Micro Mobility Systems
Micro Mobility Systems AG
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Micro Mobility Systems Logo.PNG | |
Rechtsform | Aktiengesellschaft[1] |
Gründung | 1996 |
Sitz | Küsnacht, Schweiz |
Leitung | Wim Ouboter |
Mitarbeiterzahl | 57 (2015)[2] (September 2015) |
Umsatz | 60 Mio. CHF (GJ 2014) [3] |
Branche | Sportartikel, Spielzeug |
Website | www.micro.ms |
Die Micro Mobility Systems AG ist ein 1996 gegründetes Schweizer Unternehmen, das Tretroller und Kickboards entwirft und als Grosshändler vertreibt. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Küsnacht. Die Produktion ist komplett nach Fernost ausgelagert. Die Roller und Kickboards weisen typischerweise einen Klappmechanismus und harte Skate-Rollen auf und sind aus Aluminium gefertigt.
Das Unternehmen war im Jahr 2000 zentral an einem Hype für diese Art von Rollern beteiligt,[4] der schon im Folgejahr zeitgleich mit dem Platzen der Dotcom-Blase in sich zusammenfiel.[5] Für Micro Mobility Systems wurde der plötzliche Rückgang der Nachfrage noch durch das massenhafte Auftreten von Nachahmerprodukten und Unfälle verschärft. Micro Mobility Systems wurde zum betriebswirtschaftliches Lehrbuchbeispiel für die Probleme, die kleine und mittlere Unternehmen mit stark fluktuierender Nachfrage bei ausgelagerter Produktion und ungenügendem Marken- und Patentschutz haben. Mit stabilen finanziellen Strukturen und erfolgreicher Markenführung (Branding) konnte sich der Umsatz jedoch nach 2002 stark erholen. Der weltweite Absatz von Micro Mobility Systems Produkten wurde somit auch längerfristig bestätigt oder ausgebaut.[6]
Geschichte
Micro Mobility Systems wurde von Wim Ouboter gegründet, einem 1960 in der Schweiz geborenen Bankangestellten mit niederländischen Wurzeln. Das bereits 1974 von der Familie Ouboter gegründete Unternehmen firmierte ursprünglich als Ouboter Invest SA und hatte bis zu seiner Umbenennung 1998 auch einen anderen statutarischen Zweck.[1]
Als Gründungsgeschichte kolportiert Ouboter, dass ihm 1997 der Weg zu seiner Lieblings-Imbissbude am Zürcher Bellevue zu weit war, um ihn zu Fuss zurückzulegen, aber nicht weit genug entfernt, um das Fahrrad oder gar das Auto aus der Garage zu holen. Aus dieser „Not“ heraus entwickelte er einen Klapproller, der ihm den Weg erleichterte, und am Ziel leicht zu verstauen war.[7] Eine andere frühe Inspiration soll seine Kindheit gewesen sein, da seine Schwester ein verkürztes Bein habe, und deshalb statt mit Fahrrädern stets mit Rollern unterwegs war.[8]
Der Roller wird in Europa unter dem Markennamen micro vertrieben, in den USA früher auch als Razor.
Die leichten Tretroller und Kickboards, wie sie auch von Micro Mobility Systems angeboten wurden, standen für den Zeitgeist der „New Economy“, und gerieten bei Erwachsenen mit dem Niedergang des New-Economy-Hypes ebenso schnell in Hintertreffen.[5] 2003 veröffentlichte Heike Bruch an der Universität St. Gallen eine Fallstudie über Micro Mobility Systems,[9] die sie 2004 in einem Buch der Harvard Business Press verarbeitete.[10]
Produkte
Das Unternehmen betreibt die Produktentwicklung selbst und hält zahlreiche Patente.[11] Zum Sortiment gehören neben unterschiedlichen Varianten des micro-Scooter auch Kickboards, Laufräder und Accessoires. In Zusammenarbeit mit Samsonite wurde ein Gepäckstück entwickelt, das im Flugzeug mit ins Handgepäck darf und bei Bedarf mit zwei Handgriffen zum Scooter wird.[12] Zu den Kunden gehört auch die Schweizer Armee, für die Micro Mobility Systems kleine Transportwägelchen entwickelt hat, mit denen Soldaten das 45 kg schwere Gepäckset auf der Fahrt vom und zum Dienst leichter bewegen können.[13]
Microlino
Auf dem 86. Genfer Auto-Salon 2016 stellte die Firma erstmals das Elektroauto „Microlino“ vor, eine Wiederbelebung der BMW Isetta, welches von der Designwerk GmbH, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und dem Entwicklungspartner Tazzari entwickelt wurde.[14][15] Gebaut werden sollte der Microlino von Artega in Delbrück ab 2019,[16] wobei es wegen Auseinandersetzungen über technische und Vermarktungsfragen sowie wegen der Vorstellung eines sehr ähnlichen Modells durch Artega („Karolino“) zu keinem Produktionsstart kam.[17] Anfang 2020 wurde im Streit die Einigung erzielt, wonach Artega ihr Fahrzeug als „Karo“ auf den Markt bringen darf. Der Microlino hingegen wird seit Mai 2022 mit dem italienischen Partner Cecomp nach einer sorgfältigen Vorbereitung in Serie produziert; laut Hersteller liegen 16.000 Reservierungen vor.[18][19]
Im Sommer 2021 wurde ein Basispreis von 12.000 € und ein Gewicht von 513 kg bei max. 90 km/h, 8 kWh Batteriekapazität und einer Reichweite von 125 km angegeben, mit größerer 14,4 kWh-Batterie 200 km, im Winter 100 bzw. 160 km.[20] Das Fahrzeug soll in der Fahrzeugklasse L7e zugelassen werden. Damit wird als Umweltnutzen erreicht, dass im Gegensatz zu anderen Elektroautos nicht die vermehrte Zulassung anderer Autos mit höheren Emissionen gemäß EU-Flottenverbrauchsgrenze ermöglicht wird. In Deutschland wird Stand 2021 keine Kaufprämie für Elektroautos gewährt. Gegenüber der Bauweise des Prototyps und auch der BMW Isetta mit Stahlrohrrahmen soll die Karosserie nun wie die meisten Serienautos aus gepresstem Stahlblech hergestellt werden.
Weblinks
- Offizielle Website des Unternehmens
- Micro Mobility Systems D GmbH – Offizieller Distributor von Rollern für Deutschland und Luxemburg
- Kickboard USA – Offizieller Distributor für Nordamerika
- FAZ.net: Fahrbericht
Einzelnachweise
- ↑ a b Eintrag der «Micro Mobility Systems AG» im Handelsregister des Kantons Zürich (Memento des Originals vom 10. Januar 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ http://www.ey.com/CH/de/Newsroom/News-releases/EY-Medienmitteilung-Entrepreneur-Of-The-Year-2015-Finalisten
- ↑ http://www.sonntagszeitung.ch/read/sz_06_09_2015/wirtschaft/Die-Rueckkehr-der-Knutschkugel-42448
- ↑ Matthias Schulz: Kult und Kamikaze. In: Der Spiegel. Jg. 54, Nr. 28 (10. Juli 2000).
- ↑ a b Thomas Tuma: Von der Rolle. In: Der Spiegel. Jg. 55, Nr. 31 (30. Juli 2001).
- ↑ Ohne Wandel kein Wachstum. In: Enterprise|CASH vom 20. April 2006.
- ↑ Haig Simonian: Scooter pioneer that survived to ride again. In: Financial Times vom 21. Dezember 2010. (Scan online (Memento des Originals vom 18. März 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ; PDF; 1,7 MB)
- ↑ Dee O'Connell: Travel innovator: Wim Ouboter, inventor of the Micro scooter. In: The Guardian vom 31. März 2002.
- ↑ Micro Mobility Systems - Realizing the Scooter Dream. Case study an der Universität St. Gallen, 2003.
- ↑ Heike Bruch, Sumantra Ghoshal: A bias for action : how effective managers harness their willpower, achieve results, and stop wasting time. Harvard Business Press 2004, ISBN 978-1-59139-408-2.
- ↑ Micro Mobility Systems - Assignee. Patentübersicht bei IPEXPL.
- ↑ Micro Scooter, Micro Mobility Systems
- ↑ AS: Wim Ouboter: Armee fährt auf Microscooter ab. In: Bilanz. Juli 2004.
- ↑ Elektro-Zwerg mit bis zu 200 Kilometer Reichweite
- ↑ Retro-Isetta und City-Stromer Microlino debütiert in Genf (Videos). In: EcomentoTV. Das Elektroautoportal vom 25. Februar 2016.
- ↑ Microlino-Geschäftsführer: Retro-Stromer ist „das ideale Stadtfahrzeug“. In: elektroauto-news.net. 14. Dezember 2018, abgerufen am 15. Dezember 2018.
- ↑ Bernd Conrad, Gregor Hebermehl: Microlino-Bruder kommt im neuen Look. In: Auto Motor Sport, 27. August 2019
- ↑ Zürcher Elektro-Stadtflitzer soll 2021 in Serie gehen, NZZ, 4. Januar 2020
- ↑ La production en série de la Microlino démarre à Turin, insideevs.fr, 6. Mai 2022
- ↑ Hersteller-Webseite, 31.8,2021