Straßenbahn Worms

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stillgelegte Straßenbahn
Straßenbahn Worms
Basisinformationen
Staat Deutschland
Stadt Worms
Eröffnung 21. Dez. 1906
Stilllegung 29. Jan. 1956
Betreiber Wormser Straßenbahn
Infrastruktur
Streckenlänge 10,2 km
Spurweite 1000 mm (Meterspur)
Stromsystem 550 V DC Pantograf
Betrieb
Linien 3
Fahrzeuge Die Elektrisch

Die Straßenbahn Worms war das Straßenbahn-System der Stadt Worms. Zuständiges Verkehrsunternehmen war die Wormser Straßenbahn, ein kommunaler Eigenbetrieb der Stadt. Die Wormser nannten sie „Die Elektrisch“.

Entstehung

Nach dem Beschluss der Stadt zum Bau einer elektrischen Straßenbahn im März 1905 wurde die AEG im Januar 1906 als Generalunternehmer mit dem Bau der Strecke, der Einrichtung des Depots und der Werkstatt und der Lieferung der Fahrzeuge beauftragt. Für den Betrieb erhielt die Stadt die großherzogliche Konzession für 50 Jahre. Gebaut wurde von Juli bis Dezember 1906. Spurweite war 1000 mm (Meterspur). Zur Einweihung lag die Länge der eingleisig mit Ausweichen angelegten Strecken bei 9,39 km. Personalschulungen begannen am 6. Dezember 1906, die landespolizeiliche Abnahme fand am Donnerstag, 20. Dezember 1906 statt. Der reguläre Betrieb wurde im Laufe des 21. Dezember 1906 aufgenommen. Schon im März 1907 gab es die ersten Umbauten, weil die Strecken um Ausweichen ergänzt werden mussten.[1]

Fahrzeugpark

Zur Erstausstattung wurden 16 Triebwagen von den Fahrzeugwerkstätten Falkenried und AEG beschafft. Sie waren 7,30 m lang, hatten einen Achsabstand von 1,70 m und eine Breite von 1,90 m. Bei Lieferung waren beide Plattformen offen. Die Triebwagen waren ursprünglich mit einem Lyra-Stromabnehmer ausgestattet. Die Leistung der beiden Motoren wurde mit je 24 PS bei 550 V= angegeben, nach heutigen Werten entsprechend einer Leistung von 2 × 17 kW. 16 Sitzplätze auf Längsbänken und 14 Stehplätze waren vorgesehen. Seitlich waren je vier Fenster, die beiden mittleren breiter, die beiden äußeren zum Herunterlassen, angeordnet. Zum Kuppeln diente die Trichterkupplung. Da für den normalen Betrieb 13 Triebwagen benötigt wurden, erschien die Betriebsreserve zu knapp und es wurden noch im November 1907 drei baugleiche Triebwagen beschafft. Die Betriebsnummern waren 1–19. Ab 1914 wurden die Stirnseiten der Triebwagen verglast, ab etwa 1930 gab es Scherenstromabnehmer und ab 1936 wurden die Fahrzeuge weiter modernisiert.[2][3]

Im Jahr 1917 wurden die Beiwagen 51–56 gebraucht beschafft und 1937 wieder ausgesondert. Die Fahrzeuge hatten je Seite 5 oben abgerundete Fenster und offene, auffallend eckige Perrons. Die Beiwagen 50–53 wurden 1941 gebraucht von der Straßenbahn Mulhouse gekauft und bis 1952 ausgemustert. Diese Fahrzeuge waren mit 2,12 m breiter als die Triebwagen und hatten 18 Quersitze in der Anordnung 2+1.[1]

Während des Zweiten Weltkriegs waren zeitweise 4 Triebwagen an die Straßenbahn Mannheim/Ludwigshafen verliehen und dafür vier Beiwagen von der Straßenbahn Darmstadt (Baujahr 1897) im Einsatz.

Alle Fahrzeuge waren in einer viergleisigen Wagenhalle aus dem Jahr der Inbetriebnahme an der Bebelstraße untergebracht.

Zum 1. Januar 1955 waren bei dem als „Stadtwerke Worms – Straßenbahn“ genannten Eigenbetrieb der Stadt 18 Triebwagen bei 10,7 km Streckenlänge und 10,2 km Linienlänge (unverändert eingleisig mit Ausweichen) vorhanden. Für den seit 11. Juli 1949 bestehenden Busbetrieb waren 9 „Motorwagen“ vorhanden.[4]

Betrieb

Halterung für die Oberleitung der Straßenbahn an der Wilhelm-Leuschner-Straße 24

Eine Besonderheit zu jener Zeit war, dass von Anfang an der Betrieb ohne Schaffner vorgesehen war und deshalb auf der Plattform der neu beschafften Triebwagen neben der Tür zum Wageninneren ein Zahlkasten mit einem Schild „Hier Fahrgeld einwerfen“ bzw. „Beim Einsteigen stets 10 Pfg. selbst einwerfen“ angebracht war.[5] Wegen steigender Fahrgastzahlen war die Kontrolle nicht mehr gewährleistet und es wurden ab 1916 Schaffner eingestellt.

In der Planungsphase waren die Linien noch als I und II bezeichnet worden. In der Betriebsordnung von 1906 gab es die zusätzliche Bezeichnung „grüne Linie“ und „rote Linie“. Für den Fahrgast war das an den Farben der Beschilderung und farbigen Laternen ersichtlich.

Mehrere Zählungen ergaben, dass die Wormser Straßenbahn im Durchschnitt 3700 mal täglich in Anspruch genommen wurde, was einer Gesamtzahl von 1,3 Millionen Beförderungen pro Jahr entsprach. Das Personal bestand aus 22 Wagenführern, vier Handwerkern, zwei Gleiswärtern, sechs „sonstigen“ Arbeitern, einem Angestellten im Büro, einem Werkmeister, einem Kontrolleur und einem Hilfskontrolleur.[5]

Trotz einer relativ mäßigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h kam es zu mehreren Verkehrsunfällen, unter anderem mit aufscheuenden Pferden oder mit Jugendlichen, die unvorsichtig versuchten, auf die bereits fahrende Bahn aufzuspringen.[5]

Es verkehrten zeitweise drei, zuletzt noch zwei Linien, die nicht nummeriert waren:

Die Strecken waren durchgehend eingleisig ausgeführt. Es bestanden Pläne für eine Ausdehnung des Streckennetzes etwa in Richtung Horchheim. Der Zweite Weltkrieg machte diese jedoch zunichte. Stattdessen forcierte man die Einrichtung von Omnibuslinien, die Straßenbahn wurde schließlich am 29. Januar 1956 stillgelegt und der Wagenpark verschrottet.

Wissenswert

Als eines der letzten dinglichen Zeugnisse des Straßenbahnbetriebs in Worms ist an der Fassade des Hauses Wilhelm-Leuschner-Straße 24 eine Halterung für die Oberleitung der Straßenbahn erhalten geblieben.

Im Frühjahr 2020 flammte wieder die Diskussion auf, eine Straßenbahn bzw. Stadtbahn in Worms einzuführen.[7]

Literatur

nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet

  • Ralph Häussler: Die Wormser Straßenbahn. Sutton Verlag, Erfurt 2012. ISBN 978-3-95400-119-4
  • D. Höltge: Deutsche Straßen- und Stadtbahnen 4: Rheinland-Pfalz/Saarland. Verlag Zeunert, Gifhorn 1981. ISBN 3-921237-60-2, S. 217–225.
  • Hubertus Elster: 75 Jahre Verkehrsbetriebe Worms. Worms 1981.
  • Jörg Koch: Worms vor hundert Jahren. Sutton, Erfurt 2012. ISBN 978-3-95400-020-3
  • M. Kochems und D. Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland 12: Rheinland-Pfalz/Saarland. EK-Verlag, Freiburg 2011. ISBN 978-3-88255-393-2, S. 270–283.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Häussler, S. 7–14.
  2. Höltge, S. 217–225.
  3. Kochems, S. 270–283.
  4. Verband Öffentlicher Verkehrsbetriebe (Hrsg.): Handbuch Öffentlicher Verkehrsbetriebe, Ausgabe 1955/56, S. 134–135 Erich Schmidt Verlag (1955)
  5. a b c Koch, S. 15.
  6. Häussler, S. 93.
  7. Johannes Götzen: Ein Rückblick mit Wehmut. In: Wormser Zeitung vom 26. Februar 2020, S. 10.