Meditationes de prima philosophia

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Meditationes de prima philosophia

Die Meditationes de prima philosophia, in qua Dei existentia et animae immortalitas demonstratur (lat. Meditationen über die Erste Philosophie, in welcher die Existenz Gottes und die Unsterblichkeit der Seele bewiesen wird) sind ein epochales Werk des französischen Philosophen René Descartes über Metaphysik und Erkenntnistheorie aus dem Jahre 1641. Im Jahre 1647 wurden die zunächst lateinisch gedruckten Meditationen unter dem Titel Méditations sur la philosophie première, dans laquelle sont démontrées l’existence de Dieu et l’immortalité de l’âme ins Französische übersetzt. Auf Deutsch erschien ein Teil des Buches 1863 übersetzt von Kuno Fischer in den Hauptschriften zur Grundlegung seiner Philosophie. Julius von Kirchmann veröffentlichte 1870 unter dem Titel Untersuchungen über die Grundlagen der Philosophie eine vollständige deutsche Übersetzung. Unter dem Titel Meditationen über die Grundlagen der Philosophie erschien 1904 die Übersetzung von Artur Buchenau.

Inhalt

Die Meditationes de prima philosophia bestehen neben einem vorangestellten Schreiben an die Sorbonne, einem Vorwort an den Leser und einer Übersicht aus sechs monologischen Einzelmeditationen und anschließend sieben Einwänden von unterschiedlichen zeitgenössischen Gelehrten (u. a. Thomas Hobbes, Marin Mersenne, Pierre Gassendi) sowie Descartes' jeweiligen Erwiderungen auf diese.

Erste Meditation

Woran man zweifeln kann

In der ersten Meditation wendet Descartes den methodischen Zweifel an. Dabei setzt er nicht bei den einzelnen Erkenntnissen, sondern bei den Prinzipien der Erkenntnisse selbst an, auf die er bis dahin alles stützte, was er für wahr hielt. Zunächst klammert er alle Erkenntnisse aus, welche nur mittels sinnlicher Wahrnehmung vermittelt werden. Dann klammert er auch Erkenntnisse aus, die Arithmetik, Geometrie und vergleichbare Wissenschaften vermitteln, wie sie von allgemeinen Dingen handeln und bei denen es nicht relevant ist, ob sie wirklich existieren, denn ein böser Dämon (Descartscher Dämon) könnte diese Erkenntnisse auch vorgetäuscht haben.

Zweite Meditation

Über die Natur des menschlichen Geistes; dass er der Erkenntnis näher steht als der Körper

In der zweiten Meditation nennt Descartes einen Punkt, der von dem, was er in der ersten Meditation methodisch angezweifelt hat, verschieden ist und keinen Anlass zu Zweifeln bietet, da selbst ein möglicher böser Dämon ihn in diesem Punkt nicht täuschen kann.

„Zweifellos bin also auch Ich, wenn er mich täuscht; mag er mich nun täuschen, so viel er kann, so wird er doch nie bewirken können, daß ich nicht sei, so lange ich denke, ich sei etwas. Nachdem ich so alles genug und übergenug erwogen habe, muß ich schließlich festhalten, daß der Satz ‚Ich bin, Ich existiere‘, so oft ich ihn ausspreche oder im Geiste auffasse, notwendig wahr sei.“ (II, 3).

Im zweifelnden Denken erfährt Descartes sich selbst als existierend. Damit hat Descartes einen Fixpunkt gefunden, von dem er ausgehen kann.

Dritte Meditation

Über das Dasein Gottes

Die Leitfrage der dritten Meditation lautet nun, wie sich darauf sichere Erkenntnis aufbauen lässt. Dazu muss Descartes zunächst die Existenz des betrügenden Gottes, den er in der ersten Meditation eingeführt hat, ausschließen. Ihm gelingt dies, indem er einen Gottesbeweis formuliert, in welchem er von der Idee Gottes, die er in sich trägt, auf dessen wirkliche Existenz schließt: Da jede Ursache (Gott) prinzipiell vollkommener sei als ihre Folge (die Schöpfung, der Mensch) und die Idee eines unendlichen, unabhängigen, allwissenden und allmächtigen Wesens nicht von einem Menschen als unvollkommenem Wesen selbst hervorgebracht worden sein könne, folgert Descartes, dass Gott notwendig existiere. Dies schließe die Existenz eines betrügenden Gottes aus, denn Gott könne ihn unmöglich täuschen, da Täuschung in den Bereich des Unvollkommenen gehört und damit der Idee Gottes als vollkommenem Wesen widersprechen würde.

Vierte Meditation

Über das Wahre und Falsche

In der vierten Meditation erläutert Descartes, warum sich Menschen trotz der Nichtexistenz eines betrügenden Gottes in ihren Sinneseindrücken irren können. Diese menschliche Irrtumsfähigkeit sei nicht von Gott gewollt oder von ihm hervorgebracht, sondern muss sich aus den spezifischen Anlagen des Menschen ergeben. Descartes untersucht, wie menschliche Irrtümer beschaffen sein können und identifiziert, dass sie "von zwei gleichzeitig zusammenwirkenden Ursachen abhängen, nämlich (...) vom Verstand und zugleich vom Willen".[1] Während der menschliche Verstand dabei begrenzt und unvollkommen ist, erkennt Descartes den menschlichen Willen als grenzenlos und "vollkommen" an.[2] Genau diese Kombination aus einer vollkommenen und unvollkommenen Anlage des Menschen lassen ihn irren. Descartes notiert: "Nun – allein daraus, daß ich, weil der Wille weiter auslangt als der Verstand, ihn nicht in denselben Grenzen halte, sondern auch auf das ausweite, was ich nicht einsehe; (...) weicht er leicht vom Wahren und Guten ab, und so täusche ich mich und gehe fehl".[3] Dieses Problem lässt sich aber lösen: "[S]olange ich den Willen beim Fällen der Urteile im Zaum halte, daß er sich nur auf das erstreckt, was ihm vom Verstand klar und deutlich dargestellt wird, ist es unmöglich, daß ich mich irre".[4] Unmöglich deshalb weil dann die klaren und deutlichen Verstandesurteile des Menschen gemäß Descartes Gott zum Urheber haben (weil zuvor festgestellt wurde, dass der vollkommene Gott kein Schwindler ist und nicht irre führt).

Fünfte Meditation

Vom Wesen der materiellen Dinge, und nochmals von der Existenz Gottes

In der fünften und sechsten Meditation muss Descartes nur noch Zweifel an der sinnlichen Wahrnehmung ausräumen, wozu mehr nötig ist, als nur auf ein mögliches vorschnelles Urteil zu verweisen. In der fünften Meditation folgert Descartes erneut die Existenz Gottes, indem er von dessen Definition als vollkommenem Wesen auf dessen Existenz schließt.

Sechste Meditation

Vom Dasein der materiellen Dinge und von der realen Verschiedenheit des Geistes vom Körper

In der sechsten Meditation führt Descartes aus, dass Sinnesempfindungen immer an ein denkendes und empfindendes Ich gebunden sind. Gott pflanze den Menschen die Vorstellung ein, Sinnesempfindungen rührten vom Körper her. Da es mit Gottes Wesen unvereinbar sei, dass er den Menschen täusche, müssten körperliche Dinge wahrhaft existieren. Den Bereich des denkenden, urteilenden Ichs bezeichnet Descartes als res cogitans, während die körperlichen Dinge, also die Objektwelt in den Bereich der res extensa fallen.

Aus seinen Ausführungen schließt Descartes, dass alles das wahr ist, was klar und deutlich erkannt werden kann, sodass er eine sichere Basis für philosophische Erkenntnis gefunden habe.

Siehe auch

Literatur

  • Gregor Betz: Descartes' «Meditationen». Ein systematischer Kommentar, Originalausgabe, Reclam, Stuttgart, 2011, ISBN 978-3-15-018828-6
  • René Descartes: Gespräch mit Burman, lat.-dt., übers. u. hrsg. v. Hans W. Arndt, Meiner, Hamburg 1982, ISBN 978-3-7873-0501-8 Enthält u. a. Erläuterungen zu den Meditationen
  • René Descartes: Meditationen, dreisprachige Parallelausgabe (lat., fr., dt.), herausgegeben von Andreas Schmidt, Sammlung Philosophie, Vandenhoeck & Ruprecht, 2011 (2. Auflage), ISBN 978-3-525-30604-8
  • René Descartes: Meditationen. Mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen, vollständig neu übersetzt, mit einer Einleitung herausgegeben von Christian Wohlers, PhB 598, Meiner, Hamburg 2009, ISBN 978-3-7873-1888-9 (kartoniert 2011)
  • René Descartes: Meditationes de Prima Philosophia. Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Meiner, Hamburg, 1992,
    Philosophische Bibliothek Band 250a, lateinisch-deutsche Ausgabe, ISBN 3-7873-1080-0
  • René Descartes: Meditationes de Prima Philosophia. Meditationen über die Erste Philosophie, Reclam, Stuttgart, 1986, ISBN 3-15-002888-4
  • René Descartes: "Meditationes de prima philosophia", Lateinisch-Deutsch. Hg. v. Christian Wohlers. Bd.597. Hamburg 2008, ISBN 978-3-7873-1887-2
  • Friedrich-Wilhelm von Herrmann: Descartes' Meditationen, Klostermann, Frankfurt a. M., 2011, ISBN 978-3-465-04127-6
  • Andreas Kemmerling (Hrsg.): René Descartes: Meditationen über die Erste Philosophie, Klassiker Auslegen 37, Oldenbourg Akademieverlag, 2019, ISBN 978-3-11-057158-5 (2., bearbeitete Auflage)

Weblinks

Textausgaben
Sekundärliteratur
  • Michael Renemann: Textexzerpt und Zusammenfassung, Bochum

Einzelnachweise

  1. René Descartes, Meditationes de prima philosophia, 2008, S. 113
  2. René Descartes, Meditationes de prima philosophia, 2008, S. 115
  3. René Descartes, Meditationes de prima philosophia, 2008, S. 117
  4. René Descartes, Meditationes de prima philosophia, 2008, S. 125