Rottstiel
Rottstiel ist ein Wohnplatz der Stadt Neuruppin im Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg). Das mittelalterliche Dorf wurde 1360/70 zerstört und anscheinend nicht wieder aufgebaut. 1525 ist Rottstiel als wüste Feldmark bezeugt. 1602 existierte an oder in der Nähe der alten Dorfstelle wieder eine Mühle, aus der sich der heutige Wohnplatz entwickelte.
Geographie
Der Wohnplatz Rottstiel liegt gut zehn Kilometer Luftlinie nördlich von der Kernstadt Neuruppin und rund 10,5 km südwestlich von Rheinsberg am Ausfluss der Kunster (auch Rottstielfließ genannt) aus dem Tornowsee fast direkt am Seeufer. Er besteht aus dem früheren Forstgehöft Rottstiel und dem Campingplatz am Rottstielfließ und ist völlig von Wald umgeben. Er gehört zur Stadtmarkung von Neuruppin und liegt auf 41 m ü. NHN.
Geschichte
Rottstiel wird 1353 erstmals urkundlich genannt. Der Name ist schwierig zu deuten. Möglicherweise ist er deutschen Ursprungs, von Stiehl, der Begriff bezeichnet eine Übersteigvorrichtung für Zäune, oder auch einen großen schweren Stein im Wasser, den man beim Überqueren des Baches als Trittstein benutzt.[1]
Am 27. Oktober 1353 erhielt Henning Behr die Lietze zusammen mit dem obersten Marschallamt des Landes Stargard vom Herzog Albrecht II. von Mecklenburg zu Lehen. Von den Dörfern der Lietze blieben letztendlich nur Netzeband, Rossow und Schönberg als mecklenburgische Exklaven an der Grenze der Herrschaft Ruppin und der Prignitz übrig.
1358 beklagte sich Ritter Henning Behr (Bere) bei seinem Lehensherrn Herzog Albrecht II. von Mecklenburg, dass die Grafen von Lindow und ihre Gefolgsleute, die von Rohr, ihm seine Dörfer Kunst (heute Kunsterspring, Gemeindeteil von Gühlen-Glienicke, Stadt Neuruppin), Drosedow (Drusedow) (Gemeinde Wustrow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte), Darritz (Dargitz) (Wohnplatz der Gemeinde Märkisch Linden) und Rottstiel wuste gemaket haben. Auch seine Dörfer Netzeband, Katerbow und Rägelin wurden geschädigt.[2] Der Grund der Fehde und der Zerstörungen ist nicht ersichtlich, zumal die vier (völlig) verwüsteten Dörfer jeweils mehr oder weniger weit auseinander lagen. Wahrscheinlich wurde Rottstiel in der weiteren Folge der Geschichte nicht wieder aufgebaut, 1525 ist Rottstiel als wüste Feldmark bezeugt. Auch der Ort Kunst wurde nicht wieder aufgebaut. Auf der wüsten Feldmark Kunst (1525) entstand ab 1697 die Siedlung Kunsterspring.
Schon vor 1524 war die wüste Feldmark Rottstiel in den Besitz der Familie von Gadow gekommen. Die Jagd stand aber dem Kurfürsten zu. Wie auch viele andere wüste Feldmarken war die Feldmark Rottstiel nicht völlig wüst, sondern nur das Dorf. So nutzte 1525 ein Bauer aus Molchow eine Wiese auf der wüsten Feldmark Rottstiel. 1590 bewirtschafteten Leute aus Zermützel Wiesen auf der wüsten Feldmark Rottstiel. Auf dem Tornowsee durften im Jahr zehn Garnzüge Fische gefangen werden.
Bis 1602 war am Ausfluss der Kunst aus dem Tornowsee in der Nähe der alten Dorfstelle eine Wassermühle entstanden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Mühle wahrscheinlich zerstört. 1651 war die Feldmark bewaldet. Die von Gadow verkauften nun eine Hälfte der wüsten Feldmark, die westliche Hälfte, an die Stadt Neuruppin. Sie wurde als Gadow oder wüste Feldmark Gadow dem Kämmereiforst zugeteilt. Die andere Hälfte fiel gleichzeitig oder bald danach an das Amt Alt Ruppin. Bis 1706 war die Mühle auf der Hälfte des Amtes Alt Ruppin wieder aufgebaut. Dazu gehörte ein Haus und zwei Ställe.
1712/13 wurde die Schneidemühlenarche auf dem Rottstiel erneuert.[3] In diesen Jahren wurde auch die Schneidemühle zu Zippelsförde neu erbaut.[4] 1749 war die Mühle in Rottstiel im Besitz von Mühlenmeister Vielitz.[5] 1759 gehörten zur Schneide- und Graupenmühle Rottstiel 29 Morgen 176 Quadratruten Heuerland (Pachtland). Die kleine Siedlung bestand aus einem Wohnhaus, einer Scheune mit Stall und einem Nebengebäude. 1767 beschrieb Johann Ernst Fabri Rottstiel wie folgt: (eine) königliche Mühle mit zwei Feuerstellen (Wohngebäuden). Die kleine Siedlung hatte 1767 18 Einwohner und 1787 13 Einwohner.[6]
1769 mussten an den Schleusen und Archen der Rottstieler Mühle wieder Reparaturen vorgenommen werden.[7] Die Schneidemühlen zu Rottstiel und Zippelsförde wurden im selben Jahr verpachtet.[7]
1791 wurden die Schneidemühlen zu Rottstiel und Zippelsförde erneut verpachtet. Außerdem standen erneut Reparaturen an den Schleusen und Archen an.[8] 1794 beschwerten sich einige Amtsgemeinden (des Amtes Alt Ruppin) und der Mühlenmeisters Vielitz zu Rottstiel über das Holzflößen auf dem Rhin durch die Haupt-, Nutz- und Brennholzadministration.[9] Der Besitzer der Mühle hatte Land, auf dem 9 Scheffel Roggen, 4 Scheffel Hafer, 9 Scheffel Kartoffeln und 3 Scheffel Buchweizen Aussaat ausgebracht wurde. Er hatte Wiesen um drei Pferde und 10 Stück Rindvieh gefüttert werden konnten. Es gab zwei Feuerstellen mit einem Einlieger. 1798 hatte die kleine Siedlung 12 Einwohner.[10]
1804 war die Rottstielsche Schneidemühle in Erbpacht gegeben worden. Allerdings kam es bald darauf zu einem Prozess zwischen dem Erbpachtmüller Ramm in Rottstiel und dem Fiskus.[11] Friedrich Wilhelm Bratring beschreibt Rottstiel als Wassermahl- und Schneidemühle an der Rheinsberger Straße mit zwei Feuerstellen und einem Einlieger.[12]
1811 scheint Mühlenmeister Ramm eine bauliche Veränderung an der Mühle zu Rottstiel vorgenommen zu haben.[13] 1815 wurde ein Wassermaß bei der Mühle in Rottstiel gesetzt. Das Stauwerk unterhalb der Mühle wurde beseitigt und das Mühlenfließ wurde bis zum Zermützelsee geräumt.[14] 1819 meldete Mühlenmeister Ramm in Rottstiel Anspruch auf die Fischereigerechtigkeit auf dem Tornowsee an. Im selben Jahr erfolgte auch der Verkauf der Fischereigerechtigkeit.[15]
1829 prozessierte der Fiskus allerdings gegen den Erbpachtmüller Ramm in Rottstiel, weil dieser die Fischereigerechtigkeit über die vertraglichen Vereinbarungen ausgedehnt hatte.[16] 1831 wurde außerdem eine Untersuchung gegen den Mühlenmeister Ramm zu Rottstiel eingeleitet, weil dieser den Tornowsee ungebührlich aufgestaut hatte.[17] Anscheinend wurde der Pachtvertrag mit dem Mühlenmeister Ramm nicht mehr verlängert. Mit Vertrag vom 7. Dezember 1835 wurden dem neuen Besitzer der Erbpachtschneidemühle in Rottstiel, Gustav Schulz, die bei der Mühle gelegenen früheren Heuerländereien zu Eigentum verkauft.[18]
Allerdings beanspruchte der vorige Besitzer, Mühlenmeister Ramm weiterhin die Fischereigerechtigkeit auf dem Tornowsee.[19] Der neue Müller musste die Fischereigerechtigkeit auf dem Tornowsee vom Vorbesitzer kaufen.[20]
1846 verkaufte Erbpachtmüller Schulze sein Erbpachtrecht für 8.400 Taler an den Fiskus und der Mühlenbetrieb wurde eingestellt.[21][22] Die Gebäude wurde danach als Försterei für den Schutzbezirk Rottstiel genutzt. 1869 kam es zum Neubau der Revierförsterei Rottstiel.[23] Das Gebäude ist als Baudenkmal Nr. 09171034 geschützt.[24] Mit Einrichtung der Försterei oder etwas später wurde das Forsthaus Rottstiel mit seinem Schutzbezirk ein eigener Gutsbezirk. 1871 war Rottstiel noch kein eigener Gutsbezirk.[25]
Mit der Bildung der Amtsbezirke in der Provinz Brandenburg 1874 wurde das Forsthaus Rottstiel dem Amtsbezirk 33 Alt Ruppin zugewiesen. Amtsvorsteher wurde Oberförster Brösicke vom Forst Altruppin, sein Stellvertreter Förster Göde vom Forsthaus Pfefferteich.[26] Bereits um 1900 konnten Wanderer im Forsthaus Rottstiel einkehren.
Einwohnerentwicklung in Rottstiel von 1767 bis 1895[27][6][25] | |||||||||||||||||
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Jahr | 1767 | 1787 | 1798 | 1801 | 1817 | 1840 | 1858 | 1871 | 1895 | ||||||||
Einwohner | 21 | 13 | 11 | 11 | 12 | 7 | 4 | 7 | - |
Nach den Angaben im Historischen Ortslexikon wurde der Gutsbezirk Rottstiel 1929 mit der Gemeinde Krangen vereinigt.[27] Dies kann nicht stimmen, denn die frühere Feldmark von Rottstiel (und Rottstiel selber) liegt auf der Stadtgemarkung von Neuruppin und nicht auf der Gemarkung Krangen. Rottstiel ist heute ein Wohnplatz der Stadt Neuruppin.[28]
Bis 1989 bestand auf dem Gelände des heutigen Campingplatzes das Kinderferienlager "Liselotte Herrmann" der Bezirksbehörde der Volkspolizei (BdVP) Potsdam. Der heutige Wohnplatz besteht aus einem Campingplatz mit Badestelle am Tornowsee und dem Forsthaus Rottstiel mit Ferienwohnung.
Literatur
- Lieselott Enders: Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil II, Ruppin. 327 S., Weimar 1972 (im Folgenden abgekürzt als Enders, Historisches Ortslexikon Ruppin mit entsprechender Seitenzahl)
Einzelnachweise
- ↑ Elżbieta Foster: Brandenburgisches Namenbuch Teil II Die Ortsnamen des Landes Ruppin. 258 S., Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar 1998 (S. 102)
- ↑ Verein für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde: Me(c)klenburgisches Urkundenbuch, Band 14 (1356-1360). 677 S., In Kommission der Stiller'schen Hofbuchhandlung, Schwerin, 1886, Urk. Nr. 8456, S. 283–286.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Archenbau zu Rottstiel, Bau der Walkmühle zu Zippelsförde und des Kalkofens zu Braunsberg. 1713
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Neubau der Schneidemühle zu Zippelsförde und der Schneidemühlenarche auf dem Rottstiel. 1712
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Klage des Mühlenmeisters Joachim Christian Rosenberg gegen den Mühlenmeister Vielietz in Rottstiel in Angelegenheiten des Teerofens in den Steinbergen des Amtes. 1749
- ↑ a b Johann Ernst Fabri: Verbesserungen und Nachträge in Ansehung der Graffschaft Ruppin. Zur Büschingschen Topographie der Mark Brandenburg. Magazin für die Geographie, Staatenkunde und Geschichte, 3: 271–311, Nürnberg, Raspesche Buchhandlung, 1797 Online bei Google Books, S. 311
- ↑ a b Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Verpachtung der Schneidemühlen zu Rottstiel und Zippelsförde, Reparatur an den Schleusen und Archen. 1769
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Verpachtung der Schneidemühlen zu Rottstiel und Zippelsförde, Reparatur an den Schleusen und Archen. 1791
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Beschwerden einiger Amtsgemeinden und des Mühlenmeisters Vielitz zu Rottstiel über das Holzflößen auf dem Rhin durch die Haupt-, Nutz- und Brennholzadministration. 1794
- ↑ Friedrich Wilhelm August Bratring: Die Graffschaft Ruppin in historischer, statistischer und geographischer Hinsicht. Gottfried Hayn, Berlin 1799 Online bei Google Books, S. 458.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Prozeß des Fiskus, Verklagter, gegen den Erbpachtmüller Ramm in Rottstiel wegen Pachtstreitigkeiten. Enthält u. a.: Abschrift des Erbpachtkontrakts über die Rottstielsche Schneidemühle von 1804.
- ↑ Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Zweiter Band. Die Mittelmark und Ukermark enthaltend. VIII, 583 S., Berlin, Maurer, 1805 Online bei Google Books (S. 47)
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Bauliche Veränderung an der Mühle zu Rottstiel durch den Mühlenmeister Ramm. 1811.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Setzung eines Wassermaßes bei der Mühle in Rottstiel, die Beseitigung des Stauwerkes unterhalb der Mühle sowie die Räumung des Mühlenfließes bis zum Zermützelsee. 1815.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Anspruch des Mühlenmeisters Ramm in Rottstiel auf die Fischereigerechtigkeit auf dem Tornowsee und der Verkauf der Fischereigerechtigkeit. 1819.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Prozeß des Fiskus gegen den Erbpachtmüller Ramm in Rottstiel wegen Ausdehnung der Fischereigerechtigkeit. 1829.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Untersuchung gegen den Mühlenmeister Ramm zu Rottstiel wegen ungebührliche Aufstauung des Wassers im Tornowsee und Wasserstandsverhältnisse bei Rottstiel im allgemeinen. 1831.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Vertrag vom 7. Dez. 1835 mit dem Besitzer der Erbpachtschneidemühle in Rottstiel, Gustav Schulz, über den Erwerb der bei der Mühle benutzten Heuerländereien als Eigentum. 1835.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Anspruch des Mühlenmeisters Ramm in Rottstiel auf die Fischereigerechtigkeit auf dem Tornowsee und der Verkauf der Fischereigerechtigkeit. 1836.
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Kaufvertrag vom 7. Jan. 1837 mit dem Mühlenbesitzer Schulze in Rottstiel über die Fischerei im Tornowsee.
- ↑ Dieter Zühlke (Bearb.)/Autorenkollektiv: Ruppiner Land: Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zühlen, Dierberg, Neuruppin und Lindow. 202 S., Berlin: Akademie-Verlag 1981. (Werte unserer Heimat - Heimatkundliche Bestandsaufnahme in der Deutschen D. Republik; 37), S. 52–53.
- ↑ Rottstiel auf www.guehlen-glienicke.de
- ↑ Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Neubau der Försterei Rottstiel. 1869
- ↑ Denkmalliste des Landes Brandenburg: Landkreis Ostprignitz-Ruppin (PDF) Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum
- ↑ a b Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871. II. Provinz Brandenburg. Verlag der Königlichen Statistischen Bureaus (Dr. Engel), Berlin 1873. Online bei Google Books, S. 94/95.
- ↑ Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, Beilage zum 24. Stück des Amtsblattes vom 12. Juni 1874, S. 8. Online bei Google Books
- ↑ a b Enders, Historisches Ortslexikon, Ruppin, S. 221/22.
- ↑ Dienstleistungsportal der Landesverwaltung des Landes Brandenburg: Stadt Neuruppin
Koordinaten: 53° 1′ 8″ N, 12° 48′ 37″ O