Rudolf Morsey

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Rudolf Morsey, 2017
Rudolf Morsey bei einer Gedenksitzung des Bundesrates in Bonn (1988)

Rudolf Morsey (* 16. Oktober 1927 in Recklinghausen) ist ein deutscher Historiker. Er ist emeritierter Professor für Neuere Geschichte in Speyer.

Leben

Nach seinem durch Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft verzögerten Abitur 1947 am Gymnasium Paulinum in Münster studierte Morsey vornehmlich bei Kurt von Raumer und Werner Conze an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, wo er 1955 promoviert wurde. Er habilitierte sich 1966 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Nach einer kurzen Tätigkeit (1966–1970) als ordentlicher Professor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg wechselte er 1970 an die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, wo er trotz anderer Angebote bis 1996 blieb. Seine Abschiedsvorlesung widmete er 1996 dem Thema „Brüning und Adenauer – Zwei Wege deutscher Politik im 20. Jahrhundert“. Von 1968 bis 1998 leitete er die Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien in Bonn.

Morsey gilt als führender Historiker der Vor- und Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, des politischen Katholizismus und der christlichen Demokratie[1] sowie des im KZ Dachau ermordeten katholisch motivierten NS-Widerstandskämpfers Fritz Gerlich. Wichtig für seine Schwerpunkte in Lehre und Forschung war eine frühe Begegnung mit dem „Zentrumsprälaten“ Georg Schreiber, von dem wichtige Impulse für die deutsche Wissenschafts- und Kulturpolitik in der Weimarer Republik ausgingen. Morsey gilt neben Hans-Peter Schwarz als einer der besten Kenner Konrad Adenauers und betreute mit ihm die Herausgabe von Adenauers Nachlass (Rhöndorfer Ausgabe). Bis zum Jahr 2011 konnten 17 Bände erscheinen. Von 1979 bis 2000 war er Mitherausgeber des Historischen Jahrbuchs, 1979–1998 der Zeitschrift Die Verwaltung und 1986 bis 2000 der Zeitschrift Geschichte im Westen. Er forschte zur Landesgeschichte von Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz.

Von 1982 bis 1985 war er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland, von 1977 bis 2002 Vizepräsident der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft.

Er ist noch Mitglied der Kommission für Zeitgeschichte (Bonn), zu deren Mitgründern er 1962 gehört hatte, und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (München), Ehrenmitglied der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (Berlin) und des Beirats des Instituts für Zeitgeschichte (München/Berlin) sowie korrespondierendes Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen (Münster) und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste (Düsseldorf). Er war Mitglied der Vereinigung für Verfassungsgeschichte.

Rudolf Morsey lebt in Neustadt an der Weinstraße.

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

Gesamtschriftenverzeichnis von Morsey 1949–2017 auf dem Dokumentenserver DOPUS der Universität Speyer mit den 1339 Veröffentlichungen des Wissenschaftlers als PDF-Datei.

  • Die oberste Reichsverwaltung unter Bismarck 1867–1890 (= Neue Münstersche Beiträge zur Geschichtsforschung, Band 3). Aschendorff, Münster 1957.
  • Die Deutsche Zentrumspartei. In: Rudolf Morsey/Erich Matthias: Das Ende der Parteien. Droste, Düsseldorf 1960, S. 281–453.
  • Die Deutsche Zentrumspartei 1917–1923 (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der Politischen Parteien, Band 32). Droste, Düsseldorf 1966.
  • Der Untergang des politischen Katholizismus. Die Zentrumspartei zwischen christlichem Selbstverständnis und „Nationaler Erhebung“ 1932/33. Belser, Stuttgart 1977.
  • Die Bundesrepublik Deutschland. Entstehung und Entwicklung bis 1969 (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Band 19). Oldenbourg, München 1987 (5. Auflage 2007).
  • Heinrich Lübke. Eine politische Biographie. Schöningh, Paderborn u. a. 1996.
  • Von Windthorst bis Adenauer. Ausgewählte Aufsätze zu Politik, Verwaltung und zum politischen Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. von Ulrich von Hehl, Hans Günter Hockerts, Horst Möller, Martin Schumacher, Hans-Peter Schwarz. Schöningh, Paderborn 1997, ISBN 3-506-73381-8.
  • Görres-Gesellschaft und NS-Diktatur. Die Geschichte der Görres-Gesellschaft bis zum Verbot 1941. Schöningh, Paderborn u. a. 2002, ISBN 3-506-75779-2.
  • Die Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft. Streiflichter zu ihrer Geschichte. Schöningh, Paderborn u. a. 2009, ISBN 978-3-506-76795-0.
  • Fritz Gerlich. Ein früher Gegner Hitlers und des Nationalsozialismus. Schöningh, Paderborn u. a. 2016, ISBN 978-3-506-78398-1.

Literatur

  • Rudolf Morsey im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Rudolf Morsey. In: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 2017. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart. 29. Ausgabe. Band 3: M-Sd. de Gruyter, Berlin/ Boston 2017, ISBN 978-3-11-045398-0, S. 2447.
  • Gerd Ruge, Jörg Schäfer (Hrsg.): Lebensbilder-Landesbilder. Geschichten aus und über Nordrhein-Westfalen. Aschendorff, Münster 2003, ISBN 3-402-05340-3, S. 40–51.
  • Karl Dietrich Bracher, Paul Mikat, Konrad Repgen, Martin Schumacher, Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Staat und Parteien. Festschrift zum 65. Geburtstag von Rudolf Morsey. Duncker & Humblot, Berlin 1992, ISBN 3-428-07422-X.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rudolf Morsey. auf: geschichte.nrw.de.
  2. Festschrift Rudolf Morsey (1992). auf: fordham.edu.