Ostpaket

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Beispiel für Erzgebirgische Volkskunst (hier Räuchermann)

Als Ostpaket werden Paketsendungen zwischen den Neuen Ländern und den alten Ländern bzw. (vor der deutschen Wiedervereinigung) zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet.

Als Begrifflichkeit für Pakete

Allgemein bekannt wurde der Begriff Ostpaket als Paket mit typisch ostdeutschen Artikeln, insbesondere Nahrungs- und Genussmitteln, die zumindest unmittelbar nach der Wende in den alten Ländern nicht überall erhältlich waren wie z. B. Hallorenkugeln, Hansa-Kekse, Filinchen oder ostdeutsche Spirituosen oder Biermarken. Dabei spielen auch ostalgische Aspekte eine Rolle.[1]

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hatte 1996 den Versand von Ostpaketen in die alten Länder als Dankeschön für die Westpakete vor der Wende angeregt. Ideengeber war der spätere Kommunikationsberater Hasso Mansfeld.[2] Mindestens als Nebeneffekt wurde beabsichtigt, die Marktchancen dieser Produkte in den alten Ländern zu verbessern. Eines dieser Pakete liegt als Ausstellungsstück im Deutschen Historischen Museum in Berlin.[3] Im Jahr 2006 ließ das Land Sachsen-Anhalt 1000 Ostpakete an in die alten Länder abgewanderte „Landeskinder“ verschicken, um deren Bindungen an die Heimat zu stärken und sie zur Rückkehr zu bewegen und so dem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken.[4]

Insbesondere nach der Wende wird der Begriff Ostpaket als Gegensatz zum Westpaket auch für Pakete verwendet, die „Ostdeutsche“ an Familienangehörige und Freunde in Westdeutschland sandten. Diese wurden meist als Dank für die sogenannten Westpakete verschickt. Die in den 1970er Jahren jährlich etwa 25 Millionen verschickten Westpakete kreuzten ihren Weg mit etwa 9 Millionen Ostpaketen. Pro Kopf der Bevölkerung wurden so mehr Ost- als Westpakete verschickt.[5] Die Versender der Ostpakete standen dabei vor dem Problem, für die erhaltenen im Westen alltäglichen, im Osten aber herausgehobenen Waren Gegengeschenke zu finden, die möglichst einen ähnlichen Effekt erzielen konnten.[6] Das war angesichts des Warenangebotes in der DDR schwierig. In den Ostpaketen befanden sich überwiegend kunstgewerbliche Artikel wie handgefertigte Kunst aus dem Erzgebirge oder Bücher. Lebensmittel wurden eher selten versandt, wenn, dann handelte es sich um Spezialitäten wie Dresdner Christstollen oder Selbstgebackenes. Zudem waren bestimmte Waren, die in der DDR knapp waren oder durch den Außenhandel exportiert werden sollten, zum Paketversand nicht oder nur beschränkt zugelassen. Das betraf z. B. Edelmetalle, Edelsteine, Briefmarken oder optische Geräte.[7] In Vorwendezeiten wurde der Begriff Ostpaket in der alten Bundesrepublik eher für Westpakete verwendet, da diese in den Osten gingen.[8]

Forschungen an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben ergeben, dass Ostpakete während der Zeit der Deutschen Teilung in der Bundesrepublik grundgesetzwidrig durch den Bundesnachrichtendienst unter Mithilfe des Militärischen Abschirmdienstes kontrolliert wurden, mit dem Ziel, ostdeutsche Spione in der BRD zu enttarnen.[9][10][11]

Andere Verwendungen

In der alten Bundesrepublik wurde die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition teilweise als „Ostpaket“ bezeichnet.[12]

Auch kulturelle Angebote im weitesten Sinn, die aus den neuen Ländern kommen, werden gelegentlich „Ostpaket“ genannt.[13][14]

Literatur

  • Christian Härtel, Petra Kabus (Hrsg.): Das Westpaket. Geschenksendung, keine Handelsware. Ch. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-221-2.
  • Konstanze Soch: Eine große Freude? Der innerdeutsche Paketverkehr im Kalten Krieg (1949-1989). Campus, Frankfurt am Main/New York 2018, ISBN 3-593-50844-3.

Einzelnachweise

  1. Köstlich: (N)ostalgie mit OssiVersand. In: Spiegel Online. 21. Mai 1999, abgerufen am 2. Januar 2017.
  2. Der Vater der Ostpakete geht in den Westen. In: Tagesspiegel. 9. November 1997, abgerufen am 3. Dezember 2018.
  3. Karsten Stumm: Im Historischen Museum ausgestellt. In: Manager Magazin. 24. Dezember 2007, abgerufen am 2. Januar 2017.
  4. Damir Fras: Wissenschaftler überlegen, wie man die Abwanderung junger Leute in den Westen verhindern kann. In: Berliner Zeitung. 21. März 2006, abgerufen am 2. Januar 2017.
  5. Rolf Roßmann: Vom Duft der Wespakete. In: Schweriner Volkszeitung. 27. Mai 2016, abgerufen am 11. Dezember 2021.
  6. Vgl. Christian Härtel, Petra Karbus (Hrsg.): Das Westpaket, S. 117.
  7. Das Ostpaket auf einer Postinformationsseite. Abgerufen am 5. Januar 2016
  8. Jens Schneider: 20 Jahre Mauerfall – Lustvoll in die Demokratie. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Mai 2010, abgerufen am 2. Januar 2017.
  9. Vgl. Konstanze Soch, Eine große Freude?, S. 188ff.
  10. BRD-Geheimdienste kontrollierten "Westpakete". In: Mitteldeutscher Rundfunk. 8. Dezember 2017, abgerufen am 3. Dezember 2018.
  11. BND hat auch Ost-Pakete durchsucht. In: Volksstimme Magdeburg. 26. Januar 2018, abgerufen am 3. Dezember 2018.
  12. Bonn Ostpolitik: Protest bei Bach. In: Der Spiegel. Nr. 53, 1970 (online).
  13. Ostpaket – Kunst aus Leipzig zu Gast in Rheda-Wiedenbrück. (Memento vom 4. Januar 2016 im Internet Archive) In: kunstagentur-hoffmann.de. 22. Januar 2015, abgerufen am 5. Januar 2016
  14. Jochen-Martin Gutsch: Musik: Die erste deutsche Band. In: Der Spiegel. Nr. 39, 2010 (online).