Niedersächsisch

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Niedersächsisch

Gesprochen in

Deutschland, Niederlande
Linguistische
Klassifikation

Niedersächsisch (in den Niederlanden: Nedersaksisch) bildet einen Teil des niederdeutschen Dialektkontinuums im Nordwesten Deutschlands und im Nordosten der Niederlande.

Weil es geografisch im westlichen Teil des niederdeutschen Sprachraums liegt, wird es auch als Westniederdeutsch bezeichnet; das Pendant dazu ist dann der östliche Teil des niederdeutschen Sprachraums, das Ostniederdeutsche.

Gliederung

Datei:Nedersaksiese taalgebied.png
Westniederdeutsches Sprachgebiet
Datei:Verbreitungsgebiet der heutigen niederdeutschen Mundarten-2.PNG
Verbreitungsgebiet der niedersächsischen und ostniederdeutschen Mundarten. Das im Artikel beschriebene Niedersächsisch umfasst die auf der Karte verzeichneten Dialektgebiete Nordniedersächsisch (3), Holsteinisch (2), Schleswigisch (1), Ostfriesisch u. Groningisch (4), Ostfälisch (7), Westfälisch (6) und die meisten niedersächsischen Dialekte in den Niederlanden (5).

Das Niedersächsische wird in der Regel folgendermaßen gegliedert:[1]

Diese Dialektverbände zerfallen in zahlreiche kleinere Regional- und Ortsdialekte, deren Zuordnung je nach den verwendeten Kriterien unterschiedlich ausfallen kann. Die niedersächsischen Dialekte in den Niederlanden (Nedersaksisch) können sprachhistorisch dem Nordniedersächsischen und dem Westfälischen zugeordnet werden.

Abgrenzung

Innerhalb des deutschen beziehungsweise kontinentalen westgermanischen Dialektkontinuums gibt es keine Sprachgrenzen, sondern nur fließende Übergänge zwischen den Varietäten. Das gilt auch für die Übergangsgebiete zwischen den hochdeutschen und niederdeutschen Dialektvarietäten. Die Sprachwissenschaft grenzt die Gruppen durch bestimmte Isoglossen voneinander ab, die nicht immer unumstritten sind. Auch für das Westniederdeutsche werden solche Isoglossen als Grenzen angenommen.

Im Osten wird das Niedersächsische durch die Isoglosse zwischen dem westlichen Plural Präsens auf -(e)t und dem östlichen auf -e(n) (mak[e]t versus make[n]) vom Ostniederdeutschen getrennt. Diese Isoglosse wird auch meist als Grenze des sächsischen Altlandes zu den Gebieten gesehen, die durch die Deutsche Ostsiedlung auch sprachlich „kolonisiert“ wurden.

Im Süden wird das niedersächsische Sprachgebiet durch die so genannte Benrather Linie von den hochdeutschen Varietäten getrennt, so dass z. B. das Westfälische bis nach Nordhessen und ins Ruhrgebiet hineinreicht.

Im Westen grenzt das Niedersächsische an das Niederfränkische im Nordosten der Niederlande (Nedersaksisch). Hier wird ebenfalls meist eine Isoglosse als Sprachgrenze herangezogen, welche die Verbreitung des niedersächsischen Einheitsplurals auf -(e)t begrenzt. Die Dialekte in den Niederlanden gehören wie die Dialekte in Deutschland zu einem gemeinsamen Staatsgrenzen überschreitenden Dialektkontinuum. Der Einfluss der beiden Standardsprachen Deutsch und Niederländisch auf die Dialekte ist manchmal bei den jeweiligen Dialektsprechern zu hören. Die niedersächsischen Dialekte mit niederländischer Dachsprache werden daher auch als niederländische Dialektgruppe und (Ostniederländisch) kategorisiert. Bei dieser synchronen Sichtweise wäre die deutschländisch-niederländische Staatsgrenze bis zum niederrheinischen Sprachgebiet auch die Westgrenze des Niedersächsischen in Deutschland und die Ostgrenze des Niedersächsischen in den Niederlanden.

Im Norden bildete die Linie EckernfördeTreeneEider die historische Grenze zum Dänischen und Nordfriesischen. Seit dem späten Mittelalter verschob sich die Nordgrenze des Niedersächsischen nach Schleswig hinein und verbreitete sich nahezu im gesamten heute zu Deutschland gehörenden Landesteil Südschleswig. Nur in sehr wenigen Gebieten nahe der heutigen Grenze und zum Teil auf Sylt, Föhr und Amrum hat sich das Niedersächsische nicht neben Friesisch und Jütisch/Dänisch etablieren können.

Probleme der Terminologie

Die in diesem Artikel wiedergegebene Definition umfasst die heute gängigsten Definitionen der hier synonym gebrauchten Begriffe Niedersächsisch und Westniederdeutsch als westliches Sprachgebiet der niederdeutschen Sprache mit oder ohne Ostniederländisch und ohne Niederfränkisch. Im Laufe der Zeit wurden die Termini Niedersächsisch und Westniederdeutsch jedoch mit sehr unterschiedlichen Definitionen gefüllt, so dass eine entsprechende Aufmerksamkeit im Umgang mit der Forschungsliteratur angebracht ist.

Hans Taubken fasste 1990 die in der Forschungsgeschichte verwendeten Definitionen zusammen.[2] Der Begriff Niedersächsisch steht demnach in verschiedenen Arbeiten für

  • die gesamte niederdeutsche Sprache (Ost- und Westniederdeutsch),[3]
  • für Westniederdeutsch ohne das Ostniederländische,[4]
  • für Westniederdeutsch inklusive Ostniederländisch,[5]
  • für das Nordniedersächsische ohne Ostfriesisch, Schleswigsch und Holsteinisch[6] und
  • für die niederdeutschen Dialekte in den Bundesländern Niedersachsen und Bremen.[7]

Der Begriff Westniederdeutsch beinhaltet demnach je nach Zeit und Autor

  • das „Altland“ der unverschobenen kontinentalwestgermanischen Mundarten (Niedersächsisch und Niederfränkisch im Gegensatz zum Ostniederdeutschen),[8]
  • das Niedersächsische inklusive des Ostniederländischen,[9]
  • das Niedersächsische ohne Ostniederländisch,[10]
  • die niedersächsischen Dialekte ohne Ostniederländisch, aber inklusive Niederrheinisch[11] und
  • das Niedersächsische mit dem Altmärkischen.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Michael Elmentaler: Nordniederdeutsch, Ostfälisch, Westfälisch, Nordrheinmaasländisch. In: Joachim Herrgen, Jürgen Erich Schmidt: Sprache und Raum. Ein internationales Handbuch der Sprachvariation. Band 4: Deutsch (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft. Band 30.4). De Gruyter Mouton, Berlin/Boston 2019, ISBN 978-3-11-018003-9, S. 550–590.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Z. B. Willy Sanders: Sachsensprache, Hansesprache, Plattdeutsch: sprachgeschichtliche Grundzüge des Niederdeutschen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982. Nordniedersächsisch dort als Nordniederdeutsch bezeichnet.
  2. Hans Taubken: „Westniederdeutsch“ und „Nordniedersächsisch“. In: Robert Damme (Hrsg.) u. a.: Franco-Saxonica: Münstersche Studien zur niederländischen und niederdeutschen Philologie. Jan Goossens zum 60. Geburtstag. Neumünster 1990, S. 201–237.
  3. Siehe u. a. Otto Behagel: Geschichte der Deutschen Sprache. 5., verbesserte und stark erweiterte Auflage. Berlin/Leipzig 1928; L. Kremer: Mundarten im Westmünsterland. Aufbau. Gebrauch. Literatur. Borken 1983.
  4. Siehe u. a. Otto Behagel: Die deutsche Sprache. 4. Auflage. Wien 1907; Joachim Schildt et al.: Kleine Enzyklopädie. Deutsche Sprache. Leipzig 1983.
  5. Siehe u. a. V.M. Schirmunski: Deutsche Mundartkunde. Vergleichende Laut- und Formenlehre der deutschen Mundarten. Berlin 1962; Dieter Stellmacher: Niedersächsisch. Düsseldorf 1981.
  6. H.J. Gernetz: Niederdeutsch – gestern und heute. 2. Auflage. Rostock 1980.
  7. Niedersächsisches Wörterbuch. Band 3, Neumünster 1953 ff.
  8. Siehe u. a. O. Weise: Unsere Mundarten – ihr Werden und ihr Wesen. Leipzig/Berlin 1919; C.J. Hutterer: Die germanischen Sprachen. Ihre Geschichte in Grundzügen. Budapest 1975.
  9. Siehe u. a. E. Schwarz: Die deutschen Mundarten. Göttingen 1959; Hans Taubken: Die Mundarten der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim. Teil I: Zur Laut- und Formengeographie. In: Th. Penners (Hrsg.): Emsland/Bentheim. Beiträge zur neueren Geschichte. Sögel 1985.
  10. Siehe u. a. W. Foerste: Geschichte der niederdeutschen Mundarten. In: W. Stammler (Hrsg.): Deutsche Philologie im Aufriß, Bd. 1. Berlin/Bielefeld/München 1954; L. Kremer: Mundarten im Westmünsterland. Aufbau. Gebrauch. Literatur. Borken 1983.
  11. Siehe u. a. H.P. Althaus: Ergebnisse der Dialektologie. Bibliographie der Aufsätze in den deutschen Zeitschriften für Mundartforschung 1884–1968. ZDL-Beihefte 7, Wiesbaden 1970; P. Teepe: Zur Lautgeographie. In: Jan Gossens: Niederdeutsch. Sprache und Literatur. Eine Einführung. 2. Auflage, Neumünster 1983.
  12. Dieter Stellmacher: Ostniederdeutsch. In: H.P. Althaus et al. (Hrsg.): Lexikon der Germanistischen Linguistik. 2. Auflage. Tübingen 1980; Jan Gossens: Areallinguistik. In: H.P. Althaus et al. (Hrsg.): Lexikon der Germanistischen Linguistik. 2. Auflage, Tübingen 1980.