Satz von Osgood (Funktionalanalysis)

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Der Satz von Osgood ist ein mathematischer Lehrsatz, der im Übergangsfeld zwischen Funktionalanalysis und Topologie angesiedelt und nach dem Mathematiker William Fogg Osgood benannt ist. Er ist eng verbunden mit und sogar eine direkte Folgerung aus dem Kategoriensatz von Baire. Als Folgerung aus dem Satz von Osgood ergibt sich das Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit, eines der klassischen Resultate der Funktionalanalysis.[1][2][3]

Formulierung des Satzes

Gegeben sei ein topologischer Raum und darin eine Teilmenge von zweiter Bairescher Kategorie.

Gegeben sei weiter eine Familie von unterhalb stetigen reellwertigen Funktionen

.

Hierfür sei vorausgesetzt, dass die Familie auf punktweise gleichmäßig nach oben beschränkt sei:

Dann gilt:

Es existiert eine nicht-leere offene Teilmenge derart, dass die Familie der auf eingeschränkten Funktionen sogar gleichmäßig nach oben beschränkt ist, also der Bedingung
genügt.

Beweisskizze

Unter den genannten Bedingungen ist die Supremumsfunktion , definiert durch die Zuordnungsregel , selbst wieder unterhalb stetig[4]

Folglich genügt es, den Beweis nur für den Fall einer einzigen unterhalb stetigen reellen Funktion zu führen. Zudem kann man von vornherein voraussetzen.

Nun bildet man für jeweils die Teilmenge .

Diese bilden wegen der genannten Halbstetigkeitsbedingung eine aus lauter abgeschlossenen Mengen bestehende Überdeckung von . Da nun nach Voraussetzung von zweiter Bairescher Kategorie ist, hat notwendigerweise eine dieser abgeschlossenen Teilmengen, etwa , ein nicht-leeres Inneres. Nun setzt man und gewinnt so die gesuchte offene Teilmenge.

Folgerungen

Mit dem Satz von Osgood gelangt man direkt zum Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit, wonach gilt:

Eine punktweise nach oben beschränkte Familie stetiger Operatoren von einem Banachraum in einen normierten Raum ist bezüglich der Operatornorm stets gleichmäßig nach oben beschränkt.

Denn zunächst ist der Satz von Osgood insbesondere anwendbar für den Fall, dass ein Bairescher Raum ist und dass alle   stetig sind. Er gilt nach dem Baireschen Kategoriensatz dann sicher auch, wenn seine topologische Struktur durch eine vollständige Metrik erzeugt wird. In diesem Falle lässt sich die Aussage noch verschärfen und man gewinnt folgende spezielle Version des Osgoodschen Satzes:[1]

Ist eine punktweise nach oben beschränkte Familie von stetigen reellwertigen Funktionen auf einem vollständigen metrischen Raum , so existiert eine abgeschlossene Vollkugel mit .

Ausgehend von dieser speziellen Version kann man weiter verschärfen, indem man noch die besondere uniforme Struktur normierter Räume in Rechnung stellt, wonach alle abgeschlossenen Vollkugeln durch zentrische Streckung und Parallelverschiebung aus der abgeschlossenen Einheitskugel hervorgehen. Stellt man weiter in Rechnung, dass durch Verkettung eines stetigen Operators mit einer Norm – sofern möglich – stets eine unterhalb stetigen reellwertige Funktion entsteht,[5] so hat man das Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit.[2]

Verwandtes Resultat

Eng verwandt mit den obigen Sätzen ist das folgende Lemma von Gelfand[6][7]:

Sei ein normierter Raum und sei eine nach unten halbstetige Seminorm[8] auf . Ist diese Seminorm punktweise nach oben beschränkt auf einer Teilmenge der Zweiten Baireschen Kategorie, so existiert eine reelle Konstante mit:
  .

Das Lemma lässt sich mit den gleichen Überlegungen wie oben aus dem Satz von Osgood herleiten. Es führt seinerseits (und in gleicher Weise wie oben) direkt zum Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit.[7]

Weitere Folgerungen aus dem Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit

  • Jede schwach beschränkte Teilmenge – also damit jede schwach konvergente Folge – in einem normierten Vektorraums ist beschränkt.[9][10][11]
  • Ist eine Familie stetiger linearer Operatoren von einem Banachraum in einem normierten Raum und ist für jedes schwach beschränkt in , so ist bezüglich der Operatornorm gleichmäßig nach oben beschränkt.[10]
  • Konvergiert eine Folge stetiger linearer Operatoren von einem Banachraum in einen normierten Raum punktweise gegen eine Grenzfunktion , so ist ebenfalls ein stetiger linearer Operator und dabei gilt
.[12]

Literatur

Monographien

  • Izrail M. Gelfand: Collected Papers. Volume I. Edited by S. G. Gindikin – V. W. Guillemin – A. A. Kirillov – B. Kostant – S. Sternberg. Springer Verlag, Berlin u. a. 1987, ISBN 3-540-13619-3.
  • Harro Heuser: Funktionalanalysis. Theorie und Anwendung (= Mathematische Leitfäden). 4., durchgesehene Auflage. Teubner Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 3-8351-0026-2 (MR2380292).
  • L. W. Kantorowitsch, G. P. Akilow: Funktionalanalysis in normierten Räumen. In deutscher Sprache herausgegeben von Prof. Dr. rer. nat. habil. P. Heinz Müller, Technische Universität Dresden. Übersetzt aus dem Russischen von Heinz Langer, Dresden, und Rolf Kühne, Dresden. Verlag Harri Deutsch, Thun / Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-87144-327-1 (MR0458199).
  • Ronald Larsen: Functional Analysis. An Introduction (= Pure and Applied Mathematics. Band 15). Marcel Dekker, New York 1973, ISBN 0-8247-6042-5 (MR0461069).
  • Horst Schubert: Topologie. 4. Auflage. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6 (MR0423277).

Einzelnachweise

  1. a b H. Heuser: Funktionalanalysis. Theorie und Anwendung. 2006, S. 246 ff.
  2. a b R. Larsen: Functional Analysis. An Introduction. 1973, S. 146 ff.
  3. H. Schubert: Topologie. 1975, S. 132 ff.
  4. H. Schubert: Topologie. 1975, S. 134.
  5. Es handelt sich sogar eine Seminorm.
  6. I. M. Gelfand: Collected Papers. 1987, S. 205 ff.
  7. a b L. W. Kantorowitsch, G. P. Akilow: Funktionalanalysis in normierten Räumen. 1978, S. 107 ff.
  8. Kantorowitsch und Akilow nennen eine solche Seminorm ein nach unten halbstetiges konvexes Funktional.
  9. H. Heuser: Funktionalanalysis. Theorie und Anwendung. 2006, S. 326.
  10. a b F. Hirzebruch, W. Scharlau: Titel? Jahr?, S. 37–38
  11. Dies folgt mit dem Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit aufgrund der Tatsache, dass sich jeder normierte Raum linear-isometrisch in seinen Bidualraum einbetten lässt.
  12. H. Heuser: Funktionalanalysis. Theorie und Anwendung. 2006, S. 248.