Susan Leigh Star

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Susan Leigh Star (geb. 3. Juli 1954; gest. 24. März 2010) war eine amerikanische Soziologin, die sich mit der Bedeutung von Information in modernen Gesellschaften und mit Fragen der Standardisierung beschäftigte. Sie nutzte meist qualitative Methoden und griff auf feministische Theorien zurück.

Biografie

Star wurde als Susan Leigh Kippax geboren. Ihr Nachname Star ist selbstgewählt. Sie wuchs in einem ländlichen, durch Industrie-Arbeit geprägten Gebiet in Rhode Island auf. Nachdem sie ein Stipendium für das Radcliffe College bekommen hatte, begann sie dort Philosophie zu studieren. Star brach das Studium ab, heiratete und zog nach Venezuela,[1] wo sie eine Kommune mitgründete. In dieser Zeit begann Star sich mit Fragen zur Technologie und ihren Auswirkungen zu beschäftigen. Seit Ende der 70er verband sie Wicca-Religion und feministisch-ökologische Ansichten.[1]

Star kehrte an die Universität zurück und machte 1976 ihren Abschluss in Psychologie und Sozialen Beziehungen (Social Relations) am Radcliffe College mit Magna cum laude. Sie promovierte 1983 bei Anselm Strauss[1] (Titel: Scientific Theories as Going Concerns,[1] veröffentlicht als Regions of the Mind[2]).

Star war von 1987 bis 1990 Assistant Professor am Department of Information and Computer Science der UC Irvine. Danach arbeitete sie in Paris und im Department of Sociology and Social Anthropology der University of Keele.[1] 1992–1999 arbeitete Star an der University of Illinois, dann bis 2004 an der University of California, San Diego, gefolgt von Arbeit an der Santa Clara University. 2009 wurde Star auf den Doreen E. Boyce Chair in Library and Information Services an der University of Pittsburgh berufen[1].

Star war verheiratet mit dem Wissenschaftsphilosophen und -Historiker Geoffrey Bowker,[3] mit dem sie auch gemeinsam forschte und publizierte.

Am 24. März 2010 verstarb Susan Leigh Star überraschend im Alter von 55 Jahren.[4]

Akademische Arbeit

Stars Arbeit war beeinflusst vom symbolischen Interaktionismus und von amerikanischem Pragmatismus.[1][5] Sie nutzte Grounded Theory als Forschungsmethode und betrachtete sie als einen wichtigen Einfluss auf ihr Leben.[6] Ein wiederkehrendes Thema ihrer Arbeiten war der Umgang von Gruppen mit heterogenen Infrastrukturen.[5] In der Studie über Beziehungen von Akteuren betonte Star „viele-zu-vielen-Beziehungen“ in einer Weiterentwicklung der Theorien von Latour und Callon.[7]

Mit den Grenzobjekten (Boundary Objects) erdachten Star und Griesemer ein Konzept, das erklärt, wie verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Zielsetzungen zusammenarbeiten können.[7] Ihr Interesse an Infrastrukturen für Kooperation findet sich auch in ihrer Arbeit an Computersystemen zur Zusammenarbeit, wie z. B. in Steps towards an ecology of infrastructure.[8] Kategorisierung und Standards sowie deren soziale Auswirkungen analysiert sie in Sorting Things Out,[9] in Publikationen zur Sichtbarkeit von Arbeit[10] und zu der Geschlechtlichkeit in Hirnforschung.[11]

Schriften (Auswahl)

  • Susan Leigh Star: Grenzobjekte und Medienforschung. Hrsg.: Sebastian Gießmann, Nadine Taha. 1. Auflage. Transcript, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-8376-3126-5 (transcript-verlag.de – Open Access beim Verlag).

Literatur

  • Ellen Balka: Obituary: Susan Leigh Star (1954–2010). In: Social Studies of Science. Band 40, Nr. 4, 2010, S. 647–651, JSTOR:25746354 (Nachruf).
  • Susan Leigh Star Special Issue. In: Mind, Culture, and Activity, 22, 2015, Nr. 2. 2015, abgerufen am 20. September 2018 (englisch).

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Susan Leigh Star et al.: Grenzobjekte und Medienforschung. Hrsg.: Sebastian Gießmann, Nadine Taha. 1. Auflage. Transcript, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-8376-3126-5, »Study the unstudied« – Zur medienwissenschaftlichen Aktualität von Susan Leigh Stars Denken.
  2. Susan Leigh Star: Regions of the mind. Brain research and the quest for scientific certainty. Stanford University Press, Stanford, Calif. 1989, ISBN 0-8047-1673-0.
  3. University of Pittsburgh University Marketing Communications Webteam: University Times » Obituary: Susan “Leigh” Star. Abgerufen am 28. Februar 2018 (englisch).
  4. Ellen Balka: Obituary: Susan Leigh Star (1954–2010). In: Social Studies of Science. Band 40, Nr. 4, 2010, S. 647–651, JSTOR:25746354.
  5. a b Jörg Strübing: Schlüsselwerke der Science et Technology Studies. Hrsg.: Diana Lengersdorf, Matthias Wieser. Springer VS, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-531-19454-7, Geoffrey C. Bowker und Susan Leigh Star: Pragmatistische Forschung zu Informationsinfrastrukturen und ihren Politiken.
  6. Susan Leigh Star: Living grounded theory: Cognitive and emotional forms of pragmatism. In: Antony Bryant, Kathy Charmaz (Hrsg.): The SAGE handbook of grounded theory. SAGE, Los Angeles 2007, ISBN 978-1-84920-478-1, S. 75–94.
  7. a b Susan Leigh Star, James R. Griesemer: Institutional Ecology, ‘Translations’ and Boundary Objects: Amateurs and Professionals in Berkeley’s Museum of Vertebrate Zoology, 1907–39. Band 19, Nr. 3, 1. August 1989, S. 387–420.
  8. Susan Leigh Star, Karen Ruhleder: Steps towards an ecology of infrastructure: complex problems in design and access for large-scale collaborative systems. ACM, 1994, ISBN 0-89791-689-1, S. 253–264, doi:10.1145/192844.193021.
  9. Susan Leigh Star, Geoffrey C. Bowker: Sorting things out: classification and its consequences. MIT Press, Cambridge, Mass. 1999, ISBN 978-0-262-52295-3.
  10. Susan Leigh Star, Anselm Strauss: Layers of Silence, Arenas of Voice: The Ecology of Visible and Invisible Work. In: Computer Supported Cooperative Work (CSCW). Band 8, Nr. 1-2, 1. März 1999, ISSN 0925-9724, S. 9–30, doi:10.1023/a:1008651105359.
  11. Star, Susan Leigh: Sex differences and the dichotomization of the brain: Methods, limits and problems in research on consciousness. Gordian Press, New York 1979.