Stromsee-Modell

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Begriff Stromsee-Modell hat sich für ein Modell etabliert, das dem Stromkunden die derzeitige Situation der Stromerzeugung und des Marktes anschaulich darstellen soll.[1] Vorrangig findet der Begriff Stromsee als Marketingbegriff von nicht verbrauchten Versorgungsüberschüssen zwischen Stromversorgern und stromabhängigen Geräten (Endverbrauchern) Verwendung.

Begriffsdefinition

Anlass für die Definition des Stromsee-Modells ist die Diskussion in der Öffentlichkeit über die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen einerseits und aus erneuerbaren Energien andererseits. Die zweite Form wird häufig als „Ökostrom“ bezeichnet, aber dieser Begriff ist bislang nicht gesetzlich definiert und geschützt.[1]

Das Erklärungsmodell bildet den Strom als einen See ab, der als Sammelbecken allen Stroms dient, der von den Produzenten hergestellt wird. Hierbei besteht kein Unterschied, um welche Art von Strom es sich handelt: aus Kernenergie, Erdöl, Gas oder Kohle oder aber aus den regenerativen Energien wie Wind, Sonne, Wasser und Biomasse. Auch der Status des Energieherstellers spielt beim Stromsee keine Rolle; er reicht vom großen Konzern bis zum privaten Betreiber eines kleinen Windparks oder einer Photovoltaikanlage.[1]

Der Stromsee existiert ständig und hält Strom zum Verbrauch bereit. Die beinahe 1000 Produzenten befinden sich gewissermaßen an einem Ufer des Sees und die Verbraucher, die Strom aus dem See erhalten, am anderen Ufer. Es steht jederzeit Strom zur Verfügung, ungeachtet dessen, aus welcher Quelle er stammt und von welchem Anbieter ein Kunde ihn bezieht. Wenn ein Verbraucher Strom aus erneuerbaren Energien erhalten möchte, wechselt er zu einem Produzenten von Ökostrom. Dazu muss er an seinem Haus bzw. an seiner Wohnung baulich nichts verändern und der Strom kommt auf dieselbe Weise zu ihm wie bisher. Die Energie stammt aus dem Stromsee und besteht daher nicht nur aus "sauberem" Strom, sondern auch aus der Verwendung herkömmlicher Brennstoffe.

Im Allgemeinen reicht der kleine Aufschlag, den der Verbraucher auf seinen Strompreis zahlt, bei weitem nicht aus, um die Mehrkosten für die Produktion von Ökostrom zu decken. Der Verbraucher beeinflusst also das Mischungsverhältnis des Sees im Allgemeinen nicht, auch wenn die Ökostromanbieter dies suggerieren. Vielmehr führen Ökostromprodukte dazu, dass (ohnehin produzierter) Ökostrom den Käufern von Ökostromkunden zugeordnet wird und der Strom für andere Kunden entsprechend "dreckiger" wird.[2][3]

Schwächen des Modells

Anders als es der Begriff See suggeriert, hat der Stromsee keine Speicherwirkung. Für das Modell hieße dies, dass man sich einen extremen Steppensee mit einer Tiefe von 0 Millimetern vorstellen müsste. Es kann nur soviel Energie in das Netz (oder den Stromsee) eingespeist werden, wie auch gerade benötigt wird (Energieerhaltungssatz), da adäquate Energiespeicher zurzeit nicht zur Verfügung stehen.

Das Modell berücksichtigt in den üblichen Darstellungen und Schilderungen nicht die zu überbrückende und verlustbehaftete Entfernungen zwischen Erzeugern und Verbrauchern. Weiterhin suggeriert das Modell, dass Strom ohne Probleme von jedem Erzeugungsort zu jeder Verbrauchsstelle transportiert werden kann, dass es also keine Netzengpässe gibt. Auf diese unzulässige Vereinfachung wird oft auch mit dem Schlagwort "Kupferplatte" referenziert.[4]

Literatur

  • Profil, 1999 Band 31, Nummer 1–9 Eingeschränkte Vorschau, Wirtschafts-Trend Zeitschriftenverlag, University of Virginia
  • Max Felix Mittelmaier, Julian Bröer, Robbert Kokkeel: Sustainable Supply Chain Management: Vergleich emissionsarmer Antriebstechniken für die urbane Versorgung, Vorschau, Seite 37 Grin Verlag Januar 2011
  • Jürgen Brück: Neue Energiekonzepte: Für Haus- und Wohnungsbesitzer mit Checklisten, Spartipps und Förderprogrammen Vorschau Seite 44, Brück von Beuth Verlag, 2009

Einzelnachweise