Papaverin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Strukturformel
Allgemeines
Name Papaverin
Andere Namen

1-[(3,4-Dimethoxyphenyl)methyl]-6,7-dimethoxyisochinolin (IUPAC)

Summenformel C20H21NO4
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-397-2
ECHA-InfoCard 100.000.361
PubChem 4680
ChemSpider 4518
DrugBank DB01113
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Spasmolytikum

Eigenschaften
Molare Masse 339,39 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

147–148 °C[1]

pKS-Wert

6,93[2]

Löslichkeit

sehr schlecht in Wasser (35 mg·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[3]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: 264​‐​270​‐​301+312​‐​330​‐​501 [3]
Toxikologische Daten

162 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Papaverin (von lateinisch papaver „Mohn“) ist eine chemische Substanz aus der Gruppe der Isochinolin-Alkaloide und besitzt eine direkte krampflösende Wirkung auf die glatte Muskulatur, ohne gleichzeitig anticholinerg zu wirken.

Vorkommen

Papaverin ist ein im getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Opium) und verwandter Mohnarten wie z. B. des Klatschmohns vorkommender Naturstoff.

Schlafmohn, Papaver somniferum, aus dessen Milch Papaverin isoliert werden kann.

Papaverin ist zu etwa einem Prozent in Rohopium enthalten,[5] weist als Reinstoff jedoch nicht dessen Wirkungsspektrum auf, da Rohopium eine Reihe weiterer potenter Alkaloide enthält, deren Effekte die des Papaverins übertreffen, vor allem die Wirkung des Morphins steht beim Opium im Vordergrund.

Pharmakologische Eigenschaften

Papaverin ist – ähnlich wie auch sein Abkömmling (Derivat) Moxaverin – ein cAMP-Phosphodiesterase-Hemmer. Es wirkt auf zahlreiche Subtypen der Phosphodiesterase-Familie, vornehmlich jedoch auf den Typ 10A.[6] Durch die erschlaffende Wirkung auf die Gefäßmuskulatur kommt es zu einer Gefäßerweiterung (Vasodilatation).[7] In höheren Dosen kann Papaverin zentral erregend wirken.

Verwendung

Papaverin ist in der Herzchirurgie angezeigt zur Verhinderung von Blutgefäßspasmen bei der Gewinnung arterieller Grafts, also Arterien für eine Bypass-Operation.[8] Als Spasmolytikum bei Magen-, Darm-, Gallen- und Harnwegspasmen wurde es inzwischen von anderen Spasmolytika wie z. B. Propiverin, die gleichzeitig eine anticholinerge Wirkung besitzen, abgelöst.

Ferner ist Papaverin zur Behandlung der Erektionsstörung angezeigt. Dazu wird es direkt in den Schwellkörper des Penis injiziert und führt dort zu einer verstärkten arteriellen Durchblutung (sog. SKAT, d. h. Schwellkörper-Autoinjektionstherapie). Die Nebenwirkungen dieser Methode sind zum Teil nicht unerheblich. So werden Priapismus (schmerzhafte Dauererektionen ohne sexuelle Erregung von bis zu 36 Stunden) und Entzündungen des Penis berichtet.

Die Behandlung von peripheren und zerebralen Durchblutungsstörungen mit Papaverin ist umstritten.[9]

Chemie

Die erste Totalsynthese von Papaverin gelang Pictet und Gams im Jahre 1909. Ausgehend von Veratrol und Veratrol-4-carboxaldehyd wird Papaverin in acht Stufen erhalten.[10] Die Strukturaufklärung gelang dem österreichischen Chemiker Guido Goldschmiedt.[5]

Durch Oxidation mit Kaliumpermanganat entsteht Papaveraldin.[11]

Pharmazeutisch verwendet wird das Papaverinhydrochlorid. Eine ähnliche spasmolytische Wirkung zeigt auch Demelverin.

Handelsnamen

Monopräparate
Paveron N (D)

Kombinationspräparate
Androskat (A), Papveron (A), Spasmosol (CH)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Eintrag zu Papaverine in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
  2. Louis Fieser, Mary Fieser: Organische Chemie. 2. Auflage. Verlag Chemie, 1982, ISBN 3-527-25075-1.
  3. a b Eintrag zu CAS-Nr. 58-74-2 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 16. April 2011. (JavaScript erforderlich)
  4. Eintrag zu Papaverine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. a b J. Schmidt: Über die Erforschung der Konstitution und die Versuche zur Synthese wichtiger Pflanzenalkaloide. 1. Auflage. Bibliobazaar, ISBN 1-103-18707-4, S. 111.
  6. JA. Siuciak, DS. Chapin, JF Harms et al.: Inhibition of the striatum-enriched phosphodiesterase PDE10A: a novel approach to the treatment of psychosis. In: Neuropharmacology, 2006, 51, S. 386–396. PMID 16780899.
  7. R. Mannhold: Inhibition of calmodulin dependent c-AMP-phosphodiesterase by moxaverine and papaverine. In: Arzneimittelforschung, Band 38/12, 1988, S. 1806–1808. PMID 2854468.
  8. ABDA-Datenbank (Stand: 5. August 2008) des DIMDI.
  9. Papaverinhydrochlorid. In: K. Hardtke et al. (Hrsg.): Kommentar zum Europäischen Arzneibuch Ph. Eur. 5.0. Loseblattsammlung, 22. Lieferung 2005, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart.
  10. S. V. Bhat, B. A. Nagasampagi, M. Sivakumar: Chemistry of Natural Products. 1. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-540-40669-7, S. 255.
  11. JJ. Schmidt: Über die Erforschung der Konstitution und die Versuche zur Synthese wichtiger Pflanzenalkaloide. 1. Auflage. Bibliobazaar, ISBN 1-103-18707-4, S. 114.