Herzog

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Heraldische Herzogskrone

Herzog (althochdeutsch 

herizogo

, ursprünglich Führer, Heerführer im Kriege)[1] ist ein Adelstitel. Im Französischen entspricht er dem duc, im Englischen dem duke, im Spanischen dem duque, im Italienischen dem duca, im Ungarischen herceg, im Portugiesischen dem duque und im Polnischen dem wojewoda. Die Bezeichnungen in den romanischen Sprachen gehen auf lateinisch dux „Anführer“ zurück.

Geschichte

Ursprünglich waren Herzöge germanische Heerführer, die für die Dauer eines Kriegszuges von den freien Männern eines Stammes durch Wahl im Rahmen eines Things bestimmt wurden. Üblicherweise wurden Krieger gewählt, die große Erfahrung und hohes Ansehen im Gemeinwesen vorweisen konnten. Meist spielten auch die Größe und die Kampfkraft der Gefolgschaft eine wichtige Rolle. Bekannte germanische Herzöge waren Ariovist, Arminius, Marbod und Widukind. In der Merowingerzeit waren Herzöge königliche Amtsträger mit vorwiegend militärischen Aufgaben in den von den Franken eroberten germanischen und romanischen Stammesgebieten, die von den merowingischen Königen nicht ohne Anerkennung einer einheimischen Zwischenmacht ihrer direkten königlichen Herrschaft unterworfen werden konnten. Dazu gehören Alemannien, Baiern, Franken (um Würzburg), Aquitanien und die Bretagne.

Frühmittelalter

Im Frühmittelalter entstanden im Raum des fränkischen Reiches erbliche Stammesherzogtümer, die von den Karolingern aufgehoben wurden, mit dem Niedergang der königlichen Zentralgewalt Ende des 9. Jahrhunderts aber wieder auflebten. Die Stammesherzöge im Ostfrankenreich zu Zeiten Heinrichs I. waren in der Regel Mitglieder regionaler Herrscherdynastien, die in einem auf den jeweiligen Stamm bezogenen Gebiet über die dortigen Grafen und Edelherren stellvertretend für den König dessen Rechte ausübten, z. B. den Heerbann führten oder Landtage einberiefen und Gericht hielten.

Hochmittelalter

Im 12. und 13. Jahrhundert verwandelten sich die Stammesherzogtümer des Heiligen Römischen Reichs durch Aufspaltung zunehmend in Territorial- und Titularherzogtümer. Ein Herzog war danach Herrscher über bestimmte, räumlich oft zerrissene Territorien oder Träger des vom König verliehenen Adelstitels. Welche Grafen und Edelherren seine Oberherrschaft anerkannten, war v. a. von der Durchsetzungskraft des jeweiligen Herzogs abhängig. Die Herzogswürde wurde vom König als Lehen vergeben und konnte auch wieder entzogen werden (siehe Heinrich dem Löwen und dessen Absetzung in Sachsen und Bayern 1180).

Den Anfang machte das Herzogtum Bayern, das schon 976 in die Herzogtümer Baiern und Kärnten geteilt wurde. Schwaben folgte 1079 bzw. 1098 und wurde unter die Dynastien der Zähringer und Staufer aufgeteilt. Dann wurde 1156 die Markgrafschaft Österreich aus Bayern herausgelöst, zum Herzogtum erhoben und 1180 auch noch das Herzogtum Steiermark von Bayern abgetrennt. In diesem Zusammenhang ist auch das Herzogtum Meranien zu sehen. Auch der ursprünglich auf ein Stammesgebiet bezogene Titel eines „Herzogs von Sachsen“ wurde auf diese Weise nach 1180 aufgespalten und regional neu zugeordnet: Der Erzbischof von Köln erhielt vom deutschen König den Titel eines Herzogs von Westfalen (einer bis dahin zu Sachsen gehörigen Region, quasi Westsachsen), während das Fürstenhaus der Askanier den Titel eines Herzogs von Sachsen für den Ostteil des bisherigen Stammesherzogtums erhielt, ohne sich in diesem Gebiet gegen die örtlichen Grafen durchsetzen zu können. Lediglich für ihre älteren Lehen und für die Neulehen um Lauenburg und Wittenberg setzten sie sich mit diesem Titel durch und wurden seit 1356 dafür Kurfürsten von Sachsen (mit Sitz in Wittenberg) genannt. Nach dem Aussterben der Wittenberger Askanier (1422) belehnte König Sigismund mit dem Herzog- und Kurfürstentum Sachsen (Wittenberg) 1423 Markgraf Friedrich den Streitbaren von Meißen, wodurch der sächsische Kurfürsten- und Herzogstitel an die noch viel weiter östlich sitzenden Wettiner, die Markgrafen von Meißen, kam. Der höhere Titel eines Herzogs und Kurfürsten von Sachsen drängte den Titel des Markgrafen von Meißen in die zweite Reihe. So gelangte der ursprünglich auf das heutige Niedersachsen bezogene Herzogstitel und Landesname in das heutige Land Sachsen um Dresden und Meißen, mit dem er bis dahin überhaupt nichts zu tun hatte. Nach der Schlacht bei Mühlberg 1547 stellten die nun auf Thüringen beschränkten ernestinischen Wettiner ihren dort entstehenden Kleinstaaten auch die Bezeichnung „Sachsen“ voran (bis 1918 Sachsen-Weimar und Eisenach, Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg).

Während sich in Bayern der stammesbezogene Herzogstitel seit 1180 auf die Ländereien der Wittelsbacher beschränkte, die ihn seither führten, kam der Titel eines Herzogs von Schwaben seit dem Aussterben der Hohenstaufen 1268 völlig außer Gebrauch. Den Ehrentitel „Herzog von Franken“ erhielten die Fürstbischöfe von Würzburg 1168 und führten ihn bis 1802/03 für ihre fürstbischöflichen Territorien.

Spätmittelalter und Frühe Neuzeit

Zugleich aber traten im Spätmittelalter durch Rangerhebungen verschiedener Fürsten neue dynastisch-territorial definierte Herzogtümer hinzu: Den Anfang machten die 1180 der von ihnen früher besetzten Stammesherzogtümer Sachsen und Bayern verlustig gegangenen Welfen, die 1235 für ihre Erbbesitzungen in Norddeutschland den Titel eines Herzogs von Braunschweig-Lüneburg erhielten. 1348 wurden auch die slawischen Fürsten von Mecklenburg, 1339 der Graf von Geldern, 1495 der Graf von Württemberg vom König bzw. Kaiser zu Herzögen erhoben. Das Herzogtum Niederlothringen wurde 1190 mit Brabant vereinigt, dessen Landgrafen bereits seit etwa 1183 den Herzogtitel führte. In der Frühen Neuzeit ebbte diese Form der Rangerhöhung ab; stattdessen versuchten seither einige Herzöge, den höherwertigen Kurfürsten-Titel (mit dem Recht der Teilnahme an der Kaiserwahl) zu erlangen, was dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg 1692 gelang, dem konkurrierenden Herzog von Württemberg erst 1803.

Neuzeit

Mit der Zerschlagung des Heiligen Römischen Reiches zwischen 1801 und 1806 und der Herrschaft Napoleons über die deutschen Lande erfolgte eine weitere Folge von Rangerhöhungen für anpassungsbereite deutsche Fürsten: Bisherige Herzöge wurden – wie der von Württemberg – erst zu Kurfürsten, dann zu Königen befördert, bisherige Fürsten – wie die diversen Linien von Anhalt – stiegen zu Herzögen auf. Nach dem Sieg über Napoleon führte 1815 der Wiener Kongress der Siegermächte zu einer weiteren, letzten Welle solcher Rangerhöhungen. Meist bedingt durch Verwandtschaft mit mächtigen Monarchen Europas, insbesondere mit dem russischen Kaiser oder dem König von Preußen, stiegen in den deutschen Ländern einige bisherige Herzöge 1815 zu Großherzögen auf (Sachsen-Weimar-Eisenach, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, Luxemburg). Auch der Landgraf von Hessen-Darmstadt und der Markgraf von Baden wurden 1806 zu Großherzögen erhöht. Großherzöge zeichnete vor allem das Recht aus, königliche Privilegien wahrzunehmen (etwa Nobilitierungen). Ihre Titulatur war demnach auch Königliche Hoheit. Heute führt nur noch der Monarch von Luxemburg den Titel eines Großherzogs von Luxemburg.

Als Besonderheit existierte bis 1918 in Österreich die Titulatur eines Erzherzogs. Diese wurde ab 1359 geführt (gefälschtes Privilegium maius); sie sollte die hervorgehobene Stellung der Herzöge von Österreich gegenüber den anderen Reichsfürsten symbolisieren und diente als Pendant zur Würde eines Kurfürsten (jedoch ohne Königswahlrecht). Zunächst führten nur die jeweiligen Vorsteher des Hauses Habsburg diesen Titel; nachdem es aber Usus wurde, einen Habsburger zum deutschen König und römischen Kaiser zu wählen, führten fortan alle habsburgischen Prinzen den Titel eines Erzherzogs.

Regierende Herzöge in Deutschland (mit dem Prädikat Hoheit) waren zwischen 1815 und 1918: der Herzog von Braunschweig (Linie Wolfenbüttel bis 1884, Linie Hannover ab 1913); der Herzog von Anhalt (ab 1863, davor mehrere Teil-Herzogtümer); der nur bis 1866 regierende Herzog von Nassau, der 1890 das souveräne Großherzogtum Luxemburg erbte; der bis 1864 als Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg regierende König von Dänemark (der in diesen drei Staaten vom König von Preußen abgelöst wurde, welcher zugleich Nassau annektierte) sowie die wettinischen Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha (bis 1826: Sachsen-Coburg-Saalfeld), Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg.

Herzöge in Italien

Außerhalb Deutschlands existierten in Europa auch souveräne Herzogtümer in Italien, wie etwa Guastalla, Lucca, Modena und Parma. Diese Staaten verschwanden 1859/60 im Zuge der italienischen Einigung und die einstigen Herrscher wurden zu Titularherzögen. Das 1815 anstelle der einstigen Adelsrepublik Genua geschaffene Herzogtum Genua war von vornherein unselbständiger Bestandteil des Königreiches Sardinien.

Titularherzöge

Regierende Monarchen von höherem Rang konnten auch Adelige in den Herzogstand erheben (Titularherzöge). 1818 war Fürst Metternich zum sizilianischen Herzog von Portella ernannt worden.

In vielen europäischen Monarchien wurden bzw. werden königlichen Prinzen zusätzlich historische Herzogstitel verliehen (mit Ländereien und Einkünften, aber ohne Herrschaftsrechte). Dies galt für Frankreich bis zum Ende der Monarchie 1848/70 und für Portugal entsprechend bis 1910, bzw. Italien entsprechend bis 1946, es gilt heute noch für Spanien, Schweden, Großbritannien und Luxemburg.

Deutschland

Während es häufiger vorkam, dass niedrigerer Adel gegraft oder gefürstet wurde, ist die bekannteste Erhebung zum Herzog diejenige Otto von Bismarcks zum Herzog zu Lauenburg durch Wilhelm II.; ein Titel, den er jedoch – aus Protest gegen den Verleiher – nicht führte. Daneben wurden in Preußen 1840 Fürst Victor zu Hohenlohe-Schillingsfürst zum Herzog von Ratibor und 1861 Fürst Hugo zu Hohenlohe-Oehringen zum Herzog von Ujest erhoben. 1900 wurde ebenfalls in Preußen der Fürst Hatzfeldt-Trachenberg zum Herzog zu Trachenberg erhoben. König Max I. Joseph von Bayern ernannte 1817 seinen Schwiegersohn Eugène de Beauharnais zum Herzog von Leuchtenberg.

Frankreich

Zu den während des Ancien Régime erhobenen Herzögen gehörten die von Angoulême, Anjou, Auvergne, Bourbon, Broglie, Enghien, Guise, Montpensier, Orléans und Vendôme. Zudem wurde eine ganze Reihe der Marschälle von Frankreich zu Herzögen erhoben. Auch Kaiser Napoleon setzte diese Tradition mit seinen Marschällen fort, so dass es eine inflationäre Zunahme der Titel wie die eines Herzogs von Albuféra, Auerstedt, Belluno, Castiglione, Conegliano, Dalmatien, Danzig, Elchingen, Istrien, Montebello, Ragusa, Reggio, Rivoli, Tarent, Treviso oder Valmy gab. Während des Zweiten Kaiserreichs kam es 1859 zur Erhebung des Herzogs von Magenta.

Vereinigtes Königreich

Herzöge auf den britischen Inseln führen den Titel Duke und gehören zur Peerage. Die Dukes bilden im Vereinigten Königreich den höchsten Adelsrang nach der königlichen Familie, deren Mitglieder teilweise selbst Duke-Titel führen.

Erstmals wurde der Titel eines Dukes 1337 an Edward of Woodstock als Duke of Cornwall verliehen. Heute existieren noch ca. 37 Duketitel, wobei aber manche Dukes mehrere davon zugleich führen.

Im Gegensatz zu gekrönten oder mediatisierten Herzögen des Kontinents, waren sie nie als königlichen Familien ebenbürtig anerkannt, die Heirat von Töchtern eines Dukes mit fremden königlichen Prinzen galt daher früher in der Regel als nicht standesgemäß.[2] Wie in den meisten europäischen Ländern waren (oder sind) Dukes in Großbritannien nicht dazu berechtigt, eigenständig Nobilitierungen vorzunehmen, wie etwa einst die regierenden Herzöge, die zu den deutschen Bundesfürsten gehörten.

Portugal

Üblicherweise kam es in Portugal zunächst zur Erhebung von Herzögen aus dem Kreis der Mitglieder oder Verwandten des Königshauses. 1415 erfolgte die Ernennung des Herzogs von Coimbra und des Herzogs von Viseu. 1453 entstand der Titel eines Herzogs von Beja für den zweiten Sohn des Königs. Weitere Beispiele portugiesischer Herzogstitel waren diejenigen von Aveiro, Braganza, Cadaval, Palmela, Saldanha und Terceira.

Spanien

Herzöge in Spanien gehören zu den Granden. Beispiele für zum Teil seit dem späten Mittelalter tradierte Titel sind die von Alba, Alburquerque, Arcos, Arión, Benavente, Béjar, Cardona, El Infantado, Escalona, Fernán Núñez, Frías, Gandía, Híjar, Medina-Sidonia, Medinaceli, Montalto, Nájera, Osuna, Santisteban del Puerto, Segorbe und Villahermosa.

Innerhalb des spanischen Königshauses gibt es die Herzoginnen von Badajoz, Hernani und Soria, Lugo sowie Palma de Mallorca. Weitere Herzogstitel innerhalb des Königshauses waren die von Segovia, Anjou und Madrid, Anjou und Cádiz sowie Aquitanien.

Der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident Spaniens nach dem Tode des Diktators Francisco Franco erhielt nach seinem Rücktritt 1981 den Titel eines Herzogs von Suárez.

China

Der chinesische Titel des Gong wird in der westlichen Übersetzung meist mit dem Herzog (duke) gleichgesetzt.

Anrede

Die dem Titelinhaber zukommende Anrede war „Eure Gnaden“.

Siehe auch

Literatur

  • Matthias Becher: Rex, Dux und Gens. Untersuchungen zur Entstehung des sächsischen Herzogtums im 9. und 10. Jahrhundert (= Historische Studien. Bd. 444). Matthiesen, Husum 1996, ISBN 3-7868-1444-9 (Zugleich: Paderborn, Universität, Habilitations-Schrift, 1994/95).
  • Hans-Werner Goetz: „Dux“ und „Ducatus“. Begriffs- und verfassungsgeschichtliche Untersuchungen zur Entstehung des sogenannten „jüngeren“ Stammesherzogtums an der Wende vom neunten zum zehnten Jahrhundert. Brockmeyer, Bochum 1977, ISBN 3-921543-66-5 (Bochum, Universität, Dissertation, 1976).
  • Hans-Werner Goetz: Herzog, Herzogtum. In: Lexikon des Mittelalters. Band: 5: Hiera-Mittel bis Lukanien. Artemis-Verlag, München u. a. 1991, ISBN 3-8508-8905-0, Sp. 2189–2193.
  • Herfried Stingl: Die Entstehung der deutschen Stammesherzogtümer am Anfang des 10. Jahrhunderts. = Stammesherzogtümer (= Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. NF Bd. 19). Scientia-Verlag, Aalen 1974, ISBN 3-511-02839-6 (Frankfurt am Main, Universität, Dissertation, 1968).

Weblinks

Wiktionary: Herzog – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Belege

  1. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch. Online-Ausgabe, Version 1.0.78
  2. Walter Alison Phillips: Duke. In: Encyclopædia Britannica. Band 8, London 1911, S. 651.