Oskar Hermann Artur Schlitter

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18. Dezember 1961: Oskar Schlitter und Botschafter Ernest Amos-Djoro unterzeichnen ein Entwicklungshilfeabkommens für die Elfenbeinküste.

Oskar Hermann Artur Schlitter (* 15. Juni 1904 in Essen; † 12. November 1970 auf Schloss Offenstetten) war ein deutscher Diplomat.

Leben

Der Vater von Oskar Schlitter war Oscar Schlitter. Schlitter studierte Landwirtschaft, wurde 1928 zum Doktor der Agrarwissenschaften promoviert, trat 1929 in den auswärtigen Dienst und heiratete 1932 Daisy d’Ora.[1] Von 1932 bis 1936 war Schlitter am Generalkonsulat in New York City akkreditiert und wurde 1934 Mitglied der NSDAP. Von 1936 bis 1939 wurde Schlitter an der Botschaft in London beschäftigt, wo Joachim von Ribbentrop Botschafter war. 1939 „arisierte“ Schlitter Schloss Offenstetten.

Von 1939 bis 1943 wurde Schlitter in der Wilhelmstraße (Berlin-Mitte) beschäftigt. Am 6. April 1940 besprach Schlitter mit Ernst von Weizsäcker, Friedrich Gaus, Kurt Himer (* 21. Dezember 1888 in Kottbus; † 4. April 1942 in Simferopol), Hartwig Pohlmann, Hermann Böhme (vom OKW) sowie zwei anderen Beamten des Wilhelmstraßen-Amtes den Dänemark betreffenden Teil des Unternehmens Weserübung. Zum 9. April 1940 brachte Schlitter, in seinem Diplomatengepäck Weisungen an die Botschaft in Kopenhagen sowie die Generalsuniform für den vorausgereisten Oberregierungsrat Himer. So ausgestattet wies Himer das Personal der Botschaft in Kopenhagen und Pohlmann das Personal der Botschaft in Oslo in die Situation ein.

In der Abteilung Politik II wurde Dr. Schlitter vom Legationssekretär zum Legationsrat befördert. Bis 1942 sekundierte er mit Hans Schwarzmann die Unterdrückungspolitik von Otto Abetz im besetzten Teil von Frankreich. Schlitter sekundierte Adolf Beckerle dabei, dass der vom Vichy-Regime nach Sofia entsandte Botschafter Jules-François Blondel (* 1887 in Arras; † 1965), der mit einer Jüdin verheiratet war, im September 1942 „durch eine zuverlässige deutschfreundliche Persönlichkeit“ ersetzt wurde.

Von 1943 bis 1944 war Schlitter als Konsul in Lugano akkreditiert. Von 1944 bis Mai 1945 wurde Schlitter in der Abteilung Handelspolitik, Referat Italien des Reichsaußenministeriums beschäftigt.[2]

Von 1946 bis 1952 verwaltete Schlitter die 1939 erworbene Landwirtschaft. 1952 wurde Schlitter in den auswärtigen Dienst der Bundesrepublik Deutschland eingestellt. Von 1952 bis 1953 war Schlitter Stellvertreter des Botschafters Adalbert von Bayern in Madrid. Während einer dreimonatigen Abwesenheit von Albert von Bayern war Schlitter Geschäftsträger.[3]

Konrad Adenauer verwechselte Otto John mit Oskar von John, Ministerialrat in der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Bei der Ablösung des ersten deutschen Botschaftsrates in London, Georg Rosen, hatte Hans Schlange-Schöningen, seinen politischen Ratgeber und Intimus Oskar von John im Sinn, als er einen Landwirtschaftsexperten für diese Stelle anforderte. Das Auswärtige Amt versetzte aber Schlitter aus Madrid auf diese Stelle.[4]

Von 1955 bis 1958 war Schlitter in den einstweiligen Ruhestand versetzt,[5] nachdem seine Frau sich bei der Weihnachtsfeier 1954 in der deutschen Botschaft verplappert hatte und vom „feindlichen Ausland“ sprach.

Von 1958 bis 1964 wurde Schlitter in der Abteilung Handel und Entwicklungspolitik des Auswärtigen Amtes beschäftigt. 1963 leitete Oskar Schlitter deutsch-jugoslawische Verhandlungen. Als die Verhandlungen am 13. Juli 1963 scheiterten, hatte Schlitter einen dringenden Termin in London. Von Karl Carstens nach Bonn zurückbeordert, erklärte Schlitter am 19. Juli 1963 US-Botschaftsrat Coburn Kidd in Bonn, dass Josip Broz Tito im Rahmen von Wirtschaftsverhandlungen nicht mit der Gewährleistung neuer Anleihen durch die Bundesregierung oder mit einer globalen Regelung der Wiedergutmachungsfrage hätte rechnen können. Die Bundesregierung sei aus humanitären Gründen zu einer Erhöhung der Entschädigungszahlungen für die Opfer pseudo-medizinischer Versuche bereit gewesen.[6]

Am 18. März 1966 unterzeichnete Schlitter ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der griechischen Regierung.[7] Kurz danach wurde Schlitter als „Botschafter, Athen“ mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. In seine Amtszeit als Botschafter fiel am 21. April 1967 der Beginn der griechischen Militärdiktatur. Schlitter hatte keine Vorbehalte gegenüber dem undemokratischen Regime. Am 27. Juni 1969 verhandelte Schlitter mit Georgios Papadopoulos und weiteren Mitgliedern der Junta, mit dem Ziel einer friedlichen Vereinbarung: Die Junta lockert bestimmte Unterdrückungsmaßnahmen während der Europarat davon Abstand nimmt, das Militärregime auszuschließen.[8]

Schlitter starb an einem Myokardinfarkt.

Literatur

  • Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. Band 4: S. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst, Bearbeiter: Bernd Isphording, Gerhard Keiper, Martin Kröger. Schöningh, Paderborn u. a. 2012, ISBN 978-3-506-71843-3
  • Andrea Wiegeshoff: „Wir müssen alle etwas umlernen“: zur Internationalisierung des Auswärtigen Dienstes der Bundesrepublik Deutschland (1945/51 – 1969). Wallstein, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1257-9, S. 435

Weblinks

Commons: Oskar Hermann Artur Schlitter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Great Britain. Just Daisy. In: Time. 17. Januar 1955
  2. Braunbuch, braunbuch.de (Memento des Originals vom 21. April 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.braunbuch.de
  3. Birgit Aschmann: „Treue Freunde …“? Westdeutschland und Spanien, 1945–1963. Franz Steiner Verlag, 1999, ISBN 3-515-07579-8, S. 204–205, Fußnote 26 (books.google.de)
  4. Schlitter-Affäre / Diplomaten. Die goldenen Brücken. „Frau Daisy“ auf den Titelseiten. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1955 (online).
  5. Konrad Adenauer: Briefe. Band 7, 2000, S. 437.
  6. Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland. 1963. Band 1. Oldenbourg, München 1994, ISBN 3-486-55964-8, S. 758 (books.google.de)
  7. Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Griechenland (Memento des Originals vom 29. März 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/rechtsanwalt-griechenland.net
  8. Mogens Pelt: Tying Greece to the West. US-West German-Greek relations 1949–1974. Museum Tusculanum Press, 2006, ISBN 87-7289-583-7, S. 297 (books.google.de)
VorgängerAmtNachfolger
Wilhelm MelchersBotschafter der Bundesrepublik Deutschland in Athen
17. Februar 1965 bis 9. Februar 1970
Peter Limbourg