Stadtplanung

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Plan einer Idealen Stadt/Planstadt für 100.000 Einwohner (Jean-Jacques Moll, 1801)

Die Stadtplanung beschäftigt sich mit der Erarbeitung und Realisierung von wünschenswerten, den menschlichen Bedürfnissen entsprechenden zukünftigen Zuständen einer Stadt und ihrer Teilbereiche. Sie erarbeitet räumliche Konzepte und Prozesse und berücksichtigt dabei insbesondere ökonomische, ökologische, soziale, gestalterische und technische Gesichtspunkte. In der Regel ist sie staatlich institutionalisiert und ordnet verbindlich die Bodennutzung im Gemeindegebiet. Dies umfasst sowohl die öffentliche und die private Bautätigkeit als auch die raumbezogene Infrastrukturentwicklung, im Idealfall unter Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange mit dem Ziel der Konfliktminimierung.

Im Fach Stadt- und Regionalplanung, das diverse Hochschulen als Studiengang anbieten, wird zusätzlich die Planung auf übergeordneter räumlicher Ebene (Region oder Land) betrachtet. Die Raumplanung umfasst begrifflich zusätzlich auch die Entwicklung von Landgemeinden bzw. Dörfern. Der stärker architektonisch ausgerichtete Städtebau befasst sich im Besonderen mit den sichtbaren und gestalterischen Aspekten der Stadtplanung.

Einführung

Putbus auf der Insel Rügen, ein Beispiel für Stadtplanung im Klassizismus des frühen 19. Jahrhunderts

Die mit Stadtplanung beschäftigten Fachleute (meist Stadtplaner, aber auch Architekten, Bauingenieure, Geografen, Landschafts- oder Raumplaner sowie Verkehrsingenieure) werden als Stadtplaner bezeichnet. In Deutschland ist diese Berufsbezeichnung in allen deutschen Bundesländern gesetzlich geschützt und darf nur von den Fachleuten verwendet werden, die in der entsprechenden Liste der Stadtplaner- und Architektenkammern der Länder eingetragen sind. Stadtplaner arbeiten zum überwiegenden Teil in der öffentlichen Verwaltung der Kommunen und in freien Planungsbüros für Städtebau/Stadtplanung, teils aber auch in Architektur-, Landschaftsplanungs-, Ingenieur- und Verkehrsplanungsbüros, in intermediären Institutionen sowie an den einschlägigen Fachbereichen der Universitäten und Fachhochschulen. Die Stadtplanung ist eine Disziplin, die an einigen Hochschulen als eigenständiges Studienfach oder als Vertiefung in einer fachverwandten Ausbildung wie der Architektur, dem Bauingenieurwesen, der Geografie, der Raumplanung oder dem Verkehrswesen gelehrt wird.

Gesetzliche Aufgabe der Stadtplanung in Deutschland ist die Erzielung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung der Städte und Gemeinden sowie deren Teilgebiete. Dabei sind die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen. Eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozial gerechte Bodennutzung ist zu gewährleisten. Stadtplanung soll dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz. Darüber hinaus soll die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell erhalten und entwickelt werden. Grünordnung und Landschaftsplanung erhalten eine zunehmende Bedeutung im Rahmen der Stadt- und Ortsplanung und des Stadtumbaus.

Geschichte der Stadtplanung

Die frühsten Zeugnisse komplexer Stadtplanung finden sich in der Indus-Kultur (Harappakultur), die ab ca. 2600 v. Chr. Städte baute, die als Besonderheit unter anderem eine gleichförmige Form der Städte aufwies oder auch das Vorhandensein von Wasserversorgung und Kanalisation.[1]

Frühe Zeugnisse der Stadtplanung finden sich in der Geschichte des Städtebaus in China schon während der Shang-Dynastie mit u. a. dem Bau der Hauptstadt Xibo (1548–1399 v. Chr.).

In Griechenland entstanden ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. etwa 1000 griechische Städte mit oder ohne Plan. Vor allem die Städteneugründungen im Mittelmeerraum ab etwa 450 v. Chr. wurden nach einem rasterförmigen Plan erbaut. Stadtplaner Hippodamos von Milet (5. Jahrhundert v. Chr.) entwickelte dazu sein „hippodamisches System“, ein System aus gleichmäßigen und gleich großen Parzellen. Die römischen Städte übernahmen viel von diesem griechischen System der Rasterstädte mit Hauptstraßen (decumani) oft von Osten nach Westen und Querstraßen (cardi), die dann die bebauten Rechtecke (insulae) bildeten. Agora (griechisch) oder Forum hießen das Zentrum der Stadt.

In Frankreich oder Deutschland wurde der geplante römische Stadtgrundriss später durch ein unregelmäßiges Straßennetz überlagert (Trier, Aachen), das nach verbreiteter Lehrmeinung zufällig entstanden ist. Nach neueren Erkenntnisse könnte jedoch zahlreichen der im Hochmittelalter im deutschen Sprachraum neu gegründeten Städten ein stadtplanerischer Entwurf zugrunde liegen, der auf Grundlage einer Kombination von rechtwinkligem Straßennetz und Kreisbogensegmenten gezielt ein Straßennetz gestaltete, das an die Bedürfnissen der Stadtbewohnern und die Funktion der verschiedenen Einrichtungen sowie den Gegebenheiten der Umgebung angepasst war; dabei konnte z. B. die Bedeutung einer Kathedrale unterstrichen, der Schwung eines Flussbogens aufgenommen oder die Anbindung eines Marktplatzes an die Überlandstraßen oder einen Hafen optimiert werden (siehe auch hier).[2]

Bekannte Planungen in Europa stellen u. a. Valletta (1565), gebaut nach Plänen des Festungsbaumeisters Francesco Laparelli da Cortona da oder die Idealstädte der Renaissance wie Freudenstadt zur Zeit von Herzog Friedrich I. (um 1600) durch Baumeister Heinrich Schickhardt (1558–1635) sowie Pienza, ein erstes Beispiel einer „humanistischen“ Stadtplanung oder Sabbioneta, geplant durch Festungsbaumeister und Herzog Vespasiano Gonzaga (1531–1591). Anregungen dieser Art fanden im westlichen Europa Verbreitung.

Große Eingriffe in die Stadtstruktur wie durch die Planungen von Georges-Eugène Haussmann (1809–1891) veränderten Paris und waren Beispiel für andere große Residenzstädte im Klassizismus.

Die Hochindustrialisierung in der Gründerzeit führte zu einem beispiellosen Wachstum der Städte, mit planmäßig angelegten Stadtteilen und Um- und Ausbau der Vorstädte, in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß (siehe: Gründerzeitviertel).

Stadtplanung in Deutschland

Gesetzliche Grundlage für stadtplanerisches Handeln in Deutschland bildet das Baugesetzbuch (BauGB). Im BauGB werden förmliche Verfahren zur Aufstellung verschiedener Pläne geregelt. Das Baugesetzbuch unterscheidet zwischen dem „Allgemeinen Städtebaurecht“ und dem „Besonderen Städtebaurecht“. Die Begriffe Städtebaurecht und Bauplanungsrecht werden dabei synonym verwendet.

Allgemeines Städtebaurecht

Den höchsten Stellenwert nimmt die Bauleitplanung ein, die zwei Planwerke von unterschiedlicher Detailschärfe und Verbindlichkeit unterscheidet:

  • Als vorbereitender Bauleitplan dient der Flächennutzungsplan (FNP, auch F-Plan), der das gesamte Gemeindegebiet umfasst und die Grundlage für die Ausarbeitung von detaillierten Plänen für Teile des Gemeindegebietes dient. Im FNP werden Aussagen über die zukünftig beabsichtigte Verteilung von Bodennutzungen getroffen, also die Verteilung und Zuordnung von Wohn-, Gewerbe-, Frei- und Sonderflächen sowie die Lage wichtiger Verkehrsstraßen. Der FNP ist aus dem Regionalplan zu entwickeln und hat einen zeitlichen Planungshorizont von rund 15 Jahren. Nach Abschluss des Aufstellungsverfahrens mit intensiver Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange wird der Flächennutzungsplan vom Gemeinderat beschlossen. Der Flächennutzungsplan entfaltet gegenüber Privaten keine Rechtswirkung, sondern ist nur für öffentliche Stellen verbindlich.
  • Für Teilbereiche eines Gemeindegebietes werden verbindliche Bauleitpläne, die Bebauungspläne (B-Plan), als Satzungen aufgestellt. Nach dem Baugesetzbuch gibt es drei Arten von Bebauungsplänen: Qualifizierte Bebauungspläne, vorhabenbezogene Bebauungspläne (Vorhaben- und Erschließungspläne) und einfache Bebauungspläne. Zu diesen drei Arten von Bebauungsplänen ermöglicht das Baugesetzbuch noch verschiedene Unterarten wie den Bebauungsplan der Innenentwicklung. Bebauungspläne können neben den Aussagen zur Verteilung der Bodennutzungen auch gestalterische Festsetzungen und bestimmte Grundstücksrechte enthalten. Bebauungspläne sind parzellenscharf. Sie durchlaufen bei ihrer Aufstellung im Regelfall das gleiche Verfahren zur Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wie der Flächennutzungsplan. Bebauungspläne werden vom Gemeinderat als Satzung beschlossen. Sie sind danach unmittelbar rechtswirksam gegenüber jedermann, insbesondere den Grundstückseigentümern im Plangebiet.

Besonderes Städtebaurecht

Das Besondere Städtebaurecht regelt die Vorbereitung und Durchführung von städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen für Maßnahmen der Stadtsanierung, der besonderen städtebaulichen Entwicklung, des Stadtumbaus, der Sozialen Stadt und des Städtebaulichen Denkmalschutzes. Es legt die Rahmenbedingungen für weitere städtebauliche Private Initiativen fest.

Im Besonderen Städtebaurecht finden sich auch die Regelungen zur Aufstellung von Erhaltungssatzungen, Städtebaulichen Geboten, Sozialplänen und dem Härteausgleich.

Weitere Regelungen im Baugesetzbuch

Das Dritte Kapitel des BauGB regelt die Wertermittlung, Baulandangelegenheiten, Zuständigkeiten und Verwaltungsverfahren.

Aufgrund der Regelungen des Baugesetzbuches werden Rechtsverordnungen erlassen:

  • Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) bestimmt für verschiedene Typen von Baugebieten Art und Maß, in der ein Grundstück genutzt werden darf und enthält Vorgaben über Bauweise und überbaubare Grundstücksfläche.
  • Die Planzeichenverordnung (PlanzV) enthält Vorgaben für die plangrafische Darstellung von Bauleitplänen.
  • Die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) regelt die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken.

Bauordnungsrecht

Eng verzahnt mit dem Bauplanungsrecht nach dem BauGB ist das Bauordnungsrecht der Bundesländer. Auf der Grundlage der Landesbauordnungen können eine Reihe gestalterischer Festsetzungen erfolgen.

Informelle Pläne und Programme

Zu den Aufgaben der Stadtplanung gehört neben der Abwicklung formeller Planungsverfahren auch die Aufstellung informeller Planwerke und Programme. Unter informellen Plänen sind alle Pläne oft ohne gesetzliche Grundlage zu verstehen, die von der Planungsverwaltung freiwillig aufgestellt werden und daher weitgehend behördenverbindlich sind. Sie dienen in der Regel zur Erarbeitung von Planungsalternativen und sollen bei der Aufstellung formeller Pläne beachtet werden. Obwohl informelle Pläne aller Art denkbar sind, haben sich einige Standard-Planwerke herausgebildet:

sowie auch

  • Stadtteil- und Quartierskonzepte
  • Sanierungskonzepte oder Rahmenplan für geförderte Sanierungsgebiete
  • Regionalplan, Regionalstudien, Regionalmanagement, Regionale Entwicklungskonzepte
  • Städtebauliche Nutzungsstudien für u. a. der Nachnutzung großflächiger Industrie- oder Konversionsbrachen (zumeist bei früherer militärischer Nutzung)

sowie auf der Ebene der Trassierungs- und Verkehrsplanung

  • Planfeststellungsverfahren bei denen die Belange unterschiedlicher Träger im Verfahren angemessen Berücksichtigung finden müssen.

Gestaltungsplanung für den öffentlichen Raum

Zum Aufgabengebiet der Stadtplanung gehört auch noch die Gestaltungsplanung für die unterschiedlichen Bereiche. Es sind diese:

Darüber hinaus gibt es in der Stadtplanung eine lange Tradition von Planungswettbewerben. Für besonders anspruchsvolle städtebauliche (oder auch architektonische oder ingenieurtechnische) Vorhaben werden Ideenkonkurrenzen nach bestimmten Regeln durchgeführt, die zu einer Vielzahl an Lösungsvorschlägen führen. Aus den eingereichten Arbeiten ermitteln unabhängige Jurys den jeweils bestgeeigneten Entwurf.

Stadtplanung in Österreich

Das Prinzip der Stadtplanung wird in Österreich ähnlich umgesetzt, wie es in Deutschland der Fall ist. Selbst die Planungsinstrumente, wie etwa der Flächenwidmungsplan oder der Bebauungsplan, werden auf vergleichbare Weise angewendet. In Österreich wird das Verfahren unter dem Begriff Gemeindeplanung geführt, wobei der Wortteil „Gemeinde-“ auch städtische Siedlungsstrukturen mit einbezieht.

Stadtplanung in der Schweiz

Das Verfahren der Stadtplanung in der Schweiz wird durch das Bundesgesetz über die Raumplanung sowie die jeweiligen Bau- und Raumplanungsgesetze der 26 Kantone geordnet. Die Stadtplanung stützt sich häufig auf Stadtentwicklungskonzepte und Richtpläne. Diese zielen darauf ab, die zahlreichen Themen der Stadtplanung wie Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung, Verkehrsplanung, Umweltplanung, Freiraumplanung, Bauplanung usw. zu verknüpfen. Das wichtigste Rechtsinstrument der schweizerischen Stadtplanung ist die Bau- und Zonenordnung – ein Nutzungsplan in der Begriffswelt des Bundesgesetzes über die Raumplanung –, die für jedermann verbindlich mindestens Art und Mass der baulichen Nutzung des Bodens regelt. Mit detaillierteren sogenannten Sondernutzungsplänen wird für städtebaulich bedeutsame Teilgebiete die Nutzung und Überbauung festgelegt („Gestaltungspläne“, „Überbauungspläne“, „Überbauungsordnungen“, „Bebauungspläne“). Wichtig sind in der Stadtplanung aber auch die informellen Verfahren, wie die städtebaulichen Wettbewerbe oder die Architekturwettbewerbe. Sie bilden häufig die Grundlage für rechtliche Festlegungen oder für Verträge mit den Bauwilligen.

Aktuelle Themen der Stadtplanung

Durch gesellschaftliche Veränderungen ändern sich auch die Aufgabengebiete der Stadtplanung. Während ursprünglich die Bereitstellung geeigneter Flächen für Wohn- und Gewerbenutzung im Vordergrund stand, beschäftigt sich die Stadtplanung heute besonders auch mit folgenden Aufgaben, welche sich teilweise überlappen:

Bürgerbeteiligung

Die bestehenden Verfahren zur Information und Beteiligung der Öffentlichkeit in Planungsverfahren werden häufig als unzureichend betrachtet. Starke öffentliche Proteste, wie beim Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs, zeigen das starke öffentliche Interesse an der stärkeren Mitwirkung in Planungsentscheidungen auf verschiedenen räumlichen Ebenen und in der Fach- wie auch der allgemeinen städtebaulichen Planung. Zunehmend wird daher in der Stadtplanung versucht, neue und stärkere Formen der Beteiligung und Entscheidung durch die Öffentlichkeit zu implementieren, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen. Dem wird entgegengehalten, dass stärkere Öffentlichkeitsbeteiligung der Durchsetzung reiner „Nimby“-Interessen Vorschub leisten kann, sich somit die sich am stärksten und professionellsten artikulierenden Interessen gegenüber schwächeren, aber möglicherweise objektiv begründeteren Interessen durchsetzen können.

Digitalisierung, „Smart City“

Technologische Innovationen und neue digitale Werkzeuge und Angebote durchdringen immer stärker Städte und ihre Planung. Vielfach wird hiervon ein Gewinn an Effizienz und Lebensqualität in Städten erwartet. Gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die auf die Entfaltung dieser Gewinne abzielen, nutzen häufig das Schlagwort „Smart City“. Kritiker befürchten eine Zunahme der Überwachung und eine zu starke Rolle großer Technologiekonzerne gegenüber den demokratisch legitimierten Institutionen.

Festivalisierung

Viele Städte erhoffen sich derzeit neue Impulse für die Weiterentwicklung von Stadträumen durch die Planung und Durchführung großer Veranstaltungen aus den Bereichen Musik, Kultur, Freizeit oder Sport. Ebenso finden sich Hoffnungen auf Wachstumsimpulse und Ausstrahlungseffekte durch Unternehmen der Kulturwirtschaft in fast jedem Leitbild städtischer Planungen wieder. Beispiele solcher „Festivals“ oder „Events“ sind Veranstaltungen im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas, Internationale Bauausstellungen, EXPO-Weltausstellungen oder Sportgroßveranstaltungen bis hin zu den Olympischen Spielen. Mit großem finanziellem Aufwand werden insbesondere Innenstadträume auf derartige Veranstaltungen vorbereitet und umgestaltet. Durch gezielte nationale Kulturförderung aus Mitteln der staatlichen Lotterie ist diese Entwicklung in Stadtzentren Großbritanniens besonders anschaulich zu beobachten (Millennium-Projekte). Kennzeichnend für die Umsetzung derartiger Großvorhaben sind Kooperationsstrukturen, welche die Kommune mit der lokalen Privatwirtschaft und einzelnen Akteuren eingeht. Positivbeispiele für eine sich selbst tragende Entwicklung der Stadterneuerung im Zeichen der Festivalisierung finden sich in der Belebung der Stadtkerne von Manchester, Wolfsburg und Lille.

Gentrifizierung

Die Gentrifizierung ist ein Vorgang, der zunächst mehr durch politisch-wirtschaftliche Vorgänge erzeugt wird, als durch die Stadtplanung. Sehr hohe bzw. steigende Mieten oder Wohneigentumspreise gegenüber nicht steigenden Löhnen zwingen Bewohner in andere, entferntere Stadtteile zu ziehen oder auch nur in bestimmte Stadtteile ziehen zu können. Hierdurch wird die typische gewachsene urbane Mischung von allen Bevölkerungsschichten aufgelöst. Kleinräumige soziale Mischung hat gemeinhin positive Wirkungen auf den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt und gesellschaftlichen Aufstieg Benachteiligter. Eine weitere Entfremdung und Anonymisierung der Gesellschaft, Verarmung der Bevölkerung in vielen Stadtgebieten sowie eine allgemeine Segregation (Entmischung) soll vermieden werden.

Neuer Urbanismus

Ein übergreifendes Thema der heutigen Stadtplanung ist der Neue Urbanismus (New Urbanism). Seit den 1970er Jahren findet die Blockrandbebauung, die Mischnutzung von Quartieren verbunden mit einer höheren städtischen Dichte, sowie die Orientierung der Siedlungsentwicklung an fußläufiger Erreichbarkeit und dem Öffentlichen Personennahverkehr wieder größere Beachtung als zuvor unter dem Leitbild der Charta von Athen. Gesetzgeberisch fand dies unter anderem Ausdruck in der Einführung der neuen Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“ in der Baunutzungsverordnung.

Quartiersentwicklung

Im Zuge der Umgestaltung vormals industriell genutzter Flächen, die mit dem Wachstum der Stadt inzwischen als innerstädtisch angesehen werden, tritt die Quartiersentwicklung[3] in den Fokus der Aufmerksamkeit, etwa die Hamburg-HafenCity, der Medienhafen Düsseldorf, der Rheinauhafen und die Parkstadt Süd in Köln oder die Umnutzung von ehemaligen Flughäfen wie dem Flughafen Berlin-Tegel, dem Flughafen Köln-Butzweilerhof oder der heutigen Messestadt Riem in München. Wegen der nicht zu leugnenden signifikanten Auswirkungen auf die Umgebung treffen diese zumeist von Großinvestoren realisierten gemischt genutzten Projekte nicht selten auf große Akzeptanzprobleme bei der umliegenden Bevölkerung. Als Chance gesehen wird andererseits die Möglichkeit, Fragen etwa der Nachhaltigkeit oder der Digitalisierung an einem Neubauprojekt beispielhaft umzusetzen.[4]

Rekonstruktion

Vermehrt wird heute der Wiederaufbau im Zweiten Weltkrieg zerstörter Gebäude und Stadtstrukturen kontrovers diskutiert und teilweise umgesetzt, obwohl deren Zerstörung nun bereits lange zurückliegt. Bekannte Beispiele sind die Frauenkirche in Dresden, das Berliner Stadtschloss oder die restaurierte Frankfurter Altstadt. Von Gegnern als rückwärtsgewandt und kitschig kritisiert, werden die Rekonstruktionen häufig in der allgemeinen Bevölkerung und durch Touristen positiv bewertet.

Schrumpfende Stadt

Seit einigen Jahren beschäftigt sich Stadtplanung mit sogenannten Shrinking Cities, also schrumpfenden Städten. Sie sind ein Phänomen krisenhafter Stadtentwicklung, das durch Strukturkrisen, Abwanderung und generellen Bevölkerungsrückgang durch das Ungleichgewicht von Geburtenrate und Sterberate verursacht wird. Hierbei muss Stadtplanung nicht auf Wachstum orientiert agieren, sondern sich mit den Problemen auseinandersetzen, die sich durch die immer dünner besiedelten Kommunen und dem Brachfallen ganzer Stadtquartiere ergeben. Eine besondere Herausforderung stellt die Anpassung der planungsrechtlichen Regularien dar, die hauptsächlich unter Gesichtspunkten des Umgangs mit Wachstum geschaffen worden sind.

Soziale Stadt

Bereits 1999 haben Bund und Bundesländer unter dem Programmtitel „Soziale Stadt“ ein Förderprogramm für „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf“ aufgelegt. Ziel dieses Programms ist es, der sich verschärfenden sozialen und räumlichen Spaltung in den Städten gegenzusteuern. Im Vordergrund steht die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerungsgruppen und den lokalen Akteuren in den Stadtteilen (siehe Quartiersmanagement). Angestrebt wird ein ganzheitlicher Planungsansatz, der über rein baulich-gestalterische Maßnahmen hinausgeht.

Städtebauliche Kriminalprävention

Der Ansatz der städtebaulichen Kriminalprävention zielt darauf, durch baulich-technische und sozialräumliche Maßnahmen Tatgelegenheiten zu reduzieren und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu stärken.[5] Hierzu zählt insbesondere auch die Vermeidung von Angsträumen. In Zusammenarbeit mit der Polizei können Sicherheitsanforderungen bereits im Stadium der Planung von Gebäuden und Außenanlagen berücksichtigt werden.[6] Das Baugesetzbuch (BauGB) setzt für die städtebauliche Kriminalprävention keine konkreten Vorgaben, sondern lediglich allgemeine Planungsziele (§ 1 Abs. 5 BauGB) und Planungsleitlinien (§ 1 Abs. 6 BauGB).[7]

Stadtumbau

Der Umgang mit bestehenden Stadtquartieren bekommt einen wachsenden Stellenwert in der Stadtplanung, da vielfach die vorhandenen Siedlungsstrukturen nicht mehr den heutigen Anforderungen genügen und planerische Maßnahmen erfordern. Das Problem des Stadtumbaus stellte sich zunächst in Ostdeutschland, wo die Abwanderung aus den Plattenbau­siedlungen Umstrukturierungen notwendig machte. Inzwischen wurden die Förderprogramme auf Gesamtdeutschland ausgedehnt, sodass bundesweit nunmehr umfassende Maßnahmen zur Neuordnung bestehender Stadtteile oder Stadtquartiere und zum geordneten Rückbau nicht mehr benötigten Wohnraums umgesetzt werden können.

Umweltgerechtere Stadtplanung

Die Erkenntnis, dass Städte einen großen und weiter wachsenden Teil der Weltbevölkerung beherbergen und dabei für einen hohen Teil der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, gleichzeitig durch ihre hohe Dichte aber besondere Potenziale zur Effizienzsteigerung aufweisen, hat dazu geführt, dass besondere Hoffnungen auf eine Reduzierung von Emissionen und eine Steigerung der städtischen Lebensqualität in einen umweltgerechten Umbau der Städte gelegt werden. Im Mittelpunkt stehen hier Energieeffizientes Bauen, eine stärkere Rolle des Umweltverbundes in der städtischen Mobilität, die Verbesserung des Stadtklimas durch Freihaltung von Luftschneisen, Einrichtung und Erhalt von Parkanlagen und Freiräumen und der Einschränkung der Versiegelung.

Aus- und Weiterbildung

Studium der Stadtplanung in Deutschland

Stadtplanung kann in Deutschland in Studiengängen mit verschiedenen Vertiefungsrichtungen studiert werden. Das Studium schließt mit Bachelor und Master ab. An einigen deutschen Hochschulen, sowie in Österreich und der Schweiz werden Teile der Stadtplanung als Vertiefungsrichtung der Architektur, Geografie oder anders lautender Studiengänge angeboten.

An folgenden deutschen Hochschulen werden Vollstudiengänge im Fach Stadtplanung angeboten:

Darüber hinaus existieren weitere Universitäten und Fachhochschulen, an denen Stadtplanung als Aufbau- oder Vertiefungsrichtung angeboten wird (hier eine beispielhafte Auswahl):

Weiterbildungsmöglichkeiten in Deutschland

Nach erfolgreichem Studienabschluss besteht mit dem städtebaulichen Referendariat die Möglichkeit der beruflichen Weiterqualifikation für Stadtplaner. Das Referendariat ist einerseits ein Vorbereitungsdienst für den höheren bautechnischen Verwaltungsdienst, andererseits eine umfassende praxisorientierte Zusatzausbildung. Ziel des Referendariats ist die Vermittlung umfassender Kenntnisse auf den Gebieten Verwaltung, Recht, Planung, Betrieb und Menschenführung, die weit über das im Studium vermittelte Wissen hinausgehen.

Die Ausbildung gliedert sich in informatorische Tätigkeiten und praktische Mitarbeit bei unterschiedlichen Dienststellen der öffentlichen Verwaltung, wobei der Schwerpunkt in der Planungs- und Bauverwaltung liegt. Daneben bestehen üblicherweise regelmäßige wöchentliche Arbeitsgemeinschaften der Referendare, bei denen in Form von Vorträgen, Referaten und Fachexkursionen umfangreiches Fachwissen vermittelt wird. Ergänzt wird die Ausbildung durch verschiedene längere Fachlehrgänge. Zum Abschluss des zweijährigen Referendariats sind mündliche und schriftliche Prüfungen abzulegen, danach sind die Absolventen berechtigt, den Titel „Bauassessor“ zu tragen.

Einige öffentliche und private Planungsträger, zum Beispiel Stadtverwaltungen oder Projektentwicklungs-Gesellschaften, bieten zur Weiterqualifizierung von Stadtplanungsabsolventen auch eigene Trainee-Programme an. Ähnlich dem Referendariat erhalten die Kandidaten dabei die Gelegenheit, Verwaltungsabläufe kennenzulernen, Fachwissen zu vertiefen und sich praxisnah einzuarbeiten.

Studium der Stadtplanung in Österreich und der Schweiz

In Österreich kann Stadtplanung an der Universität Wien (Geografie/Raumforschung und Raumordnung), an der Universität für Bodenkultur (Landschaftsplanung) in Wien sowie an der Technischen Universität Wien studiert werden.

In der Schweiz ist das Studium der Stadtplanung an zwei Hochschulen möglich: Als Nachdiplom-Studium an der ETH Zürich oder an der Hochschule für Technik Rapperswil. Die Universität Zürich bietet einen berufsbegleitenden Studiengang in Urban Management an.

Berufsverbände/Kammern

In Deutschland darf sich nur Stadtplaner oder Freier Stadtplaner nennen, wer in die Stadtplanerliste einer Architektenkammer eingetragen ist.

Für den Bereich der Stadtplanung bestehen in Deutschland drei Berufsverbände bzw. Vereine:

  1. Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e. V. (SRL)
  2. Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL)
  3. Informationskreis für Raumplanung e. V. (IfR)

In der Schweiz heißt der Berufsverband Fachverband Schweizer Planer (FSU).

Siehe auch

Portal: Planung – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Planung

Literatur

  • Guy Debord: Die Gesellschaft des Spektakels. Edition Tiamat, Berlin 1996, Kapitel VII: Die Raumordnung.
  • Dieter Frick: Zur Entwicklung des Studiengangs und des Instituts für Stadt- und Regionalplanung. Berlin 1997 (Volltext [PDF] Artikel zur Genese der Stadt- und Regionalplanungsausbildung an deutschen Hochschulen).
  • Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Weniger ist Zukunft 19 Städte – 19 Themen. JOVIS Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86859-100-2.
  • Klaus Theo Brenner: Die schöne Stadt – Darlegungen einer Entwurfsmethode für eine nachhaltige Stadtarchitektur. JOVIS Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86859-092-0.
  • Günther Witzany (Hrsg.): Zukunftsfähige Stadt- und Verkehrsplanung. Wieviel Kohr braucht die City? BoD, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8391-7593-4.
  • Regina Bittner, Wilfried Hackenbroich, Kai Vöckler: UN Urbanismus. JOVIS Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86859-087-6.
  • Klaus Humpert, Martin Schenk: Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung. Das Ende vom Mythos der „gewachsenen Stadt.“ Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1464-6 (mit vielen historischen Stadtgrundrissen und einer DVD).
  • Kristien Ring, AA PROJECTS und Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin, HG.: Selfmade City – Stadtgestaltung und Wohnprojekte in Eigeninitiative. JOVIS Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-86859-167-5.

Weblinks

Wiktionary: Stadtplanung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Klaus Fischer, Michael Jansen, Jan Pieper: Architektur des indischen Subkontinents. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, S. 111.
  2. Klaus Humpert, Martin Schenk: Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung. Das Ende vom Mythos der „gewachsenen Stadt“. Theiss, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1464-6
  3. Eva Gerber: Handbuch Quartierentwicklung, Wissen für die Praxis aus acht Jahren Programm «Projets urbains – Gesellschaftliche Integration in Wohngebieten», Bern 2017.
  4. Marina Vogt: Smarte Quartiere: Die Zukunft der Quartiersentwicklung. In: Management Circle, 17. Mai 2017, abgerufen am 19. März 1921.
  5. Jan Abt, Anke Schröder: Städtebauliche Kriminalprävention. In: Bauwelt 6/2017, www.bauwelt.de. 2017, abgerufen am 17. August 2019.
  6. Architekten und Planer: Polizeiliche Erfahrungen bei der Planung mit einbeziehen. In: www.polizei-beratung.de. Abgerufen am 17. August 2019.
  7. Marie-Luis Wallraven-Lindl: Städtebauliche Kriminalprävention. Aus: Erich Marks & Wiebke Steffen (Hrsg.): Sicher leben in Stadt und Land. Ausgewählte Beiträge des 17. Deutschen Präventionstages 16. und 17. April 2012 in München Forum. Verlag Godesberg GmbH 2013, ISBN 978-3-942865-15-9, S. 347–358, Online.