Polytan
Polytan
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1970 |
Sitz | Burgheim, Deutschland |
Leitung | Geschäftsführung: Friedemann Söll |
Mitarbeiterzahl | 291 |
Website | www.polytan.com |
Stand: 2022 |
Die Polytan GmbH ist ein deutscher Hersteller von Kunstrasensystemen und Sportkunststoffbelägen mit Hauptsitz in Burgheim. Sie ist eine Tochterfirma der Sport Group Holding GmbH.[1]
Geschichte
Gegründet wurde die Firma am 1. Januar 1970[2] unter dem Namen Firl + Schretter Sportstättenbau OHG in Neuburg an der Donau. Die Firma spezialisierte sich auf die Installation von polyurethangebundenen Kunststoffbelägen für den Sportstättenbau. Polytan wurde im selben Jahr als Handelsmarke eingetragen.[3][4]
Wenige Jahre später stieg das Unternehmen in die Produktion von Sportbelägen ein. 1974 stattete es in Wien das erste Stadion mit einem Kunststoffbelag aus. Seit 1995 stellt Polytan Kunstrasensysteme her und erwarb dafür eine Polyurethanproduktionsstätte in Grefrath.[4][5]
Seit 2003 hat Polytan bei Kunstrasensystemen eine vollständig vertikale Produktion. Hierzu wurde am Produktionsstandort in Grefrath eine komplette Beschichtungs- und Extrusionsanlage für Kunstrasen installiert.[4] Ebenfalls 2003 nahm das Unternehmen erstmals als Lizenznehmer am FIFA Quality Programme for Footballturf teil und installierte im selben Jahr das erste von der FIFA zertifizierte Kunstrasenfeld.[6]
In den 2000er-Jahren stattete Polytan weitere Stadien und Arenen mit Kunstrasen und Laufbahnen aus. Darunter sind das Olympiastadion in München zur 18. Leichtathletik-Europameisterschaft (2002)[7][8], das Stadion in La Paz (Bolivien, 2004)[4], die Red Bull Arena in Salzburg (2005),[8][6] das Stadion Wankdorf in Bern (2005)[9] sowie das Stade de la Maladière vom FC Xamax Neuchatel (2005). Bei der Fußball-WM der U17 in Peru stattete Polytan vier von fünf Austragungsstätten aus.[6][10]
Im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 entschied sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) im Rahmen eines Nachwuchsförderungs-Projekts, 1000 Minispielfelder mit Kunstrasen zu bauen. Als Partner suchte der DFB die Polytan GmbH aus. Auch nach Auslaufen des Projekts blieben die Minispielfelder ein wichtiges Geschäftsfeld. Bereits 2007 hatte Polytan über 2000 Anlagen gebaut.[11]
Von 2007 bis 2009 expandierte das Unternehmen und kaufte Produktions- und Installationsunternehmen in Australien, Deutschland, Frankreich, Schweden und den USA auf.[12] Mit dem erworbenen Installationsunternehmen STI (Sports Technology International) wurde Polytan im Markenverbund Polytan/STI 2011 erstmals FIFA Preferred Producer. 2012 folgte dann die Lizenzierung als Preferred Pitch Producer des International Rugby Boards (heute World Rugby) sowie Preferred Supplier der Fédération Internationale de Hockey. Ebenfalls 2012 wurde Polytan Ausstatter der Hockeyanlagen der olympischen Spiele in London.[12]
Im Jahr 2014 erwarb Polytan das Unternehmen Team Sports, einen australischen Anbieter von Sport- und Freizeitanlagen.[13]
2016 stattete Polytan die Hockeyfelder bei den Olympischen Spielen in Rio,[14] 2020 die Olympischen Spiele in Tokio mit Kunstrasen aus.[15] Außerdem erhielt das Unternehmen auch den Auftrag für die nächsten beiden Spiele in Paris (2024) und in Los Angeles (2028).[16]
Produkte
Polytan hat sich auf Laufbahnen, Allwetterplätze, Fallschutzsysteme und Kunstrasensysteme spezialisiert.[17] Das Unternehmen bietet seine Produkte von der Entwicklung bis hin zum Recycling an.[17]
Die Kunstrasensysteme des Unternehmens werden unter den Marken LigaTurf für Fußball, Poligras für Hockey und LigaGrass für gemischte Anwendungen vermarktet. Der Kunstrasen besteht aus einer elastischen Tragschicht oder Elastikschicht, dem Rasenteppich und dem sogenannten Infill. Diese Befüllung des Rasenteppichs kann aus Sand, einem Sand-/Kork-Gemisch und einem Sand-/Granulat-Gemisch bestehen. Das gesamte Kunstrasensystem nennt sich Polytan Anti-Compaction System (ACS).[18]
Im Bereich Laufbahnen ist Polytan vor allem für die Laufbahn Rekortan bekannt.[19] Im Bereich Kunststoffbeläge wird außerdem die Produktmarke PolyPlay angeboten. Sie wird auf Spielplätzen, in Kindergärten, im Schul- oder Breitensport, auf Parcours- oder Calisthenics-Anlagen oder in Minispielfelder und Allwetterplätzen verwendet.[20]
Seit 2007 bietet Polytan ebenfalls komplett ausgestattete Minispielfelder an, die sog. PolyPlay Arena. Dabei sind neben dem Kunstrasen oder Kunststoffboden auch die Tore, Banden und Ballfangnetze enthalten. Die Arena wird auch in einer Version angeboten, die ohne Erdfundamente auskommt und auf bereits vorhandenen Bodenbelägen genutzt werden kann.[21]
Digitale Leistungsdiagnostik vertreibt Polytan unter der Marke Polytan SMART. Das System funktioniert mit einem handelsüblichen Laufgürtel und einer Smartphone-App.[22]
Unternehmensstruktur
Geschäftsführer der Polytan GmbH ist Friedemann Söll (seit 9. November 2021).[23]
Der Hauptsitz von Polytan ist in Burgheim, doch das Unternehmen hat ebenso zwei weitere Standorte in Berlin und Halle. Außerhalb Europas hat Polytan außerdem Niederlassungen in Melbourne (Australien), Hongkong und Wellington (Neuseeland).[17] Die Produktionsstätte der Polytan GmbH ist in Grefrath.
Polytan hat 291 Mitarbeiter (Stand 2021).[2]
Nachhaltigkeit
Seit 2018 fokussiert Polytan sich verstärkt auf das Thema Nachhaltigkeit, zum Beispiel mit einem 2020 eingeführten CO2-neutralen Kunstrasen (LigaTurf Cross GT zero) aus nachwachsenden Rohstoffen und den Einsatz von grünem Strom in der Produktion.[15]
Der biobasierte Kunststoffrasen erfüllt die Anforderungen von Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. So bestehen die Fasern bis zu 70 Prozent aus biobasiertem Kunststoff, der aus brasilianischem Zuckerrohr gewonnen wird.[24] Polytan bezieht sein Material vom brasilianischen Chemieunternehmen Braskem.[25]
Ein weiterer Themenschwerpunkt ist das Recycling. So bietet Polytan seit 2022 das vollständige Recycling von Kunstrasen über seine Schwesterfirma FormaTurf an. Außerdem erweitert die Polytan GmbH mit dem Einsatz von recycelten Kunststoffen im Rasen das Produktangebot.[26]
Seit 2021 arbeitet Polytan innerhalb der Sport Group auch mit dem deutschen multinationalen Chemieunternehmen BASF zusammen. Gemeinsam wird das Fallschutzsystem Infinergy entwickelt und vermarktet.[27]
Kritik
2019 geriet der Kunstrasenplatz in Deutschland in eine Diskussion über Mikroplastik[28][29], weil eine Fraunhofer-Studie zum Thema Mikroplastik[30] auf die Gefahren des Gummigranulats hinwies, das von den Plätzen abgetragen und in die Umwelt gelangen könnte. Andere Institute wie die Gütegemeinschaft RAL und die DIN kommen etwas auf ein Zehntel des von Fraunhofer veröffentlichen Wertes. Das Gummigranulat, das als Infill auf dem Platz ausgebracht wird, verbessert die Spieleigenschaften und schützt durch seine Elastizität den Sportler vor Verletzungen. Es fällt wegen seiner Größe von drei bis fünf Millimeter formell unter Mikroplastik, obwohl es in seiner modernen Form zu 70 Prozent aus Naturstoffen und zu 30 Prozent aus synthetischem Kautschuk besteht.[31]
Im Moment untersucht die Europäische Chemie-Agentur (ECHA) die Auswirkungen des Ausbringen von Mikroplastik auf die Umwelt.[32] Vermutlich 2022 wird die EU-Kommission über ein mögliches Verbot des künstlichen Ausbringen von Mikroplastik entscheiden. Davon betroffen wären auch zahlreiche andere Industriebereiche wie Kosmetik, Landwirtschaft oder Bau.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ FIH fördert "grüne" Rasentechnologie für die Olympischen Spiele 2020. In: ots news schweiz. 24. Januar 2019.
- ↑ a b POLYTAN GmbH. In: Creditreform Wirtschaftsauskunft. 14.03.2022.
- ↑ Hofer, Joachim: Sport Group liefert Olympia-Kunstrasen. In: Handelsblatt online. 07.08.2016.
- ↑ a b c d Historie. In: Polytan. Abgerufen am 11. März 2022 (deutsch).
- ↑ Ulrike Gerards: Grefrath: Sportbeläge werden „grüner“. 22. Oktober 2019, abgerufen am 11. März 2022.
- ↑ a b c Kunz, Ruedi: Werben für Kunstrasen. In: Der Bund, S. 23. 25. April 2006.
- ↑ ARD und ZDF sind live dabei. In: Vorarlberger Nachrichten, Nr. 180. 5. August 2002.
- ↑ a b Kunz, Rüdi: Reisende in Sachen Kunstrasen. In: Der Bund, S. 19. 11. Oktober 2005.
- ↑ Kunz, Ruedi: YB kickt bald auf Kunstrasen. In: Der Bund, S. 22. 28. März 2006.
- ↑ Firma Polytan. In: Sächsische Zeitung, S. 20. 1. August 2008.
- ↑ Wentingmann-Kovarik, Silke: DFB-Minispielfeld für Hosena. In: Lausitzer Rundschau. 19. Dezember 2007.
- ↑ a b Internationale Laufbahnprofis. In: Döbelner Allgemeine Zeitung, S. 13. 16. Juli 2020.
- ↑ Sport Group strengthens global Polytan roll-out with Team Sports acquisition. In: ESTC - EMEA Synthetic Turf Council. 12. August 2014, abgerufen am 12. März 2022 (britisches Englisch).
- ↑ Hofer, Joachim: Sport Group liefert Olympia-Kunstrasen: Der Siegeszug der Plastikhalme. In: Handelsblatt. 7. August 2016, abgerufen am 27. März 2022.
- ↑ a b Seidel, Jennifer: "Überwältigt" in Tokio. In: Kölnische Rundschau, S. 18. 24.07.2021.
- ↑ Polytan’s Australian-made climate positive hockey turf delivers at the Olympics. 25. August 2021, abgerufen am 12. März 2022 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b c Das Unternehmen. In: Polytan. Abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ Kunstrasen Archives. In: Polytan. Abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ Rekortan Archives. In: Polytan. Abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ PolyPlay Archives. In: Polytan. Abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ Minispielfelder und Soccer Courts. In: Polytan. Abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ Polytan SMART. In: Polytan. Abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ POLYTAN GmbH, Burgheim. In: northdata.de. Abgerufen am 11. März 2022.
- ↑ Träupmann, Susanne: Kunstrasen aus brasilianischem Zuckerrohr. In: Bonner General-Anzeiger, Nr. 39772, Rhein-Sieg-Zeitung Voreifel,. S. 26. 14.08.2020.
- ↑ Kunststoff-Rasen wird grüner. In: EU-Recycling Magazin 03/2022. 3. März 2022, abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ FormaTurf: Kunstrasen-Recycling auf dem nächsten Level. In: Polytan. 2. November 2021, abgerufen am 12. März 2022 (deutsch).
- ↑ Sport Group and BASF partner to deliver sustainable sports flooring. In: Real Estate Monitor Worldwide. 01.11.2021.
- ↑ Heidenreich, Anna: Kunstrasenplätze in Gefahr? In: Mittelbayrische Zeitung. 24.07.2019.
- ↑ Höpner, Axel: Granulat: Streit um Mikroplastik: Kunstrasenbauer fürchten um ihren Ruf. In: Handelsblatt online. 20.04.2019.
- ↑ Bertling Jürgen, Bertling Ralf und Hamann Leandra: Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik: Ursachen, Mengen, Wirkungen, Lösungsansätze, Empfehlungen. Hrsg.: Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik UMSICHT. Oberhausen 21. Juni 2008.
- ↑ Stellungnahme RAL Gütegemeinschaft Mikroplastik in Kunstrasen. 29. Juni 2019, abgerufen am 10. Juni 2020 (deutsch).
- ↑ Microplastics - ECHA. Abgerufen am 12. März 2022 (britisches Englisch).