Schulabbruch

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Schulabbrecher bezeichnet man einen Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss bzw. ohne Abschlusszeugnis einer besonderen Schule.

Hintergrund

Im föderal gegliederten deutschen Staat ist das Schulwesen (ebenso wie das Polizeiwesen) Ländersache. Dort legen Kultus- oder Bildungs- bzw. Schulministerien die Bedingungen fest, unter denen ein Schüler den einfachen oder erweiterten Hauptschulabschluss erreichen kann. Nach dem Amoklauf von Winnenden wurde die Vereinheitlichung der Länderregeln vorangetrieben; so wird heute in allen Ländern in der 10. Klasse eine Prüfung zum "Mittleren Schulabschluss (MSA)" abgelegt, deren erfolgreiches Bestehen Voraussetzung für das Weiterkommen ist. Der Hauptschulabschluss wird erreicht, wenn man die 9. Klasse nicht wiederholen muss. Die Anzahl der Pflicht-Schulbesuchsjahre ist nach wie vor unterschiedlich in den Ländern.

Vergleichende Statistik innerhalb Deutschlands

Die Schulabbrecherquote (Abgänger ohne bestandene 9. Klasse) lag 2008 in Deutschland bei 7 Prozent, 2001 lag sie noch bei 9,7 Prozent. Betroffen waren im Entlassjahr 2008 insgesamt 64.400 Schüler. Im Kreisvergleich schwankt die Quote zwischen 13,9 Prozent (Landkreis Ostvorpommern) und dem Landkreis Prignitz mit 13,8 Prozent sowie dem Landkreis Eichsfeld mit 2,5 Prozent und der Stadt Jena mit 3,1 Prozent. Insgesamt lagen nur vier Kreise der zwanzig Kreise mit den höchsten Abbrecherquoten in westdeutschen Bundesländern. Baden-Württemberg (5,5 Prozent) und Bayern (6,3 Prozent) weisen die geringsten Quoten, Sachsen-Anhalt mit 10,8 Prozent vor Mecklenburg-Vorpommern mit 9,9 Prozent die höchsten Quoten (2008) auf. Insgesamt brachen 8,6 Prozent der männlichen Abgänger die Schule ab, bei den jungen Frauen waren es 5,5 Prozent.

Seit 2008 hat sich die Schere zwischen den Bundesländern weiter geöffnet. Laut Statistik des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) ergab sich für 2011 folgendes Bild: Bayern 4,1 Prozent, Baden-Württemberg und Niedersachsen: jeweils 4,9 Prozent, sowie am anderen Ende der Statistik Mecklenburg-Vorpommern mit 14,2 Prozent.[1] Insgesamt verließen am Ende des Schuljahres 2011/2012 etwa 50.000 Jugendliche die Regelschulen, ohne einen Abschluss gemacht zu haben. Dies entspricht einem Anteil von 5,7 Prozent und ist somit eine deutliche weitere Verbesserung.[2]

Einer Studie des deutschen Caritasverbandes zufolge steigt die Abbrecherquote seit einigen Jahren allerdings wieder an: Mit etwa 52.000 Schulabbrechern im Jahr 2017 lag die bundesweite Quote zuletzt bei 6,9 %.[3]

Ohne Schulabschluss droht vielen Jugendlichen ein Leben als Hilfsarbeiter oder Empfänger von Arbeitslosengeld II. Von den 2009 rund drei Millionen bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Arbeitslosen hatten 472.400 keinen Schulabschluss, viele von ihnen waren Langzeitarbeitslose.[4]

Ursachenforschung

Von wissenschaftlicher Seite ist das Phänomen „Schulabbruch“ besonders gut in den Vereinigten Staaten untersucht. Weil es in den USA keinen dem Hauptschulabschluss bzw. der mittleren Reife entsprechenden Schulabschluss gibt, ein Schulabbruch also die einzige „Alternative“ zum Erwerb der Studienerlaubnis (High School Diploma) darstellt, ist das Problem Dropout in diesem Land besonders augenfällig.[5] Im Jahre 2009 verließen 8,1 % der amerikanischen High School-Schüler die Schule ohne einen Abschluss.[6] Zu den Prädiktoren des Schulabbruchs gibt es heute zahlreiche wissenschaftliche Studien; das Augenmerk gilt meist sozialen und akademischen Risikofaktoren.[7] Eine alternative Deutung hat der Psychologe Daniel Goleman vorgenommen, der bemerkt, dass Schulabbrecher oft Einzelgänger bzw. Außenseiter seien, deren emotionale und soziale Kompetenz unzureichend geschult sei.[8] Er bezieht sich dabei u. a. auf eine Studie von Stephen Asher und Sonda Gabriel, die beobachtet hatten, dass ca. 25 % der Kinder, die bereits in der Grundschule bei ihren Altersgenossen unbeliebt waren, die High School abbrachen.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [1]bbsr: Länderübersicht
  2. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 22. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bbsr.bund.debbsr: Zahl der Schulabbrecher weiterhin rückläufig – nach wie vor große regionale Unterschiede
  3. Studie Bildungschancen vor Ort. Deutscher Caritasverband e. V., 29. Juli 2019, abgerufen am 23. November 2019.
  4. dpa-Dossier Kulturpolitik 47/16. November 2009
  5. Vgl. en:High School Dropout in the United States
  6. Fast Facts Amerikanische Schulstatistik
  7. Z.B. Marcellars L. Mason: The Influence of Selected Academic, Demographic and Instructional Program Related Factors on High School Student Dropout Rates, 2008; Sara Battin-Pearson: Predictors of Early High School Dropout: A Test of Five Theories, Journal of Educational Psychology, 2000
  8. Daniel Goleman: Emotional Intelligence. Why It Can Matter More Than IQ. 1. Auflage. Bantam, New York 1995, ISBN 0-553-09503-X., S. 249‒251
  9. Stephen Asher, Sonda Gabriel: The Social World of Peer-Rejected Children, Konferenzpapier, American Educational Research Association, San Francisco, März 1989