Schleppkahn

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Der Schleppkahn, auch Schleppschiff oder Lastkahn genannt, entwickelte sich aus den frühen Treidelkähnen. Schleppkähne wurden auf Binnenwasserstraßen verwendet, die jahrhundertelang die Hauptverbindungswege für den Warentransport zwischen den Seehafenstädten waren. Lastkähne in der heutigen Binnenschifffahrt werden nicht mehr gezogen, sondern sind Motorschiffe.

Entwicklung

In Mitteleuropa wurden ganz unterschiedliche, den jeweiligen Wasserstraßenbedingungen angepasste Kahntypen entwickelt. Diese wurden gesegelt oder durch Menschen- oder Pferdekraft getreidelt und konnten nur wenig Last befördern. Haupttransportgüter waren Erzeugnisse des Landesinneren wie Getreide, Kohle, Torf, Holz, Erze, Salz und Fertigprodukte sowie Importgüter, so genannte Kolonialwaren. Die offenen, durch Luken abdeckbaren Laderäume waren durch acht bis 11 wasserdichte Wände (Schotten) getrennt. Mit Einführung der Dampfschlepper im 19. Jahrhundert konnten die Kähne immer größer gebaut werden, auf dem Rhein bis zu 130 Meter lang und einer Nutzlast bis zu 2500 Tonnen[1]. Es gab offene Kähne, solche mit Lukenabdeckung und Tankkähne.

Die Besatzung hatte Wohnungen auf den Kähnen. Achtern (hinten), im sogenannten Roof[2], wohnte der Schiffsführer mit seiner Familie. Er wurde auch Schiffer genannt und als selbständiger Eigentümer des Schleppkahns nannte er sich Partikulier. Vorne im Bugteil, im so genannten Vorunter, lebten die Matrosen. Das Leben an Bord war sehr einfach, es gab keinen Strom, geheizt wurde mit Kohleöfen. Die Ankerwinden wurden lange Zeit noch von Hand betätigt. Die Arbeit am Ruder war sehr hart. Die meisten Kähne hatten ein offenes Ruderhaus mit liegendem Haspel, das je nach Größe des Kahns mehrere Meter Durchmesser hatte. Je nach Wasserverhältnissen musste die gesamte Besatzung am Ruder stehen. Schleppkähne werden auch heute noch auf der Weser, Elbe und Donau eingesetzt, vereinzelt sieht man sie auch noch in den Niederlanden.

Auswahl von Schleppkähnen nach Fahrtgebiet

Tabelle von Schleppkähnen
Kahntyp Länge Breite Tiefgang Tragfähigkeit
Rhein-Herne-Kanal-Kahn 80,0 9,50 2,50 1.350 t
Elbe-Maß-Kahn 75,0 10,6 1,6 1.000 t
Dortmund-Ems-Kanal-Kahn 67,0 8,20 2,50 950
Plauer-Maß-Kahn 65,0 8,00 2,00 650 t
Groß-Plauer-Maß-Kahn 67,0 8,20 2,20 800 t
Weser-Kahn 60,5 8,80 1,90 650 t
Kempenaar 50,0 6,60 2,50 400 – 600 t
Neuer Kempenaar 55,0 7,20 2,50 700 – 800 t
Breslauer-Maß-Kahn (Oder) 55,0 8,00 2,00 620 t
Saale-Maß-Kahn 51,0 6,00 1,75 380 t
Groß-Saale-Maß-Kahn 52,0 6,35 2,00 450 t
Mainschiff 50,0 7,50 1,65 420 t
Maasspits 46,5 5,05 2,20 360 t
Neckarschiff 45,0 7,00 1,65 360
Unstrut-Maß 46,0 5,50 1,10 180 t
Berliner Maß-Kahn 46,00 6,60 1,75 350
Finowmaß 40,2 m 4,60 m 1,40 170 t
Groß-Finow-Maß-Kahn 41,0 m 5,10 m 1,75 m 270 t
Weser-Bock 42,12 6,58 1,35 250
Péniche (Flamländer), Spits 38,5 5,05 2,30–2,50 360 – 400 t
Saarschiff 38,5 5,00 1,80 270 t
Lahnschiff 34,0 5,20 1,90 220
Harener Pünte (Ems) 26,0 5,70 1,75 180

Quelle:[3][4]

Bildbeispiele

Literatur

  • Holger Patzer: Die Fluß- und Hafenschiffahrt der DDG Hansa. H. M. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 3-89757-140-4.
  • Paul Neubaur: Mathias Stinnes und sein Haus. Ein Jahrhundert der Entwickelung 1808-1908. Mülheim an der Ruhr, 1908, Online

Weblinks

Wiktionary: Lastkahn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Schleppkahn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Dr. Paul Neubaur: Mathias Stinnes und sein Haus. Ein Jahrhundert der Entwickelung 1808-1908. Staatsbibliothek zu Berlin, 1908, S. 157, abgerufen am 18. April 2016: „Heute laden einige der grössten eisernen Schleppkähne, das soll hier vorgreifend bemerkt werden, bis zu 50000 Zentnern.“
  2. privates Seemanslexikon
  3. Achilles, F. W.: Schleppkähne: die Lastesel der Binnenschiffahrt sterben aus. Deutsches Schiffahrtsarchiv, 1982, S. 75–118, abgerufen am 11. Mai 2021.
  4. Schleppkähne auf ddr-binnenschifffahrt.de, abgerufen am 10. Mai 2021