SBB B 3/4

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SBB B 3/4
Typenbild der B 3/4 Nr. 1310
Typenbild der B 3/4 Nr. 1310
Nummerierung: 1301–1369
Anzahl: 69
Hersteller: SLM Winterthur
Baujahr(e): 1905-1926
Ausmusterung: 1934-1964
Bauart: 1C' h2
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 16235 m
Kuppelachsradstand: 3900 mm
Gesamtradstand: 6400 mm
Radstand mit Tender: 12735 mm
Leermasse: 50,5 t
Dienstmasse: 56,3 t
Dienstmasse mit Tender: 90,1 t
Reibungsmasse: 45,1 t
Höchstgeschwindigkeit: 75 km/h
Indizierte Leistung: 1050 PS
Anfahrzugkraft: 8300 kg
Treibraddurchmesser: 1520 mm
Laufraddurchmesser: 850 mm
Zylinderanzahl: 2
HD-Zylinderdurchmesser: 540 mm
Kolbenhub: 600 mm
Kessel: Ø 1450 mm
Kesselüberdruck: 12 Atm
Anzahl der Heizrohre: 132
Anzahl der Rauchrohre: 18
Heizrohrlänge: 3800 mm
Rostfläche: 2,3 m2
Strahlungsheizfläche: 12,3 m2
Rohrheizfläche: 99,6 m2
Verdampfungsheizfläche: 111,9 m2
Tender: SBB dreiachsig, ab Nr. 1350 Typ C 4/5 und C 5/6
Dienstmasse des Tenders: 33,8 t
Wasservorrat: 16 m3
Brennstoffvorrat: 6 t
Antrieb: De Glehn
Bremse: Klotzbremse Westinghouse
Zugheizung: Dampf
Geschwindigkeitsmesser: Hasler, Klose
Steuerung: Heusinger

Die SBB B 3/4 ist ein Dampflokomotivtyp der Schweizerischen Bundesbahnen, der in insgesamt 69 Exemplaren von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur gebaut wurde. Die Serienbezeichnung lautet 1301-1369. Die beiden Prototypen Nrn. 1301–1302 mit Baujahr 1905 läuteten in der Schweiz das Zeitalter der Heissdampflokomotiven ein. Das Einsatzgebiet dieser mit einem Zwillingstriebwerk ausgerüsteten 69 Lokomotiven waren Personen- und Gemischtzüge auf dem gesamten Netz der SBB.

Ein Exemplar dieser Lokserie ist betriebsfähig erhalten.

Geschichte

Mit dem Zusammenschluss der fünf grossen Privatbahnen Jura-Simplon-Bahn JS, der Schweizerischen Centralbahn SCB, der Nordostbahn NOB und der Vereinigten Schweizerbahnen VSB im Jahre 1902 und der Gotthardbahn GB 1909, gelangten eine grosse Zahl Dampflokomotiven verschiedener Herkunft (gebaut in Frankreich, Deutschland und in der Schweiz), Gattungen und Leistungsklassen in den Bestand der Schweizerischen Bundesbahnen. Dabei handelte es sich um traditionell mit Nassdampf betriebene Triebfahrzeuge. Die jungen SBB waren bestrebt, die älteren Maschinen durch neue Lokomotiven zu ersetzen, welchen den gestiegenen Anforderungen des Betriebs gewachsen sind. Noch im Gründungsjahr erteilte die SBB der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur den Auftrag zur Nachlieferung einer stattlichen Zahl an Schnellzug-, Personen- und Lokal- sowie Güterzuglokomotiven. Dabei referenzierte die SBB auf die von den Vorgängerbahnen JS, SCB und NOB letztbestellten Lokgattungen. Zudem sollte die SLM stärkere Dampflokomotivtypen mit vier Kuppelachsen erarbeiten.

Heissdampflokomotiven in der Schweiz

Kurz vor der Jahrhundertwende 1900 erprobte und verwirklichte der deutsche Ingenieur Dr. Wilhelm Schmidt den Überhitzer. Von der in Deutschland aufkommenden und den thermischen Wirkungsgrad der Dampfmaschinen stark verbessernde Technik inspiriert, beauftragte die SBB die SLM zudem zur Ausarbeitung von Heissdampflokomotiven verschiedenster Baugrössen und Triebwerksanordnungen. Darunter fielen Triebwerke mit einfacher Dampfdehnung als Zwilling und Drilling und in Vierzylinder-Verbundwirkung. Schon 1905 lieferte die SLM den SBB, als Frucht dieser Ausarbeitung, zwei Prototyplokomotiven einer 3/4-gekuppelten Schlepptenderlokomotive mit Zwillingstriebwerk. Sie waren die ersten Heissdampflokomotiven der Schweiz.

Damit die Leitung, das Verhalten und die Handhabe des Fahrzeugs, sowie der Kohlenverbrauch und die Unterhaltskosten der neuen Heissdampf-Schlepptenderlokomotive mit bestehenden Fahrzeugen gleicher Dimension verglichen werden konnte, diente die B 3/4 des Typs JS als Vorbild. Trotz der optischen Ähnlichkeit unterscheiden sich die Zwilling-Heissdampf-B 3/4 von den Dreizylinder-Nassdampf B 3/4.

Konstruktion

Die in Anschluss an die Lokomotiven B 3/4 1676-1747 bestellten Heissdampfprototypen orientierten sich an den B 3/4 1600 in Sachen Radstand der Triebachsen, Raddurchmesser, Kessel und Kesselabmessungen sowie Sicherheitsventile nach Bauart Ramsbottom, Kipprosten, Dampfdomregulator, Durchmesser des Hochdruckzylinders und Kolbenhub der Aussenzylinder, sowie Lokgewicht und Höchstgeschwindigkeit.

Datei:SBB Historic - 5 - 3 4 gekuppelte Lokomotive für die Schweizerischen Bundesbahnen.pdfAls wichtigstes Element und grösste Änderung ist der vielteilige Schmidt'sche Überhitzer zu erwähnen. Dank der Anwendung des Überhitzers konnte der Kesseldruck auf 12 Atm Dampfdruck gegenüber 14 Atm bei den B 3/4 1600 gesenkt werden. Ins Gewicht fallen ausserdem das Zwillingstriebwerk, welches den mittleren Hochdruckzylinder und die Kropfachse überflüssig macht, jedoch nur einen Antrieb auf die zweite Kuppelachse erlaubt. Infolge des geänderten Triebwerks musste der Kessel höher angeordnet werden. Die Radsätze kamen somit vollständig unterhalb des Umlaufblechs zu stehen und die bei den JS-Lokomotiven charakteristischen Radsatzbleche fielen weg. Zudem wurde das Umlaufblech durchgehend auf einer Höhe über den Zylinderblock gezogen. Kurz hinter der Rauchkammertür wurde dieses Blech geschwungen abgeschlossen.

Der vom Dampfdom kommende Nassdampf passiert via den Regulator und das Verbindungsrohr die Nassdampfkammer des Überhitzungskopfes. Der Überhitzungskopf befindet sich in der Rauchkammer des Dampfkessels. Von dort strömt der Nassdampf zweimal in dünnen Rohren der Überhitzungselemente durch die insgesamt 18 Rauchrohre hin und her. Dabei wird der Nassdampf von den Heizgasen bis auf 350 °C überhitzt. Von den Überhitzungselementen gelangt der Heissdampf in die Heissdampfkammer des voran genannten Überhitzungskopfes und von da an in die Einströmrohre zu den Zylindern. Dank diesem Verfahren konnte das Dampfvolumen markant gesteigert und gleichzeitig die Erzeugung von Wasserdampf reduziert werden. Die Zugkraft wurde auf 8300 kg und die indizierte Leistung auf 1050 PS gemessen.

Die Zwillingsmaschine mit zwei identischen Hochdruckzylindern von 540 mm Durchmesser wiesen die bewährte Steuerung nach Heusinger/Walschaerts auf. Neu kamen Kolbenschieber und die Innenkant-Einströmung zum Einsatz. Die Kolbenstangen durch den Zylinder durchgeführt. Die wegen der Kolbenschieber kleineren Kräfte für die Schiebersteuerung ermöglichten ein etwas leichteres Gestänge für die Steuerung. Gegen Wasserschlaggefahr waren an allen Zylinderdeckeln Sicherheitsventile vorhanden.

Der nur 25 mm dicke Innenrahmen war zwischen den Zylindern durch einen Stahlgussrahmen genügend versteift. Die Tragfedern der beiden hinteren Kuppelachsen waren unter, diejenigen der vorderen Kuppelachse über den Achslagern angebracht und durch Ausgleichhebel verbunden. Während die beiden Prototypenlokomotiven eine Adam'sche Vorlaufachse erhielten, kam bei der Serienbestellung das kombinierte Helmholtz-Gestell zur Anwendung. Dieses sorgte dank genügend Seitenspiel für Laufachse und der ersten Kuppelachse und einen sanften Kurvenlauf ermöglichte.

Die Lokomotiven Nrn. 1301-1308 erhielten einen Langer'schen Rauchverzehrer, währenddem die übrigen Nrn 1309-1369 den vereinfachten SBB-Rauchverbrenner erhielten. Von aussen sichtbar war der entsprechende Rauchverbrenner durch zwei, respektive einen Messingring am Kamin.

Für das Lokpersonal stand ein nach hinten offenes Führerhaus mit hohem, stark bombiertem Dach zur Verfügung. Die Westinghouse-Druckluftbremse wirkte achtklötzig auf die beiden hinteren Triebräder und zwölfklötzig auf die Tenderräder. Zudem besassen alle Lokomotiven eine Regulierbremse und eine Spindelbremse. Die Betätigung der Sandstreuvorrichtung fand mit Handzug nach Prinzip Gresham und mit Druckluft nach System Leach statt und wirkte auf die ersten beiden Kuppelachsen. Für den Lokführer wurden Geschwindigkeitsmesser nach Hasler eingebaut, wobei die Lokomotiven 1358-1363 einen Geschwindigkeitsmesser nach Klose erhielten.

Der dreiachsige Tender der Lokomotiven 1301-1349 war identisch mit demjenigen der Dreizylinder B 3/4 1691-1747. Für die Lokomotiven 1350-1369 kam der Schlepptender Bauart C 4/5 und C 5/6 zur Anwendung, jedoch mit einem reduzierten Fassungsvermögen von 16 m3 Wasser und 6 t Kohlen.

Für die Heissdampf-B 3/4 wurden folgende Belastungsnormen festgelegt:

  • 400 t für Personenzüge und 1000 t für Güterzüge auf ebener Bahn
  • 350 t für Personenzüge und 550 t für Güterzüge auf einer Steigung von 10 ‰
  • 165 t für Güterzüge auf einer Steigung von 27 ‰

Einsatz

Prototyplokomotiven

Die Heissdampfmaschinen hoben sich gegenüber den Dreizylindermaschinen in Sachen Leistung und Zugkraft, das mit einer 3/4-gekuppelten Lokomotive erreichbar Mögliche, Beweglichkeit, Wirtschaftlichkeit und im Unterhalt hervor. Einziges Manko ist der Lauf unter Dampf, da das Zwillingstriebwerk systembedingt hart und stossend läuft.

In Anschluss an die Bestellung der letzten Dreizylindermaschinen, bestellte die SBB nahtlos 67 Serienlokomotiven mit dem erprobten Heissdampftriebwerk.

Einsatz im Alltag

Die Kreiszuteilung der 69 Lokomotiven gestaltete sich folgendermassen (in Klammern der Kreisverwaltungsort):

  • 1301-1304, 1333-1340, 1353-1358, 1368-1369: Kreis I (Lausanne)
  • 1305-1308, 1313-1322: Kreis II (Basel)
  • 1309-1312, 1323-1332, 1350-1352: Kreis III (Zürich)
  • 1341-1349, 1364-1367: Kreis IV (St. Gallen)
  • 1359-1363: Kreis V (Luzern)

Der Unterhalt der Lokomotiven im Kreis I wurde in Yverdon und der Lokomotiven in den Kreisen II bis V in Olten vorgenommen

Das Einsatzgebiet dieser Lokomotiven erstreckte sich über Personen-, Lokal und Gemischtzüge bis hin zu kurzen Expresszügen (Fern- und Nachtzüge).

Umbauten

Die Lokomotiven 1359 und 1360 erhielten im Jahre 1924 eine Dabeg-Fahrspeisepumpe in Verbindung mit Einspritzvorwärmer für das Speisewasser. Schon 1929 wurden die Dabeg-Pumpen durch Abdampf-Injektoren nach Bauart Friedmann ersetzt. Gleichzeitig erhielten die Lokomotiven 1305, 1329, 1344, 1366 und 1368 den gleichen Abdampf-Injektor.

Alle Lokomotiven behielten ihren ersten Kessel bis zur Ausrangierung.

Verbleib

B 3/4 Nr. 1367 auf der Drehscheibe im Depot Brugg.

Die Heissdampf-B 3/4 wurden nach rund 30 Betriebsjahren ausrangiert. Eingeleitet hat dies die Lok Nr. 1302 im Jahre 1934. Das Gros der Lokomotiven wurde zwischen 1940 und 1955 aus dem Verkehr gezogen, wobei die letztgebauten vier Unterserien (Baujahre 1911-1916) bereits ab Mitte bis Ende der 1930er Jahre aus dem Betrieb schieden.

Die Lokomotive 1349 wurde 1953 nach dem Unfall in Seuzach noch vor Ort verschrottet. Sie stiess als Zuglok eines Güterzuges am 13. April 1953 auf einem handbedienten Bahnübergang mit einem Lastwagenanhänger zusammen. Dabei entgleiste sie und stürzte den Bahndamm hinunter, wonach sie auf der Seite liegend zum Stillstand kam.[1]

Als letzte Lokomotive schied im Alter von rund 50 Jahren 1964 die Lok Nr. 1367 aus dem Betrieb. Sie hat als einzige Lok der Serie den Schneidbrenner überlebt und steht heute betriebsbereit im Bestand der Stiftung Historisches Erbe der SBB (SBB Historic).

SBB-Nummer SLM-Fabriknummer Baujahr Ausrangierung Verbleib Bemerkungen
1301 1634 1905 1949 Abbruch
  • Ab Nr. 1301 Langer'scher Rauchverbrenner
1302 1635 1905 1934 Abbruch
1303 1788 1907 1953 Abbruch
1304 1789 1907 1953 Abbruch
1305 1790 1907 1950 Abbruch
  • 1929 Einbau Abdampf-Injektor
1306 1791 1907 1951 Abbruch
1307 1792 1907 1953 Abbruch
1308 1793 1907 1949 Abbruch
1309 1794 1907 1953 Abbruch
  • Ab Nr. 1309 vereinfachter SBB-Rauchverbrenner
1310 1795 1907 1954 Abbruch
1311 1796 1907 1953 Abbruch
1312 1797 1907 1961 Abbruch
1313 1860 1907 1954 Abbruch
1314 1861 1907 1953 Abbruch
1315 1862 1907 1949 Abbruch
1316 1863 1907 1953 Abbruch
1317 1864 1907 1949 Abbruch
1318 1865 1907 1953 Abbruch
1319 1866 1907 1950 Abbruch
1320 1867 1907 1952 Abbruch
1321 1868 1907 1934 Abbruch
1322 1869 1907 1952 Abbruch
1323 1956 1909 1953 Abbruch
1324 1957 1909 1954 Abbruch
1325 1958 1909 1953 Abbruch
1326 1959 1909 1953 Abbruch
1327 1960 1909 1954 Abbruch
1328 1961 1909 1951 Abbruch
1329 1962 1909 1960 Abbruch
  • 1929 Einbau Abdampf-Injektor
1330 1963 1909 1951 Abbruch
1331 1964 1909 1953 Abbruch
1332 1965 1909 1954 Abbruch
1333 2046 1909 1947 Abbruch
1334 2047 1909 1954 Abbruch
1335 2048 1909 1944 Abbruch
1336 2049 1909 1953 Abbruch
1337 2050 1909 1954 Abbruch
1338 2051 1909 1949 Abbruch
1339 2052 1909 1953 Abbruch
1340 2053 1909 1954 Abbruch
1341 2054 1909 1953 Abbruch
1342 2055 1909 1943 Abbruch
1343 2056 1909 1949 Abbruch
1344 2057 1909 1949 Abbruch
  • 1929 Einbau Abdampf-Injektor
1345 2058 1909 1949 Abbruch
1346 2059 1909 1959 Abbruch
1347 2060 1909 1944 Abbruch
1348 2061 1909 1955 Abbruch
1349 2062 1909 1953 Abbruch
  • Nach Kollision in Seuzach vor Ort verschrottet
1350 2150 1911 1934 Abbruch
  • Ab Nr. 1350 Anwendung Tender
    Typ C 4/5 und C 5/6
1351 2151 1911 1934 Abbruch
1352 2152 1911 1935 Abbruch
1353 2153 1911 1938 Abbruch
1354 2154 1911 1935 Abbruch
1355 2155 1911 1937 Abbruch
1356 2156 1911 1943 Abbruch
1357 2353 1913 1943 Abbruch
1358 2354 1913 1957 Abbruch
1359 2355 1913 1959 Abbruch
  • 1924 Einbau Dabeg-Fahrspeisepumpe, 1929 ausgebaut
  • 1929 Einbau Abdampf-Injektor
1360 2356 1913 1948 Abbruch
  • 1924 Einbau Dabeg-Fahrspeisepumpe, 1929 ausgebaut
  • 1929 Einbau Abdampf-Injektor
1361 2357 1913 1955 Abbruch
1362 2358 1913 1938 Abbruch
1363 2359 1913 1943 Abbruch
1364 2483 1914 1957 Abbruch
1365 2484 1914 1938 Abbruch
1366 2485 1914 1938 Abbruch
  • 1929 Einbau Abdampf-Injektor
1367 2557 1916 1964 Historische Lokomotive
  • Als betriebsfähige Lokomotive erhalten
1368 2558 1916 1949 Abbruch
  • 1929 Einbau Abdampf-Injektor
1369 2559 1916 1938 Abbruch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Die Nationalbahn, Vision einer Volksbahn. 2009, ISBN 978-3-907659-65-1, S. 165–166