Nobilitierung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Standeserhöhung)

Unter Nobilitierung (auch Adelung, Nobilitation oder Standeserhebung genannt) versteht man die Erhebung in den Adelsstand. Sie ist nur in Staaten mit monarchischer Staatsform möglich und kann nur von einem souveränen Monarchen ausgehen. Unter dem Nobilitierungsrecht versteht man das Recht, das ein Monarch (meist der König oder Kaiser) hat, um eine Person in den Adelsstand zu erheben.

Differenzierung

Man unterscheidet zwischen der Verleihung des persönlichen oder Personaladels und der des Erbadels. Bei letzterer Form ist der Titel erblich, d. h., er gilt auch für die Nachkommen des Nobilitierten; bei der erstgenannten ist er nur an die Person des Geadelten gebunden und wird nicht auf die Nachkommen übertragen. Beispiele für den persönlichen Adel sind die britischen Titel Knight bzw. (weiblich) Dame.

Rechtsform

Als Urkunde über die Standeserhöhung erhielt der Nobilitierte im Deutschen Reich bis 1918 ein Adelsdiplom (Adelsbrief des Briefadels). Die Verwaltung aller Adels- und insbesondere Nobilitierungsangelegenheiten obliegt in monarchischen Staaten einem Adels- oder Heroldsamt; auch in Preußen existierte ein solches bis 1920.

Einige hohe (Verdienst-)Orden waren bzw. sind mit der Verleihung des persönlichen Adels verbunden, so beispielsweise der Verdienstorden der Bayerischen Krone, die höchsten Stufen des Order of the British Empire sowie die verschiedenen landesfürstlichen Hausorden in Deutschland bis zum Thronverzicht aller regierenden deutschen Fürsten im Laufe des Novembers 1918. Die Verleihung des Schwarzen Adlerordens war sogar mit der Erhebung in den preußischen Erbadelsstand verknüpft.

Praxis in Großbritannien

Im Vereinigten Königreich werden zweimal im Jahr (am Neujahrstag und am offiziellen Geburtstag des Königs) sowie bei Abwahl der Regierung die Listen mit den Namen aller, die einen Orden erhalten, einschließlich der durch den Monarchen neu Nobilitierten, bekanntgegeben (sog. Honours List, siehe dazu britischer Adel).

Adelserhöhung

Eine besondere Form der Nobilitierung war bzw. ist die Adelserhöhung oder Standeserhöhung, also die Erhöhung der Stufe des Adels. Einfacher Adel konnte z. B. in den Freiherrn-, dann in den Grafenstand, danach in den Fürstenstand erhoben werden, ausnahmsweise zum Herzog.

Beispiele
  1. Otto von Bismarck beispielsweise wurde durch König Wilhelm I. 1865 in den Grafen-, 1871 in den Fürstenstand erhoben; 1890 verlieh ihm Kaiser Wilhelm II. anlässlich seiner Entlassung ad personam den Titel eines „Herzogs zu Lauenburg“.
  2. Als bemerkenswert gilt die 1881 durch den Fürsten Heinrich XIV. Reuß j.L., erfolgte Erhebung des bürgerlich geborenen und 1879 vom preußischen König geadelten Bankiers Adolf Wilhelm von Kessler in den reußischen erblichen Grafenstand (den einzigen, den die Häuser Reuß außerhalb ihrer eigenen Familie kreierten); sein Sohn Harry Graf Kessler wurde durch die Veröffentlichung seiner von 1880 bis 1937 reichenden Tagebücher zu einem bedeutenden Dokumentar seiner Zeit.
  3. Wilhelm Liebermann von Wahlendorfs Vater Adolf Liebermann (1829–1893) wurde 1873 vom damaligen österreichischen Kaiser Franz Joseph I. als „Ritter Liebermann von Wahlendorf“ in den österreichischen Adelsstand erhoben. Angesichts seiner Verdienste als Kunstsammler wurde ihm das Führen des Adelsprädikats auch in Preußen gestattet.

Adelsanerkennung

Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation war die Nobilitierung grundsätzlich ein Vorrecht des Kaisers. Im Laufe der Zeit erhielten auch einige Territorialfürsten dieses Recht. Im Deutschen Bund hatten alle (anfangs 36) regierenden Fürsten das Recht zur Nobilitierung. Dieser Adel galt dann zunächst im Herkunftsland, die Erhebung erfolgte in den Adelsstand des jeweiligen Staates, also z. B. in den „Großherzoglich Hessischen Adelsstand“. Insbesondere, wenn Adlige umfangreichen Besitz in anderen Staaten hatten, konnte sie eine Adelsanerkennung der betreffenden Staaten beantragen. So konnte beispielsweise ein Großherzoglich Hessischer Freiherr eine preußische Adelsanerkennung erhalten.

Umfang

Die Zahl der Nobilitierungen schwankte deutlich zwischen den einzelnen Territorien. Naturgemäß wurden in großen Territorien in absoluten Zahlen mehr Adelserhebungen gezählt als in kleinen, aber auch in Relation zu der Bevölkerungszahl ergeben sich spürbare Unterschiede.

Territorium Zeitraum Nobilitierungen pro Jahr
Königreich Preußen 1870–1918 1129 23,5
Königreich Bayern 1850–1900 ca. 200 4
Königreich Württemberg 1806–1908 108 1
Großherzogtum Baden 1806–1866 20 0,3
Herzogtum Nassau 1806–1866 8 0,1
Großherzogtum Hessen 1806–1918 172 1,5

[1]

Sonstiges

In einem übertragenen Sinn wird Nobilitierung auch für die „Ehrbarmachung“ ehemals trivialer, „gemeiner“ Objekte, Tatsachen und Personen verwendet, beispielsweise die „Nobilitierung der Comics“.

Siehe auch

Literatur

  • Arno Kerschbaumer: Nobilitierungen unter der Regentschaft Kaiser Karl I. / IV. Károly király (1916-1921). 2. erweiterte Auflage, Verlag Laßnitzhöhe, Graz 2016, ISBN 978-3-95041-539-1.
  • Arno Kerschbaumer: Nobilitierungen unter der Regentschaft Kaiser Franz Joseph I. / I. Ferenc József király (1914–1916). 2. erweiterte Auflage, Verlag Laßnitzhöhe, Graz 2022, ISBN 978-3-95050-891-8.

Weblinks

Wiktionary: Nobilitierung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Christoph Franke: Alter Adel-Neuer Adel; in: Eckard Konze et al.: Adel in Hessen, 2010, ISBN 978-3-942225-00-7, S. 359–378