Salbeiküchlein

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frische Salbeiküchlein

Salbeiküchlein sind ein traditionelles Gericht aus unzerkleinerten Salbeiblättern, die in einem Teig in Schmalz, Butter oder Öl gebacken werden. Wegen ihrer Form, die mit dem aus dem Teig ragenden Salbeistengel an den Schwanz einer Maus erinnert, werden sie in Südtirol Salbeimaus[1], schwäbisch Mäusle[2] und schweizerdeutsch Müsli(-chüechli)[3] genannt.

Zubereitung

Als Teig wird ein beliebiger Teig empfohlen,[4] in der Regel ein Ausbackteig mit Bier[5] oder Wein[6] oder einer Brandmasse, der Eiweiß und Eigelb getrennt oder mit einem geringeren Anteil von Eigelb[7] oder auch ganz ohne Eigelb[6] zugerührt wird. Nach Bedarf wird dem Teig Zimt, Safran oder anderes Gewürz zugegeben. Die Salbeiblätter werden gewaschen, getrocknet, durch den flüssigen Teig gezogen, bis sie beidseitig mit Teig bedeckt sind, und dann in erhitztem Fett – Butter, Schmalz oder Öl – goldbraun gebacken. Überschüssiges Fett wird gegebenenfalls mit Zellstoff abgenommen oder zwischen zwei Gabeln vorsichtig abgepresst. Als Süßspeise können sie mit Zucker und Zimt, als Beilage zu anderen Gerichten auch mit Salz bestreut werden.

Frankreich

Im Französischen heißen sie beignets de sauge[4] oder beignets aux feuilles de sauge.[8] Der Thresor de santé (1607), der die französische Küche der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dokumentiert, beschreibt ihre Zubereitung wie folgt: „Man macht damit [d.h. mit Salbei] Krapfen (bignets), indem man die schönsten und größten Blätter der Salbei in einem Teig aus feinem Mehl einhüllt, den man [zuvor] knetet und auflockert mit Eiern, Zucker, Zimt und Safran, und indem man sie in frischer Butter in der Pfanne bäckt.“[9]

Italien

Im Italienischen sind sie als frittelle di salvia bekannt.[1] Ein italienisches Rezept des 15. Jahrhunderts beschreibt die Zubereitung ähnlich wie der Thresor de santé, stellt als Backfett Schmalz oder Öl zur Wahl und weist darauf hin, dass statt Salbei auch die Blätter von Borretsch verwendet werden können.[10]

Literarische Zeugnisse

Salbeiküchlein haben auch in die Literatur und Dichtung Eingang gefunden. Das frühneuzeitliche Schlemmerlied Ein hen[n]lein weiß,[11] das von Antonio Scandello vertont, vielleicht auch verfasst und in dessen Sammlung Nawe vnd lustige Weltliche Deudsche Liedlein 1570 erstmals gedruckt, dann auch von Johann Fischart in dessen Geschichtklitterung (erste Ausgabe von 1575)[12] und später von anderen Herausgebern in zahlreiche weitere Sammlungen übernommen wurde, besingt das Backen von Salbei- und Spritzküchlein[13] mit den Versen: „backen wir ein k[ü]chelein, / meuselein vnd streubelein, / vnd trinken auch den k[ü]len Wein“.[14] Gottfried Keller schrieb 1860 in Das Fähnlein der sieben Aufrechten: „… auch nahm sie (Frau Hediger) eine tüchtige Handvoll Salbeiblätter, tauchte sie in einen Eierteig und buk sie in heisser Butter zu sogenannten Mäuschen, da die Stiele der Blätter wie Mausschwänze aussahen....“[15]

Einzelnachweise

  1. a b Guida gastronomica italiana, Photomechanischer Nachdruck der Ausgabe von 1931, Touring Club Italiano, Mailand 2005, S. 152
  2. Hermann Fischer, Badisches Wörterbuch, Band IV, Verlag der Laupp'schen Buchhandlung, Stuttgart 1904, Art. „Maus“, § 4.f, Sp. 1559–1560
  3. Schweizerisches Idiotikon III 138, Artikel Müslichüechli und IV 476, Artikel Mus I 2a-theta
  4. a b Amalie Schneider-Schlöth, Basler Kochschule, 6. neu bearb. Aufl., Verlag der Basler Buch und Antiquariatshandlung vormals Adolf Geering, Basel 1903, S. 395, Nr. 1245: „Salbei-Küchlein: Man bereite einen beliebigen Backteig […] tauche frische Salbeiblätter (jedes besonders) hinein, backe sie in heißem Fett und serviere sie mit Zucker bestreut“
  5. Das Fülscher-Kochbuch, Rezept 931
  6. a b Johann Georg Krünitz, Oeconomische Encyclopädie, Teil 131, Berlin 1822, Art. „Salbeykuchen“, S. 35: „Man röste feines Weizenmehl in Schmalz ganz trocken, schlage von drey ganzen Eyern, die vorher in warmes Wasser gelegt worden, das Weiße daran; rühre dann den Teig ab, gieße ein wenig weißen Wein dazu, ziehe die Salbeyblätter durch diesen eingemachten Teig und backe sie in heißem Schmalz aus“
  7. Siehe das von Michael Barczyk, Essen und Trinken im Barock: oberschwäbische Leibspeisen, Thorbecke, Sigmaringen 1981, ISBN 3-7995-4033-4, wiedergegebene Rezept für „Salbeiküchlein (»Mäusle«)“, S. 82: „[…] Nehme recht schöne breite Salbei, ziehe sie durch frisches Wasser, brich vorne die kleinen Spitzen hinweg, lege sie zwischen ein sauberes Tuch und laß es trocknen. Indessen laß ein Stück Schmalz in einer Pfanne recht heiß werden, röste eine gute Handvoll Mehl ziemlich trocken darin, tue es in eine tiefe Schüssel, salze es und rühre es mit ein wenig frischem Wasser an, schlage das Weiße von 2 Eiern, hernach ein ganzes, wieder ein Eiweiß, und wieder ein ganzes immer wechselweise daran, bis der Teig in der Dicke recht ist. Alsdann tunke ein Blättlein Salbei nach dem anderen darein, laß es ein wenig ablaufen, und backe es in recht heißem Schmalz […]“
  8. Philippe Cyriaque Bridel, Glossaire du patois de la Suisse romande, im Eigenverlag, Lausanne 1866, Band II, Art. „beignet, bounyè“, S. 315
  9. Thresor de santé, ou, Mesnage de la vie humaine […] par vn des plus celebres & fameux Medecins de ce siecle, Chez Iean Ant. Huguetan, Lyon 1607, S. 420: „On en fait des bignets, enuelopant les plus belles & plus larges feuilles de la sauge d'vne paste de fine farine, qu'on pestrit & dissout auec des oeufs, succre, canelle, & saffran, les faisant frire en beurre frais en la poesle.“
  10. Claudio Benporat, Cucina del Quattrocento, Olschki, Florenz 1996 (= Biblioteca dell'Archivum Romanicum, Serie I, 272), S. 132: „Per fare frittelle di salvia piglia uno pocho di fiore de farina distempandolla con ove zucharo canella zafrano perche sia gialda e haby delle foglie di salvia integre et ad una ad una le involteray in questa talle compositione frizendolle in structo o vero in ollio et similmente poy fare dela boragine“, vgl. S. 132
  11. Dazu Charles Allyn Williams, Zur Liederpoesie in Fischarts Gargantua, Niemeyer, Halle 1909 (Separatdruck aus: PBB Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 35,3 (1909), S. 395–464), hier S. 44f., Nr. 68, vgl. S. 11 zur Verfasserfrage, S. 16 zu Scandello als Fischarts Quelle
  12. Hildegard Schnabel (Hrsg.), Johann Fischart, Geschichtklitterung (Gargantua). Synoptischer Abdruck der Fassungen von 1575, 1582 und 1590, Niemeyer, Halle 1969 (= Neudrucke deutscher Literaturwerke, 65-69), S. 128
  13. Hoffmann von Fallersleben, Die deutschen Gesellschaftslieder des 16. und 17. Jahrhunderts, Teil I, 2. Aufl., Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1860, S. 326 zu „Sträubelein“
  14. Text von Scandello 1570 zitiert nach Williams 1909, S. 45, mit Wiedergabe von „u“ mit hochgestelltem „o“ durch „[ü]“
  15. Gutenberg