Micha Bar-Am

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Micha Bar-Am, 2013

Micha Bar-Am (* 1930 in Berlin) ist ein israelischer Fotograf. Seine bekanntesten Fotos stammen aus dem Sechstagekrieg; er konzentrierte sich dabei nicht so sehr das Kampfgeschehen selbst, sondern das alltägliche Leben in dieser Zeit.

Bar-Am ist Mitglied der Photographengenossenschaft Magnum Photos.

Leben und Werk

Die ersten Jahre seiner Kindheit, ab 1932[1], verbrachte Micha Bar-Am, damals noch Michael Anguli, mit seinen Eltern und den Schwestern Eva und Dina in Ulm, wo sein Vater Geschäftsführer des Kaufhauses Wohlwert war. Schon im März 1933 war das Kaufhaus Wohlwert von Boykottaufrufen der Nazis betroffen.[2] 1936 flüchtete die Familie nach Palästina. Sie schifften sich in Triest auf der "Galiläa" ein.[3][4]

Micha Bar-Am wuchs in Haifa in einem Kibbuz auf und begann, das Kibbuzleben mit einer geliehenen Kamera zu dokumentieren. Aktiv im Untergrund, wurde er 1948 zum Militär eingezogen und Mitglied des Palmach. Bar-Am gründete in den fünfziger Jahren den Kibbuz Malkiya mit. Dort arbeitete er als Schweißer und Schlosser.[5] Nach seinem Militärdienst hatte er verschiedene Jobs, bevor er ernsthaft zu fotografieren begann, unter anderem den Krieg im Sinai 1956. Bekannt geworden sind seine Bilder von den Schützengräben in der Negev-Wüste.[5] Nach der Veröffentlichung seines ersten Buches, Across Sinai, bekam er das Angebot, in der Redaktion des israelischen Armeemagazins Bamachane zu arbeiten, für das er von 1957 bis 1967 als Fotograf und Schreiber tätig war.

1959 und 1960 wurde er mit dem Robert Capa Award ausgezeichnet. 1966 begann Bar-Am, freiberuflich zu arbeiten. Im selben Jahr nahm er das weit verbreitete Bild des ersten Premiers Israels, David Ben Gurion, auf, wie er auf einer Straße in den Abend geht.[5] 1967 dokumentierte er den Sechstagekrieg. Ab Mitte der 1960er Jahre war er zusammen mit Cornell Capa Kurator für mehrere Ausstellungen und Bücher, darunter Israel: The Reality, ausgestellt 1968 im Jüdischen Museum New York, 1970 als Buch erschienen. Ihr Projekt Jerusalem: city of mankind erschien 1974 als Buch und wurde 1973 und 1974 im Israel-Museum in Jerusalem und im Jüdischen Museum New York gezeigt.

Seit 1968 arbeitet Micha Bar-Am als Bild-Korrespondent für Magnum sowie als Israel-Korrespondent und leitender Fotograf für die New York Times, für die er bis 1992 tätig war. Anschließend war er Nahost-Korrespondent der Times. 1974 half er Capa bei der Errichtung des International Center of Photography in New York und wurde aktiver Kurator. Von 1977 bis 1993 war er Kurator für Fotografie im Tel Aviv Museum of Art. Seine Reportagen über Israel sind in zahlreichen Magazinen und Büchern erschienen. Er gilt als einer der Chronisten der Geschichte Israels.[5]

In den USA und in Israel wurde Micha Bar-Am mit großen Einzelausstellungen gewürdigt, etwa 1975 im Israel-Museum Jerusalem, 1978 und 1981 im Beit Hatefutsot, dem Nahum Goldmann Diaspora Museum Tel Aviv, oder 1982 und 1998 im von Cornell Capa gegründeten International Center of Photography, New York, in dessen Sammlung auch einige seiner Arbeiten eingingen.[6][7][8] Im Jahr 2000 veranstaltete das Stadthaus Ulm die bis dahin umfassendste Ausstellung des Werkes von Micha Bar-Am in Europa.[9] Aus diesem Anlass kehrte er erstmals in die Stadt seiner Kindheit zurück. Im selben Jahr erhielt er den Israel-Preis, die höchste Auszeichnung für kulturelles Schaffen des Staates Israel.

Micha Bar-Am ist mit der Künstlerin Orna Bar-Am verheiratet. Sie haben drei Söhne, Ahuvia Kahane sowie Barak und Nimrod Bar-Am.

Filme

  • 1341 Bilder von Krieg und Liebe (1341 Frames of Love and War) Dokumentarfilm, Israel, Großbritannien, USA 2022, 89 Min., Buch und Regie: Ron Tal. Das Porträt wurde bei auf der Berlinale 2022 in der Sektion Berlinale Special uraufgeführt.[10]

Zitate

„Wenn du zu nahe am Geschehen bist, verlierst du die Perspektive. Es ist nicht leicht, mit den Fakten fair umzugehen und seine eigene Überzeugung aus dem Bild herauszulassen. Es ist fast unmöglich, bei einem Geschehen gleichzeitig Beteiligter, Beobachter, Zeuge und Dolmetscher zu sein.“

„Heute kann man mit Worten die Bedeutung von Bildern ändern. Es ist überhaupt nicht so, wie man sagt, ein Bild komme 1000 Worten gleich, sondern ein Bild braucht manchmal viel mehr als 1000 Worte, um den Kontext und Inhalt zu erklären. Ansonsten lässt sich zu viel hineinlesen.“

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Birgit Hübner-Dick: Von fern grüßt Doktor Freud. Tiefgründige Botschaften aus einem heiß umkämpften Land. In: Südwest Presse. Ulm 6. November 2000.
  2. Südwest Presse Online-Dienste GmbH: Ulm vor 80 Jahren: Wie die Verfolgung der Juden begann. In: swp.de. (swp.de [abgerufen am 14. August 2017]).
  3. Birgit Hübner-Dick: Es begann mit einem Schnappschuß. Nach mehr als 60 Jahren kam er als berühmter Fotograf zum ersten Mal zu Besuch. In: Südwest Presse. Ulm 5. Juni 1999.
  4. Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R.: Ausstellung: Israels Bildchronist | Jüdische Allgemeine. Abgerufen am 14. August 2017 (englisch).
  5. a b c d Susanne Mayer: Die Wunde, die wir sind. Chronist Israels: Ein Besuch bei dem Fotografen Micha Bar Anim in Tel Aviv. In: Die Zeit, Nr. 27 vom 30. Juni 2011, S. 23, abgerufen am 7. Juli 2011
  6. Micha Bar-Am. In: International Center of Photography. 2. März 2016 (icp.org [abgerufen am 14. August 2017]).
  7. Micha Bar-Am: Israel Diary, 1956-1982. In: International Center of Photography. 23. Februar 2016 (icp.org [abgerufen am 14. August 2017]).
  8. Micha Bar-Am: An Israeli Photobiography. In: International Center of Photography. 23. Februar 2016 (icp.org [abgerufen am 14. August 2017]).
  9. Stadthaus Ulm. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 15. August 2017; abgerufen am 14. August 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadthaus.ulm.de
  10. https://www.tagesspiegel.de/kultur/mit-der-kamera-an-vorderster-front-5419507.html