Relator

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Die Bezeichnung Relator wird in der Sprachwissenschaft in verschiedenen Bedeutungen verwendet, um Ausdrücke zusammenzufassen, die eine Relation bezeichnen, also ein Verhältnis zwischen zwei Sachen ausdrücken. Die Bezeichnung Relator kommt in einem weiten Sinn vor, in dem sie jede Art von relationaler Bedeutung umfasst, aber auch in einem engeren Sinn, in dem dann nur Funktionswörter mit verknüpfender Funktion gemeint sind (vor allem Konjunktionen und Präpositionen).

Relator im weiten Sinn

Unter dem Aspekt, dass Ausdrücke Relationen bezeichnen, lassen sich Gemeinsamkeiten sehr unterschiedlicher Wortarten aufweisen. Zum Beispiel[1] kann die Bedeutung des Verbs „schreiben“ als eine Relation zwischen Subjekt und Objekt (bzw. dem was diese bezeichnen) beschrieben werden:

Herr Schneider schreibt einen Leserbrief
Relation: schreiben (x, y)
x ist „Schreiber“, y das „Geschriebene“

In paralleler Weise wird durch die unterordnende Konjunktion „weil“ eine Relation zwischen zwei Sätzen (Propositionen, hier symbolisiert als p und q) ausgedrückt:

Weil er sich über einen Artikel geärgert hat (=p), schreibt er einen Leserbrief (=q)
Relation: weil (p, q)
p ist „Ursache / Auslöser“, q ist die „Folge“. 

In dieser Verwendung ist „Relator“ also ein Begriff, der über Inhaltswörter und Funktionswörter verallgemeinert.

Statt des Verbs können auch die oben angedeuteten semantischen Rollen „Schreiber“ (bzw. verallgemeinert: „Agens“) und „Geschriebenes“ (verallgemeinert: „Thema“) als die eigentlichen Relatoren beschrieben werden; sie würden dann eine Relation zwischen dem Individuum und dem Ereignis ausdrücken (in der Darstellung einer Ereignissemantik). Die Relation „Agens“ besagt dann: „x ist das Agens von e (dem Schreib-Ereignis)“.[2]

In der letzteren Version ist der Relator Teil der Analyse gewesen, nicht Teil des Satzes. Diese Version führt aber auf Ausdrücke, die gleichartige Relationen im Satz sichtbar machen, etwa Orts-Präpositionen:[3]

Gustav sitzt im Glashaus
• Verb als Relator: sitzen-in (Gustav, Glashaus)
• Präposition „in“ als Relator: ORT(sitzen, Glashaus)

In dieser weiten Version des Begriffes wird die Präposition also „Relator“ genannt, weil sie genauso wie Inhaltswörter (etwa Verben) eine Relation bezeichnet.[4] Das Gegenteil von Relator ist dann ein Wort, das logisch einstellig ist, also absolute oder, bei Substantiven, sortale Begriffe.

Relator im engeren Sinn

Manche Autoren benutzen „Relator“ in einem engeren Sinn. Lehmann & Stolz schreiben beispielsweise:[5]

„Ein Relator ist ein Zeichen, das zwei Leerstellen hat. Freilich wird man nicht alle bivalenten Zeichen, z.B. die transitiven Verben, Relatoren nennen. Hinzukommen muß noch der funktionale Gesichtspunkt, daß die Eigenbedeutung eines solchen Elements hinter seinem relationalen Potential zurücktritt bzw., anders ausgedrückt, daß es ein grammatisches Element ist.“

Auch innerhalb dieser engeren Lesart gibt es noch uneinheitliche Verwendungen der Bezeichnung, etwa darin ob insgesamt die Wortarten Präposition und Konjunktion zusammengefasst werden sollen, oder ob nur asymmetrische Relationen gemeint sein sollen (so Lehmann & Stolz, die Relatoren von symmetrischen „Konnektoren“ wie und abgrenzen), oder nur Wörter, die sich weder eindeutig als Präpositionen noch Konjunktionen einordnen lassen etc.

Einzelnachweise

  1. Beispieldiskussion nach: Eva Breindl: Das Zusammenspiel von syntaktischer und semantischer Struktur in Konnektorkonstruktionen. = Kapitel A2 in: Eva Breindl, Anna Volodina, Ulrich Herman Waßner: Handbuch der deutschen Konnektoren. Semantik der deutschen Satzverknüpfer. Walter de Gruyter, Berlin 2014. Band 2, Teilband 1, S. 53ff.
  2. In dieser Version wird Relator verwendet in: Ulrich Engel: Semantische Relatoren. In: Nico Weber (ed.): Semantik, Lexikographie und Computeranwendungen. Niemeyer, Tübingen 1996 (= Sprache und Information, Bd. 33). S. 223–236. Online
  3. Beispiel nach Engel 1996, S. 227
  4. Diese Bedeutung von Relator ausdrücklich auch in: Gisela Zifonun, Ludger Hofmann, Bruno Strecker: Grammatik der deutschen Sprache. Walter de Gruyter, Berlin & New York 1997. S. 2110 (= Band 3, Kap. G2 Präpositionen und Präpositionalphrasen): „Präpositionen bezeichnen Relatoren, also (in der Regel zweistellige) Prädikate.“
  5. Christian Lehmann, Christel Stolz: Bildung von Adpositionen im Deutschen. Arbeitspapiere des Seminars für Sprachwissenschaft der Universität Erfurt, 1992. ISSN 1612-0612. Online.