Tønder

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Tønder
(deutsch Tondern)
Wappen von Tønder
Tønder (Dänemark)
Tønder
Basisdaten
Staat: Danemark Dänemark
Region: Syddanmark
Kommune
(seit 2007):
Tønder
Koordinaten: 54° 57′ N, 8° 52′ OKoordinaten: 54° 57′ N, 8° 52′ O
Einwohner:
(2022[1])
7.505
Postleitzahl: 6270
Partnerstädte: Finnland Närpes

Island Akranes
Norwegen Bamble
Schweden Västervik

Website: toender.dk
Marktplatz
Marktplatz

Tønder (deutsch Tondern; südjütisch: Tynne; nordfriesisch Tuner) ist eine dänische Kleinstadt an der Vidå (deutsch: Wiedau) nahe der deutsch-dänischen Grenze. Sie bildet das Zentrum der Kommune Tønder in der Region Syddanmark und gehört zum Kirchspiel Tønder Sogn. Die 7505 Einwohner (1. Januar 2022)[1] heißen Tonderaner.

Die Stadt ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt für das internationale Tønder Festival, das jährlich im August Folk- und Rootsmusiker präsentiert.

Geschichte

Die Stadt hieß vor 1800 Thundern (so viel wie „umzäunter Strand“), im 13. Jahrhundert Tunder, Tundær.[2]

Tønder gehört zu den ältesten Städten auf der Landbrücke zwischen Nord- und Ostsee. Schon 1017 war es in Flensburg als Hafenort bekannt. Im Jahr 1227 waren die Dominikaner und 1238 die Franziskaner nach Tønder gekommen und hatten Klöster gegründet. 1243 erhielt der Ort Lübisches Stadtrecht. Es war im Mittelalter einer der wenigen Hafenplätze der schleswigschen Westküste. Davon zeugt noch heute das Schiff im Stadtwappen. Wegen der niedrigen Lage wurde die Stadt immer wieder von Sturmfluten heimgesucht, unter anderem 1532 und 1593. Im Jahr 1615 reichte das Wasser bis an die Fenster des Schlosses, 1634 stand es drei Fuß hoch in der Kirche. Es gab in Tønder zahlreiche Brandkatastrophen. Im 16. und 17. Jahrhundert wütete die Pest fünfmal in der Stadt.

Datei:Tondern1651.jpg
„Grundtriß der Stadt vndt des Schloßes Tonderen. Anno 1651“ von Johannes Mejer
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In der Innenstadt

Von großer Bedeutung war bis ins 20. Jahrhundert der Viehhandel, da die Stadt am westlichen Ochsenweg lag. Das am Rand der Handelsstadt gelegene Schloss entwickelte sich zum Verwaltungszentrum eines großen Amtes. Bei der Landesteilung von 1544 wurde Johann II., genannt Johann (Hans) der Ältere, Landesherr, nach dessen Tod 1581 der Herzog von Gottorf, bis die Teilung 1713/21 aufgehoben wurde.

Durch Landgewinnungen an der Westküste verlor die Stadt ihren Zugang zum Meer und damit einen erheblichen Teil ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Im 17. Jahrhundert blühte das Spitzenklöppeln als wichtiger Wirtschaftszweig auf. 1788 wurde die Stadt Standort des ersten Lehrerseminars im Lande.

Im 19. Jahrhundert geriet die Stadt in den Sog des deutsch-dänischen Konflikts. Die Bürgerschaft war mehrheitlich deutsch gesinnt und schloss sich im Schleswig-Holsteinischen Krieg (1848–1851) der schleswig-holsteinischen Seite an, während vor allem das nördliche Umland der Stadt dänisch geprägt blieb. Nach Wiederherstellung des Gesamtstaates unter der dänischen Krone behielt Tønder seine administrativen Funktionen. Jedoch stießen die 1851 eingeführten Sprachreskripte auf Widerstand. Diese führten, um den Sprachwechsel zum Deutschen zu stoppen, in den gemischtsprachigen Gebieten Schleswigs (von Tondern bis zum Umland von Husum und Kappeln) Dänisch als allgemeine Unterrichtssprache bei vier wöchentlichen Deutschstunden ein. Die Kirchensprache sollte abwechselnd Deutsch und Dänisch sein. Tondern war jedoch (wie das südliche Leck (Nordfriesland)) von der Beschränkung auf vier wöchentliche Deutschstunden ausgenommen.[3]

Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 kam die Stadt zu Preußen sowie ab 1871 zum Deutschen Reich. Sie war Sitz des Landkreises Tondern, verlor jedoch wirtschaftlich an Bedeutung. Die dänische Sprache wurde in dieser Zeit zurückgedrängt. So wurde 1888 Deutsch alleinige Unterrichtssprache im schleswigschen Raum. Ausnahmen bildeten vier Wochenstunden Religion.[4] Von etwa 1914 bis 1918 war Tondern Stützpunkt für Militärluftschiffe und Zeppeline.[5][6] Ab 1868 war es mit der Hauptbahn HamburgFredericia über eine Nebenbahn nach Tinglev verbunden. 1887 wurde es Knotenpunkt an der Marschbahn von Hamburg zur damaligen dänischen Grenze und nach Esbjerg und wurde über die bald darauf errichtete Nebenbahn nach Højer Sluse Umsteigeort für Reisende nach Sylt.

Fußgängerzone

Nach dem Ersten Weltkrieg fiel Tønder wegen der En-Bloc-Regel für die I. Zone bei der Volksabstimmung an Dänemark, obwohl 77 Prozent der Stimmberechtigten für einen Verbleib beim Deutschen Reich gestimmt hatten (Details im Artikel Nordschleswig). In den Folgejahren hatten die deutschen Parteien die Mehrheit im Stadtrat. Bis 1945 war die Stadt zweisprachig beschildert. Kurz nach der Etablierung der dänischen Verwaltung wurde Tønder Standort einer Garnison. Vom 9. April 1940 (Unternehmen Weserübung) bis zum Kriegsende war Dänemark von der Wehrmacht besetzt; danach schwand die politische Bedeutung des deutschen Bevölkerungsteils erheblich. Die Grenzlage behinderte die Entwicklung der Stadt. Dennoch siedelten sich einige Unternehmen an. Die Bedeutung des Tourismus nahm zu. Trotz der Verbesserung des grenzüberschreitenden Verkehrs wurde die Lage Tønders gegen Ende des 20. Jahrhunderts zusehends schwieriger. 1989 schloss das Lehrerseminar seine Pforten, 2002 die Kaserne und 2003 das Krankenhaus, das jedoch inzwischen als Privatklinik wieder ausgebaut wird.

Gebietsreformen

Tønder gehörte bis 1970 zur Harde Tønder, Højer og Lø Herred in Tønder Amt, danach zur Tønder Kommune in Sønderjyllands Amt. Im Zuge der Kommunalreform zum 1. Januar 2007 wurde die neue Tønder Kommune gebildet.

1970 wurden die Umlandgemeinden Møgeltønder, Abild, Hostrup und das Landkirchspiel Tønder, das aus den Orten Lille Emmerske (dt. Klein Emmerschede), Store Emmerske (dt. Groß Emmerschede) und Tved (dt. Twedt) bestand, eingemeindet.

Kultur

Datei:Tønder motif.png
Traditionelle Klöppelarbeit aus Tønder (Tønderknipling)

Musikfestival

Jährlicher kultureller Höhepunkt der Stadt ist das Tønder Festival, das am letzten Wochenende im August stattfindende internationale Folk- und Rootsmusik-Festival. Es gehört zu den größten Festivals dieser Art in Europa.

Heiratsparadies

Ähnlich dem schottischen Gretna Green gilt das grenznahe Tønder seit Mitte der 1960er Jahre als Heiratsparadies.[7] Hier werden jährlich 2500 bis 3000 Ehen (Stand 2008) geschlossen, darunter gleichgeschlechtliche Ehen.[8] Die Eheschließung mit ausländischen Partnern ist hier mit weniger Formalitäten als in Deutschland verbunden und wird EU-weit anerkannt. Im Jahr 2007 standen den 2366 ausländischen Hochzeitspaaren lediglich rund 150 Paare aus der Region gegenüber.[9][10] Gefordert werden diverse Unterlagen und eine Anmeldegebühr von 855 dänischen Kronen (oder 115 Euro; Stand 2017).[11][12] Schätzungsweise 8000 zusätzliche Übernachtungsgäste bescherten der örtlichen Wirtschaft 2007 Mehreinnahmen in Höhe von über 17 Mio. Kronen.[9]

Sehenswürdigkeiten

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Christkirche zu Tønder
  • In der Altstadt stehen zahlreiche gut erhaltene Patrizierhäuser vor allem aus dem 17. und 18. Jahrhundert
  • Christkirche (1592), spätgotisch, zahlreiche Epitaphien
  • Museum Sønderjylland Kulturhistorie Tønder: stadtgeschichtliche Sammlung und bedeutendes Kunstmuseum
  • Museum SønderjyllandWasserturm: Ausstellung über den Möbeldesigner Hans J. Wegner
  • Museum Sønderjylland – Klöppelmuseum in der Fußgängerzone Vestergade
  • Zeppelin- und Garnisonsmuseum Tondern, hier lag bis 1920 einer der größten Luftschiffhäfen in Deutschland
  • „Kaakmann“ auf dem Marktplatz. Kaakmann hieß der städtische Büttel und Kaak der Schandpfahl
  • Drøhses Haus, Bürgerhaus von 1672 mit Ausstellung zur Geschichte der Klöppelspitzen in Tønder seit dem späten 16. Jahrhundert, dazu eine Gläsersammlung

Wirtschaft und Infrastruktur

Bildung

In Tønder gibt es ein Gymnasium mit einer dänisch-deutschen „Europaklasse“, die von Schülern der nahe gelegenen Friedrich-Paulsen-Schule in Niebüll besucht wird, die deutsche Ludwig-Andresen-Schule, einen deutschen Kindergarten, eine Kommunalbücherei und eine deutsche Bibliothek. Für den deutschen Teil der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde arbeitet eine deutsche Pastorin.

Verkehr

An der Grenze südlich von Tønder endet die Bundesstraße B 5, die in Dänemark als Primærrute 11 weitergeführt wird. Weitere wichtige Fernstraßen sind die A 8 nach Sønderborg mit Anschluss nach Flensburg in Kruså sowie die Straßen nach Kolding und Aabenraa.

Der Bahnhof Tønder (Tønder station) liegt an der Marschbahn und wird von der Regionalbahnlinie 66 bedient, die von Niebüll nach Esbjerg verkehrt und auch die Station Tønder Nord bedient. Diese Linie wird von Arriva Danmark betrieben.

Die 1868 eröffnete Querverbindung zur Ostbahn Hamburg–Fredericia nach Tinglev wurde 1974 eingestellt und diente danach nur noch als Museumsbahn. Am Bahnhof Tønder sind die Weichenverbindungen ausgebaut und die Strecke ist gesperrt. Von der Bahnstrecke Tønder–Højer Sluse, die bis zum Bau des Hindenburgdamms die Hauptverbindung vom Festland nach Sylt darstellte, sind heute nur noch Dämme erkennbar.

In Tønder verkehren folgende Buslinien:[13]

Linie Linienweg
116 Aabenraa – Hjordkær – Tinglev – Tønder
136 Haderslev – Vojens – Toftlund – Løgumkloster – Tønder
266 Tønder – Møgeltønder – Højer – Hjerpsted
771 Solderup – Jejsing – Rørkær – Tønder
772 Sæd – Lydersholm – Grøngaard – Jejsing – Tønder
774 Abild – Tyvse – Sølsted – Tønder
777 Højer – Østerby – Møgeltønder – Tønder

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt:

Städtepartnerschaften

Literatur

  • Carsten Erich Carstens: Die Stadt Tondern. Eine historisch-statistische Monographie. F. Dröhse, Tondern 1861 (PDF).
  • Ludwig Andresen: Geschichte der Stadt Tondern bis zum dreißigjährigen Krieg. Heimat und Erbe, Flensburg 1939.
  • Ludwig Andresen: Beiträge zur neuen Geschichte der Stadt Tondern. Heimat und Erbe, Flensburg 1943.
  • Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig: 750 Jahre Stadt Tondern 1243–1993. HAG, Apenrade 1993, ISBN 87-87301-00-8.
  • Britta Bargfeldt: Die deutsche Volksgruppe und der Nationalsozialismus – am Beispiel der Stadt Tondern in den dreißiger Jahren. In: Schriften der Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig. Heft 78. HAG, Apenrade 2003, ISSN 0108-4313, S. 9–109.
  • Hans Bock: Die Marschbahn von Altona nach Westerland. Boyens, Heide 1989, ISBN 3-8042-0458-9.
  • Hågen Kiil: Die Christkirche Tondern. Tønder Menighedsråd/Lokalhistorisk Arkiv, Tondern 1992.
  • Günter Weitling: Deutsches Kirchenleben in Nordschleswig seit der Volksabstimmung 1920. Hrsg. vom Bund Deutscher Nordschleswiger und Archiv/Historische Forschungsstelle der deutschen Volksgruppe, Apenrade 2007, ISBN 978-87-991948-0-3.
  • Claus Eskildsen: Tønder 1243–1943. Guldhorn, Tondern 1943.
  • W. Christiansen, Ingolf Haase: Nystaden. Billeder fra det gamle Tønder. Forlaget Neffen, Tondern 1986, ISBN 87-88995-04-6.
  • Henrik Becker-Christensen: Byen ved grænsen. Tønder 1920–1970. Institut for Grænseregionsforskning, Apenrade 1993, ISBN 87-87637-85-5 (dänisch).
  • Ingolf Haase, Tønder Menighedsråd: Kristkirken 1592–1992. Christo Salvatori Sacrum. Tondern 1992, ISBN 87-981088-8-3 (dänisch).
  • Hans Christian Christensen, Magnus Lorentzen: Dengang i Tønder. Sorgenfri Tryk, Tondern 1997, ISBN 87-90476-03-4 (dänisch).

Weblinks

Commons: Tønder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Tønder – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. a b Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BY1: Folketal 1. januar efter byområde, alder og køn (dänisch)
  2. Nudansk Ordbog. 13. Ausgabe. Politikens Forlag.
  3. Carsten Stern: Schnmied Steffen in Tondern / Steffen smedjen i Tønder. In: Hans-Jürgen Goertz (Hrsg.): Die Mennoniten. Books on Demand, Norderstedt 2011, ISBN 978-3-8423-1950-9, S. 25.
  4. Nordschleswig 1840–1920. Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte, abgerufen am 7. Januar 2020.
  5. Zeppelin- und Garnisonsmuseum Tondern. In: zeppelin-museum.dk, abgerufen am 13. Juni 2019.
  6. Zeppelin- und Garnisonsmuseum Tondern. Geschichte des Luftschiffhafens. (Nicht mehr online verfügbar.) In: zeppelin-museum.dk. Zeppelin-Gruppe Tondern, Januar 2003, archiviert vom Original am 26. April 2018; abgerufen am 25. April 2018.
  7. H. K.: In Tondern wird das Heiraten leicht gemacht. Hundert Paare aus Deutschland wurden hier schon getraut. In: Hamburger Abendblatt. 19. Juli 1966, abgerufen am 18. Mai 2017.
  8. Knut Diers: Mit der Prinzenhochzeit kommt Leben ins Dorf. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Hamburger Abendblatt. 17. Mai 2008, archiviert vom Original am 27. Januar 2016; abgerufen am 18. Mai 2017.
  9. a b Sara Zankel: Udlændinge strømmer til Tønder for at blive gift. In: avisen.dk. 22. April 2008, abgerufen am 18. Mai 2017 (dänisch).
  10. Sara Zankel: Tønder er Europas Las Vegas. In: avisen.dk. 22. April 2008, abgerufen am 18. Mai 2017.
  11. Heiraten. Lassen Sie sich in Tønder in romantischen Umgebungen trauen. Tønder Kommune. Standesamt, abgerufen am 18. Mai 2017.
  12. Neuer Pächter im Schlosskrug. AHGZ-Druckausgabe Nr. 2001/42, 20. Oktober 2001, abgerufen am 23. Dezember 2012.
  13. Busfahrpläne der Tønder Kommune (dänisch).