St. Bruno von Querfurt (Langeneichstädt)
Die Kirche St. Bruno von Querfurt ist die ehemalige katholische Kirche von Langeneichstädt in der Stadt Mücheln (Geiseltal) im Saalekreis in Sachsen-Anhalt.
Lage
Die Kirche steht im Osten des langgezogenen Dorfes Langeneichstädt, dem ehemaligen Niedereichstädt, zwischen den Straßen Bahnhofsiedlung im Norden und Osten, Am Weinberg im Süden und der Friedensstraße im Westen.
Geschichte und Architektur
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viele Katholiken aus dem Rheinland, Schlesien und anderen katholischen Regionen auf der Flucht nach Mitteldeutschland.[1] Neben zahlreichen Notkirchen entstanden auch klassische Neubauten. Im heutigen Sachsen-Anhalt hatte Johannes Reuter schon in der Zwischenkriegszeit katholische Kirchen entworfen (etwa St. Marien (Delitzsch) oder der Turm der Herz-Jesu-Kirche (Bitterfeld)) und konnte sein Wirken auch in den folgenden Jahrzehnten fortsetzen.
Eine dieser Kirchen ist die 1955 erbaute Kirche von Langeneichstädt, die dem heiligen Brun von Querfurt geweiht wurde, der nur wenige Kilometer entfernt lebte.[2][3] Sie gehört zu den durchaus zahlreichen Sakralbauten, die in der DDR entstanden, ist in ihrem Architekturstil aber recht klassisch gestaltet. Wie etliche der romanischen Kirchen im Saalekreis besitzt sie eine wuchtigen Querturm, allerdings nicht wie sonst üblich an der Westseite (etwa St. Wenzel (Langeneichstädt)), sondern nördlich des Kirchenschiffes. Anklänge romanischer Formsprache finden sich auch in den rundbogigen Fenster- und Schallöffnungen, die allerdings wesentlich größer sind als bei romanischen Kirchen, sowie durch die Verwendung von unverputztem Steinmauerwerk (Naturstein). Am ehesten ist die Kirche somit dem Heimatschutzstil zuzuordnen. Der Turm besitzt ein Walmdach.[4]
Die ersten katholischen Gottesdienste hatten 1945/1946 in der evangelischen Kirche St. Wenzel im Ort stattgefunden. Diese erweiterten sich bald auf die Nachbardörfer Barnstädt, Göhrendorf, Kalzendorf und Wünsch. Allein in Langeneichstädt gab es 400 Katholiken, in den anderen Dörfern weitere 1000.[1] Im Jahr 1953 wurde ein Grundstück in Langeneichstädt erworben und die Kuratie Langeneichstädt errichtet. Am 26. September 1954 erfolgte der erste Spatenstich, dem die ersten Bauarbeiten folgten. Die Grundsteinlegung zur neuen Kirche erfolgte am 26. April 1955, ihre Weihe nahm der in Magdeburg residierende Weihbischof Friedrich Maria Rintelen am 20. November 1955 vor.[5] Die Bauzeit betrug lediglich 100 Arbeitstage. Der Erzbischof von Paderborn Lorenz Jaeger errichtete die Pfarrvikarie St. Bruno mit den Orten Nemsdorf, Göhrendorf, Barnstädt, Göhritz, Steigra, Kalzendorf, Jüdendorf, Wünsch und Langeneichstädt.[6] Eine weitere Vergrößerung der Pfarrei erfolgte im Jahr 1981, als Karsdorf, Wetzendorf und Wennungen zugeordnet wurden. Bereits im Jahr 1987 wurde kein neuer Priester mehr berufen und die Kirche in die Hände des Pfarrvikars von Mücheln gegeben, der die Gegend von 1945 bis 1955 betreut hatte.[7] Im Jahr 1990 erfolgte eine Sanierung der Kirche im Dachbereich, 1992 eine neue Ausmalung. Fünf Jahre später wurde die Pfarrvikarie auf Langeneichstädt und Wünsch begrenzt, die anderen Dörfer kamen zur St. Salvator (Querfurt). Im Jahr 1996 wurde Mücheln nach Braunsbedra verlegt und Langeneichstädt kam zum Pfarrer von Bad Lauchstädt.[8]
Mit der Gründung des Bistums Magdeburg im Jahr 1994 kam Langeneichstädt zu dessen Dekanat Merseburg. Im Jahr 2005 wurde das 50-jährige Kirchenjubiläum gefeiert.[9] Die fünf Geiseltalgemeinden näherten sich infolge der zurückgehenden Zahlen der Gemeindemitglieder (im Jahr 2006 in Langeneichstädt noch 66) einander an und begingen gemeinsame Gemeindefeste ab dem Jahr 2005.[10] Im Jahr 2010 entstand die Großpfarrei St. Norbert Merseburg.[11] Vier Jahre später, am 7. Dezember 2014, wurde die Kirche profaniert. Das Grundstück wurde in den Jahren 2015/2016 verkauft.[10]
Das Gotteshaus steht unter Denkmalschutz und ist im Denkmalverzeichnis mit der Erfassungsnummer 094 06071 als Baudenkmal eingetragen.[12]
Ausstattung und Inneres
Der angedeutete romanische Stil findet auch durch einen Rundbogen Ausdruck, mit dem Schiff und Altarraum voneinander abgetrennt wurden. Durch den Verzicht auf Glasmalerei bei den Schiff-Fenstern ist der Innenraum relativ hell, durch eine gewölbte Holzdecke erhielt der Raum zusätzliche Höhe. Der Altarraum besitzt bemalte Fenster und eine Decken-Täfelung.[13] Die Kirche besaß Altarkreuz, Tabernakel, Osterleuchter und Ambo aus der Werkstatt von Friedrich Schötschel. Sie stammten aus der Kapelle des Provinzialmutterhauses Ost der Marienschwestern in Berlin. 1963 spendete das Ursulinenkloster Erfurt eine Pietà als Dauerleihgabe.[7][14]
1958 erhielt die Kirche drei Glocken aus Stahlguss, die jeweils die Jahreszahl des Kirchenbaus in römischen Ziffern (MDCCCCLV) trugen. Die Glocken waren den Heiligen der evangelischen Dorfkirchen sowie Maria geweiht und trugen separate Inschriften:
Patrozinium | Gewicht | Inschrift |
---|---|---|
St. Wenzel | 430 kg | St. Wenzel Patron der Heimat führ uns zur ewigen Heimat |
St. Nikolaus | 300 kg | St. Nikolaus Helfer der Jugend zeig uns den Weg zu Christus |
St. Maria | 210 kg | St. Maria Mutter der Christenheit erbitte uns die Einheit im Glauben |
Nach der Säkularisierung der Kirche wurden die Glocken im Jahr 2015 demontiert und nach Bosnien-Herzegowina gebracht, wo sie in der hochwassergeschädigten Region von Novi Travnik aushelfen sollen.[15][16]
Umfeld
Neben der Kirche entstand im Jahr 1955 ein Pfarrhaus, welches 1987/1988 umgebaut und saniert wurde.[7] Es erhielt im Jahr 1994 ein neues Dach.[8] Im Jahr 1962 pflanzte man Bäume und Sträucher, wodurch ein parkartiges Gelände entstand.[13]
Literatur
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen Anhalt II. Regierungsbezirke Dessau und Halle. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1999, ISBN 3-422-03065-4.
- Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt, Band 6.2, Saalekreis. Altkreis Querfurt. Erarbeitet von Falko Grubitzsch und Marina Meincke-Floßfeder, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2012, ISBN 978-3-86568-830-9.
- Holger Brülls: Kirchenbau und kirchliche Kunst der Moderne in der katholischen Diaspora. In: Die St. Elisabeth-Kirche in Mieste (Altmark) und ihre Fenster von Lorenz Humburg. (=Treffpunkt Denkmal; 4), hrsg. vom Landesheimatbund Sachsen-Anhalt, Halle 2018, Seite 40.
- Steffan Bruns: Geiseltalchroniken. Geschichtliches und mehr zu den Orten an Geisel, Laucha, Leiha und Schwarzeiche. Berlin 2020.
Weblinks
- Kirche „St. Bruno“ in Langeneichstädt, Katholische Kirche Merseburg, abgerufen am 6. September 2020.
- Elli Elfriede Zabczyk: Langeneichstädt. In: Kirchenkreis Merseburg (YouTube). 25. Mai 2015, abgerufen am 6. September 2020 (Kurzer Beitrag mit Innenaufnahmen.).
- Arnold Hirsch: Die Kirche St. Bruno von Querfurt in Langeneichstädt, Geiseltaler Tourismus, abgerufen am 6. September 2020.
Einzelnachweise
- ↑ a b Katholische Gemeinde „St. Bruno“. Kirchengeschichte. Evangelisches Kirchspiel Langeneichstädt und Evangelische Kirchengemeinde Schnellroda-Albersroda, abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ Brülls, Seite 40.
- ↑ Denkmalverzeichnis, Seite 45.
- ↑ Dehio, Seite 408–409.
- ↑ katholische-kirche-merseburg.de (Memento vom 19. Februar 2015 im Internet Archive)
- ↑ Katholische Gemeinde „St. Bruno“. 1945-1959. Evangelisches Kirchspiel Langeneichstädt und Evangelische Kirchengemeinde Schnellroda-Albersroda, abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ a b c Katholische Gemeinde „St. Bruno“. 1960-1989. Evangelisches Kirchspiel Langeneichstädt und Evangelische Kirchengemeinde Schnellroda-Albersroda, abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ a b Katholische Gemeinde „St. Bruno“. 1990-1999. Evangelisches Kirchspiel Langeneichstädt und Evangelische Kirchengemeinde Schnellroda-Albersroda, abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ Bistum Magdeburg. Lebendige Kirche im Geiseltal. In: Tag des Herrn (Zeitung). 18. Juni 2005, abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ a b Katholische Gemeinde „St. Bruno“. 2000-2014. Evangelisches Kirchspiel Langeneichstädt und Evangelische Kirchengemeinde Schnellroda-Albersroda, abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ Pastoralvereinbarung des katholischen Gemeindeverbundes Merseburg. (pdf) Katholische Kirche Merseburg, 6. Januar 2009, abgerufen am 6. September 2020 (Vereinbarung zum Zusammenschluss.).
- ↑ Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt (pdf, 9,9 MB) – Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (der Abgeordneten Olaf Meister und Prof. Dr. Claudia Dalbert; Bündnis 90/Die Grünen) – Drucksache 6/3905 vom 19. März 2015 (KA 6/8670).
- ↑ a b Kirche St. Bruno. D-06268 Mücheln-Langeneichstädt. In: Via Regia – Kulturstraße des Europarates. Abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ Bruns, Seite 28.
- ↑ Uljana Wuttig-Vogler: Dieter Falken aus Leuna. Kran für Glocken-Demontage gesucht. Mitteldeutsche Zeitung, 22. Februar 2015, abgerufen am 6. September 2020.
- ↑ Diana Dünschel: Kirche in Langeneichstädt. Glocken ziehen um. 10. März 2015, abgerufen am 6. September 2020.
Koordinaten: 51° 20′ 47,9″ N, 11° 45′ 15,5″ O