Staatsbürgerschaft der DDR

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Die Staatsbürgerschaft der DDR wurde am 20. Februar 1967 durch das Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik (Staatsbürgerschaftsgesetz)[1] eingeführt, das von der Volkskammer der DDR beschlossen wurde. Von der Bundesrepublik Deutschland wurde das DDR-Staatsbürgerschaftsgesetz nicht generell für unbeachtlich gehalten, insoweit das Wiedervereinigungsgebot und damit auch der „Fortbestand der [gesamt-]deutschen Staatsangehörigkeit“ gewahrt blieben.[2]

Geschichte

Dieses Gesetz setzte in der Deutschen Demokratischen Republik das bis dahin gültige und in Gesamtdeutschland geltende Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) von 1913 außer Kraft (§ 19 Absatz 2) und hob die noch in der ersten DDR-Verfassung von 1949 festgeschriebene einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit auf.[3] Die neue Regelung der DDR-Staatsbürgerschaft sollte ein Ausdruck der eigenen Souveränität sein und die nationale Identität des sozialistischen Staates fördern. Offizielle Bezeichnung für die Bewohner der DDR nach diesem Staatsbürgerschaftsrecht war DDR-Bürger bzw. Bürger der DDR. Bereits seit 1964 enthielten DDR-Personalausweise den Vermerk „Bürger der Deutschen Demokratischen Republik“.

Als erstes westliches Land erkannte am 26. März 1975 Österreich die Staatsbürgerschaft der DDR an.

Rechtliche Wirksamkeit im Verhältnis zum RuStAG

Gemäß ihrer Rechtsauffassung maß die Bundesrepublik Deutschland einer eigenständigen Staatsbürgerschaft der DDR nur eine begrenzte Bedeutung und Rechtswirkung bei.[4] DDR-Bürger galten ebenso wie Bundesbürger als „Deutsche im Sinne des Grundgesetzes“ (Art. 116 GG). Daran hielt die Bundesrepublik auch fest, nachdem sie den Alleinvertretungsanspruch aufgegeben hatte. Die Anerkennung einer Staatsbürgerschaft der DDR durch die Bundesrepublik war eine der Geraer Forderungen Erich Honeckers.

Jeder DDR-Bürger hatte auch einen gesetzlichen Anspruch auf einen Reisepass der Bundesrepublik Deutschland, wobei dieser Anspruch von der DDR nicht anerkannt wurde. Praktisch bedeutete dies, dass Bürger, denen ein Visum für die Bundesrepublik erteilt wurde, dort den Reisepass kurzfristig erhalten konnten und damit auch Reisen in andere Länder unternehmen konnten. Vor der Rückkehr in die DDR wurde der bundesdeutsche Reisepass dann auf Wunsch amtlich verwahrt, da es den Bürgern nach DDR-Recht verboten war, den bundesdeutschen Reisepass zu erwerben. Theoretisch konnten DDR-Bürger etwa auch bei Auslandsreisen, zum Beispiel in das sozialistische Ausland, in konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik einen bundesdeutschen Reisepass erwerben – dieser konnte aber ohne amtlichen Einreisestempel des sozialistischen Landes nicht zur Ausreise benutzt werden und war somit praktisch wertlos.

Das Bundesverfassungsgericht folgerte aus dem Wiedervereinigungsgebot, dass die Verleihung der DDR-Staatsbürgerschaft automatisch zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes führte – also auch für Bürger, die vor der Einbürgerung im Sinne des Grundgesetzes keine Deutschen waren. Dies galt „innerhalb der Grenzen des ordre public“.[5]

Im Jahr 1982 erließ die DDR-Regierung eine Verordnung[6], die alle bis dahin Geflüchteten straffrei stellte, aber zugleich ihre DDR-Staatsbürgerschaft aufhob. Der 1972 ausgehandelte Grundlagenvertrag hatte diese Punkte nicht geregelt.

Mit dem der Wende nachfolgenden Einigungsvertrag wurde die Staatsbürgerschaft der DDR gegenstandslos.

Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik

§ 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes (StBüG) regelte zunächst die initiale Vergabe der Staatsangehörigkeit, was aufgrund der zeitlichen Differenz zwischen Staatsgründung 1949 und Schaffung der Staatsangehörigkeit Fallunterscheidungen nötig machte.

Die erste (und größte) Fallgruppe waren diejenigen, die bei der Staatsgründung 1949 deutsche Staatsangehörige waren und die 1967 Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der DDR hatten. Diese wurden automatisch DDR-Staatsbürger.

Die zweite Fallgruppe waren diejenigen, die bei der Staatsgründung 1949 deutsche Staatsangehörige waren und die 1967 keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der DDR hatten. Sofern diese keine andere Staatsbürgerschaft erworben hatten, konnten sie ihren Willen, Staatsbürger der DDR zu sein, durch Registrierung bei einem dafür zuständigen Organ der Deutschen Demokratischen Republik dokumentieren und wurden ebenfalls Staatsangehörige der DDR. Dies betraf beispielsweise Personen, die im Auftrag der SED oder der DDR im Ausland oder in der Bundesrepublik waren.

Die letzte Gruppe waren die Personen, die nach 1967 die Staatsangehörigkeit erwarben oder einbüßten. Die Regeln hierfür legte § 4 StBüG fest.

Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik wurde durch

  • Abstammung,
  • Geburt auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik oder
  • Verleihung

erworben. Die Kombination aus Abstammungsprinzip und Geburtsortsprinzip sollte möglichst niedrige Hürden bei dem Erwerb der Staatsbürgerschaft schaffen.

Umgekehrt wurden die Hürden für einen Verlust der DDR-Staatsbürgerschaft höchstmöglich angesiedelt. Ein freiwilliger Verzicht war nicht möglich. Gemäß § 9 StBüG endete die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik nur durch

  • Entlassung,
  • Widerruf der Verleihung oder
  • Aberkennung.

§ 3 Abs. 2 sollte darüber hinaus den Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit verhindern. Er regelte, dass ein DDR-Staatsbürger nur mit Zustimmung der zuständigen staatlichen Organe der DDR eine andere Staatsangehörigkeit annehmen durfte.

In der Wende strich die Volkskammer im Gesetz vom 29. Januar 1990 (GBl. I S. 31) § 3 Abs. 2 und ersetzte § 9 durch: „Die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik geht durch Verzicht verloren.“

Ausbürgerungen

§ 13 StBüG regelte, „die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik kann Bürgern, die ihren Wohnsitz oder Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik haben, wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten aberkannt werden.“

Dies war die Rechtsgrundlage für die Ausbürgerungen, mit denen die DDR sich unliebsamer Oppositioneller entledigte.

Opfern einer Ausbürgerung wurden vom Ministerrat der DDR die Staatsbürgerschaft der DDR aberkannt, z. B.

Opfer einer Ausbürgerung sind aber auch politische Gefangene der DDR, die in der Haft genötigt wurden, einen Antrag auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft zu stellen, z. B.:

Durch das Gesetz vom 29. Januar 1990 wurde auch der § 13 aufgehoben.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. GBl. DDR 1967 I S. 3; näher dazu Ingo von Münch: Die deutsche Staatsangehörigkeit. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft. De Gruyter Recht, Berlin 2007, ISBN 978-3-89949-433-4, S. 91–96. Das StBüG ist am 23. Februar 1967 in Kraft getreten.
  2. So Ingo von Münch, Die deutsche Staatsangehörigkeit, de Gruyter, S. 97 ff., 105.
  3. Peter Schlotzer: Praxishandbuch Staatsangehörigkeitsrecht, Jehle, 1. Auflage 2017, ISBN 978-3-7825-0608-3, S. 64; Herwig Roggemann: Die Verfassung der DDR. Entstehung, Analyse, Vergleich, Text. Leske, Opladen 1970, S. 89, Anm. 207. Vgl. dazu Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik (StBG) vom 3. August 1967 (GBl. DDR 1967 II S. 681).
  4. Vgl. Ingo von Münch, Die deutsche Staatsangehörigkeit, de Gruyter, S. 101–105, 315 (eingeschränkte Online-Version in der Google-Buchsuche).
  5. Richtungsweisend war hier der so genannte Teso-Beschluss vom 21. Oktober 1987; siehe auch Ingo von Münch, Die deutsche Staatsangehörigkeit, de Gruyter, S. 103 ff. (eingeschränkte Online-Version in der Google-Buchsuche).
  6. Verordnung zu Fragen der Staatsbürgerschaft der DDR vom 21. Juni 1982 (GBl. I 1982, Nr. 22, S. 41). In: verfassungen.de, abgerufen am 19. Juni 2019.
  7. Traumland DDR, Der Spiegel 42/1982 vom 18. Oktober 1982.