Planetarium Wolfsburg
Das Planetarium Wolfsburg ist ein Planetarium in Wolfsburg, das am 1. Dezember 1983 eröffnet wurde und zu den zehn größten Anlagen seiner Art in Deutschland zählt. In ihm finden unter einer Kuppel mit 15 Metern Durchmesser 140 Besucher Platz.[1] Ein zentraler Projektor wirft neben Sonne, Mond und Planeten über 9000 Sterne unter das Kuppeldach, so dass für den Betrachter der realistische Himmelseindruck einer sternenklaren Nacht entsteht.
Betreiber und Lage
Die Stadt Wolfsburg ist Eigentümerin des Planetariums, das von der Planetarium gGmbH betrieben wird. Es befindet sich im Stadtteil Stadtmitte im Bürgerpark am Fuße des Klieversbergs. Die Kuppelhalle liegt am Uhlandweg 2, an der sogenannten „Kulturmeile“, die vom Scharoun-Theater, dem CongressPark, Kunstmuseum und Alvar-Aalto-Kulturhaus gesäumt wird.
Entstehung
Das Planetarium ist einem 1977 geschlossenen Vertrag der Volkswagen AG mit der DDR zu verdanken. VW lieferte 1978 im Rahmen eines Kompensationsgeschäfts 10.000 VW Golf I[2] und bekam dafür neben Maschinen auch den Planetariumsrohbau und einen Planetariumsprojektor des Unternehmens VEB Carl Zeiss aus Jena[3] im Wert von 1,5 Millionen DM. Das Planetarium schenkte der Automobilkonzern 1978 der Stadt Wolfsburg anlässlich ihres 40. Gründungsjubiläums.
Geplant und errichtet wurde das Planetarium von einem Team von Architekten und Ingenieuren. Ulrich Müther vom VEB Spezialbetonbau aus Binz auf Rügen, ein international anerkannter Spezialist für Schalenbauwerke aus Beton, entwarf die Kuppel aus einem Stabnetzwerk, verblendet mit blau emaillierten Blechen. Reinhard Hesse aus Wolfsburg, Volker Kersten, Erich Martinoff und Hans Struhk aus Braunschweig entwarfen die Innen- und Anbauten. Gertrud Schille aus der DDR vom VEB Carl Zeiss Jena baute das Projektionsgerät ein, das bei Bedarf auch in den Boden versenkt werden kann für andere Veranstaltungen.[4]
Nach der Grundsteinlegung 1981 wurde der Rohbau mit einer äußeren und einer inneren Stabnetzschale, die Projektionskuppel, von Arbeitern aus der DDR erstellt. Die Rundkuppel entstand in einem speziellen Nassspritzverfahren ohne vorherige Einschalung, was zu dieser Zeit in der Bundesrepublik noch Neuland war. Die Einweihung der Anlage erfolgte 1983. Ein am Planetarium geplantes Wasserbecken, in dem sich die Kugel des Planetariums spiegeln sollte, wurde aus Kostengründen bis heute nicht errichtet.
Beschreibung
Der Kuppelraum mit 15 m Durchmesser für die Vorführung des Sternenhimmels bietet 140 Personen Platz. Der Projektor wirft über 9000 Sterne an den Himmel und lässt Sonne, Mond und Planeten kreisen. Dies entspricht dem Blick auf den Sternenhimmel in einer klaren Nacht ohne störenden Lichtsmog.
Der erste Planetariumsprojektor vom Unternehmen Carl Zeiss war das Modell Spacemaster mit einer Mikrorechnersteuerung. Seit seiner Indienststellung 1983 absolvierte er etwa 10.000 Vorführungen mit 650.000 Besuchern. Nach 13 Jahren Laufzeit modernisierte die Stadt Wolfsburg die Vorführeinrichtung. Am 16. Oktober 1996 hatte der Typ Starmaster Premiere in Wolfsburg. Es war das erste Exemplar einer neuen Generation von Carl-Zeiss-Projektoren, ein Mittelplanetarium mit Faseroptik-Projektoren. Außerdem verfügt die Anlage gegenüber dem Vorläufermodell über Video- und Dia-Projektionssysteme sowie Digitalton.
Im Sommer 2008 erhielt der Kuppelraum eine neue Bestuhlung in unidirektionaler Sitzanordnung. Bei dieser Gelegenheit wurde die Ausrichtung nach Süden in der Kuppel aus technischen Gründen gedreht. Das Vorführpult, das in seiner Lage unverändert blieb, befindet sich nun im Osten, statt wie auf der Nordhalbkugel üblich im Norden.
2010 wurde das Planetarium auf die Fulldome-Projektionstechnik umgerüstet und verfügte als erstes Planetarium der Welt über die entsprechende Technik von Carl Zeiss Jena. Die sechs Velvet-Projektoren können digitale Inhalte kuppelfüllend wiedergeben, die sich mit dem weiter eingesetzten Starmaster synchronisieren lassen.[1]
Mit Unterstützung der Wolfsburg AG wurde im Sommer 2012 ein Weltraumlabor im Foyer eingerichtet. Hier können die Besucher an fünf in der Wand montierten Touchscreens und einem großen Touchtisch Informationen über astronomische Themen und das Planetarium abrufen, ein Quiz spielen sowie das Sonnensystem und die Planeten selbstständig erkunden. Konzipiert und gebaut wurde das Weltraumlabor von der Wolfsburger Firma Volke Kommunikationsdesign.
Vorführungen und Programm
Es gibt sieben unterschiedliche Kategorien: Astronomische Programme, KinderKosmos, Live Sternenshows, Live Konzerte & Lesungen, Musikshows, Specials & Hörspiele und wissenschaftliche Vorträge.
In den Astronomischen Programmen werden mit aufwändiger Planetariumstechnik die Sterne tausendfach und naturgetreu abgebildet und erlauben einen Einblick in kosmische Welten. Ausgangspunkt in den meisten Shows ist der Sternenhimmel. Es werden die wichtigsten Sternbilder gezeigt und der aktuelle Sternenhimmel erklärt. Jedes Astronomische Programm hat ein eigenes Schwerpunktthema.
Speziell für die jungen Besucher bieten das Planetarium KinderKosmos-Shows ab vier Jahren an. Sie handeln zum Beispiel vom Regenbogenfisch in seiner Unterwasserwelt, von Lars, dem kleinen Eisbären, der Wale rettet, oder die Kinder reisen virtuell mit der „Papierrakete“ durch das Sonnensystem.
In der Kategorie Live Sternenshows informiert ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Planetariums über Neuigkeiten aus Forschung und Raumfahrt. Zudem wird jeden Monat der Fokus auf einen besonderen astronomischen Schwerpunkt gelegt, dem in der Show rund 10 bis 15 Minuten gewidmet wird.
Im Planetarium Wolfsburg kann man jedes Quartal Musiker, Autoren und Künstler unter dem Sternenhimmel erleben (Kategorie: Live Konzerte & Lesungen).
Die Musikshows sind durch ein besonderes Soundsystem und die Fulldome-Projektion geprägt. Mit Rock- und Popmusik unternimmt man „virtuelle Reisen“.
2018 beginnt die zweite Staffel der „???“ im HO3RRAUM Planetarium. Auch Geschichten wie die des „Kleinen Prinzen“ kann man sich im Planetarium ansehen. Das Märchen für Erwachsene wurde als Eigenproduktion des Planetarium Wolfsburg für die Kuppel umgesetzt.
Jedes Quartal werden wissenschaftliche Vorträge zu unterschiedlichen astronomischen Themen angeboten.
Sonstiges
2016 hatte das Planetarium rund 47.300 Besucher, darunter 9000 Schüler.[5]
Das Planetarium Wolfsburg ist ein Geopunkt des Geoparks Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen und namensgebend für die Landmarke 25 des Geoparks.[6]
Paare können sich im Kuppelsaal des Planetariums trauen lassen.[7]
Siehe auch
Literatur
- Ulrich Müther: Spritzbeton-Kuppel des Planetariums Wolfsburg. In: Beton- und Stahlbetonbau, 1985, Heft 3, S. 57–59, ISSN 0005-9900, doi:10.1002/best.198500100.
- Gertrud Schille: Planetarium in Wolfsburg. In: Architektur der DDR, 1985, Jg. 34, Heft 1, S. 37–40.
- Bernd Loibl: Planetarium Wolfsburg – Tor zu den Sternen. In: Museen und Ausflugsziele im Raum Gifhorn-Wolfsburg. Gifhorn 1989.
- Nicole Froberg, Ulrich Knufinke, Susanne Kreykenboom: Wolfsburg. Der Architekturführer. 1. Auflage 2011. ISBN 978-3-03768-055-1, S. 126f.
- Tanja Seeböck: [Datenblatt 59] Raumflugplanetarium »Spacemaster«, Wolfsburg. In: dies.: Schwünge in Beton. Die Schalenbauten von Ulrich Müther. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2016, ISBN 978-3-944033-02-0, S. 370.
Film
- Schwung statt Platte – Die Hyparschale in Magdeburg. Dokumentarfilm, Deutschland, 2019, 45:12 Min., Buch und Regie: André Strobel, Produktion: MDR, Reihe: Der Osten – Entdecke wo Du lebst, Erstsendung: 7. Mai 2019 bei MDR Fernsehen, Inhaltsangabe von MDR, (Memento vom 1. Mai 2019 im Internet Archive).
Präsentation von mehreren Schalenbauten Müthers, das Wolfsburger Planetarium ist ab 33:38 Min. bis 37:32 Min. zu sehen.
Weblinks
- Internetpräsenz des Planetariums Wolfsburg
- Der Golf verhalf Wolfsburg zum Planetarium. (Memento vom 14. März 2016 im Internet Archive). In: NDR Kultur, 29. November 2013
- Panoramafoto, außen | Luftbild
Einzelnachweise
- ↑ a b Ein starkes Team in Wolfsburg: Opto-mechanischer Starball und digitale VELVET Projektion. (Memento vom 6. März 2016 im Internet Archive). In: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik, Magazin Innovation Spezial Planetarien 9, Juli 2012, (PDF; 1,9 MB), Heft 9, S. 28–29.
- ↑ Ulrike Merkel: Warum einst ein Zeiss-Planetarium für 10.000 Golf eingetauscht wurde. (Memento vom 9. Juli 2019 im Webarchiv archive.today). In: Thüringer Allgemeine, 6. Juni 2019.
- ↑ Wolf-Hendrik Müllenberg: Der Golf verhalf Wolfsburg zum Planetarium. (Memento vom 14. März 2016 im Internet Archive). In: NDR Kultur, 29. November 2013.
- ↑ Seeböck, Schwünge in Beton, 2016, ISBN 978-3-944033-02-0, S. 370.
- ↑ ke: Planetarium: Mehr Besucher, weiter freier Eintritt für Kinder. In: Wolfsburger Allgemeine Zeitung (WAZ), 13. Januar 2017.
- ↑ Geopark Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen, abgerufen am 19. Mai 2021
- ↑ Heiraten unter Sternen. In: planetarium-wolfsburg.de, aufgerufen am 9. Mai 2019.
Koordinaten: 52° 25′ 1″ N, 10° 46′ 54″ O