Stadtkirche St. Marien (Greiz)
Die Stadtkirche St. Marien ist die größte evangelische Kirche der Stadt Greiz im Südosten von Thüringen und die Parochialkirche der Kirchgemeinde Greiz. Zusammen mit dem Unteren Schloss bildet sie ein innerstädtisches klassizistisches Ensemble. Mit einer maximalen Kapazität von bis zu 812 Sitzplätzen ist die Kirche der größte Versammlungsraum der Stadt.
Geschichte
Die Baugeschichte des am heutigen Kirchplatz 2 befindlichen Kirchengebäudes beginnt mit einer um 1225 erstmals urkundlich belegten Chorturmkirche, die eine „Keimzelle“ der im Entstehen befindlichen mittelalterlichen Stadt darstellte.
Nach der Einführung der Reformation wurde das Gotteshaus zur evangelischen Stadtkirche. 1727 begannen umfassende Umbauten, die eine im Baustil des Barock verschwenderisch ausgestattete und im Grundriss und Größe erweiterte Hallenkirche entstehen ließen. 1736 konnte der Neubau mit einem ungewöhnlich hohen Ostturm vollendet werden. Die nun als Hofkirche der Fürsten Reuß ältere Linie genutzte Kirche fiel mit dem angrenzenden Pfarrhaus, Kirchplatz 3, und großen Teilen der Altstadt dem Stadtbrand von 1802 zum Opfer und brannte aus.[1]
Als eines der ersten Wiederaufbauprojekte konnte man die noch im Bau befindliche Kirche 1805 neu weihen.[2] Der noch als Ruine erhaltene markante Turm wurde dabei vorbildgetreu wiederhergerichtet, mit dem Aufsetzen der Turmhaube wurde der Wiederaufbau 1827 abgeschlossen.[1]
Innenraum
Mit dem Innenausbau der Kirchenruine wurde 1804 begonnen, als die Statik des Gebäudes wiederhergestellt und das Dach errichtet waren. Das Innere der dreischiffigen Kirche wird durch mächtige korinthische Säulen unterteilt, zwischen denen drei Emporengeschosse lagern. Auf der ersten Empore befindet sich der Prunksarg Heinrich VI. Er dient auch zur Erinnerung an den in der Schlacht bei Zenta 1697 gefallenen Greizer Helden. Am Ostabschluss dieser ehemaligen Hofkirche befindet sich ein Kanzelaltar mit reicher klassizistischer Ausstattung.
Die bei normalen Veranstaltungen erreichte Kapazität der Kirche verteilt sich wie in der nachfolgenden Tabelle dargestellt auf den Innenraum. Bei Konzerten mit Orchester stehen im Hauptschiff 68 Sitzplätze und bei Veranstaltungen unter Nutzung der Mittelempore vor der Orgel 60 Sitzplätze weniger zur Verfügung.
Links | Mitte | Rechts | Summe | |
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Hauptschiff | 17 | 248 | 20 | 285 |
1. Empore | 97 | 70 | 50 | 217 |
2. Empore | 71 | 73 | 46 | 190 |
3. Empore | 71 | - | 49 | 120 |
Summe | 256 | 391 | 165 | 812 |
Orgel
Die Silbermann-Orgel des Vorgängerbaus verbrannte beim großen Stadtbrand 1802 zusammen mit der Kirche. Nach der Neuerrichtung der Kirche erhielt sie als Interimslösung die alte Orgel aus dem oberen Schloss, wahrscheinlich ein Werk Trampelis. Diese Lösung sollte in den 1840ern durch einen Neubau ersetzt werden, der jedoch erst 1881 durch eine Orgel mit 3 Manualen und 40 Registern aus der Werkstatt des Orgelbaumeisters Richard Kreutzbach aus Borna verwirklicht wurde, Durch Gebrüder Jehmlich aus Dresden wurde durch Betreiben von Richard Jung (ein Freund Max Regers) das Instrument 1919 auf 63 Register erweitert und auf pneumatische Traktur umgebaut. Bis 1945 wurden noch kleinere klangliche Veränderungen durch letztere Firma vorgenommen, 1980 erfolgten durch Hartmut Schüßler, Greiz, weitere geringe klangliche Veränderungen, weiterhin wurde ein neuer Spieltisch ein- und die Traktur auf Elektropneumatik umgebaut.
Die Orgel ist derzeit stark sanierungsbedürftig. Einige Register sind nicht mehr spielbar, andere nur noch in Teilen. Weiterhin bedarf die Pneumatik und Elektrik einer grundhaften Überarbeitung. Die Sanierung soll der Orgel neben technischen bzw. elektrischen Verbesserungen auch das Klangbild von vor 1945 zurückgeben, da die seitdem vorgenommenen klanglichen Umbauten nur bedingt mit dem musikhistorischen Kontext der Orgel übereinstimmen. Die Sanierungsarbeiten begannen im Jahr 2021 und sollen bis voraussichtlich Herbst 2022 andauern.[3]
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- Koppeln:
- Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Superoktavkoppel: II/I, III/II, III/III
- Generalkoppel
- Spielhilfen: Crescendo und Jal. Schweller über Fußbedienung
Stadtkantoren
- Bis zu seinem Ruhestand war KMD Siegfried Schadwill Kantor in Greiz.
- In den Jahren 2000 bis 2004 war Matthias Grünert, Stadt- und Kreiskantors an St. Marien. Er führte 2003 das gesamte Orgelwerk Bachs auf und initiierte die Greizer Bachwoche. 2004 wurde er der erste Kantor der wiederaufgebauten Dresdner Frauenkirche.
- Von 2005 bis 2012 war Oliver Scheffels Stadt- und Kreiskantor an St. Marien, zudem in den letzten Jahren Propsteikantor des Propstsprengels Gera-Weimar und Orgelsachverständiger der EKM.
- Seit 2013 ist Ralf Stiller Stadt- und Kreiskantor an St. Marien.
Regelmäßige Veranstaltungen
Die Kirche ist neben ihrer religiösen Funktion für die Greizer Kirchgemeinde St. Marien auch ein kultureller Veranstaltungsort. Zu den jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen zählen:
- im Oktober: Musik- und Bibeltage in der Stadtkirche
- im November: Großer Herbstmarkt zum Buß- und Bettag
- im Dezember: Silvesterkonzert der Vogtland-Philharmonie in der Stadtkirche
Literatur
- Stefan Michel: Das historische und theologische Umfeld des Greizer Kirchenbaus von 1803 bis 1805. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der theologischen Aufklärung in Greiz. In: Andreas Hummel, Volker Schimpf, Hans-Jürgen Beier (Hrsg.): Von Kirchen und Burgen. Gedenkschrift für Günter Hummel (= Beiträge zur Frühgeschichte und zum Mittelalter Ostthüringens. Band 7). Beier & Beran, Langenweissbach 2016, ISBN 978-3-95741-049-8, S. 365–372.
Weblinks
- Suche nach Stadtkirche St. Marien (Greiz) In: Deutsche Digitale Bibliothek
- Website der Kirchengemeinde
Einzelnachweise
- ↑ a b Das nördliche Vogtland um Greiz. Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Greiz, Weida, Berga, Triebes, Hohenleuben, Elsterberg, Mylau und Netzschkau. In: Leibniz-Institut für Länderkunde (Hrsg.): Landschaften in Deutschland. Band 68. Böhlau Verlag, Leipzig 2006, ISBN 3-412-09003-4, Greiz, Denkmalbestand, S. 276.
- ↑ Stefan Michel: Das historische und theologische Umfeld des Greizer Kirchenbaus von 1803 bis 1805. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der theologischen Aufklärung in Greiz. In: Andreas Hummel, Volker Schimpff, Hans-Jürgen Beier (Hrsg.): Von Kirchen und Burgen. Gedenkschrift für Günter Hummel. Beier & Beran, Langenweißbach 2016, ISBN 978-3-95741-049-8, S. 365–372.
- ↑ Marius Frantz: Ein Instrument für die ganze Region. In: Glaube und Heimat vom 10. Oktober 2021, S. 8.
Koordinaten: 50° 39′ 21,6″ N, 12° 11′ 58,2″ O