Heinrich der Seefahrer

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Porträt auf einem Gemälde von Nuno Gonçalves (um 1470), das möglicherweise Heinrich den Seefahrer darstellt

Heinrich der Seefahrer (* 4. März 1394 in Porto; † 13. November 1460 in Sagres[1]; portugiesisch Infante Dom Henrique de Avis, genannt O Navegador) war Initiator, Schirmherr und Auftraggeber der portugiesischen Entdeckungsreisen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die von ihm initiierten Entdeckungsfahrten entlang der westafrikanischen Küste begründeten die portugiesische See- und Kolonialmacht und stellen den Beginn der europäischen Expansion dar.

Leben

Heinrich war der vierte Sohn des portugiesischen Königs Johann I. und seiner Frau Philippa of Lancaster, Bruder von Ferdinand dem Heiligen und des portugiesischen Königs Eduard I. 1415 eroberte eine Flotte unter seiner Führung die nordafrikanische Stadt und Festung Ceuta. Dafür wurde er zum Herzog von Viseu ernannt. Ab 1420 war er weltlicher Administrator des Christusordens. Königliche Abstammung und seine Ämter verhalfen ihm zu beträchtlichen finanziellen Mitteln, die er zur Förderung der Seefahrt verwendete. 1437 kommandierte er noch einmal einen Kriegszug, um den Mauren Tanger zu entreißen, diesmal allerdings erfolglos.

Das Wappen Heinrichs des Seefahrers als Herzog von Viseu.

In den Jahren 1427 bis 1432 wurden von den Schiffen Heinrichs die Azoren entdeckt und besiedelt. Danach machte sich Heinrich daran, die Kanarischen Inseln in portugiesischen Besitz zu bringen. Dazu ging er zunächst den diplomatischen Weg, indem er an Kastilien die Forderung stellte, Portugal das Recht zur Besetzung dieser Inselgruppe einzuräumen. Als dies nicht fruchtete – Kastilien beharrte auf seiner Oberhoheit über die Inseln – wandte sich Heinrichs Bruder König Eduard an den Papst und dieser entsprach, offensichtlich in Unkenntnis der kastilischen Ansprüche, Eduards Ersuchen. Johann II. von Kastilien ließ durch seinen Botschafter unverzüglich Widerspruch einlegen. Daraufhin stellte der Papst klar, dass er den Portugiesen die Genehmigung die Kanarischen Inseln zu erobern nur unter dem Vorbehalt gegeben habe, dass kein anderer christlicher Fürst Ansprüche darauf erhebe.[2]

Heinrich selbst unternahm keine Entdeckungsreisen. Seinen Beinamen verdankt er seinem Einsatz als Förderer der Seefahrt. Er war sehr belesen und kannte die Berichte früher Entdeckungsreisender nach Asien wie Marco Polo, Wilhelm von Rubruk oder des arabischen Weltreisenden Ibn Battuta. Heinrichs Grabstätte befindet sich im Komplex der Königlichen Grabkapellen im Kloster von Batalha.

Dass er eine Seefahrtsakademie (escola náutica) gegründet habe, ist eine Erfindung späterer Jahrhunderte, die portugiesische Historiker seit längerem nicht mehr vertreten.

Die Entdeckungsfahrten

Portugiesische Karavelle des 16. Jahrhunderts

Heinrich veranlasste zahlreiche Entdeckungsfahrten entlang der afrikanischen Küste, die hauptsächlich mit Schiffen vom Typ der Karavelle unternommen wurden. Die dabei gewonnenen Kenntnisse in Navigation, Kartografie und Schiffbau waren grundlegend für alle folgenden portugiesischen Entdeckungsfahrten. Von Beginn an waren die portugiesischen Piloten und Kapitäne verpflichtet, alle auf ihren Reisen gesammelten und für die Navigation bedeutsamen Erfahrungen und Erkenntnisse in geheimen Logbüchern, den Roteiros, festzuhalten. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verwendeten die Portugiesen bereits den Quadranten. Durch Bestimmung der Höhe des Polarsterns konnte die geografische Breite berechnet werden. Bis zum Tode Heinrichs wurden mehr als 2000 Seemeilen westafrikanischer Küstengewässer befahren und kartografiert.

Die Beweggründe Heinrichs des Seefahrers waren vielfältiger Natur. Zum einen erhoffte man sich, die Araber im Handel mit Pfeffer, Gold, Elfenbein und Sklaven zu umgehen oder auszuschalten, zum anderen ging es dem Prinzen um die Förderung und Ausbreitung des christlichen Glaubens. Dabei suchte man nach dem sagenhaften christlichen Priesterkönig Johannes, der noch vor der Zeit Heinrich des Seefahrers mal in Asien, mal in Afrika vermutet wurde. Mit dessen Hilfe wollte man den Islam zurückdrängen. Diese Vorstellungen wichen aber schon zu seinen Lebzeiten kommerziellen Gesichtspunkten.

38 Jahre nach Heinrichs Tod führten seine Vorleistungen zur Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama und der Stärkung Portugals im Indienhandel, zur Erschließung des Seeweges um Afrika nach Hinterindien und damit zur Weltmachtstellung Portugals.

Casa da Índia

Die Casa da Índia war sowohl die Zentralbehörde für die Verwaltung aller Territorien in Übersee des portugiesischen Königreiches als auch der zentrale Warenumschlagplatz und die Verrechnungsstelle für alle Bereiche des Überseehandels. Als Wirtschaftseinrichtung funktionierte sie dabei wie eine Faktorei bzw. eine Handelsniederlassung.

Die Vorläufer der Casa da Índia entstanden im Gefolge der portugiesischen Entdeckungsfahrten entlang der afrikanischen Küsten und den damit verbundenen Handelsmöglichkeiten. Bereits 1434 wurde die Casa de Ceuta in Lissabon gegründet. Sie war jedoch wenig erfolgreich, da die Muslime nach der portugiesischen Eroberung von Ceuta im Jahre 1415 die mit der Stadt verbundenen Handelswege und Warenströme in andere Orte verlegten. Um 1445 folgten in Lagos an der Algarve die Gründungen der Casa de Arguim beziehungsweise de Guiné, die beide, auch als Companhia de Lagos bezeichnet, der Entwicklung des portugiesischen Handels mit Westafrika dienten. Nach dem Tode Heinrich des Seefahrers wurde in den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts beide Häuser nach Lissabon verlegt und später in der Casa da Guiné e da Mina zusammengeführt.

Wichtige Entdeckerleistungen unter Heinrich dem Seefahrer

Das Padrão dos Descobrimentos in Belém zeigt Heinrich als Anführer der portugiesischen Entdecker.

Bei Landnahmen auf ihren Entdeckungsreisen waren die Kapitäne verpflichtet, einen an Bord mitgebrachten, so genannten Padrão – eine steinerne Säule mit dem Wappen des portugiesischen Königs und Inschriften – aufzustellen. An markanten neuentdeckten Punkten wie Kaps oder Flussmündungen mussten die Kapitäne unter das Christuskreuz und das portugiesische Wappen noch Namen und Datum in den Stein meißeln.

Denkmäler

Das 1960 errichtete Denkmal zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer in Dili mit der portugiesischen Inschrift: „Durch Meere, die niemals zuvor befahren wurden“.
Denkmal in Porto

Eine Statue ist auf dem Padrão dos Descobrimentos bei Lissabon zu sehen; dieser wurde 500 Jahre nach seinem Tode gebaut.

Ein großes Denkmal steht in seiner Geburtsstadt Porto.

In der portugiesischen Stadt Lagos steht seit 1960 ein Denkmal für Heinrich auf der Praça da República (Platz der Republik; auch Praça do Infante Henrique genannt).

Die Hauptstadt von Osttimor, Dili, ehrt Heinrich mit einem Denkmal vor dem Regierungspalast.

Siehe auch

Literatur

  • Luís de Albuquerque: Os ‘Sábios’ Henriquinos e a ‘Escola de Sagres’. In: Luís de Albuquerque: Dúvidas e Certezas na História dos Descobrimentos Portugueses. Bd. 1, Vega, Lissabon 1990, S. 15–28.
  • Rudolf Kroboth (Hrsg.): Heinrich der Seefahrer. Edition Erdmann, Stuttgart 1989, ISBN 978-3-522-61180-0.
  • Duarte Leite: O infante D. Henrique. In: Duarte Leite: História dos Descobrimentos. Bd. 1, Lissabon 1959, S. 67–265.
  • José António Madeira: Estudo Histórico-Científico, sob o Aspecto Gnómico, da Figura Radiada de Pedra Tosca Suposta Coeva do Infante D.Henrique Existente em Sagres. In: Actas do Congresso Internacional de História dos Descobrimentos. Bd. 2, Lissabon 1961, S. 451–474.
  • Alfredo Pinheiro Marques: Portugal e o descobrimento do Atlântico. Imprensa Nacional, Casa da Moeda, Lissabon 1990, ISBN 972-27-0426-5.
  • W. G. L. Randles: The Alleged Nautical School Founded in the Fifteenth Century at Sagres by Prince Henry of Portugal, Called the ‘Navigator’. In: Imago Mundi. 45, 1993, S. 20–28.
  • Peter E. Russell: Prince Henry ‘the Navigator’. A Life. Yale University Press, New Haven 2000, ISBN 0-300-08233-9.

Weblinks

Commons: Heinrich der Seefahrer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Walter Zöllner in: Biographien zur Weltgeschichte. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1989, S. 235.
  2. Alfonso García-Gallo de Diego: Las bulas de Alejandro VI y el ordenamiento jurídico de la expansión portuguesa y castellana en Africa e Indias. In: Anuario de historia del derecho español. Nr. 27–28, 1957, S. 485 ff. (spanisch, online verfügbar [abgerufen am 20. Juli 2016]).