Tenure-Track

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Tenure-Track ( /ˈtenjə(r) træk/, übersetzt: „Verfahren zur Festanstellung“) ist ein Begriff aus dem englischen Sprachraum und beschreibt ein Vorgehen in der akademischen Laufbahn an Hochschulen. Tenure-Track bedeutet hierbei die Chance, nach einer befristeten Bewährungszeit eine Lebenszeitprofessur (bzw. Stelle auf Lebenszeit) zu erhalten. In der Regel ist damit ein Aufstieg innerhalb des Professorenkollegiums verbunden (typischerweise Assistant – Associate – Full Professor). Der Tenure-Track ist mit der Qualifikationsprofessur mit Entwicklungszusage in Hessen vergleichbar.[1]

Tenure-Track in den USA und Kanada

Das Tenure-Track ist ein im US-amerikanischen Bildungssystem verbreitetes System zur Rekrutierung von lebenslang angestelltem Hochschulpersonal. In den dortigen Universitäten wird ein Professor bei seiner Erstanstellung zunächst befristet beschäftigt; er ist akademisch unabhängig, unterliegt aber einer ständigen Leistungsanforderung und -kontrolle, um eine Aussicht auf feste Anstellung (Tenure) zu erhalten. Ein vergleichbares System gilt z. B. auch für Lehrer im Schuldienst oder für wissenschaftliches Personal im System der Nationalen Laboratorien des US-Energieministeriums (United States Department of Energy National Laboratories).

Diese Laufbahngestaltung findet als Tenure-Track Ausdruck: Man bekommt einen zeitlich befristeten Vertrag (im Regelfall sechs bis sieben Jahre) als Assistant Professor mit klaren Zielvorgaben für den Vertragszeitraum und einer festen Laufbahnzusage im Bewährungsfall. Man ist im Rahmen dieses befristeten Vertrages nur unter erhöhtem Aufwand kündbar und kann nach dessen Ende zum Associate bzw. Full Professor aufsteigen. Es ist üblich, hervorragende Wissenschaftler damit zu locken, Tenure in Aussicht zu stellen. Es handelt sich jedoch nicht um eine „Regelbeförderung“ oder eine „automatische Einstellung nach Probezeit“.

Voraussetzung für eine Tenure-Stelle an einer US-Hochschule sind vor allem eine umfangreiche Liste von Veröffentlichungen, die Einwerbung von Drittmitteln, positive Aus- und Bewertung durch Studenten und das Engagement in der Fakultät und Hochschule. Letztlich ist naturgemäß auch die Entwicklung des betreffenden Lehrfachs ausschlaggebend. Die Tenure-Entscheidung durchläuft zahlreiche hochschulinterne Stellen, vom Fachbereich (department) bis hin zum Senat (trustees).

In den USA sind auch die Berufungs- bzw. Anstellungsbedingungen für Professoren je nach Universität unterschiedlich geregelt. Auch Colleges und andere Bildungseinrichtungen, insbesondere die, die in der beruflichen Erwachsenenbildung tätig sind, können Professoren einstellen, ohne dass es hierfür einer Genehmigung durch das Department of Education (gleichzusetzen mit dem deutschen Kultusministerium) bedarf.

Bei den renommierten amerikanischen Universitäten erhält ein Assistant Professor aus dem eigenen Haus kaum eine Chance auf Tenure. Dort ist die Stellung hauptsächlich ein Sprungbrett zu einer besseren Stelle anderswo. Die aktuelle Entwicklung an den amerikanischen Hochschulen zeigt, dass die Einstellung mit Tenure-Track rückläufig ist. Für die Hochschulleitungen ist es einfacher, Professoren in befristeten Stellen zu beschäftigen. 2004 waren weniger als die Hälfte aller in den USA neubesetzten Professorenstellen Tenure-Track.

Tenure-Track in Deutschland

Das Tenure-Track-Verfahren entspricht in Deutschland dem Beamtenverhältnis auf Widerruf (im Gegensatz zum Beamtenverhältnis auf Zeit). Jenes entfiel für wissenschaftliches Personal an Hochschulen im Zuge hochschulpolitischer Veränderungen in den 1970er Jahren. Der Grund lag wahrscheinlich in der Starre des Beamtentums und den internen Schwierigkeiten deutscher Hochschulen, mit dem Widerrufsverfahren auch einen wissenschaftlichen Leistungsfilter zu verknüpfen.

Tenure-Track wird derzeit in Deutschland insbesondere in Zusammenhang mit der Juniorprofessur diskutiert, da die Fünfte Novelle zum Hochschulrahmengesetz von 2002 mit der Juniorprofessur auch die Möglichkeit, sie mit Tenure-Track auszustatten, eingeführt hat. Bei den deutschen Hochschulleitungen ist jedoch eine ablehnende Haltung festzustellen, da man irrtümlicherweise von einer „Regellaufbahn“ und „Regelbeförderung“ ausgeht: Aus Mangel an Erfahrung mit dieser suspekt betrachteten Neuerung aus Übersee befürchtet man, dass die Beförderung auf eine Lebenszeitprofessur am Ende der auf sechs Jahre befristeten Juniorprofessur in der Regel stattzufinden habe, so wie die meist dreijährige Probezeit vieler Beamtenlaufbahnen in der Regel bestanden wird. Daher waren nur 8 % der etwa 1000 bis Mitte 2006 ausgeschriebenen Juniorprofessuren mit Tenure-Track ausgestattet.[2] Man hat also eine Endauswertung, obwohl sie keineswegs in den meisten Fällen positiv ausfallen muss, in mehr als 90 % der Fälle vorsichtshalber gar nicht vorgesehen und somit das vermeintliche Risiko ausgeschlossen, einen mittelmäßigen oder ungeliebten Mitarbeiter nach sechs Jahren auf Lebenszeit behalten zu müssen. Da die ersten Endauswertungen im Jahre 2008 stattgefunden haben, gibt es noch keine langfristigen Erfahrungswerte über die Erfolgsquote.

Die Helmholtz-Gemeinschaft schreibt jährlich Nachwuchsgruppenleiterstellen mit Tenure-Track aus, allerdings sind es zahlenmäßig viel weniger als Juniorprofessuren. Es wird dort bereits im dritten Jahr einer auf fünf Jahre befristeten Anstellung über die Weiterbeschäftigung auf Lebenszeit beschlossen. Die LMU München hat seit 2006 nach diesem Verfahrensmodell 79 Stellen geschaffen — aber ohne Karriereaufstieg auf eine höhere Stufe — und möchte es mit den Fördermitteln aus der Exzellenzinitiative weiter ausbauen. Die TU München führt es ab 2012 ein, allerdings als echtes Karrieresystem: Es beschränkt sich nämlich nicht auf die Entfristung einer Professur, sondern umfasst auch den Karriereaufstieg bis zum (Full) Professor. Für befristete Professoren (Assistant Professors), die nach sechs Jahren die Aufstiegskriterien nicht erfüllen, endet die Karriere an der TUM. Bis 2020 sollen insgesamt 100 Professoren berufen werden, 25 davon werden aus Geldern der zweiten Runde der Exzellenzinitiative finanziert.[3]

Im Juli 2014 empfahl der Wissenschaftsrat, mehr entfristete Stellen im Mittelbau zu schaffen, die Zahl der Professuren von 26.000 auf 33.500 zu erhöhen und einen größeren Anteil von Tenure-Track-Professuren zu schaffen. So sollten Karrierewege an deutschen Universitäten „international nachvollziehbarer“ und „transparenter“ werden.[4]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. § 64 HHG (Hessisches Hochschulgesetz) vom Dez. 2017: http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=3917776,65
  2. Centrum für Hochschulentwicklung, Mai 2007: Fünf Jahre Juniorprofessur – Zweite CHE-Befragung zum Stand der Einführung (PDF; 338 kB), S. 10.
  3. TU München schafft 100 Professorenstellen - Karriere in der Lehre, Süddeutsche Zeitung vom 9. Juli 2012
  4. Anja Kühne: Wissenschaftsrat zu Karrierewegen: Professor werden – aber sicher. Der Tagesspiegel, 14. Juli 2014, abgerufen am 14. Juli 2014.