konzentrischen Schutzrohren umgeben, zwischen denen verbrauchte Kühlluft durch die Ejektordüse mit den Abgasen über das Dach abgeführt werden. Die Ejektordüse ist in geeigneter Höhe über dem Wagendach aufgehängt, um die Reisenden nicht mit den Abgasen des Motors zu belästigen.

Technische Daten

Kenngröße Einheit Wert Bemerkung
Nennleistung kW 302
Drehmoment bei Nennleistung Nm 2060
Nenndrehzahl min−1 1.400
Leerlaufdrehzahl min−1 800
Zylinderanzahl 12
Zylinderdurchmesser mm 150
Kolbenhub mm 200
Hubvolumen cm³ 42.412
Verdichtungsverhältnis 15:1
mittlere Kolbengeschwindigkeit m/s 9,3
mittlerer Arbeitsdruck bar 6,24
Einspritzdruck bar 200
höchster Zünddruck bar 66,5 bei 5-Loch-Düse
bar 57 bei 4-Loch-Düse
Zündfolge 1R-6L-2R-5L-4R-3L-6R-1L-5R-2L-3R-4L
Einlassventildurchmesser mm 72
Auslassventildurchmesser mm 68
Mindestschmieröldruck bar 4,8
Kraftstoffverbrauch g/kWh 250 bei Volllast
Ölvorrat l 45
Kühlwasservorrat l 35
Motormasse kg 2.030 mit Zubehör, ohne Betriebsstoffe
Motorlänge mm 2.409
Motorbreite mm 1.106
Motorhöhe mm 1.263
Werkstoff für Kurbelwelle St 29
Werkstoff für Pleuelstange VCN 25 später St 30
Werkstoff für Kolben EC 124
Werkstoff für Zylinderlaufbuchse Sondergrauguss
Werkstoff für Motorgehäuse Silumin
Beschaffungspreis RM 33.250 mit Zubehör

Mit dem Motor zur Auslieferung ausgerüstete Fahrzeuge

Baureihe erste Lieferung Reichsbahn-Skizzenblatt oder Bauartbezeichnung Kraftübertragung Fahrzeug erhalten Bemerkung
DR 877 1932 elektrisch j Verkehrsmuseum Nürnberg
DR 137 149 … 232 1933 SVT Hamburg elektrisch j Leipzig Hauptbahnhof
DR 137 094 bis 110, 137 164 bis 223 1935 Triebwagen mit Einheitsgrundriss elektrisch j Bahnbetriebswerk Stralsund
DR 137 028 bis 030 1934 BC4ivT-32a elektrisch n
DR 137 031 … 093 1934 Triebwagen mit Essener Grundriss elektrisch n
DR 137 058 … 079 1934 Triebwagen mit Eilzugwagengrundriss elektrisch j Bahnbetriebswerk Bahnhof Berlin-Schöneweide
DR 137 068 bis 073 1934 Triebwagen mit modifiziertem Eilzugwagengrundriss elektrisch n
Triebwagen 905-930 1937 Triebwagen ähnlich den 300-kW-Fahrzeugen hydraulisch j

Betriebserfahrungen

Obwohl die GO 5-Motoren bei der Maybach-Motorenbau GmbH bereits eine längere Entwicklung hinter sich hatten, blieben im Alltagsbetrieb Kinderkrankheiten nicht aus, zumal sie im Einsatz des Fliegenden Hamburgers voll gefordert wurden.

So erwiesen sich die Rollenlager des Pleuels mit der Kurbelwelle und die Nadellager des Pleuels mit dem Zylinderkolben als nicht ausreichend und mussten durch andere Rollenlager ersetzt werden. Es kam zu Kolbenfressern im Alltagsbetrieb und auf dem Motorenprüfstand, bei denen ursprünglich die fehlende Vorwärmung des Motorkühlwassers als Ursache angenommen wurde. Da danach noch einige Kolbenklemmer auftraten, wurde das Material der Kolben auf die Aluminium-Silizium-Verbindung geändert, die danach von Maybach ausschließlich verwendet wurde. Der Kolbenwerkstoff war härter und erlaubte die Einsparung einer Bronzebuchse zur Lagerung mit dem Pleuel. Dazu wurde das Spiel des Kolbens im Zylinder vergrößert.

An den Zylinderlaufbuchsen kam es gelegentlich zu Brüchen, die durch Bandagen abgestellt wurden. Bei den weiterentwickelten Motortypen GO 6 und GO 56 wurden sie von Anfang an stärker ausgeführt.

Im am stärksten belasteten mittleren Kurbelwellenlager kam es im Betrieb zu weiteren Lagerschäden der Rollenlager, mit denen der Motor zunächst weiterbetrieben werden konnte. Als Abhilfe dagegen wurden anschraubbare Ausgleichsgewichte eingeführt, mit deren Hilfe etwa 80 % der umlaufenden Massen ausgeglichen werden konnten. Als Resultat dieser Umbaumaßnahme konnte die Zeit zwischen zwei Ausbesserungen (Schadfälle oder planmäßige Überholung) von 33.000 km auf 54.000 km gesteigert werden.

Mängel waren in der Anfangszeit bei den Dieseleinspritzpumpen zu beobachten, die zu früheren Einspritzzeiten und zu großen Kraftstoffmengen bei kleineren Drehzahlen führten. Das war bei den Fahrzeugen mit elektrischer Kraftübertragung nicht kritisch. Schlimmer zeigte sich dieser Fakt bei den Triebwagen mit mechanischer Kraftübertragung, wo es im Leerlauf zu überhöhten Drehzahlen beim Gangwechsel kam.[3]

Bis zum 1. Januar 1937 waren insgesamt 146 Motoren für die verschiedensten Fahrzeugtypen produziert worden.

Literatur

  • Heinz R. Kurz: "Die Triebwagen der Reichsbahn-Bauarten", EK-Verlag, Freiburg 1988, ISBN 3-88255-803-2
  • Heinz R. Kurz: "Fliegende Züge", EK-Verlag, Freiburg 1994, ISBN 3-88255-237-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinz R. Kurz: "Vom Fliegen Hamburger zum Fliegenden Kölner", EK-Verlag, Freiburg, ISBN 3-88255-237-9, Seite 25
  2. Heinz R. Kurz: "Fliegende Züge", EK-Verlag, Freiburg, ISBN 3-88255-237-9, Seite 19, Bild 2605 d
  3. Heinz R. Kurz: "Die Triebwagen der Reichsbahn-Bauarten", EK-Verlag, Freiburg 1988, ISBN 3-88255-803-2, Seite 258