Reinhard Klemm

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Reinhard „Ringo“ Klemm (* 1946 in Sachsen; † 1. Dezember 2021 an der Ostsee) war ein deutscher Zuhälter. Er war in den 1970er- und 1980er-Jahren einer der Paten der Reeperbahn von Hamburg-St. Pauli und speziell um den Hans-Albers-Platz tätig. Er galt als der Chef der Chikago-Bande. Mit seiner Körpergröße von 1,67 Metern war er den meisten Zuhältern an Kraft, Masse und körperlicher Ausstrahlung unterlegen, wurde aber dennoch der „Pate vom Hans-Albers-Platz“[1] und der „heimliche Pate der südlichen Reeperbahnseite“[2] genannt.

Werdegang

Klemm kam Ende der 1960er-Jahre nach Hamburg und arbeitete dort zuerst im Hafen als Seemann und Fischer. Er war Betreiber der Musikkneipe Chikago am Hans-Albers-Platz,[3] die Zentrum und Namensgeber der Chikagobande wurde.[4]

In den 1970er Jahren soll Klemm zusammen mit „Stotter-Harry“, „Dakota-Uwe“ (Uwe Carstens, die rechte Hand vom Rotlicht-Paten Wilfrid „Frieda“ Schulz) und „Tabak-Ilja“ in der Friedrichstraße den italienischen Gangster Sergio di Cola[5] erschlagen haben, nachdem dieser ihnen mehrere Mädchen abgeworben hatte. Eine Straftat, die ihm allerdings nie nachgewiesen werden konnte.

1986 geriet Klemm in die Ermittlungen um Auftragsmörder „Mucki“ Pinzner.[6] Ihm wurde von der Staatsanwaltschaft Anstiftung zum Mord vorgeworfen. Am 11. Dezember 1986 stürmte ein Mobiles Einsatzkommando der Polizei das Chikago. Klemm, der zuvor wochenlang von der Polizei beschattet worden war, trafen die Beamten nicht an, er war über die Dächer geflohen[7] und setzte sich später nach Costa Rica ab. Das mittelamerikanische Land war bereits seit einiger Zeit zum Rückzugsort deutscher Zuhälter geworden. Einer von ihnen war Günter Stumme,[8] der Besitzer der Sudfass-Bordelle in Hamburg und Lübeck, der später auch zum engeren Kreis um „Ringo“ Klemm gehörte. In Costa Rica tätigte Klemm mehrere Investitionen in Bananenplantagen, baute außerdem seine Drogengeschäfte aus und betrieb mit seinen Partnern eine Bordellkette, die von den BKA-Ermittlern Schweinefarm[8] genannt wurde. Klemm wurden in dieser Zeit Kontakte zum kolumbianischen Drogenbaron Carlos Lehder unterstellt, die von der Polizei nicht nachgewiesen werden konnten.

Klemm wurde schließlich ausgeliefert und in Hamburg vor ein Gericht gestellt.[9][10] Im Oktober 1989 wurde er vom Hamburger Landgericht zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Die ebenfalls angeklagten Karl-Heinz Schwensen und Holger Sass erhielten Freiheitsstrafen von drei Jahren und drei Monaten.[11] Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die drei Männer die Waffe beschafft hatten,[12] mit der Pinzner Ende Juli 1986 den zwei Menschen und sich selbst erschoss. Das Gericht erachtete Klemm „als treibende Kraft“ hinter der Waffenbeschaffung. Ihm wurde der sechsmonatige Freiheitsentzug in Costa Rica wegen der dort herrschenden harten Haftbedingungen als ein Jahr angerechnet. Des Weiteren wurde ihm die Untersuchungshaft angerechnet. Das Gericht verschonte die drei Angeklagten bereits im Juli 1989 von der Haft, so dass die nach der Urteilsverkündung auf freiem Fuß blieben.[13] Nach kurzer Haftstrafe eröffnete er das Chikago wieder neu und traf sich in der Szenekneipe mit Prominenten wie Nina Hagen, Udo Lindenberg oder Jörg Immendorff, der gleich gegenüber das La Paloma eröffnete.[14]

In der Folgezeit fiel Klemm immer wieder durch Straftaten auf und wanderte nach seiner letzten Haftstrafe auf die spanische Insel Ibiza aus, wo er ebenfalls ein Club-Lokal eröffnete und betrieb. Der Jazz-Sänger und Komponist Hendrik Schwolow widmete Ringo Klemm den Song Bös', Bös', Ringo Klemm, den er im Hamburger Jazzlokal Cotton Club aufführte.

Reinhard Klemm lebte zuletzt als Rentner an der Ostsee.[15]

Einzelnachweise

  1. Hamburgs Milieu-Größen. Sie lebten in Saus und Braus - und dann war die Kohle futsch. Hamburger Morgenpost. 5. Juni 2017
  2. Drei Männer, denen die Groß-Razzia galt. In: Hamburger Abendblatt. 13. Dezember 1986, abgerufen am 19. September 2022.
  3. Thomas Rotermund: st.pauli -legenden. In: http://www.trotermund.de. Abgerufen am 10. Mai 2020.
  4. Thomas Hirschbiegel: „Paten von St. Pauli“: Wie der letzte deutsche Kiez-Pate der Polizei entkam. In: Hamburger Morgenpost. 27. April 2020, abgerufen am 10. Mai 2020.
  5. Waldemar Paulsen und Harald Stutte: Meine Davidwache: Geschichten vom Kiez. Rowohlt Taschenbuch. 2012. ISBN 978-349962839-9.
  6. Flucht über die Dächer von St. Pauli. In: Hamburger Abendblatt. 13. Dezember 1986, abgerufen am 19. September 2022.
  7. a b Sex-Geschäfte auf der Schweinefarm. Costa Rica - Fluchtpunkt für Killer Pinzners Kumpane aus St. Pauli Deutsche Bordellbosse haben sich im mittelamerikanischen Costa Rica einen zweiten Markt geschaffen, mit Sexklubs und Rauschgiftgeschäften. Dort wurde jetzt der weltweit gesuchte „Ringo“ Klemm aus Hamburgs St.-Pauli-Milieu verhaftet. Er soll der Drahtzieher in der Affäre um den Killer Werner Pinzner gewesen sein. Der Spiegel. 22. Juni 1987
  8. Thomas Hirschbiegel: Polizeireporter: 42 Jahre lang Gangsterjagd für die MOPO. In: Hamburger Morgenpost. 19. September 2019, abgerufen am 10. Mai 2020.
  9. Das Urteil im St.-Pauli-Prozeß. In: Hamburger Abendblatt. 25. Oktober 1989, abgerufen am 19. September 2022.
  10. Das Urteil. In: Hamburger Abendblatt. 25. Oktober 1989, abgerufen am 19. September 2022.
  11. Kiez-Institution dicht - Besitzer Jörg Immendorff wurde angeblich die Miete zu teuer : La Paloma -oh, je! In: Hamburger Morgenpost. 20. Januar 1997, abgerufen am 10. Mai 2020.
  12. Ringo Klemm ist Tot. In: Celebz Circle. 13. April 2022, abgerufen am 27. April 2022.