Telegramm

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Glückwunschtelegramm von 1951, London nach Japan
Datei:Tel2345.jpg
Telegrammgebühren der Reichspost
Datei:Tel-brd.jpg
Telegrammgebühren der Bundespost
Datei:Tel-ddr.jpg
Telegrammgebühren der Deutschen Post der DDR
Datei:Tel-ddr-see.jpg
Seefunkdienst der Deutschen Post der DDR

Ein Telegramm (von griechisch tele: fern, weit und gramma: Buchstabe, Schrift; wörtlich Fernschrift bzw. auch Fernschreiben) ist eine telegrafisch übermittelte Nachricht mit Hilfe akustischer, optischer oder elektrischer Geräte. Im Fall der Übermittlung mithilfe von Funktechnik spricht man auch von einem Funktelegramm.

Telegramme wurden früher meist per Fernschreiber übermittelt. Heute werden sie kaum noch verwendet. Da sich das Entgelt (früher: Gebühr) für ein Telegramm nach der Anzahl der Wörter richtet, hat sich ein sogenannter Telegrammstil eingebürgert, z. B. sagt man statt „Ich komme am Freitag um 17:00 Uhr an.“ kürzer „Ankomme Freitag 17 Uhr.“ Aus diesem Grund konnten Empfänger auch eine verkürzte Telegrammadresse, das „Drahtwort“, beantragen. Telegramme können von der Post bis heute auch auf Schmuckkärtchen überbracht werden.

Den Ausdruck Telegramm prägte 1852 E. P. Smith[1] aus Rochester (Vereinigte Staaten), der erst viel später den gängigen Ausdruck „telegrafische Depesche“ ablöste. Weitere Bezeichnungen waren Kabel (davon abgeleitet das Verb kabeln) und Drahtnachricht, die auf den Übermittlungsweg Bezug nahmen.

Das Briefgeheimnis gilt auch für Telegramme, d. h. der aufnehmende Mitarbeiter darf den Inhalt weder an andere weitergeben noch verfälschen.

Hintergrund/Übermittlung

Telegramme waren Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts eine sinnvolle Einrichtung, da es kaum (private) Telefone gab. Da die Standard-Brieflaufzeit ca. vier Tage betrug, waren Telegramme somit die einzige Möglichkeit, Nachrichten vergleichsweise schnell zu überbringen.

Die Übermittlung eines Telegramms geschah in drei Stufen:

  1. Telegramm aufgeben: Der Absender diktierte seinen Text einem Beamten im Post- bzw. Telegrafenamt (Telegrafenanstalt) entweder persönlich oder telefonisch. Dieser notierte die Empfängeradresse, den eigentlichen Text sowie ein eventuelles Schmuckmotiv (die Vorlagen hingen aus oder waren im Telefonbuch abgedruckt). Bezahlen konnte man entweder im Amt, per Telefonrechnung oder per Münzeinwurf am öffentlichen Fernsprecher. Während der Blütezeit der Telegramm-Nutzung in Deutschland waren Postdienst, Telefondienst und Telegrafendienst unter einem gemeinsamen Dach (Reichspost, Bundespost bzw. Deutsche Post der DDR) zusammengefasst. Dies ermöglichte die vielfältigen, gleichwertigen Zugänge. Im Geschäftsverkehr war es (schon um 1900) üblich, eine (beim Telegrafenamt hinterlegte) Telegrammadresse zu haben: Das war ein Wort mit bis zu 15 Buchstaben. Wenn ein Absender diese Adresse verwendete, musste er dafür nur eine Wortgebühr bezahlen, sonst zahlte er für Name, Straße, Hausnummer und Ort je eine Wortgebühr.
  2. Telegramm übermitteln: Die notierten Angaben wurden dann z. B. mittels Fernschreiber zu einem Post- bzw. Telegrafenamt in der Nähe des Empfängers gesendet.
  3. Telegramm zustellen: Im Empfängeramt wurde der Fernschreiber-Papierstreifen in ein Kärtchen (z. B. das ausgewählte Schmuck-Kärtchen) geklebt und per (Motorrad-)Boten ausgetragen, meist innerhalb von zwei Stunden (nachts 4 Stunden) nach der Aufgabe des Telegramms.

Telegrammdienst nach Ländern

Deutschland

1870 konnte man nach Indien telegraphieren.[2]

Das erste Bildtelegramm wurde im Jahre 1927 im Probebetrieb der Bildtelegrafie zwischen der Groß-Funkanlage Nauen und dem Empfänger in der Zentrale der Telefunken in der Brunnenstraße in Berlin-Wedding gesendet und empfangen. Die erste internationale Übertragung fand im Jahre 1930 von Berlin ins chinesische Nanjing über Kurzwelle statt. 1978 wurden nach Angaben der Deutschen Bundespost rund 13 Millionen Telegramme übermittelt.

Telegramme konnten bei Postämtern, über den Fernsprecher oder beim Telegrammzusteller aufgegeben werden.[3] Im Inlandsverkehr konnten Brieftelegramme zu ermäßigter Gebühr aufgegeben werden. Diese wurden nicht vom Telegrammzusteller, sondern mit der Briefpost ausgehändigt.[4]

Seit dem 31. Dezember 2000 befördert die Deutsche Telekom AG keine Telegramme mehr ins Ausland.[5][6] Begründet wird dies damit, dass der Übertragungsweg technisch überholt sei. Die Dienstleistung „Telegramm“ wird aber weiterhin für das Inland durch die Deutsche Post AG angeboten.[7] Es bietet die Möglichkeit, private Grüße mit individueller Note zu übermitteln. Außerdem existieren verschiedene Internetdienste, die den Versand von Telegrammen – auch in das Ausland – anbieten. Diese „moderne“ Form des Telegramms ist nur bedingt mit der früheren vergleichbar: die Zustellung erfolgt teilweise – bei der Deutschen Post bei Aufgabe nach 3 Uhr – erst am nächsten Werktag, nicht mehr binnen Stunden. Das Telegramm hat an Bedeutung verloren, da das Kommunikationsnetz ausgebaut wurde und mittlerweile modernere Möglichkeiten der Datenübertragung (SMS, E-Mail, Instant Messaging) zur Verfügung stehen.

Österreich

In Österreich wurde 1847 erstmals ein Telegramm verschickt. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges wuchs die Anzahl der jährlich versendeten Telegramme auf bis zu 23 Millionen im Jahr 1913. Die wenig später beginnende Konkurrenz durch Telefon, Sprechfunk und Telex führte ab den 1920er Jahren zu einem Rückgang der Nutzung von Telegrammdiensten. Bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts erfreuten sich aber insbesondere bebilderte oder mit Musik versehene Glückwunschtelegramme noch größerer Beliebtheit. Noch 1984 wurden in Österreich insgesamt rund eine Million Telegramme verschickt.

Mit der Verbreitung von E-Mail und Mobiltelefonie verloren Telegramme als schneller Informationsdienst seit den 1990ern endgültig ihre Bedeutung. So gab die Telekom Austria am 24. Oktober 2005 bekannt, aus wirtschaftlichen Gründen (nur noch deutlich weniger als 10.000 Telegramme pro Monat versendet) diesen Dienst mit 31. Dezember vollständig einzustellen. Ab Januar 2006 hat die UTS GmbH (telegramm.at) den Telegrammdienst von Telekom Austria übernommen.

Dieses Unternehmen hat auch 2005 den Telegrammdienst der Schweiz übernommen und besitzt und betreibt die Telegrammdienste in insgesamt 43 Ländern, darunter auch den Niederlanden, Österreich, Großbritannien, Schweden, Polen, Neuseeland, Hongkong und Singapur.[8]

USA

Am 27. Januar 2006 hat Western Union, einst führend in der Telegrammübermittlung, aus Mangel an Nachfrage den Dienst eingestellt. 2005 waren noch 30 Angestellte für dieses Geschäft zuständig, jedoch wurden insgesamt nur 20.000 Telegramme versendet (zum Vergleich: 1929 waren es noch 200 Millionen).

Die kanadische Firma iTelegram kaufte das Netz von Western Union und bietet heute noch Telegramme weltweit an.

Traditionell ist es Funkamateuren in den USA – im Gegensatz zu Deutschland – erlaubt, Funktelegramme aufzunehmen, weiterzuleiten und auszuliefern. Seit Jahrzehnten existiert dort die Einrichtung des sogenannten Radiograms (siehe ARRL-Radiogramm), bei dem Mitglieder der American Radio Relay League (ARRL) auf freiwilliger Basis Telegramme mithilfe der Funktechnik übermitteln.

Thailand

Mit Ablauf des 30. April 2008 wurde in Thailand das Telegrafienetz abgeschaltet. Es war seit 1875 in Betrieb.[9]

Indien

Der Telegrammdienst wurde 1850 von der East India Company gegründet. Am 5. November 1850 verschickte der junge Ire William Brooke O’Shaughnessy das erste Telegramm – von Kalkutta in das wenige Kilometer entfernte Diamond Harbour.[10] Im Jahr der Unabhängigkeit von England 1947 wurden 20 Mio. Nachrichten damit verschickt, 2012 nur mehr 40.000 obwohl sich die Bevölkerung auf 1,2 Mrd. vervierfacht hat. Mit dem 15. Juli 2013 beendete Indien nach 163 Jahren den Telegrammservice. Zuletzt gab es 75 Telegrammbüros und das zuständige Ministerium für Telekommunikation beschäftigte fast 1.100 Telegrafisten. Telegramme wurden stets persönlich durch Boten überbracht.[11] Die Beschäftigen sollen in anderen Bereichen von Bharat Sanchar Nigam Limited eingesetzt werden.[12] Bis zur Einführung eines internetbasierten Telegrammdienstsystems im Jahr 2008 erfolgte die Übertragung oft mittels Morsetelegraphie, Fernschreiber wurden nur vereinzelt verwendet.[13][14]

Andere Bedeutungen in Spezialfeldern

Informatik

In der Informatik wird oft der Begriff Datentelegramm (auch Datagramm) verwendet. Obschon sie zur Nachrichtenübertragung dienen, handelt es sich dabei nicht um Telegramme im klassischen Sinn. Datentelegramme sind standardisierte Datensätze, welche digital (und typischerweise seriell) übermittelt und meist zum Fernwirken und zu Steuerungszwecken bei der Systemautomation eingesetzt werden. Beispielsweise bilden die Bit-Informationen, die der Zeitzeichensender DCF77 innerhalb einer Minute sendet, ein Telegramm. Siehe auch unter Datenpaket.

Eisenbahntechnik

Als Anwendungsfall der informationstechnischen Telegramme gilt die Datenübertragung zwischen Streckeneinrichtungen (LZB-Linienleiter, Balise) und Fahrzeugeinrichtung (LZB-Antenne, Balisenantenne/-loop).

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Telegramm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Telegrams – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. E. Peshine Smith
  2. http://www.joern.de/Indolinie.htm abgerufen am 18. Oktober 2019
  3. Telegrammaufgabe. In: Informationen über Leistungen und Gebühren der Deutschen Post. Ministerium für Post-und Fernmeldewesen, Berlin 1981, S. 44.
  4. Brieftelegramm. In: Informationen über Leistungen und Gebühren der Deutschen Post. Ministerium für Post-und Fernmeldewesen, Berlin 1981, S. 15.
  5. heise online: Internet und Handys bereiten Auslandstelegrammen den Garaus vom 1. September 2000
  6. tariftip.de: Deutsche Telekom stellt Auslands-Telegramme ein vom 2. September 2000
  7. Telegrammdienst der Deutschen Post AG
  8. UTS GmbH (aufgerufen am 29. April 2016)
  9. Thailand schaltet nach 133 Jahren Telegrafie-Dienst ab: auf dernewsticker.de (Inhalt ist nicht mehr Abrufbar)
  10. Das Ende des Telegramms, Tages-Anzeiger vom 12. Juli 2013
  11. Indien schafft nach 162 Jahren Telegramme ab, ORF.at vom 12. Juli 2013
  12. Das letzte Telegramm. In: Die Welt Kompakt, 16. Juli 2013, S. 32.
  13. Dr. P. Jayendira Sankar, Dr. G. Yoganandham ISBN 9781365223143
  14. BSNL Circular 6859/10