Nová Ves (Pohořelice)
Nová Ves | ||||
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Basisdaten | ||||
Staat: | Tschechien | |||
Region: | Jihomoravský kraj | |||
Bezirk: | Brno-venkov | |||
Gemeinde: | Pohořelice | |||
Geographische Lage: | 48° 56′ N, 16° 32′ O | |||
Höhe: | 186 m n.m. | |||
Einwohner: | 326 (1. März 2001) | |||
Postleitzahl: | 691 23 |
Nová Ves (deutsch Mariahilf) ist ein Ortsteil von Pohořelice (Pohrlitz) im Jihomoravský kraj (Südmähren) in Tschechien. Er liegt 15 Kilometer nördlich der österreichisch-tschechischen Grenze. Der Ort ist als ein Breitstraßendorf angelegt.
Geographie
Nachbarorte sind im Westen Vlasatice (Wostitz), im Süden Pasohlávky (Weißstätten), im Osten Ivaň (Eibis) und im Norden Pohořelice (Pohrlitz) und Cvrčovice u Pohořelic (Urspitz).
Geschichte
Der Ort wurde im Jahre 1701 von Fürst Leopold von Dietrichstein nahe der im Jahre 1574 verödeten Ortschaft Lenowitz gegründet. Die anfangs noch unter "Neue Dorf" bekannte Ortschaft erhielt bald den Namen "Mariahilf". Die „ui“- Mundart (bairisch-österreichisch) mit ihren speziellen Bairischen Kennwörtern, welche bis in das Schicksalsjahr 1945 gesprochen wurde, weist darauf hin, dass die Siedler aus dem österreichischen bzw. süddeutschen Raum stammten. Die Matriken des Ortes wurden seit 1701 und die Grundbücher ab 1711 geführt.[1][2]
Im Österreichischen Erbfolgekrieg wurde der Ort von preußischen und sächsischen Truppen besetzt und geplündert. Während des Dritten Koalitionskrieges besetzten die Franzosen im Jahre 1805 das Dorf. Nach der bald darauf folgenden Schlacht bei Austerlitz wurde in Mariahilf ein Spital für verwundete Franzosen errichtet. Im Laufe des Deutsch-Österreichischen Krieges, 1866, schleppten preußische Soldaten die Cholera in den Ort ein. An dieser Seuche starben 16 Personen in Mariahilf. Im Jahre 1874 wurde mit Unterstützung der Gräfin Herberstein und dem Fondsgut Dürnholz eine Schule im Ort errichtet. Vorher waren die Kinder von Mariahilf in Wostitz eingeschult gewesen. Der größte Teil der Bewohner lebte von der Landwirtschaft, insbesondere vom Anbau von verschiedenen Getreidesorten, Kartoffeln, Zucker- und Futterrüben, Erbsen, Linsen, Bohnen und Obst. Ebenso war die Jagd auf Hasen, Rehe, Fasane und Rebhühner sehr ergiebig.
Einer der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg, 1914–1918, war die Tschechoslowakei, die jene deutschsprachigen Gebiete Böhmens, Mährens und Österreichisch-Schlesiens für sich beanspruchte, die seit Ende 1918 als Deutschösterreich galten. Der Vertrag von St. Germain[3] sprach diese strittigen Territorien gegen den Willen der dortigen deutschen Bevölkerung der Tschechoslowakei zu. Damit fiel auch Mariahilf, dessen Bewohner 1910 zu 97 % Deutschmährer waren, an den neuen Staat. Maßnahmen folgten wie die Bodenreform[4] und die Sprachenverordnung (1926), wodurch es durch Siedler und neu besetzte Beamtenposten zu einem vermehrten Zuzug von Personen tschechischer Nationalität kam.[5][6] Die entstehenden wachsenden Autonomiebestrebungen der Deutschen führten zu Spannungen innerhalb des Landes und im weiteren zum Münchner Abkommen, das die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland regelte. Zwischen 1938 und 1945 gehörte der Ort Mariahilf zum Reichsgau Niederdonau.
Im Zweiten Weltkrieg hatte der Ort 32 Opfer zu beklagen. Nach dessen Ende (8. Mai 1945) hatten die Siegermächte der Forderung der ČSR-Regierung Beneš entsprochen und die im Münchener Abkommen (1938) an Deutschland übertragenen Territorien, im Rückgriff auf den Vertrag von Saint-Germain (1919), wieder der Tschechoslowakei zugeordnet. Bald kam es durch militante Tschechen zu Exzessen an der deutschen Ortsbevölkerung und teilweisen wilden Vertreibung nach Österreich. Dabei kam es zu vier Ziviltoten.[7] Eine juristische Aufarbeitung der Geschehen hat nicht stattgefunden. Das Beneš-Dekret 115/1946 (Straflosstellungsgesetz) erklärt Handlungen bis 28. Oktober 1945 im Kampfe zur Wiedergewinnung der Freiheit..., oder die eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten oder ihrer Helfershelfer zum Ziel hatte, … für nicht widerrechtlich. Im August 1945 bestimmten die Siegermächte im Potsdamer Kommuniqués (Konferenz)[8] die Nachkriegsordnung. Die laufende, kollektive Vertreibung der deutschen Bevölkerung wurde darin nicht erwähnt, jedoch explizit ein „geordneter und humaner Transfer“ der „deutschen Bevölkerungsteile“, die „in der Tschechoslowakei zurückgeblieben sind“, verlangt. Zwischen März und Oktober 1946 erfolgte die Zwangsaussiedlung von 285 Ortsbewohner nach Westdeutschland.[9][10] 50 Personen verblieben im Ort. Alles private und öffentliche Vermögen der deutschen Ortsbewohner wurde durch das Beneš-Dekret 108 konfisziert und die katholische Kirche in der kommunistischen Ära enteignet. Eine Wiedergutmachung ist seitens der Tschechischen Republik nicht erfolgt.
In Übereinstimmung mit den ursprünglichen Transfermodalitäten des Potsdamer Kommuniqués verlangte im Jänner 1946 die Rote Armee den Abschub aller Volksdeutschen aus Österreich nach Deutschland. 415 Personen wurden nach Deutschland weiter transferiert, 52 konnten trotzdem in Österreich verbleiben. Je eine Person wanderte nach Frankreich und Schweden aus und drei Personen in die USA.[11][12][13] Im Jahre 2001 bestand das Dorf aus 108 Wohnhäusern, in denen 326 Menschen lebten.
Wappen und Siegel
Das erste Siegel des Ortes stammte aus dem Jahre 1705. Es zeigt fünf gleichmäßig verteilte Siedlerhäuser über einem Winzermesser und einer Traube. Über den Häusern ist die Muttergottes mit dem Jesuskind abgebildet. Ein späteres Siegel aus dem 19. Jahrhundert zeigt in einer Umschrift die Muttergottes mit dem Jesuskind und darunter ein Winzermesser und eine Traube. In der Zwischenkriegszeit wurde das Siegel zweisprachig und nach dem Anschluss im Jahre 1938 wurde das reichseinheitliche Gemeindesiegel mit dem Reichsadler verwendet.[14]
Bevölkerungsentwicklung
Volkszählung | Einwohner gesamt | Volkszugehörigkeit der Einwohner | ||
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Jahr | Deutsche | Tschechen | Andere | |
1880 | 544 | 516 | 26 | 2 |
1890 | 566 | 556 | 8 | 2 |
1900 | 554 | 527 | 27 | 0 |
1910 | 535 | 523 | 12 | 0 |
1921 | 528 | 460 | 66 | 2 |
1930 | 545 | 412 | 141 | 2 |
1991 | 342 | |||
2001 | 326 |
Sehenswürdigkeiten
- Kirche Mariahilf (1839)
- Kriegergedenktafel an der Kirche (1926)
- Statue des Hl. Johannes von Nepomuk
- Steinkreuz (1843)[17]
Brauchtum
Reiches Brauchtum bestimmte den Jahresablauf der 1945/46 vertriebenen, deutschen Ortsbewohner:
- Der Kirtag wurde immer am dritten Sonntag des Oktobers abgehalten.
Sagen aus dem Ort
Unter den deutschen Ortsbewohnern gab es verschiedene Mythen:
- Der Ort erhielt seinen neuen Namen, als ein Reiter in das Sumpfgebiet geriet und für seine Rettung die Jungfrau Maria angerufen hatte. Nach der Rettung des Reiter stiftete er der Kapelle ein Votivbild.
Literatur
- Wenzel Max (Hrsg.): Thayaland. Volkslieder und Tänze aus Südmähren. 2. Auflage. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen/Steige 1984.
- Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren., S. 19; C. Maurer Verlag, Geislingen/Steige 1990, ISBN 3-927498-13-0
- Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden., S. 132f, Josef Knee, Wien 1992, ISBN 3-927498-19-X
- Emilia Hrabovec: Vertreibung und Abschub. Deutsche in Mähren 1945–1947, Frankfurt am Main/ Bern/ New York/ Wien (=Wiener Osteuropastudien. Schriftenreihe des österreichischen Ost- und Südosteuropa Instituts), 1995 und 1996
- Nová Ves - Kaple P. Marie Pomocnice 1999
- Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens Bd. 3, S. 239f, C. Maurer Verlag, Geislingen/Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0
- Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A bis Z, S. 121f, Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen/Steige 2006
Weblinks
- Mariahilf in „Alte Postkartenmotive der Südmährischen Gemeinden“
- Kulturdatenbank der Heimatvertriebenen
- Ortsfamilienbuch "Mariahilf"
Einzelnachweise
- ↑ Leopold Kleindienst: Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 9
- ↑ Hans Zuckriegl: Wörterbuch der südmährischen Mundarten. Ihre Verwendung in Sprache, Lied und Schrift. 25,000 Dialektwörter, 620 S. Eigenverlag. 1999.
- ↑ Felix Ermacora: Der unbewältigte Friede: St. Germain und die Folgen; 1919–1989 , Amalthea Verlag, Wien, München, 1989, ISBN 3-85002-279-X
- ↑ Elizabeth Wiskemann: Czechs and Germans; London, 1938; S. 152
- ↑ Johann Wolfgang Brügel: Tschechen und Deutsche 1918–1938, München 1967
- ↑ Wilhelm Szegeda: Heimatkundliches Lesebuch des Schulbezirks Nikolsburg, 1935, approbierter Lehrbehelf, Lehrerverein Pohrlitz Verlag, S. 131
- ↑ Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A-Z, Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige, 2006, S. 216
- ↑ Charles L. Mee: Die Potsdamer Konferenz 1945. Die Teilung der Beute. Wilhelm Heyne Verlag, München 1979. ISBN 3-453-48060-0.
- ↑ Archiv Mikulov: Odsun Němců - transport odeslaný dne 20. května, 1946
- ↑ Wilhelm Jun/ Ludislava Šuláková: Die Problematik des Abschubs der Deutschen in den Akten des Volksausschusses (MNV) und des Bezirks-Volksausschusses (ONV) Nikolsburg. Verlag Maurer, Südmährisches Jahrbuch 2001, S. 45, ISSN 0562-5262
- ↑ Cornelia Znoy: Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Österreich 1945/46, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, 1995
- ↑ Brunnhilde Scheuringer: 30 Jahre danach. Die Eingliederung der volksdeutschen Flüchtlinge und Vertriebenen in Österreich, Verlag: Braumüller, 1983, ISBN 3-7003-0507-9
- ↑ Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band III. Maurer, Geislingen/Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, Mariahilf 239, 423, 431.
- ↑ Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae, Bd. IV, S. 121
- ↑ Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, Band 9, 1984
- ↑ http://www.czso.cz/csu/2009edicniplan.nsf/t/010028D080/$File/13810901.pdf
- ↑ Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren, 1990, S. 19