Nachruf

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Ein Nachruf ist die Beurteilung, Bewertung und ggf. Würdigung des Lebens und der Leistungen einer verstorbenen Person. Ein politischer Nachruf beurteilt das Wirken eines Politikers am Ende seiner Amtszeit.[1]

Alternative Bezeichnung

Im heutigen Sprachgebrauch sind Nachruf und Nekrolog Synonyme.

Etymologie

Das Verb nachrufen ist seit Kaspar von Stieler belegt,[2] er umschreibt es lateinisch Sectari aliquem clamore per vias ‚Jemanden mit lautem Rufen durch die Straßen verfolgen‘. Für das Nomen Nachruf ist keine frühere Quelle bekannt als Philipp von Zesens „Hoch-deutscher Helikon“,[3] er verwendet es jedoch abweichend von Stieler zur Verdeutschung des Fremdwortes „Echo“.[4]

In den Gedichten von Johann Christian Günther tritt „Nachruf“ häufiger auf, bei ihm hat es die Bedeutung „Nachruhm“,[5] die im Wörterbuch erst bei Johann Christoph Adelung erscheint.[6] Joachim Heinrich Campe vermerkt in seinem „Wörterbuch der deutschen Sprache“ (2. Aufl. 1813) zusammengefasst folgende Bedeutungen von „Nachruf“: (1)  einen Ruf an eine sich entfernende Person oder Sache; (2)  „einen Ruf, welchen man nach seiner Entfernung, seinem Tode an andere zurückläßt“ (Text des Verstorbenen!); (3)  Synonym von „Nachruhm“ (wie Adelung).

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts löste sich das Wort aus diesen historischen Bezügen und drang als Ersatzwort für „Nekrolog“ (ein über einen Verstorbenen verfasster Text) durch,[7] für das es vorher keine allgemein anerkannten Verdeutschungsvorschläge gab.

Alle übrigen Bedeutungsinhalte des Substantivs (Zesen, Günther, Campe) sind durch den Bedeutungswandel weitgehend verloren.[8] Es ist damit zu der befremdlichen Situation gekommen, dass Substantiv (Nachruf = Nekrolog) und Verb (nachrufen = hinterher rufen; vgl. Adelung, Campe) disjunkte Bedeutungsinhalte umfassen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ein politischer Nachruf. Abgerufen am 26. März 2021.
  2. Kaspar von Stieler: Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs. 1630.
  3. Philipp von Zesen: Zum dritt- und letzten mahle ausgefärtigter Hoch-deutscher Helikon. 1649.
  4. Hoch-deutscher Helikon, Anzeiger der fremden Wörter [unpaginiert]: „Echo[:] Tahlmunde / widerschal / gegenhal / nachruf [Hervorhebungen durch Bearbeiter], Nachhall / widerruf.“
  5. Schweidnitz 1710–1715 Zeile „Dein Nachruf nennt die Sterne seine Brüder.“ oder „Dein Nachruf wird durch sie einst bey den Sternen stehen.“ (zeno.org).
  6. Johann Christoph Adelung: Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuchs der hochdeutschen Mundart (1774–1786). Band 3: Sp. 383 (woerterbuchnetz.de).
  7. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 18. Aufl. bearb. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin 1960.
  8. DUDEN: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 6 Bänden, hrsg. v. Günther Drosdowski 1976 ff.