Rasterbrille

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Eine Rasterbrille in zugeklapptem Zustand
Die Wirkung von Rasterbrillen, approximiert von einer Kamera:
Eye chart in focus.jpg
Eine Sehtafel in scharfem Fokus, wie man sie unter normaler Sicht sähe.
Blurry eye chart.jpg
Eine verschwommene Sehtafel, wie man sie bspw. mit einem Refraktionsfehler sehen wurde.
Eye chart through pinhole glasses.jpg
Rasterbrille, die das Prinzip der „stenopäischen Lücke“ veranschaulicht.

Bei einer Rasterbrille (auch: Lochbrille oder Gitterbrille) werden keine optisch wirksamen Gläser, sondern schwarze Plastikscheiben verwendet, die in Form eines Gittermusters („Raster“) mit winzigen Löchern durchbohrt sind. Sie besitzt keine korrigierende refraktive Wirkung, jedoch kann sich durch die Begrenzung des Lichteinfalls nach dem Prinzip der stenopäischen Lücke ähnlich der Wirkung einer engen Lochblende in manchen Fällen ein schärferes Bild ergeben. Diese Sehschärfenverbesserung hat jedoch allenfalls diagnostischen oder experimentellen Charakter und ist im täglichen Leben mehr oder weniger ohne praktischen Nutzen, unbenommen des möglichen subjektiven Eindruckes jedes Einzelnen.

Arten der Rasterbrillen

Es werden folgende Typen von Rasterbrillen angeboten:

  • mit ganzflächigem Raster (durchgehende Löcher),
  • mit quadratischem Raster (quadratische Ausstanzungen),
  • mit pyramidalem Raster (in gewölbten Scheiben pyramidenförmig angeordnete Löcher)
  • mit „bifokalem“ Raster (verschiedenen Lochgrößen).

Nutzen und Wirksamkeit

Die Hersteller und Befürworter von Rasterbrillen schreiben ihnen folgenden Nutzen zu, der durch ihr Tragen entstehen soll:[1][2]

Kritik

Bisher wurde kein wissenschaftlicher Nachweis darüber erbracht, dass sich das Tragen einer Rasterbrille auf das objektive Ausmaß einer Ametropie, also die Stärke von Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit, positiv auswirkt.

Beim Blick durch die kleinen Öffnungen kann sich in manchen Fällen die Schärfe des gesehenen Bildes erhöhen. Dieses Phänomen beruht auf dem Prinzip der stenopäischen Lücke und entsteht durch die Ausschaltung störender Randstrahlen (sphärische Aberration). Ein Effekt ist die Erhöhung der Schärfentiefe, vergleichbar mit der Wirkung einer Lochblende bei einer Kamera, den man sich in der ophthalmologischen Diagnostik zunutze macht. Insgesamt ist jedoch die so erzielte, temporäre Verbesserung der Sehschärfe im täglichen Leben mit sehr wenig praktischem Nutzen verbunden, besteht doch eine große Einschränkung des Gesichtsfeldes, die mit deutlichen Defiziten hinsichtlich einer sicheren Orientierung im Außenraum einhergeht.[3] Sowohl Kritiker als auch Hersteller und Vertreiber selbst raten deshalb strikt davon ab, Rasterbrillen bei Tätigkeiten zu tragen, für die eine reaktionsschnelle und hochwertige visuelle Wahrnehmung benötigt wird, z. B. beim Autofahren oder der Handhabung von Maschinen.

Die Augenmuskeln sind die bei Weitem aktivste Muskelgruppe im menschlichen Körper. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sie permanent kleinste Bewegungen (Sakkaden) ausführen müssen, um dem Phänomen der Lokaladaption entgegenzuwirken. Dies geschieht mit einer durchschnittlichen Frequenz von ein bis drei Bewegungen pro Sekunde. Eine durch ein Lochraster erzwungene, sakkadenförmige Bewegung zum „Trainieren“ der Augenmuskulatur erscheint schon deshalb vollkommen überflüssig. Ein Nachweis einer positiven Wirkung auf die Leistungsfähigkeit des Bewegungsapparates ist zudem bislang nicht erbracht worden.

Eine therapeutische Auswirkung auf andere Augenkrankheiten wurde bisher ebenfalls nicht nachgewiesen. Der seitens der Hersteller angeführte Vorteil der Durchlässigkeit von UV-Licht wird von Kritikern gerade als Nachteil beschrieben, da jegliches UV-Licht schädlich für die Augen ist. Normale Sonnenbrillen schützen deshalb nahezu vollständig gegen UV-Strahlung.[4] Ein weiterer Nachteil der Rasterbrillen liegt in der massiven Einschränkung des Gesichtsfeldes, sowie der Herabsetzung der Helligkeit und daraus folgend des Kontrasts.

Risiken

Die Inaussichtstellung eines wirksamen therapeutischen Einflusses auf ernste Augenerkrankungen ist als grob fahrlässig zu bewerten und birgt das Risiko langfristiger Schäden, zum Beispiel durch die Verzögerung einer notwendigen Behandlung bei Grauem oder Grünem Star. Augenärzte raten deshalb dringend vom Tragen einer Rasterbrille ab, da ein dauerhafter Nutzen nicht erkennbar ist, Schädigungen offenbar jedoch sehr wohl möglich sind.[3]

Der Aufbau einer Rasterbrille birgt das Risiko zur Dekompensation eines latenten Schielens in sich, da durch die sehr kleinen Löcher die sogenannte Fusion erschwert und beeinträchtigt wird, die zur Aufrechterhaltung des binokularen Einfachsehens notwendig ist. Dies kann bei latent schielenden Personen zu manifestem Schielen mit Wahrnehmung von Doppelbildern führen.[3]

Quellen

  • Zeitungsbericht in der Zeitschrift „Stern“ 13/2000, S. 136.

Einzelnachweise

  1. Hätscher-Rosenbauer, W: Rasterbrille. 2003, ISBN 978-3000111525
  2. Die Rasterbrille – Prinzipien und Effekte
  3. a b c Rasterbrillen – Training oder Täuschung? (Memento vom 19. November 2009 im Internet Archive) Protokoll der Pressekonferenz der 38. Wiesbadener Tagung des Bundesverband der Augenärzte, 19. November 1998.
  4. S. Wittenberg: Pinhole eyewear systems: a special report. In: Journal of the American Optometric Association. Bd. 64, Nr. 2, February 1993, ISSN 0003-0244, S. 112–116, PMID 8436795.