Die Faktorgruppe oder Quotientengruppe ist eine Gruppe, die mittels einer Standardkonstruktion aus einer gegebenen Gruppe unter Zuhilfenahme eines Normalteilers gebildet wird. Sie wird mit bezeichnet und ist die Menge der Nebenklassen.
Konstruktion
Die Elemente von sind die Nebenklassen bezüglich , also
- .
Die innere Verknüpfung wird definiert als
- .
Man kann mit Hilfe der Normalteilereigenschaft von zeigen, dass diese Verknüpfung wohldefiniert ist und dass eine Gruppe ist. Diese Gruppe heißt Faktorgruppe von nach . Das neutrale Element von ist und das zu inverse Element ist durch gegeben.
Das Produkt stimmt mit dem Komplexprodukt überein. Umgekehrt kann man zeigen, dass eine Untergruppe einer Gruppe ein Normalteiler ist, wenn für alle die Gleichheit gilt.
In abelschen Gruppen ist jede Untergruppe Normalteiler. Somit lässt sich dort nach jeder Untergruppe die Faktorgruppe bilden, welche dann wiederum abelsch ist.
Die Ordnung der Faktorgruppe ist gerade die Anzahl der Nebenklassen von . Diese Anzahl wird Index von in genannt und mit bezeichnet. Ist eine endliche Gruppe, so gilt nach dem Satz von Lagrange .
Beispiele
Jede Gruppe
Jede Gruppe kann als Faktorgruppe aufgefasst werden, denn für jede Gruppe ist ein Normalteiler und es gilt .
Beispiel ℤ6
Sei die Gruppe der ganzen Zahlen mit der Addition als Gruppenoperation und sei die Untergruppe von , die aus allen Vielfachen von 6 besteht. Die Gruppe ist abelsch und somit ist jede Untergruppe ein Normalteiler. Die Faktorgruppe besteht nun als Restklassengruppe aus allen Nebenklassen der Untergruppe , diese sind:
Dies sind alle Nebenklassen von , wie man leicht sehen kann, da sie die Gruppe partitionieren und , , und so weiter. Da die Operation in die Addition ist, nennt man die Addition der Nebenklassen auch Addition und es gilt beispielsweise .
Schreibt man abkürzend
- , , , , , ,
so besteht aus den 6 Elementen und ergibt sich folgende Verknüpfungstabelle für die Faktorgruppe
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Damit hat man ein Verfahren, mit dem man Untergruppen wie konstruieren kann.
Restklassengruppe der additiven Gruppe der ganzen Zahlen
Das vorhergehende Beispiel lässt sich verallgemeinern: Für jedes ist eine Untergruppe der abelschen Gruppe , also insbesondere ein Normalteiler. Die Faktorgruppe wird Restklassengruppe modulo genannt und kurz mit bezeichnet. Sie hat genau Elemente.
Ihre Elemente werden als
geschrieben und heißen Kongruenzklassen bezüglich der Addition modulo . Es ist also
- .
Die innere Verknüpfung von wird üblicherweise wieder mit bezeichnet. In gilt beispielsweise
- ,
da , also .
Faktorgruppe nach Kernen von Homomorphismen
Seien und zwei Gruppen und ein Gruppenhomomorphismus. Dann ist der Kern von ein Normalteiler von und daher kann die Faktorgruppe gebildet werden. Nach dem Homomorphiesatz für Gruppen ist diese Faktorgruppe isomorph zum Bild von , das eine Untergruppe von ist.
Universelle Eigenschaft der Faktorgruppe
Ist ein Normalteiler von , dann ist die Abbildung mit mit Kern ein Epimorphismus, also ein surjektiver Homomorphismus. Die universelle Eigenschaft besagt nun, dass zu jedem Gruppenhomomorphismus mit genau ein Gruppenhomomorphismus mit existiert.
Beispiel: Sei die natürliche Projektion der ganzen Zahlen auf die Restklassengruppe modulo 6. Sei Gruppenhomomorphismus.
Dann liegt im Kern von und ergibt sich zu:
.
Konstruktion von Gruppen
Durch den Übergang zur Faktorgruppe erreicht man, dass sämtliche Elemente des Normalteilers auf das neutrale Element abgebildet werden. Dadurch kann man das Bestehen gewisser Identitäten erzwingen.
Kommutatorgruppe
Die von allen Kommutatoren erzeugte Gruppe ist ein Normalteiler der Gruppe . In der Faktorgruppe werden daher alle Kommutatoren trivial, das heißt die Faktorgruppe ist abelsch. Man nennt dies die Abelisierung der Gruppe.
Relationen
Allgemeiner kann man das Bestehen beliebiger Gleichungen (Relationen) in einer Gruppe erzwingen. Kommen in den gewünschten Gleichungen Elemente vor, so betrachte in der freien Gruppe über Elementen den kleinsten Normalteiler , der alle Ausdrücke in enthält, die gleich dem neutralen Element sein sollen. Die Faktorgruppe leistet das Verlangte. Genaueres entnehme man dem Artikel "Präsentation einer Gruppe".
Siehe auch
Literatur
- Kurt Meyberg: Algebra. Band 1. 2. Auflage. Carl Hanser, München u. a. 1980, ISBN 3-446-13079-9.
- Jens Carsten Jantzen, Joachim Schwermer: Algebra. Springer, Berlin u. a. 2006, ISBN 3-540-21380-5.