Pali-Kanon

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Thailändischer Pali Canon

Der Pali-Kanon ist die in der Sprache Pali verfasste älteste zusammenhängend überlieferte Sammlung von Lehrreden des Buddha Siddhartha Gautama. Die Sammlung ist ein Buddhistischer Kanon und wird durch die Bezeichnung Pali- von anderen derartigen Sammlungen wie dem „Sanskrit-Kanon“ oder dem „Chinesischen Kanon“ unterschieden.

Die andere übliche Bezeichnung „Dreikorb“ ist eine wörtliche Übersetzung von Tipiṭaka (Pali) und Tripitaka (Sanskrit). Sie weist auf die Gliederung der Textsammlung in drei große Teile („Körbe“) hin.

Herkunft und Namen

Am besten erschlossen und als einziger buddhistischer Kanon vollständig in einer indischen Sprache erhalten ist der Pali-Kanon der Theravadins. Die Pali-Überlieferung gehört zum ältesten Schriftgut des Buddhismus. Er geht auf die in Hinterindien und Ceylon verbreitete Vibhajyvāda-Sekte der Theravada-Richtung zurück. Der Kanon wurde unter König Vaṭṭagāmaṇī Abhaya (regierte von 89 bis 77 v. Chr.) bei Matale, Sri Lanka, schriftlich niedergelegt und bildet die Grundlage des Theravada.

Innerhalb der heutigen Theravada-Traditionen wird zwar die mittelindische Pāli-Sprache verwendet, jedoch in lokalen Schriften aufgezeichnet.

Datei:Tipitaka scripture.jpg
Palmblattmanuskript mit Teilen des Pali-Kanons auf Thai.

Bis zum 6. buddhistischen Konzil (1954–56 in Rangun) war der Kanon in Ceylon, Burma, Thailand, Kambodscha und Laos nur handschriftlich verbreitet. Üblicherweise wurde er auf Palmblättern (selten Holz) festgehalten. Insbesondere das vom jeweiligen birmanischen König angeregte erneute Abschreiben war üblich. Ausgaben auf anderen Materialien wie die wohl im 6. und 7. Jahrhundert entstandene, 1897 in Hmawanza (Birma) gefundene (auf Goldblättern), sind selten.

Gedruckt wurde dieser Kanon, angeregt durch das Interesse europäischer Forscher, erstmals im späten 19. Jahrhundert. Fälschlicherweise wurde und wird noch immer dieser Pali-Kanon als der ursprüngliche bzw. einzig richtige bezeichnet,- ein Irrtum, der auf die Indologen dieser Zeit zurückgeht. Die Ausgaben der Pali Text Society und die philologisch heute umstrittenen, doch poetischen deutschen Übersetzungen Karl Eugen Neumanns, sowie von Anton Gueth, entstanden im Zeitraum zwischen 1896 und 1917, haben ihn in westlichen Sprachen zugänglich gemacht.

Die Agama-Sutras des chinesischen Mahāyāna entsprechen inhaltlich im Wesentlichen dem Pali-Kanon.

Inhaltsverzeichnis

Der Pali-Kanon ist in drei Teile (piṭaka, ‚Korb‘) unterteilt, die wiederum aus mehreren Sammlungen (nikāya), Abteilungen (vagga) und Abschnitten (nipāta) bestehen. Für die Angabe von Textstellen sind die hier in Klammern angegebenen Abkürzungen gebräuchlich.

  1. (Vin) Vinayapitaka – Ordensregeln
    1. Maha Vibhanga – Mönchsregeln vgl. Patimokkha
    2. Bikkhuni Vibhanga – Nonnenregeln
    3. (Mhv) Mahavagga – Größere Unterteilung
    4. (Cv) Culla Vagga – Kleinere Unterteilung
    5. Parivara – Zusammenfassung
  2. Suttapitaka – Lehrreden Buddhas
    1. (D, DN) Digha-Nikaya – Längere Lehrreden
    2. (M, MN) Majjhima-Nikaya – Mittlere Lehrreden
    3. (S, SN) Samyutta-Nikaya – Gruppierte Lehrreden
    4. (A) Anguttara-Nikaya – Angereihte Lehrreden
    5. Khuddaka-Nikaya – Kurze Texte
      1. (Khp) Khuddaka-Patha
      2. (Dhp) Dhammapada
      3. (Ud) Udana
      4. (It, Itv) Itivuttaka – Aphorismen
      5. (Sn, Snp) Sutta-Nipata – Bruchstücke
      6. Vimana-Vathu – Götterpalastgeschichten
      7. Peta-Vathu – Gespenstergeschichten
      8. (Thag) Theragatha – Sprüche der Mönche
      9. (Thig) Therígatha – Sprüche der Nonnen
      10. Jataka – Wiedergeburtsgeschichten
      11. (MNid) Maha-Nidesa – Kommentare
      12. (Pts) Pathisambhida-Magga – Kräfte der Heiligen
      13. Apadana – Erklärungen zur Heiligkeit
      14. Buddhavamsa – Legenden der 24 Buddhas vor Gautama
      15. Cariya Pitaka – Wandlungen
      16. Nettipakarana
      17. Petakopadesa
      18. (Mil) Milindapanha
  3. (Abh) Abhidhammapitaka – Abhandlungen, Höhere Lehrreden
    1. (Dhs) Dhammasangani
    2. (Vibh) Vibhanga
    3. Dhatukatha
    4. (Pug) Puggalapannatti – Menschenkunde
    5. Kathavatthu – Streitpunkte
    6. (Yam) Yamaka – Gegensätze
    7. (Patth) Patthana – Bedingte Entstehung

Post-kanonische Werke der Pali-Literatur

Nach der Abfassung der kanonischen Schriften entstanden noch weitere wichtige und oft zitierte Werke der Pali-Literatur. Zum Beispiel:

Weitere wichtige Kommentare wurden von Buddhadatta und Dhammapala verfasst. Bei manchen Büchern ist die Zuordnung zum Kanon umstritten. So sind in der thailändischen Fassung des Palikanon die drei Abteilungen Nettipakarana, Petakopadesa, Milindapanha nicht enthalten.

Siehe auch

Literatur

Moderne Ausgaben des Pali-Kanon
  • "Text Series" (Pali in lat. Schrift) seit 1882 und "Translation Series" (engl.) seit 1909 der Pali Text Soc.
  • Nālandā-Devanāgarī-Pāli-ganthamālā; Patna 1956–61 (Devanagari)
  • Thai-Schrift: Fünf Ausgaben in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, teilweise auf Palmblättern gedruckt u.d.T.:
    พระไตรปิฎก
    , Aussprache: [pʰrá tʰrai-pʰì-dòk]; BUDSIR (CD-ROM-Ausgabe, Bangkok 1988); weitere elektronische Versionen im Internet verfügbar.
  • Mŭl-Schrift (Khmer): Braḥ Traipiṭ, 1931–69, 110 Bde.
  • Nord-Thai-Schrift: Bangkok 1996, 45 Bde.
  • Shan: Vinepitakat Pārācikan; Rankun 1959–89; 35 Bde.
  • Mon: Vinayapiṭ ka Mahavibhanga. s. l. 1973-
  • Jin Tripitaka. (1115–1234) entdeckt 1933 im Kloster Guangsheng (Kreis Hongdong)
  • japanisch: Nanden daizōkyō. Tōkyō 1935–41 (Daizō Shuppan)
Deutsche Übersetzungen
  • Vinaya-Pitaka. Die Sammlung der Vorschriften für die buddhistischen Ordinierten. Vollständige Übersetzung aus dem Pali auf der Grundlage des Textes der Chatta Sangayana Tipitaka 4.0 – Vipassana Research Institute 1995 – übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Santuttho Bhikku (Gesamtausgabe in sechs Bänden), Berlin 2017, ISBN 978-3-00-056266-2
  • In den Worten des Buddha. Eine Anthologie von Lehrreden aus dem Pāli-Kanon. Beyerlein & Steinschulte, Stammbach 2008, ISBN 978-3-931095-78-9.
  • Karl Eugen Neumann (Übers.): Die Reden Gotamo Buddhos. aus der mittleren Sammlung Majjhimanikayo des Pali-Kanons. 3 Bände, R. Piper, München 1922. (Bd.1, Bd.2, Bd.3)
  • Karl Eugen Neumann (Übers.): Die Reden Gotamo Budhos. aus der Sammlung der Bruchstücke Suttanipato des Pali-Kanons. R. Piper, München 1911. (Digitalisat)
  • Reden. Buddha. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-596-90053-4.
Sekundärliteratur zum Pali-Kanon
  • Ludwig Alsdorf: Die Āryā-Strophen des Pali-Kanons, metrisch hergestellt und textgeschichtlich untersucht (= Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1967, Nr. 4).
  • U Ko Lay: Führer zum Tipitaka (2007); Führer zum Palikanon übersetzt von Agganyani und Kurt Jungbehrens. Theravadanetz, 2007.
  • Hellmuth Hecker: Der Pali-Kanon. Ein Wegweiser durch Aufbau und deutsche Übersetzungen der heiligen Schriften des Buddhismus. Selbstverlag, Hamburg 1965.
  • Nyanatiloka: Guide through Abhidhamma-Pitaka. Buddhist Publication Society, Kandy 1983
  • Nyanaponika: Abhidhamma-Studien. Die buddhistische Erforschung des Bewusstseins und der Zeit. ISBN 3-937972-03-X.
  • Nina van Gorkom: Abhidhamma in Daily Life. Triple Gem Press, 1997, ISBN 1-897633-17-3. (Erstausgabe: Dhamma Study Group, Bangkok 1975)
  • Nina van Gorkom: Abhidhamma im Alltag. deutsch von Ursula Rottländer-Tavi.
  • Oskar von Hinüber: Buddhistische Kommentare aus dem alten Indien – die Erklärung des Theravada-Kanons. In: Michael Quisinsky (Hrsg.): Kommentarkulturen: die Auslegung zentraler Texte der Weltreligionen; ein vergleichender Überblick. Böhlau, Köln 2007, S. 99–114 (Digitalisat) (PDF; 1,8 MB)
  • Oskar v. Hinüber: A Handbook of Pali Literature. Munshiram Manoharal Publishers, New Delhi 1996, ISBN 81-215-0778-2.
  • B. C. Law, History of Pali Literature, volume I, Trubner, London 1931
  • Russell Webb (ed.), Analysis of the Pali Canon, The Wheel Publication No 217, Buddhist Publication Society, Kandy, Sri Lanka, 3rd ed. 2008. ISBN 955-24-0048-1. PDF (Memento vom 26. November 2013 im Internet Archive)
  • Moriz Winternitz: Geschichte der Indischen Literatur. Leipzig 1920, Bd. 2: Die buddhistische Litteratur und die heiligen Texte der Jainas. (Digitalisat)

Weblinks