Regenwasserversickerung

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Mulden-Rigolensystem zur Versickerung in der EXPO-Siedlung am Kronsberg in Hannover
Regenwassersickerbecken

Versickerung bezeichnet in der Wassertechnik das Einbringen von Niederschlagswasser (Regen, Hagel, Schnee) über technische Versickerungsanlagen in den Untergrund. Hierbei kann das Sickerwasser auch belastet sein.

Die Einbringung von belastetem Niederschlagswasser kann auch als Verrieselung bezeichnet werden. Das Versickern von belastetem, zu behandelndem Wasser (meist vorbehandeltes Schmutzwasser) in den Untergrund erfolgt nach einer entsprechenden Reinigung in einer Rieselstrecke (Sickerstrecke).

Die natürliche Versickerung von Niederschlagswasser heißt Infiltration. Wenn Flusswasser besonders schnell versickert, wird dies auch Versinkung genannt.

Beschreibung

Die Versickerung wird insbesondere zur Ableitung von Oberflächenwasser aus Siedlungsräumen und Verkehrsflächen verwendet, wenn keine geeignete Kanalisation oder Vorfluter vorhanden sind. In der Entsorgungstechnik wird dieses Verfahren auch deshalb eingesetzt, um einer Verminderung der Grundwasserneubildung durch die Flächenversiegelungen entgegenzuwirken und dem natürlichen Wasserkreislauf nahezukommen.

Schon bevor der Niederschlag auf die Dach-/Erdoberfläche trifft, reichert er sich durch Feinstpartikel und Aerosole aus der Atmosphäre mit Stoffen an. Weiterhin können Niederschläge durch Abschwemmungen von belasteten Oberflächen (wie z. B. Radabrieb, Bremsstaub und Leckverluste auf Straßen sowie Ionen von Metalldächern) Schadstoffe mitführen. Vor der Versickerung ist das Wasser daher gegebenenfalls vorzureinigen bzw. die Versickerung durch eine bakterienreiche Humusschicht (belebte Bodenzone unter einer Grasnarbe) zu leiten. Im Boden dürfen sich keine Altlasten befinden. Die Anforderungen sind im Merkblatt DWA-M 153 (Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser) beschrieben. Dabei unterscheidet man zwischen Filteranlagen, Sedimentationsanlagen, Bodenpassage und chemisch-physikalischen Verfahren. Grundsätzlich sind immer kleinere dezentrale Versickerungsanlagen mit Oberbodenpassage allen anderen vorzuziehen.[1]

Versickerungsanlagen

In Deutschland sind die Anforderungen an Versickerungsanlagen (für Niederschlagswasser) im DWA-Arbeitsblatt-A 138 Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) festgelegt. (ISBN 3-937758-66-6 Stand April 2005).

Das Arbeitsblatt A 138 unterscheidet

  • Flächen-Versickerung
  • Mulden-Versickerung
  • Mulden-Rigolen-Versickerung
  • Rigolen-Versickerung
  • Mulden-Rigolen-System (Mulde mit Notüberlauf in die Rigole)
  • Rohr-Rigolen-Versickerung
  • Schacht-Versickerung (z. B. per Sickergrube)
  • Becken-Versickerung

Weiterhin kann der Uferbereich einer Teichanlage zur Versickerung genutzt werden. Bei der Auslegung der Anlagen ist zu beachten, dass der Anfall des Niederschlagswassers diskontinuierlich ist und daher auch Speichereinrichtungen sinnvoll sein können, um mit kleinen Versickerungsflächen auszukommen. Je nach Bodendurchlässigkeit muss mit 8 bis 20 % Flächenbedarf für die Mulde im Verhältnis zur angeschlossenen Fläche gerechnet werden. Der maximale Wasserspiegel in einer nicht eingezäunten Mulde sollte 30 cm nicht überschreiten.

Die Versickerung kann auch bei der künstlichen Anreicherung des Grundwassers zur Nutz- und Trinkwassergewinnung angewandt werden.

In Nordrhein-Westfalen und einigen, vor allem ländlichen Gegenden ist es gesetzlich vorgeschrieben, anfallendes Regenwasser auf dem eigenen Grundstück versickern zu lassen. Einerseits soll dadurch der Grundwasserhaushalt erhalten und die Kanalisation bei Regenereignissen entlastet werden. Weiterhin treten bei Starkregen geringere Über- und Rückstauerscheinungen auf.

Auch in den österreichischen Bauordnungen ist großteils vorgesehen, das Regenwasser am eigenen Grundstück versickern zu lassen, um die Schmutzwasserkläranlagen nicht unnötig zu belasten.

Errichtung

Vor dem Bau einer Versickerungsanlage sollte der anstehende Boden auf seine Versickerungsfähigkeit (kf- bzw. Durchlässigkeitsbeiwert) untersucht werden. Sand und Kies sind sehr wasserdurchlässig, Schluff und Ton stauend bzw. abdichtend. Vor dem Bau einer Versickerungsanlage muss ferner die Höhe des Grundwassers bekannt sein, da eine Versickerungsstrecke von mindestens 1 m bis zum höchsten Grundwasserspiegel gewährleistet sein muss.

Meistens sind Versickerungsanlagen wie Mulde und Mulde-Rigole auf privaten Wohngrundstücken genehmigungsfrei. In einigen Bundesländern ist eine Genehmigungsfreiheit dann gegeben, wenn eine Wassermenge von 8 m³ pro Tag nicht überschritten und die Versickerung über die belebte Bodenzone (Grasnarbe und Mutterboden von mindestens 10 cm) erfolgt. Für Versickerungsanlagen auf gewerblich genutzten Grundstücken und im öffentlichen Raum ist eine wasserrechtliche Erlaubnis der Unteren Wasserbehörde erforderlich.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Info-Broschuüre Abwasserwerk Coesfeld (Memento des Originals vom 6. November 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.abwasserwerk-coesfeld.de, Seite 4