Pinakol-Umlagerung
Die Pinakol-Umlagerung ist eine chemische Reaktion, bei der sich Di-tert-Glycole unter Einwirkung einer Protonensäure zu α-tertiären Ketonen umlagern. Der Name der 1860[1] erstmals beschriebenen Reaktion stammt von dem Trivialnamen des einfachsten derartigen Glycols, dem Pinakol. Die Reaktion wurde 1874 von dem russischen Chemiker Alexander Michailowitsch Butlerow (1828–1886) als Umlagerung des Kohlenstoffgerüsts aufgeklärt.[2]
Die Reaktion besteht aus vier Teilschritten:
- Protonierung einer der beiden Hydroxygruppen
- Abspaltung von Wasser (H2O) und Bildung eines Carbeniumions
- [1,2]-Umlagerung des Carbeniumions
- Deprotonierung
Mechanismus einer symmetrischen Pinakol-Umlagerung
Zuerst wird eine Hydroxygruppe des Pinakols 1 protoniert, dann wird ein Molekül Wasser abgespalten, wobei ein tertiäres Carbenium-Ion 2 entsteht.[3] Dieses lagert sich dann im dritten Schritt über die [1,2]-Verschiebung einer Methyl-Gruppe zum stabileren Carbeniumion (Carboxonium-Ion) um, welches dann durch Deprotonierung zum Keton 3 führt.
Mechanismus einer unsymmetrischen Pinakol-Umlagerung
Bei unsymmetrischen Di-tert-Glycolen erfolgt unter denselben sauren Bedingungen wie oben die Umlagerung immer über das stabilere Carbenium-Ion. Somit wandert die Methyl-Gruppe und nicht der Phenyl-Rest:
Beide intermediäre Verbindungen sind tertiäre Carbenium-Ionen. Das Carbenium-Ion 1 ist jedoch stabiler als das Carbenium-Ion 2, da durch die Benzylstellung eine Mesomeriestabilisierung möglich ist:
Synthese von Spiroverbindungen
Führt man die Pinakol-Kupplung mit einem cyclischen Keton (z. B. Cyclopentanon) 1 durch, so gelingt mittels der Pinakol-Umlagerung die Synthese einer Spiroverbindung 2.[4]
Literatur
- Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen, 2003, 2. Auflage, 602 f.
- Roberts, Frederick H.: The pinacol-pinacolone molecular rearrangement: the rearrangement of pinacol dibromide 1937.
- Stefan F. Kirsch: Lange bekannt – aber erfolgreich: die Pinakolumlagerung, Nachrichten aus der Chemie, 2008, 56, 1228–1231.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ R. Fittig: 41. Ueber einige Derivate des Acetons. In: Annalen der Chemie und Pharmacie. 114, 1860, S. 54–63, doi:10.1002/jlac.18601140107.
- ↑ A. Butlerov, Justus Liebigs Ann. Chem. 1874, 174, 125.
- ↑ Siegfried Hauptmann: Organische Chemie, 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 331, ISBN 3-342-00280-8.
- ↑ Stuart Warren: Designing Organic Syntheses – A programmed introduction to the Synthon Approach. John Wiley & Sons, 2007, ISBN 978-0-471-99612-5, S. 49.